
Spiritueller Impuls zum Fest der seligen Placida Viel
„Brückenarbeiten“: So informiert mich die Zuginfo NRW über Einschränkungen auf Bahnstrecken, die ich vom Wohnort Münster aus gen Bestwig nutze.
Brückenarbeiten bedeuten Schienenersatzverkehr und damit längere Fahrtzeit. Doch sie sind angesagt, um einen sicheren Bahnverkehr zu gewährleisten. Zweifelsohne bedürfen viele Brücken in unserem Land der Instandsetzung oder gar der Neuerrichtung. Brückenarbeiten sind jedoch nicht nur für den Auto- und Bahnverkehr notwendig.
Auch unsere Gesellschaft sowie die Welt mit ihren vielfachen Krisenherden brauchen „Brückenarbeiten“. Verletzende und ausgrenzende Worte, Übergriffe, Missbrauch von Macht und Kriege reißen Gräben auf. Es braucht „Brückenarbeiten“, wo Vorurteile oder gar Hetze Menschen voneinander trennen.
Die zweite Generaloberin der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel war eine Brückenbauerin.
Vor diesem Hintergrund erscheint mir bedeutsam, am 4. März der seligen Placida Viel zu gedenken. Die zweite Generaloberin der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel war eine Brückenbauerin. Auf einem Bronzerelief des Künstlers Hubert Hartmann wird Placida Viel auf einer Brücke stehend dargestellt. Die Brücke führt vom ersten Mutterhaus der Gemeinschaft, der Abtei von Saint-Sauveur-le Vicomte in Frankreich, nach Heilbad Heiligenstadt in Thüringen. Dort nahm Schwester Placida 1862 vier Lehrerinnen als erste Schwestern auf deutschem Boden in die Gemeinschaft auf.
In besonderer Weise erwies sich Placida Viels Mut zum Brückenbauen im deutsch-französischen Krieg 1870/71. Die Abtei Saint-Sauveur-le-Vicomte wurde zum Lazarett, in dem deutsche wie französische Soldaten gepflegt wurden. Eine Lebensbeschreibung der seligen Placida Viel hält fest, was Zeugen aus dieser Zeit bestätigten: „Ohne jegliche Unterstützung durch den Staat wurden in diesen Monaten in der Abtei Tausende von Soldaten liebevoll gepflegt, bekamen alles, was sie brauchten, und beim Verlassen des Hauses sogar noch ein paar Francs mit auf den Weg.“ Großmut zeichnete Placida Viel aus. Großherzig konnte sie geben, weil sie fest im Vertrauen auf Gottes Sorge gegründet war. Placida Viels Grundhaltung zeigt sich in ihren Worten: „Geben wir freudig. Vertrauen wir der göttlichen Vorsehung, wie unsere verehrte Gründerin (Anmerkung: die heilige Maria Magdalena Postel), und nichts wird uns fehlen.“ Tatsächlich reichte das Brot in diesen Zeiten immer.
Wer Brücken baut, wo Gräben Menschen trennen, muss in sich selbst integer sein, auf festem Fundament stehen, ein großmütiges Herz und Weitsicht besitzen. All diese Eigenschaften vereinte Placida Viel in sich. Auf eigenen inneren wie tatsächlich gegangenen Wegen war in ihr die feste Überzeugung gereift: „Die Hand Gottes leitet mich.“ Lassen wir uns von Placida Viel ermutigen, an unseren Orten und in den persönlichen Einflussbereichen Brücken zu bauen. Als Placida Viel am Sonntag, dem 4. März 1877 starb, machte die Nachricht die Runde: „Die Heilige ist tot, die Mutter der Kinder, der Armen und Kranken“. Welch ein Zeugnis für ein Leben, in dem Gottes Güte und Liebe weiten Raum fanden.
Schwester Klara Maria Breuer smmp