Schwestern feiern 200. Geburtstag von Schwester Placida Viel
Am diesem Wochenende feiern die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel den 200. Geburtstag der deutschen Ordensgründerin Placida Viel. Am 26. September 1815 als Viktoria Eulalia Jacqueline Viel in dem kleinen Dorf Quettehou in der Normandie geboren, gründete sie als zweite Generaloberin der Gemeinschaft 1862 mit vier Lehrerinnen aus dem Eichsfeld die erste deutsche Niederlassung in Heiligenstadt. 58 Jahre später wurde die deutsche Ordenskongregation eigenständig.
Placida Viel war als 18-jährige in die junge französische Ordensgemeinschaft eingetreten und wurde bereits mit 30 Jahren als Nachfolgerin der heiligen Maria Magdalena Postel zur zweiten Generaloberin gewählt. „Sie galt als schüchtern und zurückhaltend. Umso erstaunlicher, was sie erreichte“, sagt die heutige Generaloberin der deutschen Kongregation, Schwester Maria Thoma Dikow. Und sie ergänzt: „Mich fasziniert an Placida Viel, dass sie es immer wieder wagte, Grenzen zu überschreiten.“
Das Leitmotiv ihres Lebens – über Grenzen zu gehen – solle deshalb auch das Thema eines Jubiläumsjahres bis September 2016 sein, in dem sich die Gemeinschaft intensiv mit ihrer Spiritualität und ihren Wurzeln auseinandersetzen will. So geschah es bereits bei zwei Schwesterntagen im Bergkloster Heiligenstadt in dieser Woche.
Wach für die Nöte der Zeit
Placida Viel hatte sich auf den Weg gemacht, um Spenden für den Wiederaufbau des neuen Mutterhauses und der Abteikirche in St. Sauveur-le-Vicomte zu sammeln. Auch nach Paris. Dort entdeckte sie die Not der deutschen Bierbrauer-Familien und rief ihre Mitschwestern aus der Normandie herbei, um für sie eine Schule zu gründen. Später sorgte sie sich mit ihren Mitschwestern um die Verwundeten des deutsch-französischen Krieges. „Und zwar auf beiden Seiten“, wie Schwester Maria Thoma betont. 1862 gründete sie durch die Einkleidung der ersten vier Ordensfrauen im Eichsfeld die erste Ordensniederlassung in Deutschland. Diesen Teil der Geschichte hatte Dr. Arno Wand beim Placidaempfang im Mai bereits ausführlich beschrieben.
Für Schwester Maria Thoma ist die 1951 selig gesprochene Placida Viel eine Frau, „die sehr wach war für die Nöte der Zeit. Die genau sah, was zu tun war und es dann auch tat.“ Und die genau deshalb ein Vorbild sei für die heutige Zeit, in der Flüchtlinge zu Hunderttausenden nach Deutschland kommen.
In Heiligenstadt hatten die Schwestern am vergangenen Wochenende an einer Gegendemonstration zu einer NPD-Kundgebung teilgenommen. Am Standort in Geseke haben sie 20 Flüchtlingen in einem eigenen Gebäude Obdach gegeben. In Bestwig, unterrichtet Schwester Maria Simone Hellbach an vier Tagen Flüchtlinge in Deutsch. Auch besuchen mehrere Flüchtlinge bereits die ordenseigenen Berufskollegs.
Vertrautes aufgeben
„Wir müssen heute wieder neu lernen, Grenzen zu überschreiten. Menschen in den Blick zu nehmen, die vielleicht jenseits unserer täglichen Erfahrung leben und uns noch fremd sind. Im Gebet und im konkreten mutigen Handeln. Auch wenn wir dafür Vertrautes aufgeben müssen“, sagt Schwester Maria Thoma Dikow in ihrer Botschaft zum Jubiläumsjahr.
Über die Grenzen sind die Schwestern von Deutschland aus auch nach Brasilien, Bolivien, Rumänien und Mosambik gegangen, wo sie vor allem für die Bildung von Kindern, Jugendlichen und Frauen einsetzen. Über die Grenzen gehen jedes Jahr auch junge Missionare auf Zeit, die für ein Jahr an diesen Standorten mitarbeiten. Und über die Grenze fahren an diesem Wochenende 20 Schwestern der deutschen Kongregation nach Frankreich. Sie wurden von der Pfarrgemeinde von Quettehou zu der dortigen Feier des 200. Geburtstages von Schwester Placida eingeladen.
Im Bergkloster Heiligenstadt erinnert die Gemeinschaft am Samstag im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes um 10.30 Uhr an ihre deutsche Gründerin. Außerdem gestalten die Schwestern um 16.30 Uhr in St. Aegidien eine Vesper. Im Bergkloster Bestwig ist der Sonntagsgottesdienst um 9 Uhr dem 200. Geburtstag gewidmet. Interessierte sind herzlich willkommen.