Das Festjahr in Bolivien endet mit einer bewegenden Feier
Am Wochenende erreichten die Feierlichkeiten anlässlich der 100-jährigen Präsenz der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel in der bolivianischen Ordensprovinz ihren Höhepunkt. Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow, ihre Assistentin Schwester Margareta Kühn, Generalsekretärin Schwester Theresia Lehmeier und Christian Uhl als Geschäftsführer der Bergkloster Stiftung erlebten die Tage mit. Ausführlich schildert Schwester Theresia die Geschehnisse in ihrem Reisebericht.
Über den Freitag schreibt sie:
(…) Die Messe in der Kathedrale beginnt um 10 Uhr und ist brechend voll. Von allen Einrichtungen der Schwestern sind Vertreter gekommen, auch eine große Delegation der Schüler des Colegio Alemán Santa María ist anwesend, dazu viele Freunde und Bekannte.
Der Erzbischof Monseñor Oscar Aparicio ist der Hauptzelebrant, sein Weihbischof, Monseñor Iván, den wir nun schon mehrmals getroffen haben, ist einer der zahlreichen Konzelebranten. Eine Musikgruppe aus dem Kinderheim in Vallegrande, begleitet von Schwester Leovigilda, ist für die musikalische Begleitung der Liturgie zuständig und macht das grandios. Es ist die Gruppe „Las Orquídeas“, die in Vallegrande die Messen begleitet und auf regionalen und nationalen Wettbewerben erfolgreich auftritt. Zum Gloria und Sanctus gibt es eindrucksvolle Tanzeinlagen der Heimbewohnerinnen von Vallegrande. Es ist sehr feierlich, aber auch locker.
Ausführliche Predigt würdigt die Schwestern
Der Bischof kündigt eine geteilte Predigt an und überrascht seinen Weihbischof nach ungefähr zehn oder 15 Minuten mit der Aufforderung, jetzt weiterzumachen. Er sei ja ein Freund der Schwestern und kenne sie seit langem persönlich, da könne er jetzt viel besser auf sie eingehen. Und das tut er auch. Er stellt Schwester Maria Thoma vor, wobei er sich nicht verkneifen kann, eine Anspielung auf ihre Größe zu machen. Dann folgen die Provinzoberinnen und schließlich auch uns restliche Besucher aus Deutschland und Brasilien. Wir müssen aufstehen und in die Runde winken.
Anschließend holt der Weihbischof zu einer längeren Predigt aus, in der er die ihm bekannten Schwestern vorstellt und die Arbeit der Schwestern allgemein lobt. Bei seinem Bischof revanchiert er sich gegen Ende der Messe, indem er zu einem Applaus auffordert, weil der Bischof an diesem Tag seinen 37. Weihetag hat. Die Reaktion des Bischofs: „Mein Weihbischof ist immer für eine Überraschung gut.“ Es ist wohltuend, zu spüren, dass die beiden Oberhirten der Diözese sich offensichtlich gut verstehen.
Zum Gabengang bringen Vertreter der verschiedenen Einrichtungen Gaben zum Altar: einen Blumenstrauß aus La Paz, von einem kleinen Mädchen aus dem Kindergarten mit ihren Eltern feierlich nach vorne getragen, Kerze und ein Helm von Minenarbeitern aus Oruro, ein großes Bild, von Kindern gemalt, aus der Casa de Niños, selbstgeschneiderte Taschen aus Vallegrande, Ausbildungszertifikate aus Santa Cruz.(…)
Unzählige Fotowünsche
Zwei Stunden würde die Messe dauern, hat Schwester Egidia vorher gesagt. In Wirklichkeit dauert der Gottesdienst nur eineinviertel Stunden, die angesagte Länge kommt von den unzähligen Fotos, die hinterher gemacht werden müssen. Wir werden immer wieder angesprochen und zu einer Gruppe hingezogen, die unbedingt ein Bild mit uns machen will – die Vertreterinnen von Santa Cruz lösen die von Oruro ab, die von Cuatro Esquinas diejenigen aus dem Ausbildungszentrum CEA, die von Vallegrande die vom Kinderhaus. Und nebenher gibt es zahlreiche Einzelpersonen oder Gruppen, die mit uns aufs Fotos wollen.
Auch drei ehemalige Mitschwestern stellen sich vor: Ninfa, Isabel Corcos und Rocio. Es ist schön, dass es offenbar ein gutes Verhältnis von ihnen zur Kongregation gibt. Ninfa und Isabel wollen uns gar nicht mehr loslassen. Auch die Nichte von Schwester Juana de la Cruz stellt sich vor und macht viele Fotos, die meisten als Selfie mit sich selbst in einer Ecke.
Schwester Maria Laura muss mehrfach dazu auffordern, die Kirche endlich zu verlassen, da der Bus wartet, der uns zum Restaurant „Ensueño“ bringt. (…) Kellner servieren uns noch im Garten einen Aperitif, dann werden wir hineingeführt und auf die Tische verteilt, und zwar so, dass die Vertreter der Einrichtungen jeweils an einem großen runden Tisch sitzen. Einen Priestertisch gibt es auch. Dort sitzen der Weihbischof, einige Dominikaner und weitere Geistlichkeiten mit Schwester Maria Laura, die der Bischof vorhin als wichtige Begleiterin in der Priesterausbildung erwähnt hat.
Alles ist straff durchorganisiert. Don Mario, der Finanzchef, überwacht den ordentlichen Ablauf, zwei weitere Mitarbeiterinnen helfen bei der Platzanweisung. Ein Geiger erfreut die Gesellschaft mit Life-Musik. Beim Abschied erzählt er mir strahlend, dass sein Sohn in Darmstadt Violoncello studiert (…).
Nach dem Hauptgang verabschiedet sich der ganze Priestertisch. Das Stichwort „Kuchen“ veranlasst sie jedoch, ihren Platz am Tisch wieder einzunehmen und sich nachher noch einmal zu verabschieden. Nach diesem Gang haben wir noch eine halbe Stunde Zeit, durch den Park zu wandern, Fotos zu machen oder einfach die Blumenpracht zu genießen, bevor es mit den Bussen wieder in Richtung Cochabamba geht.
Auch die Bischofskonferenz gratuliert
Lange Zeit haben wir nicht zum Ausspannen, denn um 18 Uhr geht es mit dem Festakt zum Abschluss des Jubiläumsjahres im Coliseo weiter. Das Programm auf der Einladung weist 16 Punkte auf, die wollen erst einmal abgearbeitet werden. Da sind Dank und Würdigung vom Senat, von der Bischofskonferenz in Bolivien, von ANDECOP, der Assoziation der Privatschulen Boliviens, Musikstücke von Schülen des Colegio Alemán Santa María und von der Gruppe der Orchídeas aus Vallegrande. Und dann kommen noch viele Grußworte von Vertreterinnen oder Vertreter der Eirichtungen, jeweils verbunden mit der Überreichung einer Plakette.
Nach dem Schlusswort, mit dem das Jubiläumsjahr offiziell zu Ende geht, wird noch ein Cocktail verteilt und dann, wie am Morgen, gibt es unzählige Fotos mit den verschiedensten Menschen. Den Verantwortlichen muss ein Stein vom Herzen fallen, dass alles gut über die Bühne gegangen ist. Und auch uns fällt ein Stein vom Herzen, dass dieser Marathon-Feiertag gut zu Ende gegangen ist.
Ewige Profess am Samstag
Der Samstag war der letzte Festtag des Jubiläumsjahres. An diesem Tag wurde die Ewige Profess von Schwester Lizeth gefeiert, der allerdings mit einer traurigen Nachricht aus Deutschland begann. Dazu schreibt Schwester Theresia:
„Schon vor dem Frühstück erreicht uns eine Todesnachricht aus Bestwig: Schwester Maria Henrika ist völlig unerwartet gestorben. So liegen Freud und Leid eng nebeneinander, wie es im Leben leider so ist.
Zur Feier sind Schwestern aller Konvente hier, und auch die Mutter und die Geschwister von Schwester Lizeth sind gekommen, um an diesem wichtigen Augenblick teilzunehmen. Der Gottesdienst ist stimmig, feierlich und ermutigend. Die Orquídeas aus Vallegrande spielen wie gestern schwungvoll und engagiert, der Priester hält eine sehr zugewandte Predigt und bis auf die Tatsache, dass der Heilige Geist etwas verspätet kommt, läuft alles rund.
Hauptzelebrant erscheint nicht zur Messe
Was man nicht merkt, ist, dass alles improvisiert ist. Der Hauptzelebrant ist nämlich nicht erschienen, und spontan musste einer der anderen anwesenden Priester den Vorsitz übernehmen. Bei einem einfachen Sonntagsgottesdienst mag das ja noch ohne Probleme gehen, aber bei einem Professgottesdienst mit den vielen Extras ist das eine echte Herausforderung. Doch das Zusammenwirken klappt. Und niemand hätte geglaubt, dass der junge Priester sich nicht lange auf diese Feier vorbereitet hat. Ob so etwas bei uns auch möglich gewesen wäre?
Nach der Eucharistiefeier gibt es ein lockeres Zusammensein im Hof vor der Kapelle. Kästen mit Cola werden herumgetragen, Schwester Lizeth muss die Kerzen auf dem Festtagskuchen auspusten und die Torte anschneiden, die dann unter den Anwesenden verteilt wird. Unsere drei internationalen Freiwilligendienst-Leistenden aus dem Programm „Mitleben auf Zeit“ (= MaZ) sind da und auch Annelies, eine junge Frau, die im letzten Jahr von der Diözese aus in Deutschland war und uns in Heiligenstadt und Bestwig besucht hatte. Die Orquídeas spielen im Hof weiter, und einige Gäste können sich bei der Musik nicht zurückhalten und beginnen zu tanzen.
Schwester Egidia und Schwester Nelly gehen mit Schwester Lizeth und ihren Angehörigen zum Mittagessen in ein Restaurant, wir anderen bleiben in Santa María, wofür wir sehr dankbar sind. Als Europäer müssen wir beim Essen außer Haus nämlich besonders vorsichtig sein (…).
Trommeln und Lärm von der Straße
Schwester Amalia nimmt uns mit zu einem Blitzbesuch zu Señora Fortunata, die bei uns arbeitet und uns ihr neues Appartement zeigen will. Sie ist glücklich, dass sie es nach einer sehr schwierigen Zeit nach einer Scheidung mit der Hilfe von Schwester Amalia geschafft hat, wieder Fuß zu fassen.
Wieder zu Hause, hören wir Trommeln und Lärmen von der Straße. Auch lautes Knallen, wie von Schüssen, ist zu hören. Was los ist, wissen wir nicht, aber es hört sich bedrohlich an. Es kann eine harmlose Demonstration sein, ein festlicher Aufmarsch irgendeiner Gruppe oder wirklich etwas Ernsteres. Die Knaller können einfache Böller oder eben auch Schüsse sein. Zwischendurch Pfeifen, wie es beim Tanzen üblich ist.
Es sind Studentenverbindungen, die die „Entrada“, den Wiederbeginn des Semesters, feiern. 500 soll es geben, die tanzend durch die Stadt ziehen. Viele Straßen sind gesperrt, es gibt überall lange Autoschlangen. Die Schwestern meinen, das könne bis morgen früh dauern, die Studenten hätten Ausdauer.
Besuch auf der Cancha
Um 15 Uhr haben wir noch einmal eine Sitzung mit dem Provinzrat. Es ginge schnell, hatte uns Schwester Egidia versichert, es gäbe nur einen Punkt zu besprechen und dann könnten wir anschließend auf die Cancha gehen, vor allem in den Bereich, wo es bolivianisches Kunsthandwerk gibt. (…)
Dieser Teil eines Bolivienaufenthaltes ist uns heilig, den wollen wir auf keinen Fall verpassen. Zunächst nehmen wir uns den Markt an der Post vor, der ist nicht zu weit entfernt. Doch als wir endlich dort ankommen, sind schon einige der Geschäfte zu, es ist schließlich schon nach 17 Uhr und Samstagnachmittag. Einiges finden wir aber doch, was wir mitnehmen können und so haben wir die Hände schon voller Taschen auf dem Weg zur „richtigen“ Cancha.
Dort ist noch reges Leben. Hier wird alles verkauft, was man sich vorstellen kann: Nahrungsmittel, Kleidung, Elektrogeräte, Spielzeug, Haushaltsgeräte. Es ist ein großes Gewühl, wir müssen aufpassen, dass wir uns in der Menge nicht verlieren. Einen einzigen Gang gibt es mit Kunsthandwerk aus Bolivien, aber der ist sehenswert. Leider wird es inzwischen dunkel, und auch hier machen einige Händler ihre Stände zu. Dennoch finden wir noch, was wir suchen und machen noch die eine oder andere Händlerin glücklich, weil wir etwas kaufen oder auch etwas in Auftrag geben.
Der Heimweg muss schnell gehen, denn wir wollen uns noch von den Schwestern aus La Paz verabschieden, die um 20 Uhr zum Flughafen wollen. Es wird knapp, aber mit Hilfe eines Taxis, dessen Fahrer die Straßen, in denen getanzt wird, meidet, kommen wir gerade noch rechtzeitig an. (…)
Am Sonntag, der in Bolivien als „Tag des Fußgängers“ autofrei war, standen für die Schwestern im Provinzhaus noch Begegnungen mit einigen jungen Frauen an, die das Kinderheim Cuatro Esquinas verlassen haben und jetzt über das Projekt „Wege in die Selbstständigkeit“ weiter begleitet werden. Außerdem stellte ihnen Schwester Benilda Llanos ihre umfassende Arbeit als Koordinatorin der vier Schulen in Santa Cruz vor. Dann wurden die Koffer gepackt. Am heutigen Montag kommen die deutschen Schwestern und Christian Uhl wieder nach Deutschland zurück.