Zum Gedenktag der seligen Martha Le Bouteiller
Manchmal, besonders in schwerwiegenden Krisen und Notlagen, wie auch im jetzigen Ukrainekrieg, sind wir Menschen versucht zu denken oder zu sagen: „Was kann ich denn schon tun“. Der Wunsch, einer Situation nicht ohnmächtig, sondern handelnd entgegenzutreten, mischt sich mit dem Eindruck: Die Lage ist für mich nicht überschaubar, die Not zu groß, mein Einfluss zu gering. Ich weiß nicht, wo ich mich einbringen kann.
Wir Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel gedenken am 18. März der seligen Martha Le Bouteiller. Sie gehört zu den Gestalten der Gründungszeit unserer Ordensgemeinschaft. Die äußeren Daten ihres Lebens sind rasch erzählt: Am 2. Dezember 1816 als drittes Kind einer Weberfamilie in der Normandie geboren, trat sie 1841 in die von Maria Magdalena Postel gegründete Gemeinschaft in Saint-Sauveur-le-Vicomte ein. Während ihres ganzen Ordenslebens oblagen ihr Aufgaben im häuslichen Bereich. Die meisten Jahre lebte und arbeitete sie in der Abtei Saint-Sauveur-le-Vicomte, diesem aus Ruinen erbauten ersten Mutterhaus. Dort starb Schwester Martha am 18. März 1883.
Einmal, noch nicht lange in der Gemeinschaft zu Hause, hatte es so ausgesehen, als ob Schwester Martha nichts Handfestes mehr würde tun können. Sie war beim Wäschewaschen in einen eisigen Bach gefallen. Lähmungen waren die Folge. Schwester Martha vertraute ihre Angst, als „nutzlos“ fortgeschickt zu werden, der Gründerin an. Deren Antwort waren Zuwendung, bedingungslose Annahme und ein schlichtes Gebet, das Heilung brachte.
In der Abtei war Schwester Martha für die Herstellung und Verteilung des normannischen Apfelweins zuständig. Ihr Arbeitsplatz lag in den Kellergewölben. Der äußere Radius ihres Wirkens blieb eng gesteckt. Ihr Herz dagegen war weit. Sie verstand es, Gebet und Arbeit in eine Einheit zu bringen. Weisheit, die aus ihrer tiefen Gottesbeziehung schöpfte, zeichnete sie aus. Die Angestellten der Abtei erlebten in Schwester Martha eine Vorgesetzte, die ihnen mit Wertschätzung, Freundlichkeit und Anteilnahme für ihre Belange begegnete. Für die zweite Generaloberin, die selige Placida Viel, war Schwester Martha eine wichtige Ratgeberin. Wie viele Entscheidungen, wie viel weise Unterscheidung und wie viel Segen in schwierigen Jahren, geprägt von Hunger sowie dem Leid des Deutsch-Französischen Kriegs, wie viele Wege der Gemeinschaft führen auf Schwester Martha zurück? Wie viele unsichtbare Fäden von Güte und Liebe gingen – und gehen – von ihrem Leben aus?
Schwester Martha fragte nicht: „Was kann ich schon tun?“ Sie füllte die schweren Apfelwein-Krüge nicht nur mit dem täglichen Getränk, sondern legte auch Liebe und Vertrauen auf Gott in ihr Tun hinein. Sie handelte aus einer Haltung, die wir heute „Achtsamkeit“ nennen. Schwester Martha wirkte das ihr Mögliche. Mit ihrem Sein und Wesen tat sie Menschen in ihrer Nähe wohl. Wer so aus der Herzensmitte lebt, aus Quellen von Gebet und Meditation schöpft, wird zum Segen, trägt zum Frieden bei, vermehrt das Gute in unserer Welt. Auch heute. In unserer Zeit.
Sr. Klara Maria Breuer