Spiritueller Impuls zum 175. Todestag der heiligen Maria Magdalena Postel
„Bei Gott: es fehlt ein Stück. Haltet die Welt an. Es fehlt ein Stück. Sie soll stehen“. So heißt es eindringlich in einem Lied der Band „Glashaus“. Die Worte mögen vielen angesichts der Erfahrung des Todes eines ihnen nahestehenden Menschen aus dem Herzen sprechen. Die Lücke im bisher gemeinsam bestandenen Leben wird existenziell und schmerzhaft spürbar. Man möchte die Welt, das pulsierende Leben um einen herum, für einen Moment anhalten. „Bei Gott: es fehlt ein Stück“.
Ein solcher Moment war für die damals 150 Schwestern zählende Ordensgemeinschaft der 16. Juli 1846, als Maria Magdalena Postel in der Abtei St.-Sauveur-le-Vicomte starb. Vier Monate später wäre sie 90 Jahre alt geworden. Angesichts des Todes verdichtet sich, was ein Leben geprägt hat und welche Spuren er oder sie hinterlassen. „Gottvertrauen“: In diesem Wort fassen sich die Lebenshaltung und die Erfahrung so vieler gegangener Wege Maria Magdalena Postels zusammen. „Gottvertrauen“ hatte sie in den Grundstein der Abtei, dort in der Normandie in Frankreich, meißeln lassen. Aus Ruinen hatte sie die Gebäude mit ihren Schwestern wieder erbaut. Als 1842 der Glockenturm durch einen schweren Sturm einstürzte und weitere Gebäudeteile beschädigte, ließ Maria Magdalena Postel ein zweites Mal „Gottvertrauen“ ins Fundament schreiben. Ihre Schwestern hieß sie das Werk erneut anzupacken.
Wie geht es weiter? Diese Frage, die angesichts des Todes im Raum steht, mag auch an jenem 16. Juli 1846 nicht ausgeblieben sein. Die Gründerin hatte ihren Schwestern Halt gegeben. Ihr Beispiel hatte sie angespornt, ihre Worte gaben ihnen Orientierung. Nun galt es, ohne sie weiterzugehen. Ohne sie? Überliefert ist, wie sehr die Schwestern mit ihrer Fürsprache rechneten. Sie erfuhren, dass die Gegenwart der Gründerin sie „vom anderen Ufer aus“ weiter begleitete, führte und stärkte. Heute, 175 Jahre später, denken wir Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel weltweit, an vielen Orten, an die Frau, die in schwierigen Zeiten lebte, was sie vom Evangelium begriffen hatte: Dass Gottes Wesen Barmherzigkeit ist und Gottvertrauen zu tragen vermag. Nicht nur Steine einer Abtei, sondern ein Leben, persönlich oder als Gemeinschaft. Daran erinnernd halten wir „unsere Welt“ an diesem 16. Juli einen Moment an. Und gedenken am 17. Juli mit der ganzen Kirche der heiligen Maria Magdalena Postel.
Schwester Klara Maria Breuer