Vierter Placida-Empfang in Heiligenstadt stand unter dem Motto des Jubiläumsjahres
Heiligenstadt. Rund 200 Schwestern und Gäste kamen am Freitag, 4. Mai, zum vierten Placida-Empfang ins Bergkloster Heiligenstadt. Angelehnt an das Motto des Jubiläumsjahres stand die Veranstaltung unter dem Thema „Auf dem Weg der Barmherzigkeit – Vertrauen gegen jede Vernunft?!“ Diese Frage stellen sich heute auch Erwachsene, wenn sie sich nach intensiver Auseinandersetzung noch zu einer Taufe entscheiden. Der Erfurter Weihbischof Dr. Reinhard Hauke, der solche Menschen begleitet, konnte da interessante Beispiele nennen: „Viele erzählen mir auf beeindruckende Weise, wie verschlungen ihr Weg war und wie erleichtert sie schließlich darüber sind, ihr Ziel erreicht zu haben.“
Ähnlich verschlungene Wege war auch Placida Viel gegangen. Sie war von Maria Magdalena Postel auf Reisen geschickt worden, um Spenden für den Wiederaufbau der Abtei St Sauveur-le-Vicomte einzusammeln. „Und das, obwohl sie eigentlich sehr schüchtern und zurückhaltend war“, woran der Rektor des Heiligenstädter Bergklosters, Pfarrer Bernd Kucklick, in der Bergklosterkirche erinnerte. Dort hatte der Placida-Empfang mit der Vesper begonnen.
Bergklosterkirche vor 100 Jahren geweiht
Erst ihr Gottvertrauen – vielleicht auch gegen jede Vernunft – habe Schwester Placida die erfolgreiche Mission ermöglicht. Und mit demselben Gottvertrauen habe sie die Kontakte zu vier Lehrerinnen im Eichsfeld geknüpft, mit denen sie schließlich die erste deutsche Niederlassung der Ordensgemeinschaft im Eichsfeld gründete.
Ein Jubiläum feiert in diesem Jahr auch die Bergklosterkirche, die fast auf den Tag genau vor 100 Jahren – am 2. Mai 1907 – geweiht worden war. In Anspielung auf den Lebensweg von Sr. Placida ermahnte Pfarrer Kucklick: „Arbeiten wir daran, das Reich Gottes in uns zu erreichten. Möge diese Kirche uns dazu eine Quelle der Liebe und des Glaubens sein.“
Suche nach Vorbildern
Anschließend fanden sich die Schwestern, zahlreiche leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Einrichtungen und Diensten sowie die geladenen Gäste im Placida-Saal des Bergklosters ein. Hier knüpfte Weihbischof Hauke an das Thema an. Der Priester, der schon als Dompfarrer viele Erwachsene auf dem Weg hin zu ihrer Taufe begleitet hat, berichtete von dem Lebensweg einer 45-jährigen Cellistin: „Ihre Eltern waren aus der Kirche ausgetreten, als die Bundeswehr gegründet wurde und die Kirche dagegen nichts tat.“ Glaube habe deshalb in ihrer Kindheit, obwohl fast alle Kinder getauft waren und zur Kommunion oder Konfirmation gingen, keine Rolle gespielt. Ghandi oder Albert Schweitzer wurden zu Vorbildern. Dann aber sei der Vater gestorben. „Ihre Familie tabuisierte den Tod, war sprachlos. Sie aber wollte sich dieser Sprachlosigkeit nicht beugen. Und dabei stellte ihre Hinwendung zur Musik nur vorübergehend einen Ausweg dar.“
„Hier kann ich über alles reden“
Nach dem Umzug in die Erfurter Gegend sei der Kontakt zu einem Pfarrer entstanden. „Jetzt merkte sie: Hier kann ich über alles reden.“ Und so habe sie als Erwachsene noch den Weg zur Taufe beschritten – jetzt in einer Umgebung, wo die wenigsten einer Kirche angehörten. So könnten auch Erwachsenentaufen zu einem Weg des Vertrauens werden, den andere vielleicht als „Weg gegen alle Vernunft“ bezeichnen.
„Geweitete“ Pastoral eröffnet Chancen
Im Hinblick auf eine „Pastoral in geweiteten Räumen“ sei dieser Weg manchmal sogar einfacher zu gehen als früher: „In einer kleinen Gemeinde wurde man dann vielleicht nicht nur als Neuling, sondern auch als Fremdling beäugt.“ Offenere, weitere Pfarrstrukturen eröffneten dagegen die Chance, schneller zu einer großen Gemeinschaft dazuzugehören. Auch diese Erfahrung hat Weihbischof Hauke in vielen Gesprächen gesammelt. Deshalb ermunterte er dazu, die Taufe, die Firmung und auch die Eucharistie als Sakramente der Erneuerung unseres Lebens zu begreifen und den vielen Möglichkeiten, die sich daraus ergäben, eine Chance zu bieten.
Bergschüler sorgten für den Rahmen
Musikalisch umrahmt wurde der Vortrag mit Gesang und Gitarrenklängen von drei angehenden Erzieherinnen und Erziehern der Berufsbildenden Bergschule: Christoph Mock, Regina Montag und Maria Piolek. Auszubildende aus dem Bildungsgang Hauswirtschaft hatten das Buffet vorbereitet, zu dem Generaloberin Sr. Aloisia anschließend einlud: „Auf dass wir auch dort noch viele vertrauens- und hoffnungsvolle Gespräche führen.“