Bestwig. 27 Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel feiern in diesem Jahr ihr 25-, 50-, 60-, 65-, 75- und sogar 80-jähriges Ordensjubiläum. Ein Großteil von ihnen kam am Samstag, 28. April, im Bergkloster Bestwig zusammen. Unter ihnen auch Schwester Regina Maria Basse, die bereits vor acht Jahrzehnten eingekleidet wurde. Ein solches Jubiläum hat es in der Ordensgemeinschaft noch nie gegeben.
Zu den 60-jährigen Jubilarinnen gehört die ehemalige Generaloberin und heutige Missionsprokuratorin Sr. Christa Maria Henninghaus. Und unter den 50-jährigen befindet sich auch die Bestwiger Hausoberin Schwester Verena Kiwitz. Ihnen allen dankte Generaloberin Schwester Aloisia Höing für die jahrzehntelange Treue: „Ich hoffe, dass Sie im Vertrauen auf unsere Gründerin Maria Magdalena noch viele Jahre erleben und diesen Weg weitergehen.“
„Die Liebe zu Gott macht frei“
Begonnen hatte der Festtag mit einem feierlichen Gottesdienst in der Dreifaltigkeitskirche. Hier erinnerte der Hausspiritual Dr. Klaus Schmöle daran, dass die Kongregation, was aus dem Lateinischen übersetzt „gesellige Gemeinschaft“ meine, und Kloster, was soviel wie „Geschlossener Bereich“ bedeute, keine Gegensätze seien: „Diese geschlossene Gemeinschaft fordert die menschliche Offenheit und schließt sie nicht aus.“ Daher sei das Ordensleben auch nicht mit eingeschränkter Freiheit gleichzusetzen, wie es Außenstehende oft empfänden: „Mit dem Eintritt in die Gemeinschaft hat sich Ihnen eine Tür aufgetan. Sie sind durch diese eine Tür hindurch gegangen und haben sich keine Hintertüren für Kompromisse offen gelassen. Gleichzeitig aber haben Sie sich auch für eine verwesentlichte, innere Freiheit entschieden. Denn frei ist der Mensch nur, wenn er liebt – und wenn er sich daran nicht hindern lässt.“ Das Kloster dürfe dazu ein bergender Raum sein. An die Schwestern gewandt erklärte Dr. Schmöle: „Lassen Sie sich diesen Raum nicht nehmen.“
Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst von einem Chor unter der Leitung von Schwester Theresita Maria Müller, der sich aus Ordensfrauen vieler Konvente zusammensetzte. Fast 200 Schwestern und zahlreiche Gäste nahmen an der Messfeier teil. Zelebriert wurde sie auch vom Heiligenstädter Rektor Bernd Kucklick, Pfarrer Ryszard Krolikowski aus Nuttlar, Pater Teipel und dem ehemaligen Caritas-Direktor aus Münster, Pfarrer Ernst.
„Jubel-Jubel-Jubiläum“
Anschließend fand sich die Festgemeinde zur Gratulation im Großen Saal ein. Hier stand das außergewöhnliche Jubiläum von Sr. Regina Maria Basse zunächst im Vordergrund. „Ich hatte überlegt, welchen Ausdruck man zu Ihrem Ehrentag wohl finden könne“, erklärte Sr. Aloisia – aber heute Morgen haben Sie selbst den treffendsten Begriff dafür gefunden: Ein `Jubel-Jubel-Jubiläum`.“
Schwester Regina Maria wurde am 3. April 1909 in Menden geboren und 1929 in Heiligenstadt eingekleidet. Danach arbeitete sie als Erzieherin in mehreren Kindergärten und über viele Jahre auch als Betreuerin der Kinder in der Orthopädischen Klinik Viersen-Süchteln. Seit zehn Jahren lebt sie in Bestwig.
Schwester Maria Antonia Gehring, die am Samstag ebenfalls zu den Gästen gehörte und selbst vor 59 Jahren in die Gemeinschaft eintrat, war bei der Jubilarin im Kindergarten gewesen: „Ich erinnere mich noch daran, wie ich mich einmal als Ordensschwester verkleiden durfte: Mit einem Lappen auf dem Kopf, einer Schürze und einem Kreuz um den Hals. Dann sollte ich sagen, wie ich mich fühle – wusste aber nichts zu sagen…“ Zwei Jahrzehnte später trat sie dann selbst der Gemeinschaft bei.
Ehemalige Generaloberin vor 60 Jahren eingekleidet
Schwester Christa Maria Henninghaus ist bereits seit 60 Jahren Mitglied der Gemeinschaft. Sie stammt ebenfalls aus Menden und lernte die Schwestern – wie Sr. Regina Maria – am Walburgisgymnasium kennen. Nach einer kaufmännischen Ausbildung trat sie 1947 der Gemeinschaft bei. 1966 nahm sie das Amt der Generalsekretärin an, damals noch in Geseke. 1968 zog sie mit dem Generalat ins Bergkloster Bestwig. Unter Generaloberin Sr. Maria Angela Himmelhaus wurde sie Generalassistentin. Und von 1990 bis 1996 war sie selbst Generaloberin.
Weichenstellungen für die Zukunft
In dieser Zeit wurden wesentliche Weichenstellungen für die Zukunft vollzogen. „Damals hatten wir uns mit Herrn Dabrock als noch externem Berater einer Selbstanalyse unterzogen, in der wir die Realitäten neu bewertet haben. Und im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinschaften haben wir uns bewusst entschieden, unsere Einrichtungen und Dienste trotz der zurückgehenden Zahl von Ordensschwestern zu halten.“ Die Spiritualität wollte man an den Standorten auch dadurch erhalten, dass man Leitlinien und Ziele entwickelt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter intensiv in deren Umsetzung einbezieht. Seitdem gibt es auch mehrtägige Betriebsleiter-Tagungen. Die Leitlinien und Ziele wurden in ihrer ersten Fassung 1994 in Kraft gesetzt. „Heute denke ich, dass diese Entscheidung – auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – richtig war. Mit ihnen sind wir auch für die Zukunft gerüstet“, blickt Schwester Christa Maria zurück und gleichzeitig nach vorn. In den letzten zehn Jahren hat die Gemeinschaft die Zahl ihrer Angestellten nicht nur halten, sondern sogar noch steigern können. Heute arbeiten in ihren Einrichtungen und Diensten – einschließlich der GmbH-Beteiligungen – rund 3.300 Menschen.
Heute noch Missionsprokuratorin
Heute ist Schwester Christa Maria noch immer Missionsprokuratorin der Gemeinschaft. Außerdem ist die 81-Jährige als Provinzsekretärinn tätig. „Als ich 1968 neu in die Generalleitung kam, bedeutete das für mich eine lange und intensive Einarbeitungszeit. Heute ist es für mich ein Vorteil, alle Zusammenhänge und die entscheidenden Personen zu kennen. Das hilft mir, die Aufgaben gut zu bewältigen.“
Hausleiterin seit 50 Jahren im Orden
Zu den 50-jährigen Jubilarinnen gehört die Bestwiger Hausleiterin Sr. Verena Kiwitz. Die gebürtige Xantenerin hatte die Schwestern in der dortigen Realschule kennen gelernt. „Im Dom gab es ein Bild von Mutter Placida, das sie vor einer Reihe von Mitschwestern zeigte. Ich hatte mir schon als Kind gewünscht, auch einmal in dieser Reihe zu sitzen.“ Nach einer Ausbildung zur Erzieherin und Vollendung des 21. Lebensjahres setzte sie diesen Wunsch in die Tat um. „Vorher wollte mich mein Vater nicht `gehen` lassen. Heute habe ich Verständnis dafür. Denn in dieser Phase war die Entscheidung auch noch einmal gereift“, sagt Schwester Verena.
„Kannte das ganze Dorf und deren Familien“
33 Jahre lang lebte und arbeitete sie in Tecklenburg-Brochterbeck. Ein Vierteljahrhundert im Kindergarten, dann auch als Heimleiterin einer Senioreneinrichtung und als Gemeindeschwester in der Kinder- und Jugendarbeit. 2004 kam sie als Hausleiterin zum Bergkloster Bestwig. „Vor allem die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen hat mich geprägt. In Brochterbeck hatte ich viele erst im Kindergarten, dann in der Sakramenten-Vorbereitung, schließlich in der Jugendgruppe und nachher als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Jugendarbeit oder in der Katechese. Ich kannte das ganze Dorf und deren Familien…“ Bis heute haben sich viele Kontakte gehalten. Als die Bestwiger Jubilarinnen ihr Fest am Sonntag mit Freunden und Verwandten feierten, bekam Sr. Verena von dort auch Besuch.
Mit 73 noch an sieben Tagen Dienst
Ebenfalls seit 50 Jahren gehört Schwester Johanna Gertrudis Kopke der Gemeinschaft an. Die 73-jährige, gebürtige Berlinerin hatte in dem Krankenhaus in Berlin-Lichtenrade die Kinderkrankenpflege-Ausbildung gemacht und die Schwestern dort kennen gelernt. Sie selbst kam aus dem Ostteil der Stadt, wohnte aber dann im Westen mit im Konvent.
25 Jahre lang war sie später an der Schulpforte des Ahauser Canisius-Gymnasiums tätig gewesen. Nach einer weiteren Ausbildung zur Heimleiterin leitete sie das damalige Schul-Internat. Bereits seit 1985 arbeitet sie an der Klosterpforte in Bestwig. „Hier ist jeder Tag anders. Die Begegnung mit so vielen Menschen und unsere Absicht, Ihnen etwas mit auf den Weg zu geben, machen einfach Freude“, sagt Schwester Johanna Gertrudis zufrieden. Auch der Klosterladen in dem vor sieben Jahren neu errichteten Glasvorbau gehört mit zu ihrem Aufgabenbereich. Dieser Laden hat wie die Pforte an sieben Tagen in der Woche geöffnet. Drei Schwestern und Annette Kleine als Angestellte wechseln sich hier mit den Diensten ab.
Schulsystem als Spiegelbild
Auf noch nicht ganz so viele, deshalb aber nicht weniger spannende Jahre blickt Schwester Elisabeth Morell aus Kassel zurück. Sie lernte die Gemeinschaft an der Engelsburg kennen. „Entscheidend waren für mich aber auch die Exerzitien- und Besinnungswochenenden, die ich hier im Bergkloster Bestwig erlebte“, blickt sie zurück. In ihrem Glauben durch die Mutter geprägt, entschied sie sich schließlich für den Eintritt in die Gemeinschaft. Sie studierte Mathematik und Geografie auf Lehramt an der Universität Münster und begann nach dem Referendariat in Fulda auch an der Engelsburg zu unterrichten. Nach dem Weggang von Schwester Maria Ignatia Langela ist sie die einzige Ordensfrau, die dort noch als Lehrerin arbeitet. „In dem Schulbetrieb hat sich sehr viel geändert. Früher gab es jeden Tag sechs Stunden Unterricht und vielleicht einen Wandertag im Jahr. Heute bestehen viel flexiblere Unterrichtsstrukturen und ganz andere Möglichkeiten, sich für die Schüler, deren Familien und auch die Kollegen einzubringen.“ So zum Beispiel ein gemeinsames Wochenende für die Fünftklässler und deren Familien. Und im Zuge der nächsten Umstrukturierung des Abiturs arbeite man derzeit die ganzen Unterrichtsmaterialien für die so genannte Freie Stillarbeit in den Jahrgangsstufen Fünf und Sechs auf.
Pinguine als treffender Vergleich
Vielleicht sind diese Veränderungen ein Spiegelbild der lebendigen Prozesse in der Ordensgemeinschaft und all ihren Einrichtungen und Diensten. Im Großen Saal fand Schwester Elisabeth aber auch noch einen anderen Vergleich: „Vor wenigen Tagen habe ich den Film `Die Reise der Pinguine` gesehen. Deren leben hat mir sehr imponiert. Nach drei Monaten der Nahrungsaufnahme sind sie als Gemeinschaft 20 Tage lang an Land unterwegs, um ihren Nistplatz zu finden. Und diejenigen, die den Anschluss verlieren, verenden. Auch wir schöpfen unsere Kraft aus der Gemeinschaft – um uns aus dieser Geborgenheit und Sicherheit heraus den Menschen zu widmen.“
Die Jubilarinnen im Einzelnen: