Gedanken zum Christkönigssonntag von Schwester Klara Maria Breuer
Der Besuch eines Königs oder einer Königin ist bis heute etwas Besonderes. So lockte am 25. September der Besuch des niederländischen Königs Willem-Alexander in Münster Viele an den Straßenrand, um einen Blick auf die königliche Limousine oder gar den König selbst zu erhaschen. Der Glanz eines Königshauses bewegt Menschen. Geschichten um Mitglieder von Königsfamilien finden weithin interessierte Leserinnen und Leser.
Um einen König dreht sich auch der letzte Sonntag im Kirchenjahr. Die katholische Kirche begeht ihn als „Christkönigsfest“. Dabei zeichnen die Evangelien ein völlig anderes Bild vom König Jesus Christus, als wir irdische Könige kennen. In Jerusalem zieht er nicht mit einem prunkvollen Wagen ein, sondern kommt auf einem Esel geritten. Beim letzten Abendmahl, das Jesus mit den Seinen feiert, wäscht er seinen Jüngern die Füße. „Du sagst es, ich bin ein König“, bestätigt Jesus die Frage des römischen Statthalters Pilatus, als der ihn verhört. Das hält Pilatus zwar nicht davon ab, Jesus zur Kreuzigung freizugeben. Doch später lässt er oben am Kreuz eine Tafel mit der Inschrift anbringen: „Jesus von Nazareth. König der Juden.“ Was für eine Provokation!
Doch: Kann das Christkönigsfest für uns heutige Zeitgenossen noch eine Bedeutung haben? Ist es nicht aus der Zeit gefallen? Ich finde: Nein. Dem Stachel, den dieses Fest in sich birgt, will ich mich stellen. Einen Schlüssel finde ich in dem Sonntag, der dem Christkönigsfest vorangeht. Papst Franziskus hat ihn 2016 als Welttag der Armen festgelegt. In der Stadt Münster haben wir ihn mit einem Nachmittag bei Kaffee und Kuchen, vornehmlich für Gäste einer Essensstelle, sowie einem eigens gestalteten Gottesdienst begangen. Aus der Provinzhauptstadt Nampula in Mosambik erhielt ich Fotos, wie unsere Schwestern dort bei der Verteilung von Essensboxen für Arme der Stadt beteiligt waren. Selbstgebackenen Kuchen gab es zum Frühstück im Sozialbüro unserer Schwestern in der brasilianischen Stadt Leme. In der vatikanischen Audienzhalle waren am Welttag der Armen runde Tische für 1.300 Bedürftige gedeckt. Mittendrin in der bunten Tischgesellschaft nahm Papst Leo am Mittagessen teil.
„Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen.“ Diese Botschaft des Königs, von dem das Gleichnis im 25. Kapitel des Matthäusevangeliums berichtet, ist eindeutig. Sie gibt wieder, wem besonders der Herzschlag Jesu gilt. Gerade diejenigen, die weithin als die Geringsten gelten, nennt er seine Brüder und Schwestern.
In der Essensstelle in Münster, in der ich seit vielen Jahren mitarbeite, ist Matthäus 25 täglich Programm, unaufgeregt und selbstverständlich.
Die Herausforderung des Christkönigssonntags möchte ich nicht missen. Nicht um Prunk geht es, sondern um Dienst. Nicht um Wegschauen von schmerzlicher Wirklichkeit, sondern um Hinschauen, auch dort, wo es wehtut. Um Achtung der Würde von Menschen, die so leicht aus dem Blick geraten. Das Bild einer anderen, möglichen Welt wird uns vor Augen geführt. Für sie hat der König Jesus Christus gelebt, ist er gestorben und auferstanden. Wer nicht nur am Christkönigssonntag auf diesen König schaut, ist eingeladen, seinen Spuren zu folgen. Und seiner Botschaft im je neuen Heute Hand und Fuß zu geben. Allerorts auf dieser Erde.



