
Ein Musiker aus Syrien, eine Ordensfrau aus Jerusalem und ein Friedenslobbyist aus Deutschland erzählten im Bergkloster Bestwig beim Forum Weltkirche am Mittwochabend, was sie in dunklen Zeiten trägt – und woher sie ihre Hoffnung nehmen.
Musik zwischen Trümmern
Aeham Ahmad spielte Klavier, als um ihn herum alles zerfiel. Bis 2015 lebte er im palästinensischen Flüchtlingslager Yarmouk in Damaskus. Zwischen den Ruinen setzte er sich ans Klavier – ein Bild, das um die Welt ging.
Bei einem Angriff trafen ihn Granatsplitter. Einen Arzt gab es nicht, nur einen Tischler, der ihm notdürftig half. Nach seiner Flucht über die Balkanroute sagte ein deutscher Arzt, er werde nie wieder Klavier spielen können.
Doch Ahmad spielt wieder – auch gestern Abend im Bergkloster Bestwig. „In Yarmouk gab es keine Hoffnung“, sagte er. „Aber die Kinder kamen immer wieder und baten mich, zu spielen. Durch sie und durch meine Familie fand ich Kraft weiterzumachen.“
Bleiben statt fliehen

Für Schwester Gabriela Zinkl ist der Nahe Osten Heimat und Auftrag zugleich. Die Borromäerin lebte acht Jahre lang in Jerusalem. Ihre Gemeinschaft betreibt dort einen Kindergarten für palästinensische Kinder und in Emmaus, im Westjordanland, ein Gästehaus.
Den Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 hat sie miterlebt. Sie hörte Raketen und Explosionen und spürte die Angst, die sich plötzlich in der Stadt ausbreitete. „Die Deutsche Botschaft bot an, uns auszufliegen“, erzählte sie. „Aber wir sind geblieben.“
Die Schwestern richteten einen alten Schutzraum im Keller wieder her, um den Kindergarten weiterführen zu dürfen. „Unsere Arbeit ist nicht spektakulär“, sagt Schwester Gabriela. „Es ist Graswurzelarbeit.“ Sie und ihre Mitschwestern wollen Zeichen setzen – gegen Angst, Hass und Fanatismus.
Noch heute warnt eine App auf ihrem Handy vor Raketeneinschlägen. Trotzdem bleibt sie zuversichtlich: „Wir glauben an den Friedensfürsten – nicht nur an Weihnachten.“
Hoffnung durch Gewaltfreiheit
Ralf Becker gründete vor 30 Jahren mit einem Freund den Verein „Gewaltfrei Handeln“. Damals war das neu, heute ist es weltweit vernetzt. „Viele Unternehmen schulen inzwischen gewaltfreie Kommunikation. Und Ehen werden häufiger durch Mediation geschieden als vor Gericht“, erzählte er.
Becker sieht Hoffnung in friedlichen Bewegungen: Studien zeigen, dass gewaltfreie Aufstände doppelt so oft erfolgreich sind wie gewaltsame. „Sie führen häufiger zu Demokratie und kosten weniger Menschenleben“, sagte er.
Er nennt Beispiele aus der Zentralafrikanischen Republik und aus Somaliland, wo nach Jahren des Bürgerkriegs frühere Gegner miteinander sprechen, Kompromisse suchen und gemeinsam Strukturen aufbauen. „Wo Menschen sich vernetzen und reden, wächst Frieden“, fasste Becker zusammen.
Der Glaube als Kraftquelle
Moderator Ulrich Bock wollte wissen, welche Rolle der Glaube dabei spielt.
Becker sieht ihn als moralisches Fundament. Schwester Gabriela nennt ihn ihre wichtigste Kraftquelle. „Beten heißt auch, verzeihen zu lernen“, sagte sie. „Das hilft, in Demut und Bescheidenheit zu handeln.“
Aeham Ahmad erlebte in Syrien, wie Religion missbraucht wird – mal für, mal gegen den Frieden. „Ich habe gesehen, wie in einer Moschee für einen Selbstmordattentäter gebetet wurde“, erzählte er. Dennoch reist er bald wieder nach Syrien. Hoffnung gebe es dort immer, sagte er.
Blick auf die Welt

Zum Schluss fragte Moderator Bock, ob sich Hoffnung auch in großen Konflikten politisch durchsetzen könne.
Becker erinnerte an das von Donald Trump vermittelte Abkommen zwischen Israel und der Hamas. „Vielleicht war es Machtpolitik – aber es brachte eine Waffenruhe“, sagte er. Trump wolle den Friedensnobelpreis, und dieselbe Macht, die er gegenüber Netanjahu hatte, habe er auch gegenüber Selenskyj. „Vielleicht kann daraus sogar Frieden entstehen.“
Becker hält es für denkbar, dass nach einem Ende des Krieges in der Ukraine internationale Garantien durch die Vereinten Nationen nötig werden. Darüber, so berichtete er, stehe seine Organisation im Austausch mit dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Armin Laschet.
Hoffnung, die bleibt
Am Ende des Abends war spürbar, was alle drei verbindet: Trotz Krieg, Angst und Gewalt glauben sie an die Kraft des Guten – und daran, dass Hoffnung ansteckend ist.
„Hoffnung wächst dort, wo Menschen nicht aufgeben“, sagte Ulrich Bock. „Und wo sie anderen zeigen, dass man selbst in Trümmern noch Musik machen kann.“