Schwester Joana Júlio Marcos und Schwester Rosa Bernardo Alberto Pedro aus Mosambik lebten ein Jahr bei ihren Mitschwestern in Deutschland
Ausgerechnet die Friedhöfe haben es den beiden jungen mosambikanischen Schwestern Joana Júlio Marcos und Rosa Bernardo Alberto Pedro in Deutschland besonders angetan. Das zeigt, wie unterschiedlich Wahrnehmung und Denkweisen in den Kulturen sind – und wie sehr es lohnt, sich darüber auszutauschen. In dieser Woche reisen die beiden Schwestern wieder in ihre Heimat zurück.
Ein Jahr lang lebten sie in den Bergklöstern Bestwig und Heiligenstadt sowie in weiteren Schwesternkonventen, um das Leben ihrer deutschen Mitschwestern kennenzulernen. „Wir sind sehr dankbar für diese Erfahrungen“, sagt Schwester Joana. Aber Schwester Rosa gibt auch zu: „Jetzt freuen wir uns wieder auf zu Hause.“ In den vergangenen zwölf Monaten war sie über 8000 Kilometer von ihren Familien entfernt.
Insgesamt waren seit 2017 schon acht junge Ordensfrauen aus Mosambik für ein Jahr in Deutschland. In dem Land an der südafrikanischen Ostküste gibt es mittlerweile 20 einheimische Schwestern. „Es ist wichtig, dass wir uns untereinander kennen“, sagt Schwester Theresita Maria Müller. Die Generalratsschwester ist für die Koordination des Aufenthaltes der beiden Gastschwestern in Deutschland verantwortlich: „Gerade in diesen Zeiten zeigt sich, wie wichtig es ist, sich für andere Kulturen zu interessieren und sich anzunähern.“
Schwester Joana und Schwester Rosa befinden sich im dritten Jahr ihres Juniorats, das an die erste Ordensausbildung, das sogenannte Noviziat, anschließt. Nachhaltig in Erinnerung bleibt ihnen die Begegnung mit alten Menschen, vor allem mit alten Ordensschwestern. Ohnehin ist die Lebenserwartung in ihrem Heimatland mit 54 Jahren eine der niedrigsten weltweit. Und erst recht gibt es dort noch keine hochbetagten Schwestern. Schwester Leila de Souza e Silva, die Regionalkoordinatorin für die Ordensgemeinschaft in Mosambik, ist mit 76 Jahren die Älteste. Sie hat die Arbeit der Ordensgemeinschaft in diesem Land zusammen mit ihren beiden brasilianischen Mitschwestern Fátima Sehnem und Conceição de Maria Gomes de Souza aufgebaut.
In Mosambik gibt es keine Seniorenheime
„Es ist traurig zu erleben, dass es hier alte Schwestern gibt, die sich kaum bewegen können“, sagt die 25-jährige Schwester Joana. Andererseits habe sie auch erfahren, wie dankbar alte Menschen für Kleinigkeiten sind und wie professionalisiert die Pflege hier ist: „Bei uns in Mosambik gibt es keine Senioreneinrichtungen.“ Die Familien müssten sich selbst um alle Pflegefälle kümmern. Und von den Ordensschwestern sei noch keine hilfsbedürftig. In Deutschland haben sich die beiden jungen Ordensfrauen erstmals damit auseinandergesetzt, dass dies auch in Mosambik einmal anders sein wird.
Das Feld für einen kleinen Friedhof am Hauptstandort in Metarica ist bereits angelegt. Schwester Leila achtet darauf, dass man sich auch darauf vorbereitet. „Interessanterweise wurde dieses Grundstück ‚Garten des Lichts‘ getauft“, erläutert Schwester Theresita Maria. Möglicherweise eine Reaktion darauf, dass Friedhöfe in Mosambik oft recht trist sind.
„Ich hatte bisher immer eher Angst, auf einen Friedhof zu gehen“, sagt die 26-jährige Schwester Rosa. In Deutschland sei das anders. Hier haben die beiden Mosambikanerinnen häufiger Beerdigungen von alten Ordensschwestern miterlebt und natürlich auch die Friedhöfe kennengelernt. „Hier sind sie grün, schön bepflanzt, mit vielen Blumen. Hier fühle ich mich auf einem Friedhof wohl“, stellt Schwester Rosa fest.
Tanz und Bewegung in den Gottesdiensten
Weniger bunt sind dafür in Deutschland die Gottesdienste. „In Mosambik singen, tanzen und bewegen wir uns viel. In farbenfroher Kleidung machen wir Musik mit Trommeln, Rasseln und Klavier“, versucht Schwester Joana die Atmosphäre zu beschreiben. Die Heilige Schrift wird beispielsweise vor dem Verlesen des Evangeliums in der Eucharistiefeier tanzend zum Altar gebracht. Einen Teil dieser Bräuche haben die beiden jungen Ordensschwestern in Deutschland in die Liturgie einbringen dürfen. „Und das ist auf jeden Fall eine Bereicherung: zu sehen, dass es auch ganz anders geht als wir es kennen“, sagt Schwester Theresita Maria.
Während ihres Aufenthaltes arbeiteten Joana und Schwester Rosa unter anderem in der Pflegestation der Schwestern, aber auch im Kindergarten, zudem einige Wochen in der Wäscherei und beim Hausservice. Zusammen mit Schwester Lucia Hartje bereiteten sie in der Sakristei die Gottesdienste vor, mit Schwester Irmgardis Vitz kochten sie Marmelade für den Klosterladen ein. Und in der Gärtnerei halfen sie Ikebana-Meisterin Schwester Walburga Maria Thomes.
Außerdem standen Aufenthalte in der Abtei St. Sauveur-le-Vicomte in der Normandie, an den Standorten der eigenen Ordensschwestern und -einrichtungen in Berlin, Kassel und Münster auf dem Programm. „Wir wollen, dass die Mosambikanerinnen das Leben in Deutschland und in unserer Ordensgemeinschaft umfassend kennenlernen“, sagt Schwester Theresita Maria – „und dass sie uns etwas von ihrer Kultur vermitteln. Das ist ein Gewinn für uns alle.“
Mehr im kontinente-Magazin
Einen ausführlichen Bericht gibt es auch in der aktuellen Ausgabe des Missionsmagazins kontinente, das die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel mit herausgeben (Siehe Proprium in der Heftmitte).