Führungskräfte diskutierten im Bergkloster Bestwig engagiert über Möglichkeiten und Ziele
„Nachhaltiger zu wirtschaften bedeutet mehr Verantwortung zu übernehmen. Aber dieser Mehrwert bedeutet langfristig Erleichterung“, verspricht der Leiter des Zentrums für Nachhaltige Unternehmensentwicklung (ZNU) aus Witten, Dr. Christian Geßner. Er war Gast der Führungskräftetagung der leitenden Mitarbeitenden aus den 50 SMMP-Einrichtungen und Diensten am Mittwoch im Bergkloster Bestwig. Die hatte das Thema „Schöpfung erhalten – Zukunft bewahren“ und stellte sich der Frage, was das für die eigenen Standorte bedeutet.
„Ich verbinde Nachhaltigkeit zuerst mit Veränderung“, erklärte die Provinzoberin der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel, Schwester Johanna Guthoff, zum Auftakt. Und sie verwies auf die bereits drei Jahre zurückliegende Umstrukturierung des Unternehmensverbandes zur SMMP Holding. Die bedeute auch, dass die Ordensschwestern ihre Verantwortung für die operative Tätigkeit der Einrichtungen mehr und mehr in die Hände weltlicher Mitarbeiter übergeben – im Sinne einer soliden Ausrichtung auf die Zukunft hin: „Auch das ist Nachhaltigkeit.“
Der Begriff wird vor allem mit dem Schutz der Umwelt verbunden. Doch der Begriff Nachhaltigkeit umfasst viel mehr. Ulrich Bock, Leiter der Unternehmenskommunikation, verwies in seiner Einführung auf die gleichberechtigten Dimensionen von wirtschaftlicher Effizienz, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Tragfähigkeit.
Diese Dimensionen werden durch die Leitlinien und Ziele für das Leben und Arbeiten in den SMMP-Einrichtungen und Diensten bereits umfassend abgebildet: die beziehen sich neben der Schonung natürlicher Ressourcen auch auf das christliche Menschenbild, Lernorte des Glaubens, die Vermittlung von Freude am Leben, eine vertrauensvolle Atmosphäre, Transparenz und gute Zusammenarbeit zwischen den Einrichtungen und ihren Trägern: „Wir sehen: Nachhaltigkeit wird bei uns schon in vielen Bereichen umgesetzt und verinnerlicht. Nicht nur aus einer Verpflichtung heraus, sondern auch, um sich weiterzuentwickeln.“
Blick auf internationale Projekte
Beispiele aus der nachhaltigen, internationalen Arbeit der Ordensgemeinschaft beschrieben Generaloberin Schwester Maria Thoma und Generalsekretärin Schwester Theresia Lehmeier: „Mit dem Bau von Häusern statt Hütten geben wir Familien in Mosambik und Brasilien nicht nur ein solides Zuhause, das Stürmen und Regenfluten standhält, sondern wir schaffen damit auch Arbeitsplätze und gute Lernbedingungen für die Kinder und Jugendlichen, die unsere Schulen besuchen, so Schwester Maria Thoma. Wie wichtig der Bau solider Häuser sei, habe sich gerade wieder bei dem Zyklon Freddy in Mosambik gezeigt: „Die Häuser haben gehalten, die Lehmhütten mit den Strohdächern nicht.“
Ein anderes Beispiel ist das Projekt Wege in die Selbstständigkeit, mit dem Jugendliche, die die Kinderheime, Kinderdörfer bzw. Schulen in Bolivien, Brasilien und Rumänien verlassen, weiter ins Leben begleitet werden. „Die junge Frau Edith ist dafür ein gutes Beispiel. Sie war mit sechs Jahren zusammen mit ihrer kleinen Schwester an einer Bushaltestelle in Cochabamba ausgesetzt worden. Sie ins unendlich dankbar für das, was sie im Kinderdorf Cuatro Esquinas gelernt hat und hilft dort heute selbst mit.“
Aber in der internationalen Arbeit der Ordensgemeinschaft stellen sich dieselben Fragen wie bei den Einrichtungen und Diensten in Deutschland. Wie erfasst man, was bereits geschieht? Wie werden Erfolge messbar? Wie setzt man sich in diesen Bereichen Ziele?
Nachhaltigkeitsmanager/innen
Das sind die Kernfragen des Prozesses, der bereits mit dem an die Universität Witten-Herdecke angegliederten Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung für den SMMP-Unternehmensverbund in Deutschland begonnen wurde.
Stephan Schink, Geschäftsführer der SMMP Servicedienste, erläuterte das bisherige Vorgehen und die weitere Roadmap: „Im Februar haben wir die ersten zwölf Nachhaltigkeitsmanagerinnen und -manager ausgebildet. Sie durften auch die Software fjol kennenlernen, die uns dabei helfen wird, den Prozess systematisch anzugehen.“ Fjol helfe dabei, Kriterien zu entwickeln, Maßnahmenkataloge zu definieren und Ziele festzulegen. „Dabei ist die Software lernfähig und lässt sich auch für ein Sozialunternehmen wie Ihres anpassen“, erläuterte ZNU-Referentin Lisa Hömmken. „Das ist ein gegenseitiger Lernprozess. Wir werden gegenseitig von unseren Erfahrungen profitieren.“ Das ZNU begleitet bereits zahlreiche große Unternehmen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit.
Im Mai ist für das Sozialunternehmen SMMP bereits die Erstellung einer Klimabilanz geplant. 2024 sollen die nächsten zwölf Nachhaltigkeitsmanagerinnen und -manager aus dem SMMP-Verbund ausgebildet werden. Am Ende steht eine Zertifizierung.
„Doch ist der Prozess damit nicht zu Ende“, so Christian Geßner mit Verweis auf die zehn Säulen des „sustainable leadership“, was mit nachhaltiger Unternehmensführung übersetzt werden kann. „Sie müssen den Prozess leben und verinnerlichen, wie das bei Ihnen schon in vielen Bereichen passiert“, ermutigte er die fast 70 leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem SMMP-Verbund. Das Gefühl der eigenen Machtlosigkeit müsse dabei überwunden werden: „Denn zusammen können wir doch sehr viel erreichen.“
Zu diesem Verständnis von Unternehmensführung gehörten nicht nur ein soziales und ökologisches Bewusstsein, sondern unter anderem auch wirtschaftliche Glaubwürdigkeit, Geduld, Überzeugungskraft und Leidenschaft.
Ideen in Workshops gesammelt
In einer zweigeteilten Workshop-Phase sammelten die Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer bereits viele Ideen, die unterschiedlich konkret wurden. Das lag auch an der Vielfalt der Themen: Die reichte von den Werten und der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens über die Frage, was einen attraktiven Arbeitgeber ausmacht, bis zu konkreten Fragen zum regionalen Engagement, nachhaltiger Beschaffung oder dem Klimaschutz.
„Wir haben uns in unserer Gruppe bei der Dienstleistungsqualität zum Beispiel damit beschäftigt, wie man die Versorgungsqualität durchgehend erhält, wenn ein älterer Mensch zwischen ambulanter Pflege, Tagespflege und Kurzzeitpflege wechseln muss. Da muss eine Menge gut ineinandergreifen“, nannte Nachhaltigkeitsmanagerin Johanna-Maria Winkler aus der Bildungsakademie für Therapieberufe ein Beispiel.
Ein großes Thema war das Thema flexibler Arbeitszeitmodelle. So gibt es in der Seniorenhilfe schon seit langem sogenannte Flexi-Verträge. „Die ermöglichen uns, die Stundenkontingente von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit ihrem Einverständnis zu erhöhen, wenn sich kurzfristig der Bedarf ergibt – auf der anderen Seite können unsere Beschäftigten ihn aber auch senken, wenn sie in einer bestimmten Lebensphase zum Beispiel mehr Zeit für die Familie brauchen“, berichtete Irmhild Scheffner, Pflegedienstleiterin im Haus St. Josef in Heiden. Beide Seiten sammelten damit sehr gute Erfahrungen.
Voneinander lernen
Der Geschäftsführer der Seniorenhilfe SMMP, Frank Pfeffer, weiß zudem, dass immer mehr Arbeitnehmerinnen und -nehmer ein Sabbatjahr einplanen. Darauf richte man sich ein. Und auch das sei eine wichtige Maßnahme, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachhaltig zu binden. Die anderen Unternehmensbereiche im SMMP-Einrichtungsverbund können solche Ideen vielleicht übernehmen.
Darüber hinaus gab es viele sehr konkrete Maßnahmen-Vorschläge. Etwa im Bereich nachhaltiger Beschaffung. So berichtete Dr. Monika Rack, stellvertretende Leiterin des Engelsburg-Gymnasiums in Kassel, wie ihre Arbeitsgruppe darüber diskutiert habe, ob Schulmöbel immer komplett neu angeschafft werden oder auch aufgearbeitet bzw. einzelne Teile ersetzt werden können. Und Marco Hesse, Physiotherapeut aus der Bildungsakademie, schilderte die Überlegungen in seiner Gruppe, wie sich Kilometer mit dem Jobrad mit Benefits vergüten oder die Papierverbräuche in Akademie und Praxen messbar vermindern lassen.
Immer wieder wurde deutlich, dass es schon viele Ideen und Initiativen gibt, die man auf weitere Standorte übertragen kann. Dazu soll der begonnene Prozess ebenfalls beitragen.
Schwester Johanna freute sich über die angeregten Diskussionen und die vielen guten Ergebnisse: „Dieser Prozess ist damit auch einer, der viel dazu beiträgt, vom Ich um Wir zu kommen.“ Das sei es, was die „SMMP-Familie“ präge.
Mit einem Gottesdienst, den Schwester Theresita Maria Müller gestaltete und Andreas Pfläging am Flügel begleitete, schloss der Tag nach guter Tradition ab. Denn das nachhaltige Fundament allen Tuns in den Einrichtungen bleibt der christliche Glaube.