Schwester Ruth Stengel und Schwester Christine Romanow entwickeln in Jena neue pastorale Angebote
Die Corona-Pandemie zwingt zum Umdenken: Große Veranstaltungen und Gottesdienste sind nicht möglich. Umso wichtiger werden für die Kirche neue, kreative Ideen, suchenden Menschen ein Angebot zu machen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Schwester Ruth Stengel und Schwester Christine Romanow berichten in einem Podcast für das Bistum Erfurt ausführlich über ihre Erfahrungen in dem Angebot der Orientierung.
Mittlerweile leben Schwester Ruth und Schwester Maria Elisabeth Goldmann seit fünf Jahren in Jena, wo sie mit Schwester Christine von den Missionarinnen Christi einen gemeinsamen Konvent in einer Plattenbausiedlung bilden. „Unser Gebetsraum ist wahrscheinlich der einzige in diesem Stadtteil mit 23.000 Einwohnern“, sagt Schwester Christine. Schwester Ruth sagt: „Dies ist unser kleiner heiliger Boden in der Platte.“ Sie findet es ebenso spannend, hier in der Diaspora für Menschen da zu sein und pastorale Angebote zu entwickeln.
Gemeinsam organisieren die beiden die Orientierung, während Schwester Maria Elisabeth Goldmann für die Sozialberatung der Caritas in Jena zuständig ist. Alle drei Frauen begegnen während der Corona-Pandemie besonderen Nöten. Und alle drei öffnen ihre Türen für Menschen, die mit der Kirche meist gar nichts zu tun haben.
Schwester Ruth arbeitet auch als Religionslehrerin. „Wobei unklar ist, wann dieser Unterricht wieder in Präsenzform starten kann. Denn die Religionsstunden finden hier für die Schülerinnenund Schüler verschiedener Schulen gemeinsam im Pfarrzentrum statt“, erklärt die Theologin. Und mit einem weiteren Stellenanteil ist sie als Gemeindereferentin in der Pfarrgemeinde tätig.
Ein Ort, wo jeder „andocken“ kann
„Die Orientierung aber ist bewusst eine Stelle, wo Menschen andocken können, die den Schritt über die Schwelle der Pfarrgemeinde gar nicht wagen würden“, sagt die 41-Jährige, die im westfälischen Lippborg aufgewachsen ist. Hier begegnen sie und Schwester Christine Suchenden, die sich ganz behutsam mit ihrer Lebensaufgabe, ihrer Berufung und ihrem Glauben auseinandersetzen. Und Schwester Ruth sagt. „Gerade auch während der Corona-Phase sehen wir mit vielen von ihnen weiter im Kontakt.“
Einzelgespräche sind möglich, je nach geltenden Corona-Auflagen auch Meditationen im kleinen Kreis. „In der Peterskirche hatten wir im Sommer eine neue Form des ökumenischen Samstagabendgottesdienstes entwickelt, den immer super-tolle Musiker mitgestalten“, erläutert Schwester Christine. Denn die Kollekte dieses Gottesdienstes kommt einem von der Stadt Jena gegründeten Fonds zu, der Musiker und Künstler in der Corona-Zeit unterstützt.
Für Schwester Ruth sind es gerade diese kleineren, umso intensiveren Angebote der Kirche, für die sie eine Zukunft sieht. Im Podcast erklärt sie: „Wir sind Teil der Kirche, die im massiven Umbruch ist. Manche Fragwürdigkeit von Strukturen hat diese Pandemie offengelegt – vielleicht auch manche Engführung in Liturgie und Pastoral.“ Und sie fügt den Gedanken hinzu, dass Ordensleute wahrscheinlich größere Gestaltungsräume haben als andere innerhalb der Kirche: „Wir fragen uns: Was ist jetzt wirklich dran? Was können wir tun? Was passt jetzt? Da können wir noch mutiger sein und uns einsetzen für eine lebendige Kirche. Das ist das, was mich begeistert: dass wir den Anspruch haben, den lebendigen Gott zu verkünden.“
„Ein Landeplatz für den heiligen Geist“
Im Podcast sagt Schwester Christine: „In der Corona-Zeit fallen so viele Dinge aus. Daher dürfen wir uns auch mal erlauben zu tun, was wir sonst nicht tun. Vielleicht dürfen wir uns sogar gestatten, mal gar nichts zu tun. Das könnte ein Landeplatz für den Heiligen Geist sein.“
Ohnehin sei es immer schwieriger, langfristig zu planen. „Mit vielen Angebote müssen wir situativ beginnen. Und dabei sollten wir die Bedeutung und den Erfolg nicht mehr so sehr an Zahlen festmachen. Das schafft neue Gestaltungsfreiräume“, betont Schwester Ruth.
Kreativ nutzen die Schwestern dabei inzwischen das Internet. So lädt Schwester Ruth ab dem 18. Februar zu Online-Exerzitien ein (siehe smmp.de/Angebote). „Ich bin selbst gespannt, wie das klappt. Aber als Kirche müssen wir endlich auch lernen, diese Kommunikationsmöglichkeiten besser zu nutzen.“
Das 25-minütige Gespräch von Schwester Ruth und Schwester Christine für das Bistum Erfurt finden Sie hier im Podcast.