SMMP-Einrichtungen wollen Biokost anbieten und Essensabfälle vermeiden
Die Küchenleitungen der SMMP Servicedienste setzen in Zukunft auf mehr Nachhaltigkeit: Sie wollen mehr Biokost anzubieten und Essensabfälle vermeiden. Dass beides ganz eng zusammengehört, macht der Geschäftsführer des Vereins United Against Waste, Torsten von Borstel, an einer Beispielrechnung deutlich: „Die Küche eines Seniorenheims, deren Abläufe wir analysiert haben, konnte über 30 Prozent Abfälle vermeiden. Das ergibt einen Spar-Effekt von 19.000 Euro pro Jahr. Und wie könnten Sie die reinvestieren? In Bio-Kost.“
Zwei Tage lang trafen sich 20 Küchenleitungen aus den Klöstern, Seniorenheimen und Schulcaféterien der SMMP-Einrichtungen sowie einige Heimleiterinnen der SMMP-Seniorenhilfe in Hannoversch-Münden, um Ideen zu erörtern und gemeinsam über den Tellerrand zu schauen. Den passenden Rahmen bot dort das Flux-Biohotel.
Der Geschäftsführer der SMMP Servicedienste gGmbH, Stephan Schink, will damit das Startsignal für einen Prozess setzen, der zunächst auf ein Jahr angelegt ist: „Seit 2020 sind wir Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Außerdem sind wir dem Verein United Against Waste beigetreten. Der wird uns im kommenden Jahr begleiten und die Abläufe auch in unseren Küchen analysieren.“ Dadurch erhofft sich der Geschäftsführer für seinen Bereich nicht nur Einsparpotenziale, sondern auch Innovationen.
Seinen Küchenleitungen sagte er: „Wir werden nicht alle Ziele sofort erreichen, wollen aber einen Anfang machen und den Anteil regionaler Biokost in unseren Küchen kontinuierlich erhöhen.“ Schritt für Schritt solle es danach Jahr für Jahr weitergehen: „Ganz wichtig ist, dass wir gemeinsam darüber im Gespräch bleiben und nach Lösungen suchen.“
Stephan Schink ist überzeugt: „Das Thema Nachhaltigkeit muss uns nicht nur aufgrund unseres Anspruchs ein Anliegen sein. Es wird auch politisch immer stärker eingefordert.“ Das Europaparlament habe bereits Pläne beschlossen, Abfälle bis 2030 zu halbieren – „und spätestens nach den Bundestagswahlen im kommenden Jahr wird das Thema auch national eine immer größere Rolle spielen.“ Denn die politischen Gewichte würden sich dann verschieben. Er geht sogar davon aus, dass dann auch Fleisch schon sehr bald zusätzlich besteuert wird.
Zwölf Wannen für einen Burger
Und das zurecht, wie Torsten von Borstel betont. Der Geschäftsführer des Vereins United Against Waste präsentierte dem Plenum Zahlen, die nachdenklich machen: zum Beispiel, dass für einen konventionellen Burger bis zur Fertigstellung zwölf Badewannen-Füllungen Wasser benötigt werden. Oder dass ein 200 Gramm-Steak pro Jahr sieben Quadratmeter Ackerland in Anspruch nimmt. „Und das erschreckt umso mehr, wenn man weiß, dass wir in Deutschland jährlich zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel vernichten. Das ist fast ein Drittel von dem, was produziert wird.“
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von United Against Waste haben in Deutschland bereits 720 Küchen untersucht und viele Schwachstellen entdeckt: Die beginnen schon bei der Lagerung, wenn Haltbarkeitsdaten übersehen werden. In der Produktion, wenn nicht gut kalkuliert wird. Und bei der Portionierung, wenn es zuviele Rückläufe gibt. „Natürlich essen unsere Bewohnerinnen und Bewohner nicht immer gleich viel. Es gibt Tage, an denen es ihnen schlecht geht. Dann lassen sie vieles stehen“, wandte Einrichtungsleiterin Karin Gerdes aus dem Seniorenzentrum Am Eichendorffpark in Oelde-Stromberg ein. Da unterscheide sich die Verpflegung im Seniorenheim erheblich von der in einem Hotel.
Dennoch ließen sich auch in diesen Einrichtungen viele Rückläufe vermeiden, ist Torsten von Borstel überzeugt: „Das haben ja die Erfolge in den Küchen, die wir bisher analysiert haben, gezeigt. Da sind bis zu 165 von 300 Gramm pro Teller in der Tonne gelandet.“
Vielfalt ist wichtig
Weniger Rücklauf dürfe dabei aber keineswegs mit weniger Vielfalt einhergehen, machte die Zertifizierungsbeauftrage im Referat Gemeinschaftsverpflegung und Qualitätssicherung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, Roswitha Girbardt, in ihrem Referat deutlich: „Denn der Wohlfühl-Faktor spielt beim Essen eine große Rolle. Das hat immer eine kulturelle, eine emotionale, eine soziale und auch eine psychologische Dimension.“ So dürfe das Essen nicht ausgrenzen – etwa, wenn einige Senioren eine Komponente nicht richtig kauen können. Und es solle gut schmecken.
Die besondere Herausforderung ergebe sich vor allem dadurch, dass es gesund sein muss. „Dabei geht es bei älteren Menschen weniger um Prävention als darum, den Gesundheitszustand zu erhalten, Mängel zu vermeiden, Lebensqualität zu schaffen und im Einzelfall auch darum, Probleme zu beheben.“ Jedoch dürfe man die Bewohnerinnen und Bewohner in einem Seniorenheim nicht bevormunden – „Sie sollen essen dürfen, was sie wollen. Aber sie sollen auch in die Lage versetzt werden zu erkennen, was ihnen guttut.“ Und da seien die Küchen gefordert.
Roswitha Girbardt und Torsten von Borstel hatten dafür viele Tipps parat, von denen auch schon eine Reihe in den Senioren-Einrichtungen der Seniorenhilfe SMMP umgesetzt werden: Wer morgens noch kein Gemüse essen will, nimmt vielleicht einen Gemüse-Smoothie. Wer kein Vollkornbrot mag, isst stattdessen vielleicht Vollkorn-Toast oder ein Vollkorn-Müsli. Der Salat vorab werde besser angenommen als der Beilagen-Salat, der gerne mal stehen bleibt. Und Obst passe wunderbar zum Nachtisch.
Vitamine im Fingerfood
Auch im Fingerfood ließen sich gut Gemüse, Vollkorn und frische Kräuter unterbringen. „Bieten Sie das an. Das zeigt auch Wertschätzung gegenüber ihren Bewohnern. Und die werden Ihnen umgekehrt dankbar sein“, ist Roswitha Girbardt überzeugt – nicht ohne gleich noch einen gut gemeinten Rat hinterherzuschicken: „Aber passen Sie auf, dass es nicht bröselt. Alte Menschen sind so erzogen, dass sie das dann nicht anrühren.“
Biokost, am besten auch noch ganz frisch von regionalen Anbietern, sei ein weiterer Faktor, Geschmack und Nährstoffgehalt zu optimieren. Da waren sich beide Referenten einig. „Auch wollen wir noch stärker saisonal denken: Im Dezember muss niemand Rhabarber essen“, betonte Stephan Schink. Dafür dürfe die Kaltschale im Sommer nicht fehlen. Und noch eine Frage stellte der Geschäftsführer der SMMP Servicedienste in den Raum: „Muss es jeden Tag Fleisch geben?“ Die Bewohnerinnen und Bewohner, die künftig in Seniorenheime einziehen, seinen oft eine vielseitigere und leichtere Küche gewöhnt: „Da sind Umbrüche absehbar.“
Die nimmt auch die Betreiberin des Flux-Biohotels in Hannoversch-Münden, Annette Rothweiler, wahr. „Hier auf Biokost umzustellen und das Angebot fortwährend weiterzuentwickeln, ist ein steter Prozess. Der kann auch nervig sein“, räumte sie ein. Doch versicherte sie den Küchen- und Einrichtungsleitungen: „Nachhaltigkeit und langlebige Strukturen mit den Partnern in unserer Region zahlen sich aus. Unser wichtigstes Argument ist die Qualität. Und davon profitieren alle.“
Von weniger Abfall, kürzeren Transportwegen und weniger Fleisch profitiert vor allem auch der Klimawandel, betonte Torsten von Borstel. Entsprechend der Kampagne seines Vereins United Against Waste forderte er seine Zuhörerinnen und Zuhörer abschließend dazu auf, „Essensretter“ zu werden.