Spiritueller Impuls von Schwester Klara Maria Breuer
Unlängst saß ich einen Moment am Tisch in unserer Essenstelle für Wohnungslose in Münster, um die Mittagsmahlzeit einzunehmen, mit der auch ich in diesen Tagen der Corona-Krise versorgt werde. Diesmal nahm ich das Essen nicht mit nach Hause, weil ich mich noch etwas nützlich machen und Einwegbesteck für die Ausgabe am anderen Tag auffüllen wollte. Ein langjähriger Ehrenamtlicher leistete mir für einen Moment Gesellschaft. „Wir haben hier jeden Tag Gottesdienst“, meinte er. Und fügte unseren „Code“ hinzu: „Matthäus 25“.
Oben, an der Tür, gaben Studentinnen weitere Mahlzeiten aus. Statt der sonst 30 Portionen Mittagessen fanden 50 bis 60 Wärmeboxen dankbare Abnehmer. Denn zu Beginn der Auflagen infolge der Pandemie war der Treffpunkt „An der Clemenskirche“ die einzige Essensstelle in Münsters Innenstadt, wo es noch Frühstück und Mittagessen gab. Wenn auch nur zum Mitnehmen und unter Einhaltung strenger Hygienemaßnahmen.
Inzwischen hat die Stadt Versorgungszelte eingerichtet. Neben einem warmen Essen vom Technischen Hilfswerk, unter schützendem Zeltdach, ist auch an sanitäre Anlagen und Duschmöglichkeiten gedacht. Denn wer ohne Obdach ist, sich auf den Straßen aufhält oder in sozialer Not ist, den trifft die Corona-Krise mit ihren Einschränkungen im öffentlichen Leben noch einmal härter: Wie zu Hause bleiben, wenn es kein Zuhause gibt? Wo sich versorgen? Wo duschen oder das Handy aufladen, um wichtige Informationen nicht zu verpassen?
„Wir haben hier jeden Tag Gottesdienst“, klingt es in mir nach. Auch öffentliche Gottesdienste sind derzeit ausgesetzt. Doch dessen bin ich gewiss: Es gibt viele solcher „Alltagsgottesdienste“, von denen mein Teamkollege spricht. Sie gelten dem, was die Not gerade fordert.
Matthäus 25 gibt den Rahmen dazu: „Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen. Ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben. Ich war krank, und ihr habt mich besucht.“
Für die Freiwilligen des Treffpunkt-Teams geht ihr „Alltagsgottesdienst“ jetzt schon seit zwei Wochen an neuer Stelle weiter. Sie helfen bei der Ausgabe von Mahlzeiten am Versorgungszelt mit. Und es werden wohl noch viele „Alltagsgottesdienste“ werden.
Schwester Klara Maria Breuer ist Missionsprokuratorin der Ordensgemeinschaft und Obdachlosenseelsorgerin im Bistum Münster