
„Die Welt braucht keine Verdoppelung ihrer Hoffnungslosigkeit durch Religion; sie braucht und sucht (wenn überhaupt) das Gegengewicht, die Sprengkraft gelebter Hoffnung.“
Synode der deutschen Bischöfe „Unsere Hoffnung“ 1976
Dieses mehr als vierzig Jahre alte Wort der deutschen Bischöfe scheint heute aktuell wie selten zuvor. Die Corona-Pandemie hat unser aller Leben aus den Fugen geraten lassen. Aber mitten in aller Not entdecken wir Zeichen der Hoffnung.
In Nachbarschaften wächst eine neue Mitmenschlichkeit und Solidarität. Überall engagieren sie Ehrenamtliche. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Alten- und Krankenpflege richten ihr Privatleben an der Sorge für die hilfsbedürftigen Patienten aus und verzichten weitgehend auf soziale Kontakte. Pflegepersonal und Seelsorger begleiten Sterbende ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit. Konkret erlebe ich dies bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Einrichtungen und Dienste, die ihre Aufgaben mit großartigem Einsatz leisten.
Das alles sind für mich Helden des Alltags und Heilige unserer Zeit. Weil sie mit allen und für alle anderen hoffen gegen Hoffnungslosigkeit, Resignation und Zukunftspessimismus. „Diese Hoffnung besteht im Folgenden: Gottes Liebe wird das letzte Wort in der Geschichte der Welt und in der Geschichte jedes einzelnen Menschen haben.“ (Frère Alois, Prior von Taizé)
Im Wissen um diesen Gott, der sich das letzte, entscheidende Wort über unser Leben nicht nehmen lässt und der menschliche Not aus eigener Erfahrung kennt, können wir da, wo wir leben, Hoffnungszeichen setzen. Sprengkraft gelebter Hoffnung in der Corona-Pandemie ist physische Distanz, nicht aber soziale Distanz. Es ist miteinander teilen, sich selbst und anderen Mut machen, ein Gruß vor Nachbars Tür, ein Zettel im Treppenhaus, für andere einkaufen, ein Gebet per Telefon oder WhatsApp. Und es ist das Wissen, dass wir trotz aller unfreiwilligen Isolation verbunden sind mit vielen Gleichgesinnten, und dass wir, was auch immer kommt, nicht aus dem Blick Gottes geraten.
Sr. Johanna Guthoff, Provinzoberin