Schwester Maria Thoma Dikow und Schwester Theresia Lehmeier schildern die Feier mit 350 Gästen im zweiten Teil ihres Reiseberichts aus Mosambik
Der 1. Dezember ist der Tag der Ewigen Profess unserer Schwestern Argentina, Ester, Felizarda und Tânia. Die Laudes beten wir schon um sechs Uhr, damit wir zeitlich nicht in Bedrängnis kommen. Trotzdem ist die Spannung und Aufregung, die in der Luft liegt, fast mit den Händen greifbar.
Sehr bald kommen die ersten Gäste von außerhalb – Missionarinnen aus verschiedenen Gemeinschaften, die noch schnell eine Tasse Kaffee trinken oder sich umziehen wollen oder einfach ein stilles Örtchen brauchen.
Die Messe soll um 8:30 Uhr beginnen, um 8 Uhr wollen wir losziehen zur etwa drei Minuten entfernten Kirche. Die Professen haben sich inzwischen schick gemacht. Sie tragen Kostüme in einem dezenten Farbton, den ich schlecht definieren kann. Mir fällt der wunderbare Text von Loriot zum Thema „grau“ ein und ich muss schmunzeln, aber nur heimlich, denn ich möchte niemanden verletzen.
Bei Loriot sagt Herr Blöhmann auf die Frage nach seiner Lieblingsfarbe: „Grau … aber nicht so grau … mehr grüngrau … ins Bräunliche. Eine Art Braungrau … mit Grün … ein Braungrüngrau …“. Ich bin jedenfalls überrascht, denn ich hatte etwas ganz anderes erwartet, etwas, das mehr mosambikanische Farbenfreude ausgedrückt hätte, aber hier wird wieder einmal deutlich, wie unterschiedlich Geschmäcker und Empfindungen sind und dass unsere Erwartungen sich oft an der Realität brechen.
Vor der Kirche haben sich schon die Angehörigen unserer Professen versammelt und einige Männer, die wir mit Handschlag begrüßen, aber nicht wirklich einordnen können. Wahrscheinlich haben sie etwas mit der Gemeinde oder mit den Schwestern zu tun. Jedenfalls erscheint es angemessen, nicht ohne Gruß an ihnen vorbeizugehen.
Graue Kostüme zwischen bunten Capulanas
Die Kirche ist schon voll, am Haupteingang hat sich eine Gruppe Frauen aufgestellt, die gelb gemusterte Capulanas und ein Kopftuch aus demselben Stoff tragen. Hinten auf der Capulana prangt der Schriftzug „Santa Maria Madalena Postel“ und wenn an genau hinschaut, kann man darüber etwas blass, wie ein Hintergrundbild, das Porträt unserer Gründerin erahnen. Diese Frauen gehören zur Tanzgruppe, in der auch unsere jungen Frauen tanzen. Jede Gruppe trägt die für sie typischen Capulanas.
Übrigens kann man die Familien der Professen leicht erkennen, weil alle Familienangehörigen Kleidungsstücke aus dem gleichen Capulanastoff tragen: die Frauen Capulanas, Kopftücher oder ganze Kleider, die Männer Hemden oder Verzierungen an den Hemden.
Die vier Schwestern haben die Kerzen, die sie schon zu ihrer ersten Profess hatten. Es bewegt mich, dass es Kerzen sind, die Schwester Elisabeth Morell noch zu einem der Ordensjubiläen gemacht hatte.
Großer Einzug mit Bischof und Gefolge
Um 8:30 Ihr kommt der Bischof mit Gefolge, und der große Einzug in die Kirche kann beginnen. Die Tänzerinnen stehen in einer langen Reihe rechts und links des Mittelganges, die große Gruppe der Einziehenden, bestehend aus den Professen mit je zwei Begleitern, den Schwestern, den Priestern und dem Bischof, muss mitten hindurch.
Die Gemeinde hat sich schon warmgesungen, denn in der Wartezeit hat unser Chor – unsere jungen Frauen und Mitarbeiter – schon kräftig mit dem Volk gesungen. Das Keyboard bedient ein junger Mann aus Cuamba, den Chor dirigiert die Novizin Filtelfia mit großem Engagement. Ich bin gebannt von ihrer Art und Weise, alles im Blick zu haben. Die Musik scheint in ihr drin zu sein und aus ihr herauszubrechen, die ganze Person ist Musik, faszinierend.
Die Messe ist sehr afrikanisch. Viele Texte sind auf Makua, und Gesang und Tanz spielen eine ganz wichtige Rolle. Die Tanzbewegungen sehen schlicht aus und sind sehr eindrucksvoll abgestimmt auf die jeweiligen Inhalte der Liturgie. Unsere beiden Missionarinnen auf Zeit (MaZ) verraten uns, dass der Eindruck der Einfachheit aber täuscht. Seit Oktober schon übt die Tanzgruppe unermüdlich, und unsere MaZ haben es nicht geschafft, sich die Bewegungen anzueignen.
Mit der Erklärung, dass die vier Schwestern nun für immer der Gemeinschaft angehören, endet die Gelübdefeier, und die Messe geht normal weiter. Die Messe dauert vier Stunden. Als der Bischof um 12:30 Uhr bei seinem Schlusswort verkündet, nun sei es aber Zeit, etwas in den Bauch zu bekommen, hat er sich mehr Sympathien eingehandelt als bei seiner Predigt.
Kostbares Wasser und versteckter Wein
Der Catering-Service aus Cuamba hat in der großen Halle der Schule alles professionell vorbereitet. Tische, Stühle, Houssen, Geschirr, Besteck, Tischschmuck, alles hat die Firma mitgebracht. Gekocht haben sie hier in der Schulküche. Schwester Fátima war gestern etwas nervös, weil sich die Ankunft des Teams verzögerte, aber es ist ja alles gut gegangen.
Nach und nach treffen die Gäste ein, die erst in der Kirche anstehen mussten, um den vier Professen zu gratulieren. Auf dem Hof gibt es mehrere Handwaschstellen in der etwas moderneren Version mit einem großen Eimer Wasser mit Wasserhahn. Neben jedem Emer steht ein Mitarbeiter, der das Handtuch anreicht und dafür sorgt, dass das gebrauchte Wasser weggebracht und auf dem Feld ausgegossen wird. Verkommen darf hier kein Tropfen des kostbaren Gutes. Schwester Leila hat dieses Modell bei einem Besuch bei einem Bischof gesehen und gleich für die eigenen Zwecke adaptiert.
Auf den Tischen stehen je eine Wasserflasche und eine Dose Cola oder Limonade pro Person. Dass auf dem Bischofs- und dem benachbarten Priestertisch in der Mitte eine Flasche Wein steht, bemerkt niemand, und das ist wahrscheinlich auch gut so. Schwester Leila hat nämlich erzählt, dass viele Priester von Fest zu Fest zögen, um sich mal richtig satt zu essen und ordentlich Alkohol zu trinken. Einer hat neulich bei einer Pastoralversammlung zu Schwester Filosa gesagt, sie möchte Schwester Fátima ausrichten, sie solle Bier für das Fest besorgen. Das hat Schwester Leila furchtbar aufgeregt, und sie hatte gesagt, das wollten sie auf keinen Fall anfangen. Daher bin ich froh, dass keiner gemerkt hat, dass in der Flasche kein Essig, sondern Wein war.
350 Stückchen Torte
Nach dem Essen wird der Riesenkuchen hereingebracht, den Schwester Fátima mit Schwester Conceiçãos Hilfe gezaubert hat. Wie sie es schafft, den Kuchen so aufzuteilen, dass alle 350 Gäste etwas bekommen und auch noch etwas für morgen übrig bleibt, ist mir schleierhaft.
Bei der anschließenden Geschenkprozession ziehen alle an den Professen vorbei und geben unter lautem Tamtam mit Gesang und Tanz ihre Geschenke ab. Dabei bleiben die vier Professen völlig unbewegt. Aus anderen Zusammenhängen wissen wir, dass das hier so üblich ist, dass der Gefeierte und Beschenkte ge¬senkten Hauptes die Ehrungen entgegennimmt.
Als alle Geschenke auf dem großen Tisch liegen, kommen die Mädchen und Angestellten noch einmal hereingezogen und bauen sich tanzend und singend vor den Professen auf. Selbst die kleinen Kinder tanzen mit, herzallerliebst! Irgendwann beginnt dann die erste der Professen mitzutanzen, und dann ist das Eis gebrochen und der Jubel groß. Die ganz Kleinen vergnügen sich derweil schon mal draußen auf dem Schulhof.
Im Hintergrund räumen die Angestellten des Catering-Services schon mal ihre Sachen zusammen, aber der Gesang will nicht enden. So kann Ekstase gehen, denke ich. Wir gehen langsam in Richtung Haus, da sich die meisten Gäste schon verabschiedet haben.
Geschenke werden ausgepackt
Eine jüngere Schwester von Schwester Argentina, Susana, 15 Jahre, sucht unsere Nähe. Ich fragte sie, ob ihr der Weg ihrer großen Schwester gefiele, und sie sagte sehnsuchtsvoll: Ja! Sie hat schon mit Schwester Conceição gesprochen, und wenn sie nicht anders abgelenkt wird, wird sie vielleicht nach der achten Klasse zu uns kommen. Jedenfalls will sie schon mal ein Foto mit Schwester Maria Thoma und eines mit mir und ihre Schwester will gleich mit aufs Foto.
Am Abend packen die Schwestern ihre Geschenke in der Runde der Profess-Schwestern öffentlich aus. Die Aktion dauert über eine Stunde, und manch einer Schwester fallen zwischendurch schon mal die Augen zu – auch mir! Das Geschenk Nummer sind Capulanas, von denen jede Schwester mindestens zehn geschenkt bekommen hat. Auch viele Teller, Gläser, Plastikdosen sind dabei, Dinge, die die Schwestern später in die Allgemeinheit geben.
Montag, 2. Dezember 2019
Nach dem Frühstück ist Zeit bis 10 Uhr – traumhaft. Wir freuen uns darauf, in Ruhe einige Schreibarbeiten erledigen zu können. Aber kaum haben wir uns niedergelassen und den Laptop geöffnet, kommt die Nachricht: Die Priester wollen sich verabschieden. Das ist natürlich wichtig, da müssen wir hin.
Wir sind noch nicht lange wieder an den Laptops, als es heißt: Die Schwestern aus Nametória wollen sich verabschieden. Das ist noch wichtiger, also setzen wir uns eine Weile mit ihnen zusammen und unterhalten uns noch ein bisschen.
Kaum sitzen wir wieder von der PCs, kommt die nächste Nachricht: Die Frauen vom Milchprojekt sind da! Ich hatte mich schon gefragt, warum dieser Punkt nicht auf dem Pro¬gramm steht. Also schnell raus zu den Müttern.
Der Poirot, der offene Rundbau zum Empfang der Gäste, ist voll mit Müttern mit Kindern. Mittendrin sitzt Irma Isselia an einem kleinen Tisch und kontrolliert die Karteikarten, Irma Rabia hilft ihr. Die Entwicklung jedes Kindes wird auf einer Karteikarte festgehalten: Alter, Gewicht, Größe etc. In das Projekt aufgenommen wird nur, wer das Kind vorher im Krankenhaus hat wiegen lassen. Dieser Part gehört zum staatlichen Programm und muss eingefordert werden. Wenn das von unserer Seite aus nicht geschieht, verlässt sich der Staat darauf, dass die Schwestern das machen und stellt seine Leistungen ein, das soll verhindert werden.
Auch einige Männer sind da, um für ihre Kinder die Milch zu holen. Zweimal im Monat wird Milchpulver ausgegeben, einmal muss das Kind mitkommen, einmal kann auch der Vater oder jemand anders die Milch abholen. Die Frauen haben als Gegenleistung für die Milch Feuerholz (Lenha) mitgebracht, das noch unter dem großen Baum liegt. Irma Issélia fordert uns auf, zusammen dorthin zu gehen. Dort hält sie eine kleine Rede auf Makua, in der sie uns vorstellt. Schwester Maria Tho¬ma sagt ein paar Worte, eine der Frauen bedankt sich, und dann gehen alle mit ihrem Bündel Holz auf dem Kopf zurück in Richtung Poirot, und die Verteilung der Milch kann beginnen.
Nach diesem Prinzip arbeiten die Schwestern seit Jahren: Es gibt nichts umsonst, denn jeder kann etwas beitragen. Das ist wichtig für die Würde des Menschen. Und Feuerholz kann jeder sammeln. Den Rest des Tages verbringen wir mit verschiedenen Gesprächen und immer haben wir das Gefühl, dass die Zeit uns wegrennt.
Nahrhafte Insekten
Inzwischen ist Ruhe eingekehrt. Ich sitze noch in unserem Arbeitsraum und beobachte einen gewaltigen Tausendfüßler, der ständig seine Kreise um meinen Stuhl zieht. Er bewegt sich mit erstaunlicher Schnelligkeit – na ja, kein Kunststück mit so vielen Füßen. Ich weiß nicht, warum diese Tiere immer mich aussuchen müssen als zu umrundendes Objekt. Vielleicht, weil ich ihnen die nötige Aufmerksamkeit schenke, die sie von anderen nicht bekommen. Ich bin wahrscheinlich die einzige hier, der es einen Schauer über den Rücken jagt beim Anblick von Maria Café.
Beim Mittagessen haben wir von den verschiedenen Insekten gesprochen, die man hier essen kann. Unter anderem gibt es ein geflügeltes Tier, das Halleluja oder Bililuja genannt wird. Gestern ist eines um Schwester Maria Thoma herumgeflogen. Die Leute fangen es, entfernen die Flügel und essen den Körper, roh oder gebraten. „Es stirbt im Mund“, verkündet Schwester Santa und grinst über mein entsetztes Gesicht. Es sei sehr nahrhaft, meinen die anderen.
Hier sind wir zum Glück in der Obhut von Schwester Fátima, die eine ausgezeichnete Köchin ist und uns statt Insekten „Bolinho de Mandioca“ – Maniokbällchen und andere Köstlichkeiten zubereitet. In dieser Hinsicht brauchen wir also nichts zu befürchten.
Dienstag, 3. Dezember 2019
Ein ganzer Tag liegt vor uns, an dem keine äußeren Aktivitäten auf dem Programm stehen, sondern „nur“ convivência com as Irmãs – Treffen mit den Schwestern. Wir sprechen mit verschiedenen Gruppen und haben auch noch Einzelgespräche, so dass dieser Tag sehr vollgepackt ist.
Am Rande erfahren wir, dass seit dem 1. November alle 45 Angestellten in der Sozialver-sicherung sind. Das ist etwas, was noch nicht zum Standard in Mosambik gehört, was den Schwestern aber für die Absicherung der Mitarbeiter wichtig ist.
Schwester Ana Brígida und Schwester Felizarda teilen sich eine Stelle in der Schule. Die geben: Formação humana – menschliche Bildung und Werteerziehung. Dieses Fach gehört nicht zum offiziellen Fächerkanon, ist aber sehr wichtig. Die beiden teilen sich die Stelle, damit sie sich gegenseitig vertreten können, wenn eine mal nicht da ist.
Mittwoch, 4. Dezember 2019
Heute steht die Fahrt nach Cuamba auf dem Programm. Vorher haben wir noch ein Gespräch und anschließend einen Besuch im Schweinestall zu absolvieren. Dort sollen nämlich heute zwei Schweine geschlachtet werden, und wir haben die Chance, zu sehen, wie der Ablauf ist. Ich kann mir nicht helfen, seit unserem ersten Besuch im Schweinestall kommt mir bei der Erwähnung des Schweinestalls automatisch die Arie aus dem Zigeunerbaron in den Sinn und setzt sich in meinen Kopf und in meinen Ohren fest: „Mein idealer Lebenszweck ist Borstenvieh und Schweinespeck“. Diese Melodie liegt im Wettstreit mit einer anderen von einem melancholischen Lied, das von einem Kälbchen handelt, das zur Schlachtbank geführt wird. Mir ist ein bisschen beklommen zumute, als wir uns auf den Weg zum Schweinestall machen.
Als wir ankommen, ist das erste Schwein schon zerkleinert und das zweite liegt mit zusammengebundenen Füßen auf der Schlachtbank. Schwester Fátima ist damit beschäftigt, das Fett des geschlachteten Schweines in kleine Stücke zu zerschneiden. Sie ist ganz in ihrem Element, erklärt uns die Einzelteile und zeigt uns, was heute mit nach Cuamba genommen wird. Zwei Angestellte entfernen die Reste der ersten Schlachtung und bereiten die nächste vor.
Das Schlachten wollen wir uns aber nicht ansehen und gehen so lange hinaus auf das Gelände. Es gibt hier eine große Grube für den Abfall, wo alle Dinge hineinkommen, die nicht mehr in den ökologischen Kreislauf zu integrieren sind. Aus Umweltgründen wird versucht, möglichst wenig Abfall zu produzieren und wenn möglich alles zu verwerten.
Schwester Fátima gibt der Mädchen Unterricht zur Frage des Abfalls und dessen Vermeidung. In der Theorie sei das einfach und einleuchtend, sagt sie, aber wenn es darum gehe, bei den zusammengefegten Blättern die Plastikteile herauszuklauben, ließe die praktische Umsetzung doch noch zu wünschen übrig.
Als wir zurückkommen, sind die zwei Männer gerade dabei, dem Tier das Fell abzuziehen. Einer gießt kochendes Wasser auf das Schwein, der andere schabt mit einem großen Messer das Fell ab. Für eventuelle Reste gibt es einen Rasierer. Danach wird das Tier mit einer Bürste abgeschrubbt und mit Limone eingerieben. Mit dieser Methode bleibt wirklich keine Borste übrig.
Mir geht zum wiederholten Mal durch den Kopf, dass man hier Allrounder sein muss. Wie hätte sich wohl die Mission hier entwickelt, wenn Schwester Fatima mit ihren Kenntnissen und ihrer Begeisterung für Ackerbau und Viehzucht nicht hier wäre?
Fahrt nach Cuamba
Um kurz nach 10 Uhr geht es dann los in Richtung Cuamba. Die Piste kommt mir heute besonders huckelig vor, das eine um das andere Mal habe ich Angst, dass die Achse bricht oder irgendetwas anderes kaputt geht, wenn wir von Loch zu Loch rumpeln. Unterwegs treffen wir eine brasilianische Missionarin, deren Auto liegengeblieben ist wegen eines kaputten Reifens. Aber sie hat Männer dabei, die den Reifen wechseln, ist daher ganz entspannt. Wir sind heute alleine unterwegs, ohne Ambrosio. Uns darf daher nichts passieren.
Wir haben Glück und kommen heile an, sogar pünktlich zum Mittagessen. In Cuamba ist Schwester Conceição mit den acht Novizinnen, die erst vor einem Monat ins Noviziat aufgenommen wurden.
Am Nachmittag treffen wir uns mit allen zu einer ersten Gesprächsrunde. Dabei geht es um gegenseitige Vorstellung mit der Frage, wie jede Einzelne die Schwestern kennengelernt hat. Auch wir beschreiben unseren Berufungsweg, was die Novizinnen offensichtlich sehr spannend finden. Fast alle haben die Gemeinschaft durch eine persönliche Begegnung mit einer unserer Schwestern kennen gelernt.
Als zweiten Punkt bringt Schweter Maria Thoma das Charisma ins Gespräch. Einige bringen noch etwas zaghaft hervor, dass es wohl darum geht, die Barmherzigkeit Gottes zu empfangen und weiterzugeben, die anderen stimmen erleichtert ein. Als Hausaufgabe bekommen sie, sich auszudenken, wie man Barmherzigkeit ohne Worte darstellen kann. Damit klarer wird, was wir wollen, machen Schwester Maria Thoma und ich eine Szene vor, die laut beklatscht wird. Eine zweite Hausaufgabe ist die, Fragen an uns aufzuschreiben, die sie gerne beantwortet hätten. Damit ist diese erste Einheit mit den Novizinnen vorbei. Wir sind gespannt, was die Novizinnen mit den Aufgaben machen.
Donnerstag, 5. Dezember 2019
Direkt nach dem Frühstück treffen wir uns wieder mit den Novizinnen, die ihre Hausaufgaben mit viel Freude und Phantasie gelöst haben. Sie stellen in eindrucksvollen Szenen Werke der Barmherzigkeit dar wie: Frierenden Kleidung geben, Durstigen zu trinken und Hungrigen zu essen geben, Kranke versorgen und für sie zu beten, Gefangene besuchen und ihnen zu essen und trinken geben, Tote begraben und Trauernde trösten, einen Dieb zurechtweisen, Unwissende lehren und in Geduld die Schwächen anderer ertragen.
Anschließend machen wir uns mit Schwester Leila auf den Weg zu Inés Berns. Inés ist Laien-Missionarin und gehört zur ersten Gruppe der Missionarinnen, die aus Brasilien hierherkamen. Seit langem ist sie uns sehr verbunden.
Nun hat der Bischof sie angeworben, sein Projekt zu betreuen. Als die Universität in Cuamba gegründet wurde, wurden Wohnungen für Studenten geschaffen: mehrere Häuser mit angrenzenden Feldern auf einem ziemlich großen Gelände. Mit der Zeit nahm die Zahl der Studenten ab, die Häuser wurden nicht mehr benutzt und verkamen nach und nach. Nun möchte der Bischof die Häuser wieder herrichten und sie dann für weibliche Schülerinnen und Studenten nutzen. Er hat Inés Berns gebeten, die Betreuung der jungen Frauen zu übernehmen.
80 bis 90 Plätze sollen geschaffen werden. Noch sind die Instandsetzungen in vollem Gange. Inés hat ihr Lager im ersten halb fertigen Haus aufgeschlagen, um bei den Arbeiten präsent zu sein. Sie klagt Schwester Leila ihr Leid darüber, wie schwierig es ist, gute Handwerker zu finden, auf die man sich verlassen kann. Schwester Leila hat seit vielen Jahren ihre feste Truppe, die sie begleitet und geformt hat. Das ist ein großes Glück.
Beide teilen die Erfahrung, dass es so schwer ist, Menschen, die seit Jahren gute Maurerarbeiten bei uns erledigen, zu motivieren, ihre eigene Lebenssituation zu verbessern, indem sie sich selbst ein festes Haus bauen. Es braucht Zeit, bis die Menschen sich daran wagen. Oft hilft Schwester Leila bei der Verwaltung des Geldes.
Besuche bei den Familien
Von Inés aus fahren wir zu Estebão. Er arbeitet als Maurer bei uns und hat angefangen, sich ein eigenes Haus zu bauen. Zunächst ist er nicht da, aber wir können den Bau auf seinem Grundstück neben dem durch den Regen zerstörten Haus sehen. Als er kommt, begutachtet Schwester Leila mit ihm das Haus und gibt einige Ratschläge zur Verbesserung. Mit ihm ist sie sehr zufrieden.
Weiter geht es zu Adolfo. Ohne Mathias, unseren Angestellten, der mitgefahren ist, hätten wir das Haus nie gefunden. Es liegt in einem Viertel, wo alles sehr verwinkelt ist. Wir nehmen einen Trampelpfad durch ein Labyrinth von kleinen Häusern. Überall liegt Müll herum. Wir haben großes Glück, dass es gerade nicht regnet.
Bei Adolfo ist nur die Frau mit einer ganzen Reihe kleiner und schmutziger Kinder zuhause. Sie sieht unglaublich traurig aus und sagt, sie habe Herzschmerzen. Schwester Leila erklärt uns, dass ihr kleines Kind in den Brunnen gefallen und ertrunken ist. Da kann man sich vorstellen, dass das Herzschmerzen verursacht! Irgendwie ist auch eine Magie mit ins Spiel gekommen, die die Frau belastet. Schwester Leila redet ihr ins Gewissen und sagt ihr, sie dürfe diesen sogenannten Heilern oder Zauberern nicht trauen. Sie zögen den Leuten das Geld aus der Tasche und stürzten sie in tiefe Depressionen.
Mais-Anbau auf der Baustelle
Der Hausbau von Adolfo ist offenbar unterbrochen worden. Bei der Inspektion entdeckt Schweter Leila, dass im angefangenen Haus Pflanzen ausgesät wurden. Sie meint, dass in der Regenzeit die Baustelle erst mal zum Anbau von Mais oder anderem Gemüse benutzt würde. Damit ist sie nicht einverstanden und trägt der Frau auf, sie solle ihrem Mann ausrichten, er solle sie anrufen.
Die nächste Station ist das Anwesen von Mathias. Hier sind wir angenehm überrascht, wie sauber alles ist, eine richtige Wohltat. Der Hof ist gefegt, es liegt kein Abfall herum, das abgewaschene Geschirr liegt auf einem Holzgestell. Auch hier steht ein angefangenes Haus, das Mathias selber baut, daneben ein Haufen Steine und ein ordentlich aufgeschütteter Sandberg für den Weiterbau.
Schwester Leila inspiziert die Baustelle, fragt nach, lobt, korrigiert, macht Verbesserungsvorschläge. So besteht sie darauf, dass die Toilette im Haus sein muss, weil es nicht sein kann, dass die Mädchen und Frauen in der Nacht aus dem Haus müssen, um zur Toilette zu gehen. Das sei viel zu gefährlich, schärft sie Mathias ein. Er verspricht ihr, ihre Ratschläge zu beherzigen. Es ist schon erstaunlich, welche Autorität Schwester Leila in Bausachen hat.
Wir sind schon spät dran und es ist Zeit, zum Mittagessen nach Hause zu fahren. Unterwegs springt Mathias noch einige Male aus dem Auto, um verschiedene Sachen einzukaufen.
Nach dem Mittagessen machen wir uns wieder auf den Weg nach Metarica. Am Dienstag kommen wir noch einmal vorbei, so fällt der Abschied nicht so schwer. Die Rückfahrt dauert nur wenig mehr als eine Stunde. Wir werden mit Kaffee und Weihnachtskuchen empfangen, das tut gut!
Gespräche über das Charisma
Viel Zeit haben wir nicht, denn wir haben ein Treffen mit der zweiten Gruppe der Novizinnen angesetzt, die schon seit dem 2. Februar im Noviziat sind. Das Programm ist genauso wie gestern in Cuamba, die Zahl der Novizinnen ist die gleiche, und dennoch ist das Treffen natürlich ganz anders. Wir müssen ein wenig schmunzeln, als bei der Frage nach dem Charisma der Kongregation alle einstimmig wie aus der Pistole geschossen antworten: „Assumir e revelar a Misericórdia de Deus“ – „Die Barmherzigkeit Gottes annehmen und weitergeben.“ Als wir unser Beispiel vorführen, lösen wir große Heiterkeit aus. Nun sind wir gespannt, wie diese Gruppe die Aufgabe umsetzt, das Charisma ohne Worte darzustellen.
Freitag, 6. Dezember 2019
Vor unserer Arbeitseinheit mit den Novizinnen haben wir die Gelegenheit, zuzusehen, wie Maniok gepflanzt wird. Am Rand des Feldes liegen etwa 30 Zentimeter lange Stücke von den Ästen alter Maniokpflanzen bereit. Senhor Dias und ein weiterer Mitarbeiter laufen einmal quer über das Feld und graben Löcher in einer langen Reihe, in die die Äste aufrecht eingesetzt werden. Das Ganze vollzieht sich mit großer Schnelligkeit.
Während wir unsere Aufmerksamkeit Schwester Leila zuwenden, die uns erklärt, dass man in Brasilien die Äste liegend einpflanzt, was hier aber ungünstig ist wegen des Termitenbefalls, ist die erste Reihe schon fertig eingepflanzt. Schwester Ester hilft, indem sie auf die schon gegrabenen Löcher die Aststücke legt. Allmählich wird sichtbar, wie das System hier funktioniert: Neben einer Reihe Maniokpflanzen ist eine Reihe Mais gepflanzt, dann kommt wieder eine Reihe Maniokpflanzen, dann wieder Maniok. Der Mais wurde vor einigen Tagen gepflanzt du treibt schon die ersten Blätter. Hier wächst auf einem Feld alles zusammen: Maniok, Mais und einige andere Pflanzen, aus deren Blättern man Caril machen kann. Das ist die Soße, die zum Chima gegessen wird.
Diese Methode verhindert, dass der Boden durch einseitige Bepflanzung ausgelaugt wird. An den am Rand liegenden Maniokpflanzen zeigen uns die Schwestern, welche Blätter man zum Essen verwenden kann. Wir hatten diese Tage schon einmal Maniokgemüse. Es sah aus wie Spinat und schmeckte auch so ähnlich. Nach diesem Anschauungsunterricht müssen wir uns beeilen, dass wir rechtzeitig zu den Novizinnen kommen.
Die Novizinnen haben wie ihre Kolleginnen in Cuamba Szenen vorbereitet, die sie jetzt mit großem Engagement und viel Spaß präsentieren. Es ist eindrucksvoll, wie sie das Thema Barmherzigkeit umsetzen. Sie stellen eine Szene mit einen Blinden dar, der zu essen und zu trinken bekommt, eine mit einer Trauernden, die getröstet wird, eine weitere, in der das Studentenprojekt thematisiert wird und eine, in der es darum geht, Kranken beizustehen und Tote zu begraben und für sie zu beten. Um auszudrücken, dass die Schwestern aktiv werden und nicht an einer Situation der Not vorbeigehen, hängen sie sich die blauen SMMP-Taschen über die Schulter. Eine gute Idee, finde ich!
In den anschließenden Fragen zeigt sich ein weltweites Interesse und eine große Offenheit für das Ganze der Kongregation. Als Schwester Maria Thoma am Schluss die Rosenkränze aus Rom verteilt, ist der Jubel groß.
Häuser wieder aufgebaut
Nach einer kurzen Kaffeepause geht es zum nächsten Programmpunkt: Besuch einiger Häuser, die durch das Unwetter zerstört wurden. Ambrosio ist mit uns unterwegs, und das ist auch gut so. Die Wege sind so verwinkelt, dass es für mich unerklärlich ist, wie man sich da zurechtfinden kann. Zudem ist Metarica in den letzten Jahren sehr ungeordnet gewachsen. Die Leute setzen einfach ihre Häuser irgendwohin, ohne Rücksicht auf eine eventuelle Infrastruktur, und so muss Ambrosio schon ganz schön zirkeln, um durchzukommen.
Insgesamt besuchen wir sechs Familien, deren Häuser unterschiedlich weit sind. Bei einem stehen noch die Reste des zusammengefallenen Hauses im Anwesen, das macht deutlich, welch ein Segen es ist, dass Hilfe für den Bau eines stabilen Hauses gewonnen werden kann, das nicht beim ersten Regen wieder zusammenfällt und bei dem nicht jedes Jahr das Schilfdach und die Bambuswände erneuert werden müssen.
Es ist inzwischen Mittag geworden und die Besuche werden immer beschwerlicher, weil die Sonne unbarmherzig vom Himmel brennt. So sind wir ganz froh, dass wir zum Mittagessen nach Hause fahren und am Nachmittag frei haben.
Das Zimmer, in dem wir arbeiten, liegt neben der Kapelle, und so hören wir, dass unsere Novizinnen ein strammes Programm absolvieren: Sie beten den Rosenkranz in verschiede-nen Sprachen und schieben gleich die Vesper hinterher. Fast ohne Pause geht es dann in die Kirche zur Messe. Bei der Vesper und der Messe sind wir auch dabei. In der Kirche ist es schon dunkel, und als mitten in der Messe das Licht ausfällt, kommt fast so etwas wie Rorate-Stimmung auf. Allerdings will die Hitze nicht recht dazu passen.
Dass nach dem Abendessen noch ein Treffen in der überdachten Halle, dem „Espaço“ ist, bei dem die Sonntagsliturgie vorbereitet werden soll, finden wir dann doch sehr sportlich. Die jungen Leute nehmen es klaglos und selbstverständlich hin, wir dagegen müssen schon sehr mit der Müdigkeit kämpfen.
Samstag, 7. Dezember 2019
Wir beten wie immer um 6:15 Uhr, hatte Sschwester Argentina gestern verkündet. Doch 6:15 Uhr war letztlich doch erst eine Viertelstunde später. Nun, das hat uns eine – wenn auch unfreiwillige – Besinnungszeit beschert. Wahrscheinlich ist es mal wieder typisch deutsch, zu denken: Es wäre schön, wenn man es vorher gewusst hätte, dann hätte man sich darauf ein¬stellen können. Den Augenblick leben, das ist das Geheimnis. Es gibt hier in jeder Hinsicht viel zu lernen.
Der Strom ist mal wieder weg. Das löst bei mir immer eine kleine Panik aus. Hoffentlich sind alle Apparate aufgeladen!
Um 8 Uhr treffen wir uns mit den sieben Aspirantinnen und fünf Präpostulantinnen. Wir machen wieder eine Kennenlern-Runde, bei der wir erfahren, dass die Altersspanne von 14 bis 22 Jahren reicht. Einige haben gerade die achten Klasse beendet, andere haben mit Abschuss der zwölften Klasse ihre Schulzeit bereits beendet. Die jungen Frauen haben für uns die Berufungsgeschichte Samuels als szenische Darstellung vorbereitet und führen sie sehr eindrucksvoll auf. Danach ist noch Zeit für Fragen, und schnell verfliegt die Zeit.
Lob für die Missionarinnen auf Zeit
An diesem Vormittag nutzen wir auch die Gelegenheit, mit den beiden MaZ zu sprechen. Die Schwestern sind des Lobes voll, denn die beiden schaffen es gut, sich zu integrieren. Besonders auffällig finden die Schwestern und die Mädchen hier, dass die beiden oft im Poirot sitzen und lesen. Das ist etwas ganz Ungewöhnliches hier.
Heute gibt es Sonntagsmittagessen: Das uns schon bekannte Schwein wird aufgetischt und löst Begeisterung aus. Für diejenigen unter uns, die alte Bekannte lieber nicht verspeisen, gibt es genügend Alternativen, unter anderem ein köstliches Rührei und selbstgemachte Kartoffelchips. Am Nachmittag macht Schwester Fátima Pão de Queijo. Das sind Käsebrötchen, eine brasilianische Spezialität, die wir warm essen. Diese Köstlichkeit ist ein Teil der Vorbereitung für morgen. Da werden wir um 4 Uhr in Richtung Nipepe zur Messe der Danksagung für die Profess von Schwester Felizarda starten.
Sr. Maria Thoma und Sr. Theresia