Spiritueller Impuls zum Gedenktag an die selige Martha le Bouteiller
Ein Foto von ihr existiert nicht, auch kein Porträt. Nur ein Bild, gemalt nach einer Schwester, die ihr ähnlich sah. Ob es ihr entspricht, liegt im Dunkeln. Doch ich stelle mir ihre Augen vor. Gütig müssen sie geschaut haben, Respekt vor dem Nächsten ausstrahlend. Herzenstiefe wird aus ihnen sprechen und Lebensweisheit sich in ihrem Blick widerspiegeln.
Martha Le Bouteiller ist die dritte der Frauen, die die Anfangszeit unserer Ordensgemeinschaft geprägt haben. Als Aimée-Adèle tritt sie 1841 in Saint-Sauveur-le-Vicomte in die noch junge Gemeinschaft der „Armen Töchter von der Barmherzigkeit“ ein. Die Gründerin, Maria Magdalena Postel, ist da schon 85 Jahre alt. Fünf Jahre wird Aimée-Adèle, die den Ordensnamen Martha annimmt, sie noch erleben. Ein Ereignis wird sie dabei nie vergessen: Durch einen Arbeitsunfall fast gelähmt, denkt die junge Schwester Martha schon daran, aus der Gemeinschaft entlassen zu werden. Doch Maria Magdalena tröstet und ermutigt sie. Auf ihr Gebet hin wird die junge Frau geheilt.
Schwester Marthas Arbeitsbereich ist etwa zwölf Jahre lang die klostereigene Landwirtschaft. Später übernimmt sie die Aufgabe der Kellermeisterin. Sie trägt Sorge für den Cidre und, als deren Vorgesetzte, für die Angestellten der aus Ruinen wiederaufgebauten ehemaligen Benediktinerabtei. Als die Abtei, das Mutterhaus der Gemeinschaft, im deutsch-französischen Krieg 1870 – 1871 mit mehr als 150 Soldaten belegt wird, vertraut Schwester Martha auf Gottes Hilfe und die Fürsprache Maria Magdalenas. Sie erfährt, dass Mehl und Cidre nicht ausgehen. Für Placida Viel, die zweite Generaloberin und diejenige, die die Ordensgemeinschaft nach Deutschland führt, wird Schwester Martha zur wichtigen Ratgeberin. Sie, die für das tägliche Wohl gesorgt und so manchen Cidre-Krug über den Hof getragen hat, verstand es, Arbeit und Gebet ineinander fließen zu lassen.
Als Tochter einer Bauernfamilie – der Vater war zudem Weber – verlor sie ihre Bodenständigkeit nicht. Sie wusste aus den Tiefen ihres Herzens, aus gelebtem Glauben und Gebet schöpfend, weisen Rat zu geben.
Am 4. November 1990 wird Schwester Martha, die nie im Rampenlicht gestanden hat, von Papst Johannes Paul II. in Rom selig gesprochen. Ihr Gedenktag ist am 18. März, ihrem Todestag, sie stirbt 66-jährig im Jahr 1883.
Schwester Martha erinnert mich daran, dass es die leisen und oft unsichtbaren Kräfte sind, die unsere Welt tragen und sie heilend durchströmen. Es sind Kräfte des Gottvertrauens, der Herzenswärme, der Achtsamkeit und des Friedens. Ich möchte einen Augenblick innehalten und mich von Schwester Marthas Blick berühren lassen. Sie um ihre Fürsprache bitten für unsere Zeit, dass es auch ihr nie fehlen möge an diesen stillen, heilsamen Kräften, die das Leben tragen.
Schwester Klara Maria Breuer, Missionsprokuratorin der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel