Vor 80 Jahren kamen in Laranjeiras die ersten deutschen Schwestern an
Unter abenteuerlichen Umständen nahmen Anfang April 1937 – vor 80 Jahren – die ersten Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel aus Deutschland ihre Arbeit in Brasilien auf. Dort waren sie in dem kleinen Ort Laranjeiras, 300 Kilometer nordwestlich von São Paulo, vom Ortsbischof zur Unterstützung im Schuldienst, in der Pastoral und Seelsorge angefragt worden.
Die brasilianische Ordensprovinz feierte diesen runden Geburtstag bereits am 26. März. An diesem Tag hatten die deutschen Missionarinnen 1937 in São Paulo die Fähre verlassen und brasilianischen Boden betreten. Generalassistentin Schwester Margareta Kühn, Missionsprokuratorin Schwester Klara Maria Breuer und Schwester Adelgundis Pastusiak nahmen jetzt als Vertreterinnen des Generalats und der europäischen Ordensprovinz an dem großen Fest zum 80-jährigen Wirken der Schwestern in Brasilien teil.
Wohlgesonnene Festgemeinde
„Bei den Feierlichkeiten in Leme haben wir gespürt, dass die Festgemeinde aus Freunden, Helfern, Unterstützern und Menschen besteht, die unseren Schwestern wohlgesonnen sind“, berichtet Schwester Adelgundis Pastusiak. Den Festgottesdienst am Samstagabend feierte Bischof Sérgio Aparecido Colombo mit den Ordensschwestern. Der jetzige Bischof der Diözese Bragança Paulista ist ein langjähriger Freund der Gemeinschaft.
Am Sonntag gab es einen Festakt mit mehreren hundert Gästen in der Sporthalle der ordenseigenen Kindertagesstätte. Dabei führte eine Gruppe von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus Campinas ein selbst inszeniertes Theaterstück mit Szenen aus dem Leben der heiligen Maria Magdalena Postel auf. „Ich finde es beeindruckend, dass sich eine Gemeinde zusammengefunden hat, um solch eine Aufführung zustande zu bringen“, sagt Schwester Adelgundis.
An der Feier nahmen auch drei junge Schwestern aus Mosambik teil, die zurzeit ein dreimonatiges Praktikum in der brasilianischen Provinz absolvieren. Begleitet werden sie dabei von Schwester Leila de Souza e Silva, der verantwortlichen Koordinatorin der Gemeinschaft in Mosambik.
Mit Schwester Maria de Fátima kamen aus Minas Gerais drei junge Frauen, von denen zwei ab Mai als „Kandidatinnen“ für eine längere Zeit im Provinzhaus in Leme mitleben werden. Sie überlegen, in die Ordensgemeinschaft einzutreten.
„Die dritte zögert noch, möchte eigentlich auch mitkommen, hat aber noch ein wenig Angst“, berichtet Schwester Klara Maria Breuer. Gemeinsam ermutigten die Schwestern sie, dass es sicher einfacher sei, mit den beiden anderen nach Leme zu kommen als später allein. Das war für die Kandidatin ein Anlass, neu darüber nachzudenken. „Sollten sich Frauen für das Postulat entscheiden, wäre das wahrscheinlich das größte Geschenk zum Geburtstag der Ordensprovinz“, sagt Schwester Klara Maria.
Heute gehören der brasilianischen Ordensprovinz 32 Schwestern an sieben Standorten an. Nur noch eine stammt aus Deutschland.
Abenteuerlicher Anfang 1937
Schwester Eduarda Schäfers, die 1937 zu den ersten vier Missionarinnen in Brasilien gehörte, hat die Reise und die Anfänge des Wirkens der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel in Laranjeiras mit ihren Briefen an das Generalat in Heiligenstadt ausführlich dokumentiert:
In Hamburg ging es auf’s Kreuzfahrtschiff und über den Atlantik nach São Paulo. Dort warteten die vier Ordensfrauen im Sanatorium der Katharinenschwestern auf Nachricht, wann sie abgeholt würden. Aufgrund des anhaltenden Regens war in diesen Tagen keine Post aus dem 300 Kilometer westlich gelegenen Assis zugestellt worden. Der Pfarrer, der die Schwestern dorthin begleiten wollte, traf erst im letzten Augenblick ein.
„Gott sei Dank und Lob!“, schreibt Schwester Eduarda Schäfers am 3. April 1937. „Wenn allerdings keine Nachricht gekommen wäre, hätten wir uns im Vertrauen auf den lieben Herrgott tapfer durchzuschlagen versucht.“
Spannend wurde es auch beim Zoll im Hafen von Santos. Die Schwestern aus Heiligenstadt hatten die dortigen Benediktiner „per Flugpost“ über das Eintreffen der Schwestern informiert und sie um Hilfe gebeten. „Das Flugzeug war abgestürzt ins Meer, die Insassen tot, nur die Post gerettet“, schreibt Schwester Eduarda aufgrund der vielen Informationen und des Zeitdrucks nur im Stakkato.
Nachdem die 19 Gepäckstücke dank guter Beziehungen der Benediktiner zu den Grenzbeamten ohne Einfuhrgebühren den Zoll passierten und ein Teil davon mit der Bahn weiter verschickt wurde, konnte die Reise weitergehen.
Mit knapper Not habe man zwei Personenautos bekommen, die schwer beladen mit acht Personen, immer noch sieben Koffern, dem Handgepäck und einer Kiste Fensterglas in den Urwald starteten, schreibt Schwester Eduarda: „Bald ging das Schaukeln los. Immer toller wurde das Rütteln und Schütteln, sobald wir in der Nähe des Urwaldes waren und auf schmalem Wege hindurchfuhren, überall kleine Steine mit Geröll.“
„Einige Male saßen wir fest“
Wiederholt hätten die Chauffeure aussteigen müssen, um die Tiefe von Schlaglöchern zu erforschen oder Hindernisse aus dem Weg zu räumen: „Einige Male saßen wir fest. Unsere Autos drohten auch hier und da umzukippen. Kurz, wir riefen unsere Schutzengel und alle Heiligen an, daß wir bei der plötzlich hereinbrechenden Dunkelheit nicht im Urwald sitzen blieben.“
Nach zweieinhalbstündiger Fahrt näherten sich die beiden Autos der Kolonie: „Herr Pfarrer ließ tüchtig hupen. Wir hörten schon bald, wie die Glocken des bescheidenen Urwaldkirchleins läuteten. Bei der Kirche liegen ca. 30 Blockhäuser, alle nur aus Holz mit Dachziegeln. Die meisten Bewohner hatten sich im Festkleid vor dem Garten des Pfarrers versammelt. Die Leute freuten sich sichtlich, als wir nun doch kamen.“ Am folgenden Tag seien die Schwestern nach dem Gottesdienst offiziell von der ganzen Gemeinde begrüßt worden.
Und danach ging es schon an die Arbeit: Die Schwestern begannen mit dem Schulunterricht. Sie initiierten und koordinierten den Bau eines kleinen Sanatoriums, parallel begannen sie mit Weiterbildungsangeboten. Am 23. April 1937 schreibt Schwester Eduarda: „Nächste Woche beginnt der Handarbeitskursus. Es haben sich über 20 junge Mädchen und junge Frauen gemeldet. Auch fängt nächste Woche ein Abendkursus für große Knaben und Mädchen über 15 Jahren an im Lesen, Schreiben und Rechnen. Manche können in diesem Alter noch nicht ihren Namen schreiben. In acht Tagen bekommen wir für einige Monate vier bis sechs Kommunionkinder ganz ins Haus. (…) Schwester Matthia hat gleich vom ersten Tage an die ambulante Krankenpflege ausgeübt. Sobald im Hause alles fertig ist, werden auch schon Kranke zu uns kommen.“
Von Brasilien nach Mosambik
So begann die Arbeit der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel in Brasilien. Bereits im Januar und im September 1938 reisten jeweils weitere Schwestern von Deutschland aus nach Südamerika aus, die nächsten Gruppen kamen kriegsbedingt erst in den 50er Jahren. Zu dieser Zeit traten dann auch die ersten brasilianischen Schwestern in die Gemeinschaft ein. Und 1998 brach die erste Schwester der heiligen Maria Magdalena Postel im Rahmen eines Solidaritätsprojekts nordostbrasilianischer Diözesen nach Mosambik auf. So begann von Brasilien aus das Engagement der Ordensgemeinschaft auf dem afrikanischen Kontinent.
Einen ausführlichen Bericht über die Anfänge in Brasilien gibt es auch in der aktuellen Ausgabe des Missionsmagazins kontinente.