Ordensschwestern feiern Jubiläum – einige sind schon 65 Jahre dabei
Eigentlich wollte Schwester Sigrid Maria Hoves Mutter von sechs Kindern werden. Aber als sie als junge Krankenschwester mit anderen Auszubildenden das Bergkloster Bestwig besuchte, spürte sie beim Anblick des kosmischen Christus in der Dreifaltigkeitskirche, dass etwas in ihr vorging. An diesem Samstag feiert sie gemeinsam mit 32 anderen Schwestern ihr persönliches Ordensjubiläum.
Die Berufungsgeschichten der Schwestern, die in diesem Jahr ihre 25-, 40-, 50-, 60- und 65-jährige Ordenszugehörigkeit feiern, sind genauso unterschiedlich wie die Biografien, die sich innerhalb der Gemeinschaft entwickelten. „Denn aufbauend auf dem Charisma unserer internationalen Kongregation sind unsere Aufgabenfelder vielseitig. Von Anfang an war mir eine Weite im Denken und Handeln wichtig. Ebenso eine nüchterne, vom Evangelium geprägte Spiritualität“, sagt Schwester Gratia Feldmann. Sie blickt bereits auf 50 Jahre Ordensleben zurück. Schwester Sigrid Maria Hoves trat vor 25 Jahren ein.
Ihre Entscheidung mochten weder ihre Eltern, noch ihre Schwester nachvollziehen. Und natürlich kam sie ins Grübeln: „Aber als ich die Kar- und Ostertage 1990 im Bergkloster verbrachte, spürte ich ein immer stärkeres Verlangen in mir. So stark, dass ich unbedingt die Generaloberin sprechen wollte.“ Das war damals Schwester Maria Angela Himmelhaus.
Einschneidendes Erlebnis
„Ich weiß noch, wie ich vor ihr saß und auf einmal gar nicht mehr wusste, was ich von ihr wollte“, erinnert sich Schwester Sigrid Maria – „Sie entgegnete ganz ruhig: Ich weiß es aber. Sie wollen fragen, ob Sie in die Gemeinschaft eintreten können.“ Das war für die damals 25-Jährige das entscheidende Signal. Ein Jahr später begann sie im Bergkloster Bestwig ihr Noviziat.
Zu diesem Zeitpunkt gehörten die ältesten Jubilarinnen der Gemeinschaft schon seit 40 Jahren an. Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow blickte bei dem Empfang nach dem Festgottesdienst am Samstagmittag noch einmal darauf zurück: „Vor 65 Jahren bestieg Queen Elisabeth den Thron, die erste Langspielplatte erschein und Schwester Placida Viel wurde selig gesprochen.“ Im Eintrittsjahr der 60-jährigen Jubilarinnen sei Mutter Bernarda vom Kreuz zur Generaloberin gewählt worden, vor 50 Jahren habe der Vietnam-Krieg die Politik beherrscht, vor 40 Jahren kam der erste Apple-Computer auf den Markt.
„Und vor 25 Jahren wurden die Abkürzung SMMP offiziell als unsere Ordensabkürzung und das rosafarbene Kreuz als Logo eingeführt“, so Schwester Maria Thoma. Es habe dunkle und helle Zeiten gegeben. Auch im Leben jeder einzelnen Jubilarin. „Und doch – so habe ich es neulich in einer Zeitschrift gelesen – hat das Leben nach den Ordensgelübden gegenüber der Ehe zumindest einen Vorteil: Einer der beiden Partner bleibt immer treu.“
„Gott begegnet uns in Stille“
Auf diese Treue war auch Pater Guido Hügen in seiner Predigt eingegangen. Mit Bezug auf den Propheten Elijah, der in die Wüste fliehen musste, und dem sich der Herr laut Bibel mit einem „sanften Säuseln“ offenbarte, sagte er: „Wir sind mit Gott unterwegs und erfahren womöglich, dass er noch nicht einmal im Feuer in unserer Leidenschaft ist. Aber in der Stille und im Schweigen begegnet er uns.“
Provinzoberin Schwester Johanna Guthoff erklärte, dass diese Nachhaltigkeit das Glück im Leben eines Menschen ausmache: „Von seiner Wortbedeutung her meint Glück die Art, wie etwas gut ausgeht.“ Und sie fragte: „Ist es nicht das, was Gott zutiefst für uns möchte?“
Zufrieden und glücklich blickt beispielsweise Schwester Edmunda Schneider auf ihr mittlerweile 65-jähriges Ordensleben zurück. Kennengelernt hatte sie die Schwestern in der orthopädischen Landesklinik Viersen-Süchteln, wo sie im Nähzimmer und der Küche arbeitete.
Die gelernte Hauswirtschafterin blieb ihrem Beruf auch als Ordensschwester immer treu: In Kamp-Lintfort versorgte sie ihren Konvent, der sich vor allem in der Gemeinde- und Jugendarbeit engagierte. In Meckinghofen arbeitete sie in einem Altenheim, in Isselburg in der Krankenhausküche und in Herten von 1969 bis 2010 in einem Kinderheim. „Erziehung, Seniorenhilfe, Krankenhaus: Eigentlich habe ich alle Bereiche kennengelernt, in denen sich unsere Gemeinschaft bis heute engagiert“, so die 85-Jährige.
Noch viele Kontakte
In Herten leitete sie nach ihrer Wirtschafterinnen-Prüfung auch den Lehrbetrieb. „Bis heute habe ich zu vielen meiner Auszubildenden Kontakt“, sagt sie und verweist auf einige Bilder, die auf einer Anrichte im Wohnzimmer des Zweierkonventes in Bottrop-Grafenwald stehen. Hier lebt sie seit 2010 mit Schwester Maria Monika Trepmann, die in diesem Jahr ihr goldenes Ordensjubiläum feiert.
Schwester Edmunda hilft noch im Haushalt, genießt es aber, wieder mehr Zeit für sich und das Beten zu haben. Schwester Maria Monika hat dagegen noch eine halbe Stelle als Betreuerin und Seelsorgerin in einem Seniorenheim der Caritas in Bottrop-Kirchhellen. „Stellen Sie sich vor“, erklärt sie mit Blick auf die Küchentür, an der klein gedruckte Tabellen kleben – „ich war ja schon an so vielen Stellen tätig gewesen. Aber jetzt, mit über 70, bekam ich zum ersten Mal einen Dienstplan.“
Die gelernte Krankenpflegerin hatte die Schwestern in Nordkirchen kennengelernt und wurde nach ihrem Ordenseintritt zur Ausbildung in die Heimerzieherinnenschule nach Düsseldorf geschickt. „Als Krankenpflegerin gab es für mich im Orden keinen Bedarf. Also sagte ich mir: Füge Dich. Vielleicht hat Gott etwas anders mit Dir vor. Du hast Dich ja darauf eingelassen.“ Tatsächlich sollte sich dieser Schritt für sie als glückliche Fügung erweisen. Heute sagt sie: „Ich wurde 50 Jahre lang gefügt. Und ich war immer zufrieden.“
Mädchenwohnheim geleitet
In Bestwig leitete sie von 1970 bis 1985 das Mädchenwohnheim, in dem die 15 Auszubildenden der Hauswirtschaft lebten. Der Ausbildungsgang war die Keimzelle des heutigen Berufskollegs Bergkloster Bestwig mit 800 Schülern. Und aus dem Mädchenwohnheim wurde die Eltern-Kind-Einrichtung Julie-Postel-Haus. Schwester Maria Monika sagt: „Die Schülerinnen waren damals gerade 15 oder 16 Jahre alt. Ich betreute sie ganz allein. Aber ihre Eltern wussten: Im Kloster sind sie sicher. Sie schenkten uns das volle Vertrauen.“
1985 wurde sie zur Zentrale der Vereinigung der Ordensoberinnen Deutschlands nach München entstandt. Dort lebten und arbeiteten 35 Schwestern verschiedener Kongregationen in kleinen Wohngruppen zusammen. „Das war schon ein Modell für die Zukunft“, weiß Schwester Maria Monika. Heute sei das Realität: „Unsere Konvente sind klein, wie hier in Grafenwald – und an vielen Stellen leben und arbeiten wir eng mit Schwestern anderer Kongregationen zusammen.“
17 Jahre lang lebte sie anschließend in dem kleinen Konvent der Caritas-Familienferienstätte Bestwig-Föckinghausen. Dort war sie für die Betreuung von bis zu 230 Gästen zuständig. Danach kam sie nach Bottrop-Grafenwald, wo Schwester Martina Küting als Pastoralreferentin arbeitete. „Als ich guckte, wie und wo ich mich hier als Schwester einbringen kann, ergaben sich die Möglichkeiten bei der Betreuung der Alten- und Rentnergemeinschaft der Pfarrgemeinde Heilige Familie und schließlich in dem Seniorenheim.“ Dort organisiert sie für die Bewohnerinnen und Bewohner unter anderem Tanznachmittage in einer Tanzschule.
Meditation und Kontemplation
Schwester Gratia Feldmann sieht ihre Aufgabe heute in der Exerzitienseelsorge und geistlichen Begleitung, in der Kursarbeit für Meditation und Kontemplation. Dafür bietet sie im Bergkloster Bestwig Besinnungswochenenden, Oasentage und Exerzitien an. „Es ist mir ein Herzensanliegen Menschen darin zu begleiten, den roten Faden in ihrem Leben zu finden“, erklärt die Religionspädagogin, die sich 1966 ins Noviziat aufnehmen ließ.
Nach der Ordensausbildung arbeitete sie im ordenseigenen Berufskolleg Bergkloster Bestwig als Lehrerin und baute zeitgleich zusammen mit Sr. Aloisia Höing die Jugendarbeit des Bergklosters auf. 1991 wechselte sie ins Jugendreferat des diözesanen Jugendbildungshauses Marcel-Callo des Bistums Erfurt. Dort rief sie unter anderem die Tage der religiösen Orientierung ins Leben. 1992 wurde ihr die Leitung des Studienhauses Paulus-Kolleg in Paderborn übertragen.
Von 1996 bis 2002 übernahm sie mit der Leitung des Noviziates die Aufgabe, junge Frauen in das Ordensleben der Gemeinschaft zu begleiten. „Es hat mir stets große Freude bereitet, junge Menschen darin zu unterstützen, ihr eigenes Wesen zu entdecken und ihre Originalität zu leben.“
Ihre Sehnsucht nach vertiefter Spiritualität führte sie 2004 während eines Sabbatjahres nach Indien. „In verschiedenen Ashrams und geistlichen Zentren erlebte ich die tiefe und ernsthafte Gottsuche auch anderer Religionen. Sie schenkten mir ein weites Herz für die vielen Wege, auf denen Menschen nach Gott und nach der Tiefe in ihrem Leben suchen.“
Rückblickend stellt Schwester Gratia fest: „Ich danke Gott, dass ich in dieser Gemeinschaft bin. Es bleibt spannend, immer wieder neu Zukunft in den Blick zu nehmen. Und das gemeinsam tun zu können, ist ein Geschenk!“
Leben im Zweier-Konvent
Auch Schwester Sigrid Maria ist die Erfahrung der Gemeinschaft wichtig. Sie bildet mit Schwester Christophora Ringkamp einen Konvent im Essener Kardinal Hengsbach-Haus. Jeder Morgen beginnt für sie mit dem gemeinsamen Gebet: „Und wenn das mal nicht klappt, merke ich den ganzen Tag, dass mir etwas fehlt.“
Im Laufe ihres Ordenslebens spüre sie immer stärker, dass die Pastoral ihr Thema ist: „Deshalb bin ich froh, dass ich im noch fortgeschrittenen Alter Religionspädagogik studieren durfte.“ Jetzt arbeitet sie als Gemeindereferentin in Essen-Steele und dank ihrer kirchlichen Lehrerlaubnis auch in zwei Grundschulen und einer Realschule.
Aber in ihr brennt noch eine andere Idee: „Ich möchte in die Citypastoral. Das ist soweit abgesprochen – und den Wohnwagen dafür habe ich schon organisiert.“ Ein bisschen „durchgeknallt“ sei sie ja schon immer gewesen, mein Schwester Sigrid Maria. Also passe das zu ihr. Außerdem nimmt sie sich einen Satz von Augustinus zu Herzen: „In Dir muss brennen, was Du in anderen entzünden willst.“ Deshalb finden ihre Nichten und Neffen sie als Ordensschwester keineswegs bieder, sondern eher cool.
Und ihre Eltern? Schwester Sigrid Maria lacht: „Auch die wissen inzwischen, dass ich hier glücklich bin. Schließlich haben sie mir ja diesen Namen mit auf den Weg gegeben, den ich als Schwester behalten durfte: Sigrid. Der stammt aus dem dritten Jahrhundert und geht auf eine schöne Bedeutung zurück: ‚Die gute Hirtin‘.“
Alle Jubilarinnen im Einzelnen:
65 Jahre Ordensleben
Sr. Alberta Maria Jung, Heilbad Heiligenstadt: Sr. Ancilla Placida Groß, Wadersloh-Diestedde; Sr. Edmunda Schneider, Bottrop-Grafenwald; Sr. Maria Angelina Beck, Bestwig; Sr. Maria Asunta Wilbrand, Heilbad Heiligenstadt; Sr. Maria Hermine Wolbers, Bestwig: Sr. Maria Pia Hinse, Heilbad Heiligenstadt; Hna. Maria Plácida Garrón, Tarija/Bolivien; Sr. Petra Maria Wagner, Bestwig; Sr. Paula Koch, Heilbad Heiligenstadt; Sr. Rudolpha Maria Lachmuth, Bestwig
60 Jahre Ordensleben
Sr. Berthilde Büscher, Bestwig; Sr. Bonaventura Zweekhorst, Vleuten/Niedelande; Sr. Clementia Horstmann, Bestwig; Sr. Henrika Schlenkert, Wadersloh-Diestedde; Sr. Irmengarda Vennemann, Hamm Bockum-Hövel; Hna. Juana Soliz Cochabamba/Bolivien;
Ir. Maria Ana Soares de Souza, Leme/Brasilien; Sr. Veronika Maria Roters, Bestwig
50 Jahre Ordensleben
Hna. Daria Maria Cabrera Vallegrande/Bolivien, Sr. Gratia Feldmann, Bestwig; Sr. Ignatia Nagel, Schineni/Rumänien; Sr. Maria Bernadette Knubel, Xanten; Sr. Maria Monika Trepmann, Bottrop-Grafenwald; Sr. Maria Vernika Ramme, Hünfeld-Großenbach
40 Jahre Ordensleben
Sr. Maria Magdalena Brüning, Heilbad Heiligenstadt; Sr. Ursula Maria Lienker, Bestwig
25 Jahre Ordensleben
Hna. Magalí Bonilla Cochabamba/Bolivien; Sr. Barbara Maria Fels, Herten-Westerholt; Sr. Sigrid Maria Hoves, Essen-Werden; Ir. Aurora Tenfen, Leme/Brasilien; Ir. Cecília Penteado, Leme/Brasilien; Ir. Maria Luiza Nunes, Leme/Brasilien