Als Schwester Edelgard Stimberg zum Ordenseintritt von Recklinghausen nach Heiligenstadt fuhr, hatte der Zug Verspätung. Schuld war kein Streik, sondern ein Tieffliegerangriff. Es war 1944 und Krieg. Ihre Eltern waren mit ihrem Eintritt in die Ordensgemeinschaft nicht einverstanden, denn die Nazis hatten für Klöster nicht viel übrig. „Aber Jugend lässt sich ja nichts sagen“, schmunzelt die 92-Jährige. Sie feiert heute ihr 70-jähriges Ordensjubiläum.
Mit einem Festhochamt feierten die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel heute in der Dreifaltigkeitskirche des Bergklosters Bestwig 70, 65, 60, 50 und 25 Jahre Ordensleben ihrer Mitschwestern. In seiner Predigt erinnerte Pater Maurus Runge von der Abtei Königsmünster an das Gebot und die Zusage Christi: „Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage.“ (Joh 15,9-15)
„Sie haben vielen Menschen gedient und geholfen“, so Pater Maurus an die Jubilarinnen. Aber letztlich zähle die Freundschaft zu Christus, denn vor dem Tun stehe das Sein. Gerade wenn die Sorgen des Alltags zunehmend drückten, werde die Freundschaft zu Jesus oft schwer. So sei heute nicht nur das Wunder der Auferstehung, sondern auch das der Berufung zum Ordensleben zu feiern.
Generaloberin Schwester Maria Thoma bezog sich in ihrer Gratulationsansprach auf eine Bekenntnis der seligen Placida Viel, der Gründerin des deutschen Ordenszweiges. Sie habe bekannt: „Wenn ich noch einmal anfangen müsste, mit den Erfahrungen, die ich heute habe, würde ich eine solche Aufgabe nicht mehr übernehmen.“ Doch die selige Placida habe im Vertrauen auf Gott und die mit der Ermutigung ihrer Mutter gehandelt.
Auch die Jubilarinnen wussten nicht, was auf sie zu kam, so Schwester Maria Thoma. Sie dankte den Jubilarinnen, dass sie sich immer wieder auf den Weg gemacht haben zu Kindern, zu Kranken und zu Armen – in Gebeten und Taten. „Ich wünsche Ihnen, dass Sie mit Placida sagen können: Ich war und bin überzeugt, das Werk Gottes zu tun.“
Das war auch der Dank von Provinzoberin Schwester Johanna. Mit dem Gedicht „Befiehl du deine Wege“ des evangelischen Theologen Paul Gerhardt erinnerte auch sie daran, dass das Ordensleben nicht immer nur schön und himmelhoch jauchzend sei. Sie wünschte den Jubilarinnen, dass sie mit Paul Gerhardt sagen können: „Dein Tun ist lauter Segen, Dein Gang ist lauter Licht.“
„Wenn mal ein schwarzer Tag kommt, kommt man auch drüber“, sagt Schwester Albina Voß heute. Mit 24 Jahren ist sie in die Gemeinschaft eingetreten. Mit 90 Jahren feiert sie heute ihr 65-jähriges Ordensjubiläum. Sie war Kindergärtnerin und wie ihre Mitschwestern arbeitete sie an vielen verschiedenen Einsatzorten. In der Regel ging es alles sechs bis neun Jahre an einen anderen Ort mit anderen Menschen. „Aber eigentlich war es eine schöne Zeit“, sagt sie heute.
Der Vater von Schwester Beata Maria Brohl war überzeugt, seine Tochter nach sechs Wochen wieder zu Hause zu sehen, als er sie im November 1949 zu den Schwestern nach Geseke brachte. Sie fragte: „Warum?“ Er sagte: „Du kannst nicht gehorchen.“ Bei ihrer Einkleidung änderte er seine Meinung. In Ahaus, Xanten und Hochheim betreute sie die Kinder in den Internaten, die damals noch zu den Schulen gehörten. Ihre schönste Stelle sei aber die in Hochheim gewesen, einer Einrichtung mit Schule für Körperbehinderte. „Die Zufriedenheit der Menschen dort war ansteckend“, erinnert sie sich.
Der Zug von Schwester Edelgard wurde von Tieffliegern beschossen und in Heiligenstadt durfte sie das Kloster nicht verlassen als die Rote Armee in der Stadt war, die Familie von Schwester Albina verlor ihr Haus bei einem Bombenangriff und Schwester Beata Maria ist als junge Frau gegen Kriegsende bei Nacht und Nebel aus dem Kriegsdienst in einem Rüstungswerk in Duisburg geflohen. Wie viele ihre Mitschwestern haben die drei den Zweiten Weltkrieg erlebt.
Auch deshalb erinnerte Schwester Theresita Maria Müller daran, dass heute nicht nur Ordensjubiläen zu feiern seien, sondern auch der 70. Jahrestag des Kriegsendes und 25 Jahre Wiedervereinigung.
Die Juilarinnen im Einzelnen
70 Jahre Ordensleben
Sr. Edelgard Stimberg, Sr. Maria Wilhelmine Mast
65 Jahre Ordensleben
Sr. Auräa Schwarz, Sr. Albina Voß, Sr. Beata Maria Brohl, Sr. Benigna Erdmann, Sr. Ursula Billmann, Sr. Maria Eugenie Bellinghausen, Sr. Maria Paulina Stegemann, Sr. Valentina Schlautmann, Sr. Maria Albertis Lobert
60 Jahre Ordensleben
Sr. Maria Aloisi Stützer, Sr. Maria Mathilde Hußmann, Sr. Seraphine Dreier
50 Jahre Ordensleben
Sr. Gerburg Falk, Sr. Notburgis Schwanekamp, Irmã Maria Lourenço
25 Jahre Ordensleben
Hna. Mónica Cardenas