Sr. Theresia Lehmeier berichtet von ihrer Reise mit Sr. Aloisia Höing zu unseren Standorten in Mosambik
Mittwoch, 12. November 2014
Es ist 18:10 Uhr und stockdunkel. Wir sitzen mit Taschenlampe in unserem Zimmer in Nametória und versuchen, uns zurechtzufinden. Um uns herum steht unser ganzes Gepäck – jede hat zwei große Koffer und einen Trolley – und wir haben gerade keinen Plan, wie wir die herausfordernde Situation bewältigen sollen. Wir fühlen uns müde und sind ungewaschen. Aber eines nach dem anderen.
Gestern um 14:00 Uhr sind wir von Heiligenstadt aufgebrochen und gut in Frankfurt angekommen. Die Reise mit South African Airways verlief bis auf anfängliche starke Turbulenzen gut. Es ging von Frankfurt nach Johannesburg (Südafrika) und von da nach Nampula (Mosambik), wo wir pünktlich ankamen. Im Flugzeug war es eiskalt, so trifft uns die Hitze beim Aussteigen unvorbereitet.
Irma Leila und die beiden Novizinnen Ir. Argentina und Ir. Tania erwarten uns, dazu Senhor Fiel. Die Koffer werden auf die Ladefläche des Autos gepackt, alles mit einer grünen Plane abgedeckt, Herr Fiel daraufgesetzt und los geht’s. Es geht zum größten Teil über ungeteerte Pisten mit roter oder brauner Erde. Ab und zu muss Ir. Leila Löcher umfahren. Die beiden Novizinnen besorgen Wasser und Cola und verwalten den Essensvorrat: Cracker, Bananen und Pão de quejo (kleine Käsebrötchen). Irgendwann halten wir an und kaufen einigen Jungen am Straßenrand Cashew-Nüsse ab, die leicht angeröstet sind und ganz köstlich schmecken.
Am Straßenrand sehen wir Cashew- und Mango-Bäume, vereinzelt Papaya, Palmen und viel trockenes Gestrüpp. Das Land könnte Regen brauchen. Aber die Regenzeit beginnt erst Ende November/Anfang Dezember.
Die Novizinnen, vor allem Ir. Argentina, verkürzen uns die Zeit mit Rätseln. Gesucht wird ein Gegenstand: Der ihn macht, benutzt ihn nicht, der ihn benutzt, sieht ihn nicht, der ihn sieht, mag ihn nicht. Wir kommen nicht darauf, dass ein Sarg gemeint ist. Ein weiteres Rätsel: Drei Personen sind vom Hungertod bedroht. Sie haben nur einen Centavo zur Verfügung und beraten, was sie damit kaufen können. Der eine sagt: „Etwas zu essen.“ Der zweite: „Nein, wir brauchen Wasser zum Trinken.“ Der Dritte schlägt vor: „Lasst und Holz kaufen, damit wir Feuer machen können.“ Was hilft den Dreien wirklich? Die Lösung: eine Kokosnuss: das Kokoswasser kann man trinken, das Mark kann man essen und mit der getrockneten Schale kann man Feuer machen. Natürlich! Jetzt scheint es uns logisch, aber wir wären nie darauf gekommen, weil uns für die Lösung der kulturelle Hintergrund fehlt.
Nach gut zweieinhalb Stunden, in denen wir ordentlich durchgeschüttelt wurden, sehen wir das Schild: Nametória und fahren durch eine ziemlich große Ansiedlung. Unser Haus liegt am anderen Ende, weit draußen. Wir sind ein bisschen verwundert: nach unserer Meinung gehört ein Schwesternhaus mitten ins Dorf. Das Gelände ist riesengroß, und mitten darauf steht ein großes Steinhaus. Eine Gruppe jüngerer Mädchen erwartet uns singend und trommelnd. Es sind die, die einmal im Monat kommen und von Ir. Santa und einem Priester begleitet werden. Nur eine von ihnen kann Portugiesisch, Ir. Santa dolmetscht auf Macua.
Zunächst machen wir einen Rundgang durch den Garten und das Haus. Es ist schon dämmrig. Draußen können wir noch ein bisschen sehen, aber drinnen ist es stockdunkel – heute ist der Strom ausgefallen, wie so oft. Wir merken aber schon, dass es im Innern längst nicht so groß ist, wie es von außen erscheint. In dem Teil, den die Schwestern bewohnen, gibt es nur zwei Zimmer und eine Toilette, in neuen, noch unfertigen Teil sind es vier. Der Speisesaal wurde auf der Terrasse eingerichtet, der Vorraum zwischen der Küche und einem Zimmer dient als Büro und Wohnraum. Hier steht auch die Gefriertruhe, bei der Hitze ein sehr wichtiges Teil. Im Vorratsraum ist ein Teil durch einen Vorhang als Kapelle abgetrennt. Alles ist noch ein bisschen provisorisch, und von der Anlage erscheint es uns nicht wirklich praktisch zu sein. Eines der Ziele unserer Reise ist ja, zu sehen, wie es hier weitergehen kann. Genaueres müssen wir in diesen Tagen noch sehen.
Nach dem Rundgang versuchen wir, uns in unserem Zimmer ein wenig einzurichten. Bei der Dunkelheit ist das eine echte Herausforderung. Das Abendessen ist ein wenig wie ein Candle-Light-Dinner. Es gibt angeregte Gespräche, vor allem über die unterschiedlichen Kulturen. Wir erfahren, dass fast alle Mädchen im Alter von ca. 11 Jahren einen Initiationsritus durchmachen. Hier ist es so, dass sie ein Jahr früher aus der Schule genommen und weggesperrt werden, mit dem Ziel, die Initiation und damit die Heirat oder das Kinderkriegen etwas hinauszuschieben. Unsere Mädchen und Schwestern haben– außer der Novizin Ir. Argentina – alle diesen Ritus auch durchgemacht. Dabei lernen sie, dass sie den Männern zu gehorchen haben. Wenn nach dem Ritus ein Mann sie fragt, ob sie heiraten wollen oder auch nur eine Nacht mit ihm Liebe haben wollen, müssen sie das akzeptieren. Nur wenn man in einer religiösen Gemeinschaft lebt, ist man einigermaßen geschützt. Das erklärt, warum man hier so früh mit der Berufungspastoral beginnen muss.
Allmählich machen sich die Folgen der Reise bemerkbar, und wir sind dankbar, dass wir uns zurückziehen können. Bevor wir unter das Moskitonetz krabbeln können – hier in Nametória ist es besonders nötig wegen der häufigen Malariafälle – wartet noch eine Herausforderung auf uns: die Becherdusche. Im Bad gibt es kein fließendes Wasser, dafür aber zwei große Wasserbehälter mit Schöpfbechern. Das Schöpfen kennen wir noch von früheren Mosambikbesuchen. Aber wo kann man die Taschenlampe aufstellen, ohne dass sie im Wasser landet und wo die Siebensachen, die man so braucht? Auch das lässt sich bewältigen, und bald haben wir den ersten Tag geschafft. Schnell noch ein paar Eindrücke aufschreiben, bevor sie weggerutscht und von neuen überdeckt sind. Und vor allem schnell machen, da man nicht weiß, wie lange es der Akku tut.
+ Donnerstag, 13.11.2014
Wir beginnen den Tag mit dem Frühstück um 07:00 Uhr. Laudes sind heute privat aus Rücksicht auf uns. Es gibt selbstgebackenes Brot von Weizenmehl, in einer salzigen und süßen Variante, dazu gekochten Schinken, Käse und Marmelade. Gegen 07:45 Uhr kommt der Pfarrvikar, Padre Elias. Auch er bekommt noch ein Frühstück.
Kurz nach 08:00 fahren wir mit dem Auto zur Kirche. Schon von weitem sehen wir eine große Menschenmenge unter den Bäumen vor der Kirche. Zwei Reihen von Frauen bilden Spalier. Es gibt Gruppen, die durch die Farbe der Capulana unterschieden sind –blaue, gelbbunte und ein paar einzelne individuell gefärbte. Wir Schwestern dürfen durch das Spalier gehen, die Frauen singen und klatschen dazu.
Bevor die Messe beginnt, soll Sr. Aloisia ein paar Worte an die Menge richten, die gespannt lauscht. Alles muss aus dem Deutschen ins Portugiesische und anschließend in Macua übersetzt werden. Letzteres besorgt der Animateur der Gemeinde. Er tut es sehr engagiert, indem er die Stimme moduliert und mit der Wichtigkeit der Worte hebt und senkt und seine Worte mit ausladenden Gesten begleitet.
Wir erfahren etwas von der Entstehung der Pfarrgemeinde und ihrer Organisation. Zur Hauptgemeinde gehören 64 kleine Gemeinden, die in 12 Distrikte aufgeteilt sind. Hier ist Distrikt Nr. 12.
Die Messe dauert insgesamt fast drei Stunden. Die einzelnen Teile werden durch Tänze eingeleitet und begleitet. Eine Gruppe links von uns ist die Musikanimationsgruppe, in der einige Trommler den Takt angeben. Es ist sehr eindrucksvoll, wie lebendig sie ihren Gesang gestalten: am Schluss werden sie immer leiser und verstummen schließlich ganz.
Mehrmals wird Sr. Aloisia aufgefordert, etwas zu sagen. Hinter uns sitzt Ir. Santa, die uns Anweisungen gibt, was zu tun ist und die Übersetzung aus dem Macua ins Portugiesische besorgt. Sie ist sehr geschickt darin.
Am Schluss stellt der Animateur die Arbeit der Gemeinde vor, betont, wie arm die Gemeinde ist, dass sie aber trotzdem die traditionelle Gabenprozession macht. Danach darf Sr. Aloisia wieder das Wort an die Menschen richten. Das scheint sehr wichtig zu sein. Die Gemeinde ist sehr aufmerksam und wohlwollend.
Der Animateur und auch der Pfarrer loben die Verdienste der Schwestern. Der Pfarrer betont, wie wichtig ihre Arbeit ist und gibt seiner Hoffnung Ausdruck, sie möchten eine Schule einrichten.
Die Schulbildung liegt sehr im Argen, so erklärt er uns später. Viele Eltern schicken ihre Kinder nicht in die Schule, obwohl es eine staatliche Schulpflicht bis zum 7. Schuljahr gibt. Aber die Eltern haben nichts gelernt, also brauchen die Kinder es auch nicht. An der Küste – wir sind nur 45 km vom Indischen Ozean entfernt – gibt es nur Fischfang und Landwirtschaft, von denen die Menschen leben.
Nach der Messe wollen uns alle die Hände schütteln. Es dauert lange, bis wir uns den Weg zum Auto gebahnt haben. Wir müssen aber weg, sonst löst sich
die Versammlung nicht auf.
Bei uns im Haus gibt es anschließend ein Essen für ausgesuchte Vertreter der Gemeinden. Wenn allgemein eingeladen worden wäre, hätten sich die Schwestern vor Menschen nicht retten können. Die Leute sitzen schon in Gruppen unter den Bäumen. Ein paar Frauen haben für sie gekocht. Ir. Leila hat Sorge, dass wir das Essen nicht vertragen und hat deshalb die Schwestern gebeten, etwas für uns zu kochen. Es reicht noch für die Gruppe derer, die die anderen bedient hat und daher später zum Essen kommen.
Nach der Siesta sind wir völlig antriebslos. Dieses Klima ist wirklich kaum zu ertragen, und wir bewundern die Stärke unserer Schwestern, die unter diesen Bedingungen leben und arbeiten.
Ir. Leila zeigt uns den Teil des Hauses, der unvollendet ist und erläutert dabei, was man evtl. wie nützen könnte, wenn man einige Veränderungen vornähme. Es sind zwei sehr große Zimmer mit Nasszelle vor der Tür, ein Raum, der als Gemeinschaftsraum benutzt werden könnte, eine Küche und ein Esszimmer, von denen das Dach und einiges mehr fehlt. Die Raumaufteilung ist im ganzen Haus unpraktisch. Trotz der Größe sind nur insgesamt vier Zimmer vorgesehen, das reicht hinten und vorne nicht.
Anschließend führt Ir. Leila uns über das riesige Gelände, das wohl 5 Hektar groß ist. Wie kann man es nützen?
Was das Haus betrifft, scheint es einfacher und kostengünstiger zu sein, es so zu lassen wie es ist und es so herzurichten, dass es benutzt werden kann. Später können hier die Aspirantinnen leben. Und für die Schwestern könnte später ein neues Haus gebaut werden. Als Aufgabe könnten wir uns hier schwerpunktmäßig Mädchen- und Frauenbildung im umfassenden Sinne vorstellen. Da wir in Metarica/Niassa schon ein Erziehungszentrum mit vielen Kindern haben, denken wir hier nicht an eine Schule, da die personellen Kapazitäten dafür zurzeit nicht vorhanden sind.
Inzwischen ist es dunkel und wir kehren ins Haus zurück. Beim Abendessen scherzen die jungen Schwestern über Alter und Würde der einzelnen. Am nächsten Tag soll es an den Indischen Ozean gehen. Damit wir nicht zu sehr in die Hitze kommen, wird die Abfahrt auf 05:00 Uhr festgesetzt.
Heute gibt es Strom, wir sind glücklich, dass wir so ein wenig besser mit unseren Sachen im Koffer zurechtkommen. Man lernt wirklich, dankbarer zu sein für Dinge, die sonst selbstverständlich erscheinen. Hier sind sie es nicht!
+ Freitag, 14.11.2014
Die Morgendämmerung beginnt schon vor vier Uhr. Als wir kurz nach 05:00 Uhr wie geplant losfahren, steht die Sonne schon hoch. Wir staunen über die vielen Menschen, die schon unterwegs sind. Andererseits – wenn man bedenkt, dass es schon um 18:00 Uhr stockdunkel ist, ist das erklärlich. Die ersten Kilometer gehen über eine Schotterpiste, Schüttelmassage inbegriffen. Nach etwa einer halben Stunde kommen wir auf eine geteerte Straße, auf der es nur so von Radfahrern wimmelt. Das ist nicht ungefährlich, denn die Autos preschen ganz schön schnell über die Piste.
Angoche ist eine alte Kolonialstadt, die zu Zeiten der Portugiesen einmal sehr wichtig war. Sie liegt direkt am Meer, hat einen Hafen und besaß früher sogar einmal einen Flughafen.
Seit der Unabhängigkeit ist die Stadt in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht. Für die Schwestern allerdings ist die Stadt Gold wert. Man bekäme hier alles, was man brauchte, sogar besser als in Nampula, erklären sie uns. Zudem sei die Stadt nicht so gefährlich. Senhor Fiel, der heute unser Chauffeur ist, macht eine Runde durch die Straßen. Es sind zwar sehr viele Menschen unterwegs, aber die Geschäfte sind noch geschlossen. Kein Wunder, es ist noch nicht einmal 06:00 Uhr.
Die Schwestern drängen zum Meer, weil sie dabei sein wollen, wie die Fische eingeholt werden. Einige Kilometer nach Angoche beginnt die Landschaft sich zu verändern. Rechts und links von der Straße sieht man weißen Sand, aus dem trockene Pflanzen hervorlugen, dann kommen erst einzelne Häuser, dann ganze Dörfer, die wie in den Sand gepflanzt wirken.
Wir passieren eine große Meer-Entsalzungsanlage, bestehend aus verschiedenen Becken, in die das Meerwasser eingelassen wird. Vereinzelt türmen sich Salzberge zwischen den Becken, in einer kleinen Hütte liegen Salzsäcke zum Verkauf.
Der Wagen windet sich durch die Dünen und plagt sich den Berg hoch. Es fühlt sich ein bisschen an wie Aquaplaning, und ich sehe uns schon im Sand feststecken. Plötzlich öffnet sich der Blick zum Strand hin. Wir sehen einige Fischerboote und Männer, die mit viel Anstrengung an einem Netz ziehen. Unsere jungen Schwestern springen aus dem Auto und helfen beim Ziehen. Nach vielen Mühen ist das Netz eingeholt. Die Fischer sind enttäuscht: Mit zehn Fischen ist die Ausbeute mager. Heute sei der Wind nicht gut, sagen sie. Wir denken an das Lukas-Evangelium 5: Herr, wir haben die ganze Nacht gefischt und nichts gefangen…
Für uns ist der Wind hingegen angenehm. So macht sich die Hitze nicht so stark bemerkbar und wir können es am Strand aushalten. Wir fahren wieder ein Stück in die Dünen zurück in der Hoffnung, ein schattiges Plätzchen zu finden. Aber vergebens. Den Schatten wirft nur das Auto. So nehmen wir unser mitgebrachtes Frühstück teils im Auto, teils im Sand neben dem Auto ein. Die Mosambikanerinnen und Ir. Leila setzen sich einfach auf den Boden. Der Sand bleibt überall kleben und macht ein helles Muster auf die dunklen Arme und Beine.
Anschließend fahren Senhor Fiel und Ir. Leila mit dem Auto zum Ölwechsel, die drei jungen Schwestern gehen zum Baden und Sr. Aloisia und ich machen einen Strandspaziergang. Das Wasser des Indischen Ozeans ist lauwarm, der Wind ist stark und die Wellen sind ziemlich hoch. Die Fischer haben inzwischen den Strand verlassen; sie kommen erst am Abend wieder.
Auf diese Weise vergeht der Vormittag. Um 10:00 Uhr wollen wir uns zum Mittagessen treffen. Die unterschiedliche Zeiteinteilung ist schon interessant!
Weil es am Strand weit und breit keinen Schatten gibt, fahren wir ein Stück landeinwärts und finden einen Baum, unter dem wir picknicken können. Verschiedentlich kommen Männern auf Fahrrädern vorbei, die vom Fischen zurückkommen. Ihren Fang haben sie auf dem Gepäckträger. Einem kaufen die Schwestern drei große Fische ab.
Für alles braucht man viel Zeit. Die Schwestern hätten gerne noch eine Siesta in den Dünen gemacht, aber dafür ist es wirklich zu heiß, und so beschließen wir, nach Hause zu fahren.
Auf dem Rückweg halten wir in Angoche, um für den nächsten Tag – der Besuch des Bischofs ist angesagt – ein paar Teller zu kaufen. Die Zeit ist knapp, es ist kurz vor 12:00 Uhr, und am Mittag machen die Geschäfte zu. Es ist Freitag, die Muslime gehen zum Beten in die Moschee.
Wir sind durch das Meerwasser und den salzigen Wind völlig klebrig und schmutzig und dürfen erst mal ausruhen.
Am Nachmittag schauen wir kurz bei Ir. Mary Luz herein. Sie hat jeden Tag von 14:00 bis 16:00 Uhr Kinder aus dem Viertel zur Alphabetisierung eingeladen. Es sind ca. 15 aus verschiedenen Altersgruppen und verschiedenen Lernstufen. Nur zwei oder drei können Portugiesisch und können als Dolmetscher helfen, keiner geht zur Schule. Ein oder zwei haben schon mal einen Versuch gestartet, ihn aber abgebrochen. Die Kinder kommen freiwillig, Ir. Mary Luz hat als Ziel, sie so weit zu bringen, dass sie im nächsten Jahr in die Schule können. Zweimal in der Woche gibt Ir. Mary Luz den Kindern nach dem Unterricht etwas zu essen. Heute gibt es Papaya für alle.
Der Rest des Nachmittags ist der Vorbereitung des Bischofsbesuches gewidmet. Es gibt eine Vertragsvorlage, die wir noch ausdrucken und leicht korrigieren müssen. Danach starten wir einen Versuch mit Ir. Mary Luz‘ Internetstick. Es geht langsam, aber immerhin. Leider fällt zwischendurch immer wieder der Strom aus. Allmählich lachen wir darüber, wenn der Ventilator plötzlich still steht und zu späterer Stunde, d. h. nach 18:00 Uhr das Haus auf einmal
in absolutes Dunkel gehüllt ist.
Morgen beginnen wir um 06:00 Uhr mit den Laudes. Das sind Heiligenstädter Zeiten, damit kommen wir gut klar.
+ Samstag, 15.11.2014
Wir beten die Laudes auf sehr afrikanische Weise mit Tamtam (2 Trommeln) und Rasseln aus Kronkorken. Der Hymnus und zwei Psalmen sind aus anderen Büchern als aus dem Stundenbuch, das Vaterunser und der Engel des Herrn werden in Latein gebetet. Mich wundert es, dass auch Kommunionfeier ist. Am Ende ist klar, warum: Der Bischof ist in eine Gemeinde in Nacala gerufen worden, wo man ohne vorherige Ankündigung eine Schule geschlossen hat. Das hatte Vorrang. Für die Leute tut es uns leid, die sich schon lange auf diesen Besuch vorbereitet haben.
So beschließen wir, nach dem Frühstück mit Einzelgesprächen zu beginnen. Es geht nach Alter, Ir. Mary Luz ist die erste. Wir setzen uns draußen unter einen Baum, doch nach mehr als einer Stunde ziehen wir um und suchen uns im Haus einen etwas kühleren Platz.
Mittags vor dem Essen ist eben noch Zeit für eine schnelle Besichtigung der Fortschritte beim Brunnenbau. Er ist innen schon völlig ausgemauert. Ir. Leila kündigt an, dass wir am Abend wiederkommen, um den fertigen Brunnen zu bewundern und zu fotografieren. Aber das schaffen wir bei all den Gesprächen nicht. Ir. Leila erzählt, dass schon vier Monate an diesem Brunnen gebaut wird und das Projekt schon fast aufgegeben wurde, weil es ewig nicht voranging. Der Brunnenbaumeister ist aus Metarica und hat viel Erfahrung. Er hatte zwischendurch einen Unfall, was das Ganze verzögert hat. Außerdem stimmte die Arbeitsauffassung der Arbeiter nicht mit der seinen überein. Aber jetzt geht es voran, sicherlich auch dank des unermüdlichen Einsatzes von Ir. Leila, die immer wieder hingeht, die Leute anspornt und den Fortschritt lobt. Man müsse bei Bauvorhaben immer präsent sein, sagt sie, sonst gehe es nicht voran. Das sei ihre Erfahrung aus der langjährigen Bautätigkeit in Mosambik.
Um 17:30 Uhr ist die Vesper angesetzt, anschließend Abendbrot. Danach wollen wir mit dem Konvent ein Gespräch führen.
Kurz vor dem Abendessen entsteht ein Aufruhr. Der Weihbischof Dom Ernesto ist da! Auf dem Rückweg von seiner Mission wollte er kurz hereinschauen. Er entschuldigt sich für sein Fernbleiben am Morgen, verspricht, wiederzukommen, um die Kommunität kennen zu lernen. Er kann ein paar Worte Deutsch. Viel Zeit hat er nicht, weil er zum Abendessen in Angoche sein will. Es reicht aber, unser Anliegen vorzubringen: den Vertrag zwischen der Diözese und der Kongregation, den Dom Tomé, der Bischof, zu erstellen vorgeschlagen hat. Dom Ernesto erbittet eine Kopie, auch digital, um den Vertrag anzusehen und mit dem erkrankten Bischof darüber zu sprechen. Danach verabschiedet er sich. Für uns war das jetzt praktisch, dass die Sache so schnell über die Bühne gegangen ist und wir uns nicht extra um einen neuen Termin kümmern müssen.
Nach dem Abendessen haben wir noch das versprochene Konventsgespräch mit den Schwestern und Novizinnen. Der Austausch ist gut und offen, so dass aus der geplanten Stunde eineinhalb Stunden werden. Aber keiner beschwert sich, alle sind dankbar für diese Möglichkeit.
+ Sonntag, 16.11.2014
Laudes 06:00 Uhr, danach Frühstück. Um 07:10 Uhr wollen wir nach Nacucha losfahren, einer Gemeinde, die zur großen Pfarrei gehört.
Vor der Abfahrt nimmt Ir. Leila mich noch mit zum Brunnen, um die Fortschritte zu besichtigen. Heute soll er fertig werden. Ich bin sehr erstaunt, wie weit die Arbeit schon ist. Es gibt schon einen richtigen Brunnenrand und einen kleinen Weg, der zum Brunnen führt.
Virgilio, der Brunnenbaumeister, gleitet wie eine Katze in den Brunnen hinab, um das Wasser zu kontrollieren. Unten steht er bis zum Hals in schmutzigem, brackigem Wasser, das erst einmal alles an die Oberfläche muss, bevor der Pfropfen gelöst werden kann, der das frische Wasser einlässt. Eine schwere Arbeit! Im ersten zutage geförderten Eimer schwimmt ein großer Frosch. Der Eimer sieht so aus, als würde er jeden Augenblick auseinanderbrechen. Unmöglich, dass er bis zum Ende durchhält. Also weist Ir. Leila die Arbeiter an, einen neuen zu besorgen. Es zeigt sich, dass es wichtig ist, allgegenwärtig zu sein und alles im Auge zu haben, wenn man will, dass die Dinge vorangehen. Die Arbeiter selbst hätten so lange gearbeitet, bis der Eimer auseinandergebrochen wäre und hätten dann unter dem Baum eine
Siesta gemacht.
Der Weg nach Nacucha führt durch kleine Dörfer mit den typischen, mit Stroh gedeckten Häusern. Einige wirken anders – fester gebaut und mit Ziegeldächern – diese sind aus der Kolonialzeit. An die Kolonialzeit erinnern auch die Ruinen einer Fabrik. Man weiß nicht, was dort produziert wurde, aber man weiß, dass die Leute nach dem Weggang der Portugiesen die Fabrik zerstört haben. Auch die Brücke wurde zerstört, aber Gott sei Dank wieder aufgebaut. Allerdings wirkt sie nicht sehr vertrauenerweckend.
Eine große Menschenmenge unter einem Baum verrät uns, dass wir angekommen sind. Gut, dass wir Ir. Santa dabei haben, die uns ins Ohr flüstert, wie wir uns zu verhalten haben: Begrüßen ist dran, jedem die Hand reichen. Irgendwann gibt sie das Signal: Jetzt ist es gut, sonst nimmt es kein Ende.
Wir werden erst in ein Haus geführt, das nur aus einem großen Raum und zwei abgetrennten kleinen Verschlägen besteht. Zwei Tische stehen am Rand, beide gedeckt mit Geschirr. Ein Mann kommt uns mit einer Kanne Wasser und einer Schüssel entgegen – das ist die feierliche Zeremonie des Händewaschens. Sehr wohltuend nach der Fahrt in der Hitze. Im Haus ist es angenehm. Unsere Mosambikanerinnen freuen sich über das bereitgestellte Frühstück, das aus Chima, einem Brei aus Wasser und Maniok- oder Maismehl, und Hühnchen besteht. Wir brauchen nichts zu essen, weil wir gerade gefrühstückt haben. Jetzt wissen wir, warum die Schwestern aus Mosambik so zurückhaltend beim Frühstück waren!
Der Gottesdienst heute ist eine „Celebração“, ein Wortgottesdienst ohne Priester, aber mit den Verantwortlichen der verschiedenen Gemeinden, Animadores genannt. Ein Unterschied zur Messe ist für die Menschen sicher kaum erkennbar.
Die Animadores, alle Männer, ziehen feierlich ein. Sie haben liturgische Gewänder in verschiedenen Farben an, je nachdem, aus welcher Gemeinde sie kommen: dunkelblau, braun oder bunt. Der Hauptzelebrant ist der Regionalkoordinator. Es gibt eigene Animadores für den Gesang und die Rhythmusgruppe, die ebenfalls bunte liturgische Gewänder tragen und die beiden Gruppen, die unter zwei Bäumen sitzen, sehr engagiert dirigieren. Wie in der ersten Gemeinde, in der wir waren, werden auch hier alle Phasen des Gottesdienstes durch Tanz begleitet, der sich hier von dem in der anderen Gemeinde unterscheidet. Die Beteiligung bei Gesang und Tanz ist sehr gut. Beim Tanz zur Danksagung machen viele mit, die nicht in der Tanzgruppe sind, auch unsere jungen Schwestern.
Sr. Aloisia muss allzeit bereit sein, spontan etwas zu sagen, wenn sie dazu aufgefordert wird. Darin hat sie schon Übung und findet immer Worte, die in die Situation passen und von den Menschen beklatscht werden. Auch die Kommunion darf sie austeilen.
Auch in diesem Gottesdienst fehlt die traditionelle Gabenprozession nicht. Es ist bewegend, die Menschen zu sehen, wie sie ihre Gaben bringen: etwas Reis oder Mais, Eier, Bananen, Taschen aus Bast, einen Wasserkrug und anderes. Auch ein lebendes Huhn ist dabei, das laut protestiert, als es eingefangen und Sr. Aloisia in die Hand gedrückt wird. Ir. Tania nimmt es ihr ab, der Protest des Huhns wird aber nicht geringer. Ein besonderes Hallo gibt es, als ihr ein Mann eine Schöpfkelle überreicht und ihr vormacht, wie das Schöpfen geht. Sie macht die Bewegung nach und alle lachen und klatschen begeistert. Einige alte Frauen bringen Münzen. Es tut fast weh, wenn man daran denkt, dass sie selbst nichts haben. Sie kommen mit gesenkten Blicken, aber wenn Sr. Aloisia ihnen die Handschüttelt und sich bedankt, schauen sie auf und zeigen ein wunderschönes Lächeln.
Nach der Celebração ist „apresentação“: Der Verantwortliche der Region stellt die Gemeinde vor. Für uns ist es bemerkenswert, dass er nicht um Unterstützung beim Bau einer Schule oder einer anderen Einrichtung bittet, sondern um eine gute Begleitung der Vocacionadas (derjenigen, die eine Berufung spüren), damit sie ihren wahren Weg finden und daraus für die Gegend in Zukunft reiche Frucht erwächst. Danach gibt es noch ein paar traditionelle Tänze der Frauen, mit denen sie ihre Kultur vorstellen möchten.
Das Mittagessen findet in dem kleinen Haus statt, in dem wir schon am Anfang waren. Anwesend sind außer uns die Verantwortlichen der einzelnen Gemeinden. Die Schwestern haben für uns etwas mitgebracht, für die anderen gibt es Chima und Hähnchen. Langsam füllt sich der ganze Raum. In einer Ecke werden Matten ausgelegt, die Platz für die Neuankömmlinge bieten. Ein Mann ist offenbar verantwortlich für die Zeremonie des Händewaschens. Bei der Ankunft, vor und nach dem Essen geht er mit Wasserbecher und Schüssel von einem zum anderen und gießt Wasser über die Hände. Eine sehr schöne Geste, vor allem in Anbetracht der Hitze und der Tatsache, dass wir unzählige Hände geschüttelt haben.
Nachdem alle gegessen haben, werden die Verantwortlichen und Ältesten vorgestellt. Auch ein Moslem ist dabei. Sr. Aloisia bedankt sich bei allen und betont, wie schön sie es findet, dass hier ein friedliches und wohlwollendes Miteinander der Religionen möglich ist.
Wir haben noch Medaillen von Maria Magdalena dabei, die Sr. Aloisia an die Anwesenden verteilt. Die Kunde davon verbreitet sich schnell und es kommen auch die, die in irgendeiner Weise an der Vorbereitung der Feier mitgewirkt haben, um sich ihre Medaille abzuholen. Gott sei Dank haben wir genügend dabei!
Auch drei Mädchen, die zu den von Ir. Santa begleiteten Vocacionadas gehören, stellen sich vor und bringen ein Huhn als Gabe mit. Wir haben sie schon bei unserer Ankunft gesehen. Heute wirken sie entspannter und froher, wir sind ihnen offenbar schon vertrauter.
Später erfahren wir von den Schwestern, dass sofort nach der Ankunft die Leute kamen und gefragt haben, ob die Schwestern Mädchen aufnehmen. Unsere Schwestern waren zunächst zurückhaltend, damit es nicht so aussieht als wären wir gekommen, um Berufungen zu fischen. Das muss wohl in der Vergangenheit so extrem gewesen sein, dass der Bischof neuen Kongregationen verboten hat, Berufungsarbeit zu leisten.
Am Nachmittag gehen wir noch einmal in das unvollendete Haus, um Fotos zu machen und noch einmal zu bekräftigen, dass es so fertiggestellt werden soll, wie es geplant war, evtl. mit ein paar kleinen Modifikationen, wie z. B. die Abtrennung eines kleinen Gästezimmers durch eine zusätzliche Wand. Es erscheint uns unverantwortlich, gemauerte Wände herauszureißen und zu versetzen, die sanitären Anlagen wieder herauszureißen und alles umzustrukturieren. Das würde vermutlich höhere Kosten verursachen als ein Neubau. In das fertiggestellte Haus könnten dann die Schwestern ziehen und das jetzige kleinere Haus den Mädchen überlassen. Später kann dann an einen Neubau gedacht werden. Wir denken auch daran, was das auf die Bevölkerung für einen Eindruck machen würde, wenn jetzt alles herausgerissen und neu gemacht würde. Für die Leute hier ist dieses Haus schon ein Luxus, sie sehen ja nicht, dass es dunkel, undicht und unpraktisch ist.
Am Schluss sehen wir und den jetzt ganz fertiggestellten Brunnen an – erstaunlich, was in so wenigen Tagen möglich war! Eventuell soll er eingeweiht werden, wenn wir auf dem Rückweg vorbeikommen. Dann hätte man einen guten Anlass, den Leuten zu sagen, dass das etwas Neues, Positives ist. Sonst ist es schwer, ihnen klarzumachen, dass sie den inzwischen lieb gewordenen Brunnen auf dem Schwesterngrundstück nicht mehr benutzen dürfen. Der soll dann für die Mädchen sein.
Nach der Rückkehr gelingt es uns, die versprochene Mail mit dem Vertragsentwurf an den Weihbischof zu schicken. Danach geht mehrmals der Strom aus. Vier oder fünfmal kommt er wieder, dann verabschiedet er sich ganz. Das Abendessen findet im Dunkeln mit Taschenlampen statt. Die jungen Schwestern sind sehr umtriebig, laufen hinaus, machen sich draußen zu schaffen, kommen wieder herein. Als Gesang von außen ertönt, wissen wir, warum. Sie bringen feierlich ein Geschenk für Sr. Aloisia: eine prächtige große Muschel aus dem Indischen Ozean in einer geflochtenen Schale, eingehüllt in eine Flagge von Mosambik – wunderschön!
Danach ist es Zeit, ans Kofferpacken zu denken, was ohne Licht eine besondere Herausforderung ist. Aber wir sind schon ein bisschen besser geübt als am ersten Abend und müssen immer wieder lachen über die Dinge, die nicht so laufen, wie wir es gewöhnt sind und wie wir es gerne hätten. Aber wir wissen: für die Schwestern hier ist das Leben wahrlich nicht leicht!
+ Montag, 17.11.2014
Kaffee ist um 05:40 Uhr, um 06:00 Uhr Abfahrt nach Cuamba. Ca. 500 km liegen vor uns. In Deutschland wäre das nichts Besonderes, aber hier ist der Weg bis Nampula nicht geteert, und wie es nachher aussieht, wissen wir noch nicht.
Senhor Fiel fährt mit, ebenso der „Held des Brunnens“, Virgilio, sowie die beiden Novizinnen. Ir. Mary Luz und Ir. Santa bleiben hier und kommen fünf Tage vor der Profess nach.
Die Fahrt von Nametória bis Nampula verläuft gut. Senhor. Fiel ist am Steuer, Virgilio und Ir. Argentina sitzen hinten auf den Koffern. Es geht zum größten Teil über ungeteerte Straßen, und wir werden entsprechend durchgerüttelt.
In Nampula machen wir Halt bei den Irmazinhas. Dort haben wir manchmal übernachtet. Ich kenne das Haus nicht wieder. Es ist groß, hell, luftig, vollständig gekachelt und es blitzt überall vor Sauberkeit. Irma Alda, eine Brasilianerin, bietet uns Getränke und Plätzchen an, nacheinander kommen junge Aspirantinnen und begrüßen uns. Die beiden Novizinnen werden stürmisch umarmt. Sie sind bekannt, denn sie sind hier untergebracht, wenn sie Novinter, das Treffen der Novizinnen der verschiedenen Kongregationen, haben.
Gegen 10:00 Uhr machen wir eine Pause, danach ist Fahrerwechsel. Nun ist Ir. Leila am Steuer, Senhor Fiel sitzt hinten auf dem Gepäck, und beide Novizinnen sind mit im Auto. Sie beten das Vaterunser und das Gegrüßet seist du, Maria auf Deutsch und erzählen lachend, wie sie im Novinter einen Pater verwirrt haben. Der hat in der Osterzeit das Regina Coeli auf Latein angestimmt, in der Meinung, er könne die Novizinnen beeindrucken, und war furchtbar erschrocken, als unsere sechs aus voller Kehle mit einstimmten.
Wir bringen den beiden die Kanons „Jesus lebt in unseren Herzen“ und „Amen, amen, Halleluja. Die Hand Gottes leitet mich“ bei und staunen, wie schnell sie das können.
Bei einem Halt für eine Toilettenpause fällt uns ein junger Mann auf, der sich mit einem gelben Kanister auf eine Stufe setzt und beginnt, sich die Arme und Beine zu waschen und sich Wasser über den Kopf zu schütten. Dann geht er an eine Art Regal an der Wand und holt etwas heraus, was wie ein Badetuch aussieht, sich aber als Gebetssteppich entpuppt. Den breitet er in einer Ecke der Terrasse aus und beginnt, vor den Augen der anwesenden Gäste andächtig zu beten. Sr. Leila sagt, das komme hier sehr oft vor und es gäbe manchmal eine Warteschlange vor dem Gebetsteppich.
Die folgende Wegstrecke ist eine einzige große Baustelle. Chinesen, Japaner und Portugiesen teilen sich die nächsten 350 km und bauen eine neue Straße, die z.T. parallel zur alten verläuft. Teile davon sind schon fertig, an anderen Stellen geht der Weg mitten durch die Baustelle. Wenn Gegenverkehr kommt, wird der Staub so aufgewirbelt, dass man einen Moment lang gar nichts sieht. Für den Bau müssen unglaubliche Mengen Erde umgeschichtet werden. Die ganze Landschaft bekommt ein anderes Gesicht. An einer Stelle stehen schon die Pfeiler einer großen Brücke. Die Bahnschienen, über die man immer wieder fahren muss, werden neu verlegt.
Wir spüren jetzt schon den Segen der neuen Straße und sind relativ zeitig in Cuamba. Die Novizinnen und Postulantinnen begrüßen uns mit Gesang und Tam-Tam. Ich kenne das Haus nicht wieder. Es ist geräumig und zweckmäßig, es gibt fließendes Wasser und Strom und sogar WLAN. Wir kommen uns vor wie in einem Luxushotel. Hier verbringen wir die Nacht. Morgen geht es weiter nach Metarica.
+ Dienstag, 18.11.2014
Um 07:00 Uhr ist Frühstück, um 07:30 Uhr Abfahrt. Der Weg nach Metarica ist nicht geteert, aber wir kommen gut durch und sind schon gegen 09:15 Uhr da.
Schon von weitem sehen wir den großen Schulbau, der direkt an der Straße liegt. Davor warten die Kinder mit ihren Lehrern und singen einen Willkommensgruß. Wir begrüßen alle einzeln, die lange Reihe will gar nicht enden. Am Ende steht eine Gruppe Mädchen – unsere Aspirantinnen, die hier in die Schule gehen, die Postulantin Vanessa und die beiden Novizinnen Ir. Luisa und Ir. Esther.
Nach dem Händeschütteln stellt uns Ir. Fátima vor und kündigt unseren Besuch in der Schule am kommenden Tag an. „Wer wird morgen fehlen?“ fragt sie. „Ninguem – niemand!“ ist die vielstimmige Antwort.
Dann werden die Kinder in die Schule entlassen und wir gehen erst einmal in die Kapelle, gefolgt von unseren Mädchen. Als Dank für die gute Reise beten wir ein Vaterunser auf Portugiesisch und ein Ave Maria auf Deutsch. Wir sind sehr beeindruckt, dass alle Mädchen das beten können.
Nach einer kleinen Stärkung geht es ans Auspacken. Alle allgemeinen Sachen kommen erst einmal ins Schwesternzimmer. Der Tisch wird beladen mit Messgewand und Stolen, mit SMMP-Taschen und Büchern, mit kleinen und großen Dingen, die wir für die Allgemeinheit bzw. zum Verteilen mitgebracht haben. Bald müssen wir die Sitze mit belegen. Das zeigt sehr deutlich, warum unsere Koffer so voll und so schwer waren! Die Schokolade kommt gleich in den Kühlschrank. Sie ist z. T. übel deformiert, aber wir hoffen, dass sie trotzdem noch schmeckt.
Am frühen Nachmittag setzt ein Tropenregen ein. Die Regentropfen prasseln so laut auf das Wellblechdach, dass man seine eigenen Gedanken nicht mehr versteht. Die Gefäße – Schüsseln und Tonnen, die überall aufgestellt werden -, sind im Nu voll. Das Regenwasser wird zum Gießen im Garten und zur Hausreinigung benutzt.
Mit Regenschirmen bewaffnet, besichtigen wir die Schule, das Haus La Salle, die Ländereien mit Bananen, Maniok, Mais, Papaya und anderen Pflanzen, die Zisterne, den Schweinestall, alles im strömenden Regen. Ir. Fátima ist voll in ihrem Element. Mit Gummistiefeln geht sie uns voraus und zeigt uns ihre Errungenschaften. Zu jedem Stück gibt es etwas zu erzählen von den Schwierigkeiten des Anfangs und der Freude über das Erreichte. Alles ist sehr gut organisiert und bewundernswert durchstrukturiert. Sogar in ihrem Büro, in dem außer zwei Tischen und einem Stuhl noch keine Möbel stehen, herrscht eindrucksvolle Ordnung. Alle Dokumente liegen fein säuberlich in Hüllen auf einem Tisch ausgebreitet, darüber eine Capulana zum Schutz. Seitdem die Schule in Betrieb genommen wurde – das war im Juli 2013 – wartet man hier auf den Container aus Deutschland, der Möbel und vieles andere für die Schule bringen soll. Einige Klassen haben noch keine Tische, in anderen wurden sie inzwischen von den eigenen Schreinern gefertigt.
Wir beenden unseren Rundgang gerade rechtzeitig zum Beten. An jedem Dienstagabend wird in der Hausgemeinschaft der Rosenkranz gebetet, heute in vier Sprachen: Macua, Portugiesisch, Deutsch und Latein. Es ist bewegend, wenn die jungen Mädchen sehr ernst und andächtig in den verschiedenen Sprachen beten und zwischendurch Lieder singen, die sie mit ihren rhythmischen Instrumenten begleiten. Das bleibt sicher als positive Erfahrung lebendig.
Nach dem Abendessen geht es zur Bescherung ins Schwesternzimmer. Jedes einzelne Teil wird erklärt und bejubelt und zur genaueren Besichtigung herumgereicht. Als krönenden Abschluss enthüllt Sr. Aloisia die große Medaille der Gründerin, die in Heiligenstadt und in jedem Provinzhaus hängt und nun auch hier ihren Platz finden soll. Die Schwestern freuen sich sehr darüber. Zum Schluss gibt es für jeden eine Schokolade aus dem Eisschrank, die trotz der Verformung sehr gut schmeckt.
+ Mittwoch, 19.11.2014
Um 07:30 Uhr geht es in die Schule. Die Schüler der Escolinha und der ersten Klasse sind in der großen Halle nach Klassen aufgestellt. Ein Kind gibt das Kommando: „Aufgepasst! Stillgestanden! Hände an die Hosennaht!“ und alle singen die Nationalhymne. Sie hat mehrere Strophen, wir sind erstaunt, wie gut schon die Kleinen singen können. Danach gibt das Kind das Kommando: „Rührt euch!“ und alle entspannen sich.
Nach einer kurzen Ansprache von Sr. Aloisia, die sie spontan machen darf, gehen alle in die Klassen. Wir besuchen jede Einzelne. Für uns sind Stühle hinten in der Klasse aufgestellt, so dass wir eine Weile dem Unterricht folgen können.
Bei den Kleinen geht es heute um die Farben weiß, blau und gelb, in einer anderen Klasse um leer und voll, in einer weiteren um groß und klein. Der Tag steht jeweils an der Tafel, dazu das Thema des Tages. Es wird viel mit konkreten Sachen gearbeitet, viel mit Wiederholung, einzeln und im Chor. Man muss bedenken, dass gut 50% der Kinder, die in die Escolinha kommen, kein Portugiesisch können und das auch noch lernen müssen. So ist auch die Aussprache ein wichtiger Teil.
Zu Beginn wird in den unteren Klassen das Lied von der Puppe aus Deutschland gesungen. Der Inhalt ist ungefähr so: „Ich habe eine Puppe aus Deutschland. Sie kann Mama und Papa sagen und die Augen schließen und schlafen. Wenn sie aufwacht, wäscht sie das Gesicht, putzt sich die Zähne, kämmt das Haar und beginnt zu tanzen.“ Alles wird von Bewegungen begleitet, und beim Tanzen stehen alle auf und drehen sich im Kreis.
Vor der Essenspause – Lanche – ist Versammlung in der großen Halle. Die Lehrer und Hilfskräfte präsentieren uns traditionelle Tänze und sind glücklich, dass sie etwas von ihrer Kultur zeigen dürfen. Die Kinder, die zu Beginn brav an den Wänden aufgereiht sitzen, können kaum stillhalten, am Schluss tanzen sie mit, und ihre ganze aufgestaute Energie darf sich nun entladen. Beim Tanzen strahlen alle über das ganze Gesicht. Es ist ein wichtiger Bestandteil ihrer Kultur.
Nach diesem offiziellen Teil kommt das Essen. Der Koch war am Morgen durch die Gruppen gegangen und hatte die Zahl der Kinder und Lehrkräfte aufgenommen. Für jede Gruppe wurde dann in der Küche das Essen und Trinken zugeteilt und zusammen mit den abgezählten Tellern und Bechern zurechtgestellt, um von den Hilfskräften der Gruppen abgeholt zu werden.
Wir gehen noch einmal durch die Klassen. Die Stühle wurden beiseite geräumt, die Kinder sitzen auf Bastmatten auf dem Boden. Alle warten, bis der Letzte etwas hat. Dann wird gebetet, und alle beginnen gemeinsam mit dem Essen. Heute gibt es Brot und Saft. Gestern war Suppe dran, morgen gibt es zum Schulabschluss eine besonders nahrhafte Suppe. Es wechselt immer ab. Für manche Kinder ist das die erste und einzige Mahlzeit am Tag. Viele Zutaten können auf unserem Feld bzw. im Garten geerntet werden.
So lebhaft es vorher zuging, so still ist es jetzt. Gegessen wird in Mosambik traditionell schweigend. Ir. Santa hatte uns das vorige Tage so erklärt, dass gewöhnlich die ganze Familie aus einem Topf isst. Wer redet, riskiert, nichts mehr abzubekommen, weil in der Zwischenzeit die anderen alles aufgegessen haben.
Auf dem Rückweg zum Schwesternhaus gehen wir durch das Haus Placida und das Haus Martha und besichtigen auch das Zimmer der Missionare auf Zeit mit der neuen angeschlossenen Küche, die eine echte Verbesserung darstellt. Zwei der Mädchen zeigen uns ein paar Räume des Hauses Martha. Sr. Aloisia fragt sie, was ihnen hier besonders gut gefällt. Eine sagt, dass sie hier viel lernen kann und dass es gut ist, bei den Schwestern zu sein. Die andere bekräftigt, dass auch sie lernen möchte und fügt hinzu: „Die Schwestern misshandeln die Mädchen nicht.“ Das lässt darauf schließen, dass sie schon einige negative Erfahrungen in ihrem Leben gemacht hat.
Beim Mittagessen erzählt Ir. Fátima Geschichten vom Schulsystem und vom Unterricht in Mosambik. Die Aspirantinnen würde sie am liebsten in die Escolinha schicken, denn sie können z. T. die Farben nicht, wenn sie kommen. Es gibt das System, dass man von Klasse zu Klasse ohne Prüfung weiterkommt, egal was man kann. So kann es sein, dass Kinder in die 8. Klasse kommen, ohne lesen zu können.
Besonders krass ist die Geschichte von der Frau eines Beamten, die zur Lehrerausbildung in das staatliche Institut in Cuamba ging. Sie wurde nach dem Ausbildungsjahr und der Prüfung in der Schule in Metarica eingesetzt. Als sie am ersten Tag vor der Klasse stand, fing sie an zu weinen, weil sie nicht schreiben konnte. Dann hat man sie in eine andere Schule versetzt, wo sie nun die Schelle zum Stundenende bedient, dafür aber ein Lehrergehalt bekommt. Unglaublich! Wie hat diese Frau es geschafft, durch dieses Jahr am Lehrerausbildungsinstitut zu kommen?
Ir. Fátima unterscheidet zwischen „eigenen Noten“ und „Noten, die jemand hat, weil er Hilfe bekommt“. Zunächst verstehen wir das nicht, die Erklärung ist die, dass die eigenen Noten – die kaum jemand hat – durch eigene Leistung zustande kommen, die anderen, weil jemand so daran gedreht hat, dass sie im positiven Bereich sind. Das Drehen kann durch eine entsprechende Geldgabe erreicht werden oder durch das berühmte Vitamin B für Beziehungen – Nichten und Neffen, Kinder und Kindeskinder werden bevorzugt.
Ir. Fátima hat das System am Anfang kennengelernt, als sie Direktorin der Schule hier in Metarica war. Als die erste Trimesterauswertung kam, waren viele ihrer Schüler durchgefallen, weil sie nicht das entsprechende Niveau hatten. Da kamen die anderen Lehrer und sagten: Da müssen wir noch etwas nach oben verschieben und hier auch noch, so lange, bis die gewünschte Prozentzahl von bestandenen Prüfungen bzw. passablen Noten zustande kam. So ist das System. Aus 8 Punkten werden 10 gemacht, damit es besser aussieht. Dann wird der Durchschnitt berechnet und der Prozentsatz der Schüler, der bestanden hat. Wenn das noch nicht passt, fängt man an, im unteren Bereich die Punkte zu erhöhen. So kommt ein Resultat zustande, das richtig gut aussieht, ohne dass die Leute die geringste Ahnung haben. Als Ir. Fátima an der Schule, deren Direktorin sie war, das System durchschaut hatte, hat sie im zweiten Trimester hart mit den Schülern gearbeitet. Bei der Notenkonferenz hat sie gesagt: „Leute, hier wird kein einziger Punkt nach oben dazugegeben. Die Noten sind richtige Noten, die die Schüler aufgrund ihrer Leistungen erhalten haben. Wer durchgefallen ist, hat es verdient.“
Eine andere unglaubliche Geschichte ist die von dem Lehrer, der im ersten Trimester unterrichtet hat, im zweiten nur zwei Wochen da war und dann die Noten für das dritte Trimester und damit für den Klassenabschluss, der erst fünfeinhalb Monate später sein sollte, schon gegeben hat.
Ir. Ana Brígida erzählt, dass sie mit einem Padre überlegt hat, wo Mosambik in zehn Jahren wohl steht, wenn das so weitergeht.
Anders ist es im Gesundheitssystem. Dort gibt es diese Hilfen nicht, alles ist Eigenleistung. Das Problem ist nur, dass irgendwann Leute die Ausbildung machen wollen, die durch dieses System ihre 12. Klasse abgeschlossen haben und nicht einmal lesen können. Das Bewusstsein, dass Bildung die Basis für den Fortschritt ist, scheint völlig zu fehlen.
Am Nachmittag gehen wir noch einmal durch die Klassen. Jetzt sind nur vier Gruppen da, die alle aus der Escolinha sind. Am Morgen waren es fünf, das waren die größeren Kinder der Escolinha und die der ersten Klasse.
In der ersten Gruppe ist das Thema Formen: Kreis, Quadrat und Dreieck. Die zweite Gruppe lernt zählen von 1 bis 5. Eine Gruppe ist im Spielzimmer. Es sind deutliche weniger da als normal. In der ersten Gruppe sollten es 33 sein, es sind aber nur 10 da wegen des Regens. Man erklärt uns, dass beim Regen zum einen die Orientierung an der Sonne fehlt und die Menschen die Zeit nicht richtig einschätzen können, zum anderen beim Einsetzen des Regens die Familien auf die Felder gingen und die Kinder mitnähmen.
In jeder Klasse ist ein Lehrer und ein Monitor (Assistent), möglichst ein Mann und eine Frau, was aber nicht immer geht.
Im Spielzimmer sind drei Aufsichtspersonen mit vielen Kindern – ein scheinbar unübersichtliches Gewusel. Die Jungen spielen mit Autos, die Mädchen mit Puppen und Kuscheltieren. Die Erzieher bringen den Kindern spielerisch die Namen der Kuscheltiere bei, singen und tanzen mit den Kindern auf diesem engen Raum. Erstaunlich, was alles geht und was man alles lernen kann. Ein ziemlich großer Junge fällt uns auf, weil er bei nichts mitmacht, sondern sich die dicksten Kuscheltiere an Land zieht und sie sich mühsam unter den Kopf und den Po schiebt. Immer wieder fällt er dabei um, aber endlich hat er es geschafft und liegt zufrieden wie ein Pascha auf seinem Lager. Als er irgendwann seine Position verlässt, nimmt sie flugs ein anderer ein und räkelt sich nun seinerseits auf dem weichen Untergrund.
Heute Nachmittag sind Einschreibungen für das nächste Schuljahr. Es sind schon viele neue Kinder angemeldet. Sr. Fátima hat ein gutes System entwickelt, um die Unterlagen der Schüler, die schon länger da sind, nicht jedes Jahr neu schreiben zu müssen.
Zum Kaffee kehren wir wieder ins Haus zurück und stellen uns innerlich auf einen ruhigen Rest-Nachmittag ein, an dem wir einmal die Fotos sichten und ein paar Sachen aufschreiben können. Aber es kommt anders. Ir. Conceição ist von Cuamba gekommen und berichtet, dass sie auf der nur 70 km langen Strecke dreimal mit dem Auto liegengeblieben sind. Zweimal war etwas mit der Gangschaltung, einmal hat ein anderes Auto sie beim Überholen auf einen sandigen Seitenstreifen gedrängt, so dass sie mühsam aus dem Sand herausgezogen werden mussten. Ir. Leila sagt, dass sie größere Strecken nie mehr alleine fährt, sondern immer darauf achtet, dass ein Mann dabei ist, der im Notfall Reifen wechseln oder etwas reparieren kann. Reisen bleibt trotz der teilweise verbesserten Straßen ein Abenteuer.
Kaum habe ich mit dem Kopieren der Fotos begonnen, heißt es, dass wir nun erst mal zum Pfarrer gehen. Er ist unvorhergesehen aus der Erholung gekommen und muss morgen wieder weg. Also machen wir uns auf den Weg. Doch vorher kommt noch ein Junge aus einer Patenfamilie mit seinem kleinen Schwesterchen und bringt eine ganze Staude Bananen aus dem eigenen Garten für den Besuch. Die müssen wir natürlich erst entgegennehmen.
Im Pfarrhaus erwarten uns der Pfarrer Benesse und der Pfarrvikar Padre Agostinho. Wir haben Stolen aus der Paderborner Paramentenwerkstatt mitgebracht, die mit Dank angenommen werden. Die Geistlichen freuen sich über die Profess der sechs Novizinnen und loben die beiden, die in der Pfarrgemeinde ihr Praktikum gemacht haben, Ir. Luisa und Ir. Ester. Gleichzeitig kündigen sie an, dass aus der Gemeinde von Ir. Luisa eine Reihe Leute zur Profess kommt.
Beim Abendessen wird darüber diskutiert, wie schwierig es ist, die Zahl der Gäste bei einem solchen Ereignis wirklich einzuschätzen. Die Schwestern haben Einladungen verschickt und versucht, die Zahl der Gäste in Grenzen zu halten, weil es sechs Novizinnen sind, die aus großen Familien kommen. Aber für viele gibt es die Frage der Einladung überhaupt nicht. Ein Geistlicher hat angekündigt: „Ob eingeladen oder nicht, ich bin da.“
Mit den vielen Erzählungen und Diskussionen sitzen wir sehr lange bei Tisch und sind froh, dass danach nicht noch Programm ist.
+ Donnerstag, 20.11.2014
Donnerstagmorgen ist Anbetung. Alle Schwestern, Novizinnen und Vocacionadas sind in der Kapelle versammelt. Die Aufgaben sind verteilt; Ir. Ana Brigida leitet das Gebet, Ir. Ester setzt das Allerheiligste aus, teilt die Kommunion aus und setzt am Schluss wieder ein, Ir. Luisa liest das Evangelium. Eine ganze Weile ist stille Anbetung.
Heute ist der Tag der Patenfamilien, für die Ir. Leila verantwortlich ist. Nach dem Frühstück ist sie nicht aufzufinden, daher führt uns Ir. Luisa in die Escolinha. Wir haben dort ja den Termin mit den Frauen, die Portugiesisch lernen.
In der Ecke des kleinen Raumes stehen schon drei Stühle, ein Zeichen, dass wir erwartet werden. Rund 20 Frauen sitzen auf Bastmatten auf dem Boden. Es gibt insgesamt drei Gruppen von je 25 Personen, 75 insgesamt. Heute ist ein Mann da, aber die überwiegende Mehrzahl der Teilnehmer des Alphabetisierungskurses sind Frauen. Sie lernen einfache Dinge für das Leben – Tage der Woche, Monate des Jahres, Begrüßung, Einkauf, Arztbesuch, Leben im Haus etc. Wir sind beeindruckt, mit welcher Freude und welchem Stolz sie ihre Kenntnisse präsentieren.
Als wir über den Schulhof gehen, winken uns die Kinder freundlich zu, einige kommen auf uns zugelaufen. Heute haben sie keinen Unterricht mehr, da der letzte Schultag ist. Es sind deutlich mehr als gestern, wahrscheinlich, weil sie heute ein Tütchen mit Süßigkeiten bekommen. Ihre Uniformen haben sie schon abgegeben, daher ist der Gesamteindruck ganz anders als gestern. Unter dem größeren Baum, der schon auf dem Feld steht, das zur Schule gehört, ist eine große Gruppe um Irmã Ana Brígida zum Spielen versammelt. Die Schaukel, die am Baum hängt, ist besonders attraktiv. Als wir ein bisschen dort stehenbleiben, werden wir sofort von Kindern umringt. Ihre Scheu von gestern haben sie vollständig verloren. Jeder will gesehen, fotografiert und beachtet werden.
Die Patenfamilien sind unter dem großen Baum versammelt, der eigentlich aus drei Bäumen besteht. Von weitem hört man schon das Trommeln, das hier einfach zur Kultur gehört. Wenn man nicht wüsste, dass es Ausdruck der Lebensfreude ist, könnte es auch bedrohlich wirken. Die Familien haben schon das Schulfeld gesäubert und die trockenen Äste, die überall herumlagen, ins Schwesternhaus gebracht. Auf dem Weg zur Schule waren uns auch Frauen mit Holz begegnet, aber da hatten wir das nicht einordnen können.
Es gibt ein offizielles Programm für unser Treffen, das zunächst verlesen wird: 1. Begrüßung, 2. Bericht über die Aktivitäten, 3. Worte der Generaloberin, 4. Überreichung der Geschenke. Jeder Punkt wird feierlich eingeleitet und durchgeführt.
Ein wichtiger Bestandteil des Treffens ist die Präsentation der eigenen Kultur: Frauen tanzen traditionelle Tänze, während die Männer dazu trommeln. Eine Frau gibt mit der Pfeife den Rhythmus und auch den Schritt an. Unsere mosambikanischen Schwestern und Mädchen können nicht am Rand stehen und zusehen, wie die Frauen tanzen – es zuckt in den Gliedern, sie müssen einfach mitmachen. Es ist schön, dass sie so gut im Volk integriert sind. Ir. Leila fasst Sr. Aloisia am Arm und zieht sie mit in den Kreis, was mit großem Hallo begrüßt und beklatscht wird.
Danach bieten die Männer, unterstützt von einigen Frauen, ebenfalls Tänze dar, dieses Mal begleitet vom rhythmischen Trommeln einer großen Gruppe Frauen auf ein langes Bündel Holz. Hier wird einfach alles als Rhythmusinstrument verwendet. Die Männer haben neben zwei Trommeln aus Holz einen Blechkanister, auf den mit zwei Stöcken geschlagen wird. Gestern hatte einer eine Schaufel als Trommel. Töne kann man fast mit allen Materialien erzeugen.
Der letzte Teil des offiziellen Programms ist die Gabenprozession. Im Bericht war verlesen worden, was alles zu den Gaben gehörte: 26 Hühner, 89 Eier, ein Sack Reis, ein Sack Bohnen, ein Sack Erdnüsse, 4 Stauden Bananen, 5 Tauben, einige kg Mais und Erbsen. Das meiste davon ist schon bei uns in der Garage gelagert, jetzt werden nur stellvertretend kleinere Mengen gebracht.
Danach gibt es für alle Anwesenden Plätzchen und Saft. Beim Essen wird es still, das fällt uns wieder einmal auf. Einige Helfer gehen herum und füllen die Becher nach, es soll nichts übrig bleiben. Am Ende geht ein Mann mit einem Karton herum und sammelt die leeren Tüten ein. Das ist auch eine gute Schule, wie man mit Abfall umgehen kann, hier in Mosambik, wo viele Menschen ihren Abfall einfach auf die Erde werfen, so dass überall große Haufen Müll herumliegen. Langsam löst sich die Menge auf, die Helfer räumen die leeren Eimer und Becher weg, und im Nu ist alles ordentlich. Unsere Mädchen waschen das Geschirr am Brunnen am Haus La Salle. So gut wie das organisiert ist, machen sie das nicht zum ersten Mal. Zwei waschen mit Spülmittel vor, dann geht jedes Teil durch drei Spülgänge, bis es sauber ist.
Herr Faustino, der Vater von Ir. Tania und Mit-Koordinator der Patenfamilien, zeigt uns stolz die in der Garage gelagerten Gaben. Auch zum Hühnerstall müssen wir, denn von den 26 Hühnern wurden heute nur 5 überreicht. Am Abend erfahren wir, dass alle Hühner und auch die 5 Tauben schon das Leben gelassen haben. Das Fleisch wird eingelagert für das große Fest am 30. November, wo viele Leute eingeladen sind, wahrscheinlich aber noch mehr kommen.
Bei den Patenfamilien waren auch Angehörige unserer jungen Schwestern: neben dem Vater von Ir. Tania auch die Mutter von Ir. Esther. Die Mutter von Ir. Argentina ist in der Escolinha beschäftigt. Viele der Frauen, die heute da waren, waren auch im Alphabetisierungskurs, so dass nicht mehr übersetzt werden musste, weil sie nun schon Portugiesisch verstehen. Eine gewaltige Entwicklung hin zu mehr Selbstbewusstsein. Was die Familien auch mit Stolz erfüllt, ist, dass ihre Kinder in der Escolinha eingeschrieben sind. Das ist ein hoffnungsvoller Schritt in die Zukunft.
Am Nachmittag treffen wir uns mit dem Schwesternkonvent. Den Abend können wir nutzen, um endlich ein wenig Ordnung in unsere Aufzeichnungen zu bringen.
Wir brauchen Ihre Hilfe
Bei unserer Arbeit in Mosambik sind wir auf Spenden angewiesen. Mit 40 Euro können wir ein Kind ein Jahr lang in der Schule verpflegen. 80 Euro beträgt der Monatslsohn eines Lehrers. Und mit 60 Euro können wir eine junge Mutter und ihr Baby ein Jahr lang jeden Monat mit einer Dose Milchpulver versorgen.
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