Schwestern feiern ihr persönliches Ordensjubiläum im Bergkloster Bestwig
„Ich kann es selbst noch gar nicht fassen“, sagt Schwester Maria Felicitas Hassing. Am Samstag feierte sie im Bergkloster Bestwig ihr diamantenes Ordensjubiläum. Und mit ihr blicken in diesem Jahr 26 weitere Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel auf 25, 50, 60 und 65 Jahre Ordenszugehörigkeit zurück.
Unfassbar ist aber manchmal nicht nur die lange Zeitspanne, die die Schwestern der Gemeinschaft und ihrem Dienst treu bleiben. Unfassbar ist oft auch, wie sie dorthin gekommen sind, was sie berufen hat und was sie erlebt haben.
Im Festgottesdienst griff Pater Jonas Wiemann aus der Abtei Königsmünster das Bild vom Labyrinth auf: „Der Weg zur Mitte nimmt viele Wendungen, führt am Ende aber doch zum Ziel.“ So hätten die Jubilarinnen Höhen und Tiefen erlebt, seien aber dabei geblieben: „Im Vertrauen, dass es jemanden gibt, der mit Ihnen geht.“
Dank für kreativen Einsatz
Für diese liebende Treue, den kreativen Einsatz und das Dabeibleiben dankte auch Generaloberin Schwester Aloisia Höing bei dem anschließendem Empfang im Kapitelsaal: „Sie sind 1949, 1954, 1964 und 1989 eingetreten, stammen also sozusagen aus dem vergangenen Jahrhundert. Aber Sie sind nicht verstaubt und ermüdet. Sie haben sich höchstens ein paar Beulen geholt, um mit Papst Franziskus zu sprechen.“ Besonders freute sich die Generaloberin über die Anwesenheit von Schwestern aus Bolivien, Brasilien, Rumänien, Mosambik und den Niederlanden. Und sie erinnerte an die im Februar verstorbene, frühere Gerenaloberin Schwester Maria Angela Himmelhaus, „die ihr 65-jähriges Jubiläum nun im Himmel mitfeiert.“
Ein besonderes Geschenk überreichte Provinzassistentin Schwester Johanna Guthoff Provinzoberin Schwester Pia Elisabeth Hellrung, die zu den Diamant-Jubilarinnen gehört: „Sie haben sich ein neues Navigationsgerät gewünscht, um auf den vielen Wegen durch die Provinz immer gut anzukommen. Aber da Sie das jetzt schon haben, schenken wir Ihnen einen ‚Navi‘ durch die Bibel: Ein Bibellexikon.“
Eine Delegation des Raphaelheims in Heiligenstadt gratulierte Schwester Maria Hedwiga Heckeroth, die alle notwendigen Sprachen beherrsche. „Sie spricht klares Deutsch, wenn es erforderlich wird, Eichsfelder Platt, wenn es passt, und mit unseren Behinderten und den Mitarbeitern vor allem die Sprache des Herzens“, so Wolfgang Pingel.
Hela Kampkes schloss sich den Grußworten mit einem Glückwunsch an Schwester Maria Simone Hellbach an, die noch in Xanten tätig ist: „Ihre Schwestern haben die Schullandschaft in unserer Stadt geprägt.“ Und Beatrix Deparade gratulierte den Jubilarinnen stellvertretend für die Placidagemeinschaften in Bestwig und Heiligenstadt mit einem Spruch von Selma Lagerlöf: „Frage nicht ängstlich, was noch kommt, sondern sei gespannt, was Gott noch mit Dir vorhat.“
Über diese Berufungen, Wege und Überaschungen können die Jubilarinnen viel erzählen.
Berufung über Nacht
„Ich fand in einer schlaflosen Nacht vom 5. auf den 6. Juni 1963 die Gewissheit, dass das mein Weg ist“, datiert Schwester Maria Ignatia Langela beispielsweise ihre Berufung. Der Gedanke gehrte schon länger in ihr, aber dann war ihr der weitere Lebensweg klar: Der führte sie innerhalb der Gemeinschaft von ihrem Geburtsort in Weseke im Münsterland ins Lehramts-Studium an die Universität in Münster. „Ich sollte Mathematik und Physik studieren, weil das gerade benötigt wurde“, erzählt sie. Das war nicht unbedingt ihr Wunsch. „Aber wenn mir etwas zugemutet wurde, woran ich vorher nicht gedacht hätte, erfuhr ich immer wieder neu, wie sich etwas fügt. So hatte ich ein abenteuerliches Leben.“
Es fügte sich, dass sie als Lehrerin an das Engelsburggymnasium in Kassel kam, sehr bald schon stellvertretende Schulleiterin wurde und das Gymnasium von 1990 bis 2006 insgesamt 16 Jahre lang leitete. „Und dann erlebte ich mein zweite Berufung“, blickt sie zurück. Denn drei Jahre vor ihrer Pensionierung suchte sie eine neue Herausforderung. Die fand sie in der Leitung eines katholischen Gymnasiums in Halle an der Saale. Und heute leitet sie mit viel Einfallsreichtum Angebote für Urlauber und Gäste im Bergkloster Bestwig. Dass der weltbekannte Pantomime Milan Sladek hier vor zwei Jahren den Kreuzweg spielte, war auch so eine Idee, aus der auf einmal eine Tatsache wurde. Schwester Maria Ignatia sagt: „Wer nicht den Mut hat zu scheitern, blockiert sich selbst.“
Ohne Bassschlüssel ins Musikstudium
Alle Jubilarinnen stehen mit ihrer Lebensgeschichte für diesen Mut. Auch Goldjubilarin Schwester Maria Gregoria Kupper. Geboren in Unna, fand sie über den Besuch der früheren Haushaltungsschule in Menden Kontakt zu den Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel. Sie hatte Kinderkrankenpflege gelernt, sollte nach ihrem Eintritt aber auf einmal Kirchenmusikerin werden. „Schwester Gregoria Maria, die Musiklehrerin war, meinte, wer schon Gregoria heißt, müsse diesem Weg folgen.“
Immerhin hatte Schwester Maria Gregoria in früher Jugend eine Zeitlang Klavierunterricht gehabt – „nachdem sich meine Schwester die Hand gebrochen hatte und das Instrument nicht ungenutzt bleiben sollte. Aber als ich anfing zu studieren, kannte ich noch nicht einmal den Bassschlüssel.“
Doch sie hatte einen strengen Lehrer. Und auch das war wohl Fügung. „Denn sonst hätte ich das Examen nie geschafft“, sagt sie selbstkritisch. Das musste sie aber. Denn 1971 wurde die Klosterkirche des Bergklosters eingeweiht und von da an sollte sie dort für die Kirchenmusik zuständig sein. Und nicht nur das. Nebenher gab sie pro Woche bis zu 42 Stunden Klavier-, Flöten- und Gitarrenunterricht: „Eine Musikschule gab es damals ja noch nicht.“ Schüler wie der heutige Organist des Kölner Doms, Ulrich Brüggemann, Musiklehrer und Organist Klaus Stehling oder Kirchenmusiker Detlef Müller haben diese Gabe später zum Beruf gemacht. Klaus Stehling spielte auch an diesem Samstag im Bergkloster die Orgel.
Umkehr der Geschichte erlebt
Diamant-Jubilarin Schwester Pia Elisabeth Hellrung stammt aus dem Eichsfeld und verlebte die Zeit bis 1990 in der DDR. Dort gründete sie ein Erzieherinnenseminar für die katholischen Kindergärten. Die Keimzelle, aus der das spätere Berufskolleg der Katholischen Bergschulen St. Elisabeth entstand.
„Der Betrieb war eine Herausforderung. Wir mussten bedarfsgerecht ausbilden. Denn kirchlich geschulte Erzieherinnen erhielten keinen staatlich anerkannten Abschluss“, erinnert sie sich – und erlebte dann, wie sich die Geschichte umkehrte. Denn nach der Wende und den in Thüringen neu eingeführten Ausbildungspläne waren auf einmal nur „ihre“ Erzieherinnen anerkannt. Und das Berufskolleg durfte die Nachschulung der bis dahin an staatlichen Kindertagesstätten arbeitenden Erzieherinnen und Erziehern vornehmen.
Internationalität schafft Perspektiven
Eine Wende anderer Art erlebt derzeit Silberjubilarin Schwester Dorothea Brylak. Sie ist eine von neun Schwestern, die in den Niederlanden leben: „Diese Ära wird wohl allmählich zu Ende gehen. Aber dann ergeben sich wieder neue Perspektiven.“ In Gelsenkirchen geboren und in Gladbeck aufgewachsen, hatte sie die niederländischen Schwestern bei Besinnungstagen im Bergkloster Bestwig kennengelernt und dann die Liebe zu diesem Land entdeckt. Sie hatte ursprünglich Krankenpflege gelernt, in Utrecht aber noch ein theologisches Doktoralexamen für die Gemeindepastoral erworben. Jetzt arbeitet sie in einer Großgemeinde in Twello.
„Mein Glück war, dass mir die frühere Provinzoberin Schwester Theresia Maria Snelders schon früh Leitungsverantwortung übertragen hatte. Das hat mich gefordert“, blickt die 48-jährige zurück. Sechs Jahre lang gehörte sie dem Provinzrat der bis 2000 eigenständigen niederländischen Provinz an. Seitdem ist sie Mitglied im Rat der Europäischen Provinz. „Spannend ist, wie sich die Ordensgemeinschaft international weiterentwickelt: in Bolivien, Brasilien, Mosambik und Rumänien. Und wie sich auch der Kontakt zu der französischen Gemeinschaft der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel intensiviert. Da ist schon viel gewachsen. Aber da lässt sich auch noch viel entwickeln.“
Das Wiedersehen der vier „Ings“
Eine Zeitzeugin solcher Entwicklungen ist Schwester Maria Felicitas Hassing, die schon auf 60 Jahre Ordensleben zurückblicken kann. Sie stammt aus Vreden im Kreis Borken und wirkte nach ihrer Krankenpflegeausbildung 22 Jahre am Marienkrankenhaus, damals noch in Bad Ems. Anschließend kam sie ans Gertrudis-Hospital nach Herten-Westerholt, wo sie den Schwesternkonvent zehn Jahre lang leitete. Und nach ihrer Zusatzausbildung zur Heimleiterin führte sie acht Jahre lang das Seniorenheim Haus Maria in Geseke, das erst vor wenigen Wochen in einen Neubau umzog.
„So hatte ich immer meine Aufgaben, und die finde ich auch heute noch“, sagt die 84-jährige Jubilarin. Im Bergkloster Bestwig hilft sie mit, die kranken Schwestern zu betreuen.
Am Samstag sah sie auch Schwester Georgia Abbing, Schwester Burkhardis Buning und Schwester Luitgard Düing wieder, die wie sie aus dem Kreis Borken stammen und ebenfalls vor 60 Jahren eingetreten sind: „Früher nannte man uns aufgrund der Nachnamen nur die vier Ings.“
Und auch Schwester Maria Ignatia freute sich auf ein besonderes Wiedersehen: „Als wir 1964 in Geseke zu neunt ins Noviziat gingen, traten gleichzeitig drei Mitschwestern in Heiligenstadt ein. Die lernten wir aufgrund der deutsch-deutschen Teilung erst zum Silberjubiläum 1989 kennen. Seitdem wachsen wir zusammen.“ Zwei dieser zwölf Schwestern sind bereits verstorben. Die anderen schlossen sich heute glücklich und vereint in die Arme.
Alle Jubilarinnen im Einzelnen
65 Jahre Ordensleben:
aus Bestwig: Sr. Maria Emilie Hamelmann; aus Nassau: Sr. Maria Theresita Wolff, aus Niederorschel: Sr. Magdalena Dornhofer
60 Jahre Ordensleben:
aus Bestwig: Sr. Pia Elisabeth Hellrung, Sr. Maria Felicitas Hassing und Sr. Georgia Abbing; aus Borken: Sr. Luitgard Düing; aus Geseke: Sr. Maria Winfrid Greb; aus Heiligenstadt: Sr. Irmengard Schliesing und Sr. Maria Stephana Stolze; aus Herten-Westerholt: Sr. Barbara Weiß; aus Menden: Sr. Burkhardis Buning, aus Vleuten/Niederlande: Zr. Caecilia van de Bilt; aus Wadersloh: Sr. Vera Rodehutskors und Sr. Maria Rosaria Nagel
50 Jahre Ordensleben:
aus Bestwig: Sr. Maria Gregoria Kupper, Sr. Dorothea Maria Lütke-Vestert und Sr. Maria Ignatia Langela; aus Borken: Sr. Theodora Maria Hannen; aus Goch-Pfalzdorf: Sr. Maria Simone Hellbach; aus Heiligenstadt: Sr. Maria Bernadette Stude und Sr. Maria Hedwiga Heckeroth; aus Schineni/Rumänien: Sr. Maria vom Berge Karmel Tietmeyer und Sr. Benedikta vom Kreuz Lerch; aus Vleuten/Niederlande: Sr. Maria Lucia Dams
25 Jahre Ordensleben:
aus La Paz/Bolivien: Hna. Melby Caballero; aus Vleuten: Zr. Dorothea Brylak