Schwester Ruth Stengel legte am Samstag ihre Gelübde ab
„Ich bin angekommen“, sagt Schwester Ruth Stengel. 2010 hat sich die damals 31-Jährige von Höxter aus zu Fuß auf den Weg gemacht, um im Bergkloster Bestwig in das Ordensleben einzutreten. Dort begann sie das zweijährige Noviziat. „Diese beiden Jahre habe ich auch gebraucht, um mir sicher zu werden, dass das mein Weg ist“, sagt sie heute. Sie hat Höhen und Tiefen erlebt, die Gemeinschaft dabei aber immer als Bereicherung und Rückhalt erfahren. An diesem Samstag legte sie im Bergkloster Bestwig ihre zeitliche Profess und damit die Gelübde ab.
„Ich halte Ordensleben nicht für antiquiert, sondern für eine sehr moderne Lebensform“, sagt die studierte, fertig ausgebildete Gemeindereferentin und Theologin. Als im Pastoralverbund Ruhr Valmetal vor knapp zwei Jahren eine halbe Referenten-Stelle neu zu besetzen war, wurde sie von der Ordensleitung gefragt, ob sie dazu bereit sei. „Das war für mich optimal: So konnte ich mich auf das Ordensleben einlassen und trotzdem weiter in meinem bisherigen Beruf tätig sein. In der pastoralen Arbeit möchte ich mich auch weiterhin engagieren“, sagt Schwester Ruth.
So waren neben zahlreichen Familienangehörigen und den Ordensschwestern auch viele Mitglieder aus den Gemeinden, in denen Schwester Ruth bereits tätig war und tätig ist, bei der Profess mit dabei. Ihr Heimatpfarrer aus der Gemeinde St. Ida Herzfeld und Lippborg, Gereon Beese, zelebrierte den Gottesdienst mit.
„Welcher Weg entspricht mir?“
Hauptzelebrant war Pater Jonas Wiemann aus der Benediktinerabtei Königsmünster. Er erklärte in seiner Predigt: „Jeder muss seinen Weg im Leben finden. Die Frage lautet nicht, was besser ist, sondern: Was entspricht mir? Sie, Schwester Ruth, haben Ihren Weg gefunden und entscheiden sich mit dem heutigen Tag, das Leben ganz in den Dienst Ihrer Taufe zu stellen.“ Das Kreuz, die Professkerze, der Ring und das Ordenskleid als äußere Zeichen der Gelübde erinnerten an dieses Sakrament: „Das sind ähnliche Symbole. Heute sagen Sie Ja zu Jesus Christus. Und er sagt Ja zu Ihnen. Das ist das Fundament in Ihrem Leben.“
Ihre Zukunft als Ordensfrau, aber auch die Zukunft der ganzen Gemeinschaft möchte Schwester Ruth gern mitgestalten. Von den alten Schwestern weiß sie, dass sie im Noviziat in der Regel nicht gefragt worden sind, welche Aufgabe sie übernehmen wollen – „das waren damals aber auch 30 oder 40 Schwestern. Heute sind wir wenige. Und die Zeit ist eine andere.“ Das Leben der Gemeinschaft hat sich mit der Zeit weiterentwickelt. Die Schwestern werden soweit es geht ihren Begabungen und Wünschen entsprechend eingesetzt. Über ihren Einsatz entscheidet jede selbst mit.
„Die Gemeinschaft trägt mich“
„Der Alltag mit dem Rhythmus der Gebetszeiten und das Zusammensein in der Gemeinschaft tragen mich. Dieser Rahmen gibt mir Raum, meiner Spiritualität nachzuspüren. Und darüber hinaus ergeben sich für mich innerhalb der Gemeinschaft Möglichkeiten, die ich vielleicht sonst nicht hätte“, sagt Schwester Ruth. Deshalb fühlt sie sich als Ordensschwester, die Gehorsam und Keuschheit gelobt, nicht eingeengt, sondern frei.
Gern möchte sie nach ihrem Noviziat neben der Tätigkeit als Gemeindereferentin das theologische Studium noch einmal vertiefen. Eine Chance, die ihr offensteht. „Dann werde ich sehen, wohin der Weg mich führt.“
Die Entwicklungsmöglichkeiten der Gemeinschaft sieht sie positiv: „Denn weiterhin kommen ja neue Schwestern hinzu. Deshalb verjüngt sie sich. Und da sehe ich die Chance, mich mit einbringen zu können.“ Eine Perspektive, die für eine Novizin aus den 50er oder 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht selbstverständlich war.
Am Sonntag erneuerte Schwester Miriam Annette Görner ihre zeitliche Profess. In wenigen Monaten folgt Schwester Hanna Merget. Und Schwester Julia Maria Handke und Schwester Maria Sophie Henkel begannen vor zwei Wochen ihr Noviziat.
Tradition und Internationalität
Gerade die letzten Wochen hatten Schwester Ruth noch einmal gezeigt, was das Leben in der Gemeinschaft bedeutet. „Da hatten wir neben dem schönen Erlebnis der beiden Einkleidungen auch mehrere plötzliche Todesfälle zu verkraften. Aber zusammen haben wir das bewältigen können. Und gleichzeitig haben wir das 150-jährige Bestehen der Schwestern in Deutschland gefeiert. Das hat deutlich gemacht, wie international und vielfältig wir aufgestellt sind.“
Auch die Pilgerfahrt in die Normandie, in der sie sich auf die Spuren der Ordensgründerin begab, hat sie in ihrer Entscheidung bestätigt: „Für mich ist das die Form, Leben in Fülle zu leben und Glauben weiterzugeben.“ Übrigens eine Form, die bei anderen Neugierde weckt. Schwester Ruth sagt: „Ich staune selbst, wie oft sich Leute für mein Ordensleben interessieren.“
Mit dem Ablegen der Gelübde in Anwesenheit der Generaloberin Schwester Aloisia Höing und Provinzoberin Schwester Pia Elisabeth Hellrung hat sie sich endgültig für diesen Weg entschieden. Der schwarze Ordensschleier, der Ring und das Kreuz der Gemeinschaft machen das nach außen erkennbar.