Mit dem ganzen Dorf feiern die Schwestern ihr zehnjähriges Wirken in Rumänien
„Das ganze Dorf atmet durch die Lungen der Schwestern“, sagte Pfarrer Lucian Dîncă im Rahmen des Festgottesdienstes zum zehnjährigen Bestehen des Schwesternkonventes am 8. September in Schineni/Rumänien. Auch Schwester Adelgundis Pastusiak, die das Projekt als Generalassistentin koordiniert, freut sich darüber, wie sich die Präsenz der Schwestern in dem 2500-Seelen Ort entwickelt hat und wie sie auf die ganze Bevölkerung abfärbt.
Letzteres tut sie im wahrsten Sinne des Wortes: Denn seitdem das Kinderheim in Schineni gelb und das Haus der Zukunft lachsfarben gestrichen wurde, werden auch die anderen Häuser des Ortes immer bunter. Viele sind nach den letzten Überschwemmungen mit Hilfe und finanzieller Unterstützung aus Deutschland neu gebaut worden. „Die gegenseitige Unterstützung fördert auch den Zusammenhalt. Dass Kinder eine alte Frau besuchen und ihr zum Geburtstag einen Kuchen überreichen, war vor ein paar Jahren kaum vorstellbar. Heute gehören diese Erlebnisse zum Alltag“, blickt Schwester Adelgundis zurück.
Gemeinsam mit Generaloberin Schwester Aloisia Höing war sie im September nach Rumänien gereist, um an der Feier teilzunehmen. „Zu dem Fest kam ein Großteil der Dorfbevölkerung. Ich fand es beeindruckend mitzuerleben, welche große Solidarität es mit den Schwestern und ihrer Arbeit gibt“, fasst Schwester Aloisia zusammen.
Gottesdienst in der Pfarrkirche
Viele Kinder und Jugendliche, Nachbarn, Mitarbeiter und Schwestern versammelten sich am Samstag in der Pfarrkirche zum Gottesdienst. Den feierten neben dem Ordensbeauftragten der Diözese, Msgr. Fecket, dem Dekan aus Bacau und dem Ortspfarrer Valentin Bulai auch Pfarrer Lucian Dîncă, der aus Schineni stammt, Pfarrer Josif Doboş aus Radauţi sowie zwei weitere Geistliche mit. Nach dem feierlichen Gottesdienst, der von Kindern und Jugendlichen mit Gesang und Musik – unter Leitung von Sr. Ignatia Nagel – gestaltet wurde, dankte Monsignore Fecket im Namen des Bischofs Sr. Aloisia für den Mut, den Anfang in Schineni gewagt zu haben und den Schwestern dort für ihr Dasein. Und er drückte den Wunsch aus, dass die Arbeit der Schwestern weiter fortgesetzt werden könne.
Schwester Aloisia schlug in ihrem Grußwort die Brücke vom 10-jährigen Jubiläum in Schineni zum Jubiläum 150 Jahre Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel in Deutschland, das unter dem Motto steht: „Brücken bauen – im Vertrauen“. Dabei erklärte sie: „Der Brückenschlag von Deutschland nach Rumänien und von unseren Schwestern zu den Menschen hier im Ort ist mit großem gegenseitigem Vertrauen gelungen. Darum gilt unser Dank zunächst Gott, der uns durch verschiedene Umstände nach Schineni geführt hat. Er hat uns als Gemeinschaft die Kraft, den Mut und das Vertrauen geschenkt, den ersten Brückenpfeiler zu bauen und darauf fest zu vertrauen, dass auch die Gemeinde hier in Schineni einen Brückenpfeiler bauen, so dass eine Brücke entstehen konnte.“
„Faszinierend, wie religiös die Jugendlichen sind“
Anschließend hatten die Schwestern eine Präsentation vorbereitet über die Arbeit in den vergangenen zehn Jahren, die von der ganzen Gemeinde und allen anwesenden Gästen mit großem Interesse aufgenommen wurde. Auch die Jugendliche bedankten sich bei der Ordensgemeinschaft und spielten zum Abschluss des Festes, nach der Vesper, Szenen aus dem Leben der heiligen Maria Magdalena Postel nach der Biografie von Abbé François Augustin Delamare vor. „Das Buch kennen dort alle. Überhaupt ist es faszinierend zu erleben, wie religiös die Jugendlichen dort sind. Sie treffen sich in Schineni bei den Schwestern auch zum Schriftgespräch oder zu Filmabenden mit religiösen Themen“, sagt Schwester Adelgundis.
Den Schwestern würde große Wertschätzung entgegengebracht. „Vor allem Schwester Carmen Tereza Rusu, die bislang einzige rumänische Ordensfrau in dem fünfköpfigen Schwesternkonvent, genießt hohes Ansehen“, weiß die Generalassistentin. Sie hat das Projekt fast von Anfang an mit begleitet. Schwester Theodora Maria Hannen, die als erste Schwester in Rumänien tätig war, lebt mittlerweile wieder in Deutschland. Zurzeit gehören dem Konvent Schwester Benedikta v. Kreuz Lerch, Schwester Ignatia Nagel, Schwester M. Goretti Grigoriu, Schwester Maria v. Berge Karmel Tietmeyer und Schwester Carmen Tereza Rusu an.
Als am Festtag nachmittags Kuchen und Saft verteilt wurden, begann von den 130 Kindern und zahlreichen Jugendlichen niemand zu essen und zu trinken, bevor das Tischgebet gesprochen wurde. „Das hat mich sehr erstaunt“, so Schwester Aloisia. Dass die Jugendlichen auch feiern können, bewiesen sie anschließend: „Noch bis tief in die Nacht hinein haben sie getanzt und gelacht.“
Mit einem Heim für 16 Straßenkinder begonnen
Vor zehn Jahren eröffneten die ersten Schwestern in Schineni ein Kinderheim für 16 Straßenkinder, die kein zu Hause mehr haben. „Das Problem der Straßenkinder besteht heute nicht mehr in dieser Form. Dafür gibt es immer mehr zerrüttete Familien. In Deutschland ist die Entwicklung ähnlich. In Rumänien kommt aber die große Armut dazu, in der es oft am Nötigsten fehlt“, weiß Schwester Adelgundis. Nicht wenige Eltern flüchteten sich in den Alkohol, was die Probleme verschärfe. Insofern hätte das Kinderheim trotz der veränderten Situation eine große Berechtigung.
Zudem bieten die Schwestern in Schineni Hausaufgabenhilfe, Katechese, Bibelabende und Freizeitangebote an. Für die Volljährigen, die dem Kinderheim entwachsen, aber noch nicht auf eigenen Beinen stehen, gibt es das 2011 eröffnete Haus der Zukunft. Und im Nachbarort Siretu betreiben die Schwestern seit 2006 ein Soziales Zentrum mit einem Ambulanten Dienst, der besonders alte, alleinstehende Menschen im weiteren Umkreis medizinisch versorgt. Ergänzend gibt es dort auch eine physiotherapeutische Praxis, die Familien wichtige Behandlungen ermöglicht und bezahlbar macht. Und auch aus Siretu und Serbeşti kommen die Kinder nachmittags zur Hausaufgabenhilfe und zum Freizeitangebot, etwa 25 von ihnen auch regelmäßig zum Mittagessen.
„Und insgesamt haben wir in beiden Orten über 100 Familien, die von Paten aus Deutschland finanziell unterstützt werden, um schwierige Situationen zu bewältigen“, fügt Schwester Adelgundis hinzu. „Auch das strahlt natürlich aus.“ Das bunte Fest und die bunten Häuser stünden also symbolisch für das bunter gewordene Leben: „Aus Schineni Siretu und Serbeşti sind unsere Schwestern nicht mehr wegzudenken.“
Hier einige Impressionen der Feier: