„Handelt nicht aus Furcht, sondern tut alles aus Liebe.“ Maria Magdalena Postel
Wenn das Verhalten eines Menschen nicht verständlich erscheint, forscht man nach den Beweggründen, um vielleicht doch begreifen zu können, wie etwas geschehen konnte.
Oft ist es uns gar nicht bewusst, warum wir etwas tun oder nicht tun, warum wir so und nicht anders handeln.Wir handeln ganz einfach so und fragen selbst nicht nach der Motivation.
Stellt jemand unser Reden und Handeln in Frage, werden wir angeregt, darüber nachzudenken, warum wir in einer bestimmten Situation gerade so entschieden oder gehandelt haben. Dann fragen wir selbst nach Gründen für unser Verhalten.
Möglicherweise betrifft uns das Wort Maria Magdalenas nicht persönlich. Wir handeln nicht aus Angst vor etwas oder jemandem. Ob allerdings unsere innerste Triebfeder die Liebe ist, wollen wir damit nicht gleich sagen.
Maria Magdalena weiß, worum es geht bei dem Gegensatzpaar Furcht und Liebe. Wer aus Furcht handelt, ist nicht frei in seinem Tun und Lassen. Er schaut nach möglichen Reaktionen seiner Umwelt und richtet sich danach aus. Die Liebe dagegen handelt aus freiem innerem Entschluss, achtet nicht darauf, ob es Lob oder Anerkennung für mein Tun gibt.
Die Furcht denkt und handelt vom Ich her. Die Liebe denkt und handelt vom Du her.
Auch die beste Absicht kann verkehrt werden, wenn Furcht mich bestimmt. Da will ich z.B. einem Menschen helfen, tue es aber nicht, weil ich die negativen Reaktionen meiner Freunde fürchte, die diesen Menschen nicht mögen. Da will ich aus meinem Glauben heraus klar Stellung beziehen zu wichtigen Fragen, tue es aber nicht, weil ich den Spott der anderen fürchte…
Maria Magdalena stützt sich bei ihrer Aussage auf ein Wort aus dem 1. Johannesbrief: „Furcht gibt es in der Liebe nicht, sondern die vollkommene Liebe vertreibt die Furcht. Denn die Furcht rechnet mit Strafe, und wer sich fürchtet, dessen Liebe ist nicht vollendet.“ (1 Joh 4,18)
Natürlich ist das auch Erziehungssache, ob ich furchtlos oder eher ängstlich lebe. Aber Maria Magdalena möchte uns ermutigen, die Liebe zu unserer tiefsten Motivation zu machen. Dahinter steht für sie das gläubige Wissen, dass wir uns nicht fürchten müssen, weil Gott uns liebt und hält.
Dabei ist Maria Magdalena nicht so naiv zu glauben, dass Liebe immer leicht sei. Liebe kostet unseren mutigen Einsatz. Und nicht immer stößt Liebe auf Gegenliebe. Was ich aber in ehrlicher Motivation aus Liebe tue, dafür brauche ich mich nicht zu rechtfertigen.
Der Kirchenvater Augustinus hat es einmal auf den Punkt gebracht, wenn er sagt: „Liebe, und dann tu, was du willst.“ Dass ein solches Wort missbräuchlich verwendet werden kann, ist leicht zu sehen. Aber die Betonung liegt für Augustinus auf dem ersten Wort: „Liebe!“ Wer wirklich liebt, tut nichts Böses, vereinnahmt den anderen nicht für sich und manipuliert ihn nicht.
Nur die Liebe befreit uns aus falscher Rücksichtnahme und befähigt uns zu echter Begegnung.
Liebe kennt keine Furcht, wohl aber Ehrfurcht. Vielleicht dürfen wir Ehrfurcht für uns so buchstabieren: Ehrfurcht ist die Furcht, die Ehre des anderen zu verletzen. Ein solche „Furcht“ ist durchaus angebracht. Sie ist selbst eine Ausdrucksform der Liebe.
Worte für Heute, Teil 2/10
Auf der Höhe der Zeit sein, das ist heute eine wichtige Maxime. Man muss die neuesten Trends kennen, gut informiert sein in vielerlei Hinsicht, um mitreden zu können. Da ist es verständlich, wenn Worte aus vergangenen Zeiten schnell als veraltet abgetan werden.
Schaut man jedoch genauer hin, so entdeckt man die bleibende Bedeutung, ja ein Stück Weisheit in Aussagen aus früheren Zeiten. Jede Zeit prägt die Ansichten, Lebensperspektiven und Grundsätze ihrer Generation.
Aber in allem Wandel gibt es Bleibendes.
Das 200jährige Bestehen der Gemeinschaft der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel (1807 – 2007) war für Schwester Maria Andrea Stratmann Anlass, Worte und Gedanken, die uns von der hl. Maria Magdalena Postel erhalten sind, neu zu bedenken. Sie sind vielfach eine Aktualisierung biblischer Aussagen für ihre Zeit. Uns kann das ermutigen, Gottes Wort für unsere Zeit neu zu entdecken und umzusetzen. Maria Magdalenas Überlegungen können uns dabei Hilfe sein.