Die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel unterstützen seit 1948 die sozialen und pastoralen Aufbrüche in der brasilianischen Stadt Leme, etwa 170 Kilometer von São Paulo entfernt. Bei Gründung der ersten Niederlassung der Schwestern hatte Leme ca. 30.000 Einwohner und das Schwesternhaus stand am Rande der Stadt. Durch Zuwanderungen aus dem Norden Brasiliens leben heute rund 100.000 Menschen dort.
Brasilien ist ein Land mit extrem ungerechten Einkommens- und Besitzverhältnissen. Auf die 10 % der Bevölkerung mit dem höchsten Einkommen entfällt die Hälfte des Volkseinkommens. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung dagegen muss gerade einmal 10 % des Volkseinkommens unter sich aufteilen. Zwei von drei Menschen verdienen nur einen Monatslohn von 460 Euro. Ein Viertel der arbeitenden Bevölkerung muss mit der Hälfte davon auskommen. Die Not wird in Großstädten wie Leme, wo wir seit über 70 Jahren arbeiten, ganz besonders deutlich. Immer mehr Armenviertel entstehen am Stadtrand.
Das Provinzhaus liegt nicht mehr am Stadtrand, sondern zusammen mit dem Erziehungszentrum Sagrada Familia im Stadtkern. Doch das Herz der Schwestern schlägt weiterhin für die Menschen der Randbezirke von Leme.
Die soziale Situation
Die Stadtrandviertel tragen das Gesicht der Armut. Viele Familien leben in einfachen Häuschen, oft in einem Wohnraum mit zahlreichen Kindern unter denkbar schlechten hygienischen Verhältnissen. Die meisten Menschen halten sich und ihre Familien als Tagelöhner auf den Apfelsinen- oder Zuckerrohrplantagen über Wasser.
Da es Arbeit auf den Plantagen für die meisten nur in der Erntezeit gibt, sind viele Familien monatelang ohne festes Einkommen. Es fehlt an ausreichendem Wohnraum, Geld für Miete, Wasser, Strom, Lebensmittel, Kleidung, Medikamente und vielem mehr. Städtische Hilfen sowie soziale Unterstützungssysteme sind völlig unzureichend und überfordert. Der Anteil der hilfsbedürftigen Menschen steigt rasant. Und damit wachsen auch armutsbedingte Folgeprobleme wie Alkoholismus, Drogenkonsum und Gewalt auf den Straßen. Durch die soziale Not sind viele Familien völlig zerrüttet: alleinerziehende Mütter kämpfen um das Überleben, zahlreiche Kinder und Jugendliche sind von ihren Eltern völlig eingelassen.
Unser Projektansatz
Um dieser Not zu begegnen, begleiten wir die Menschen schon seit vielen Jahren. So wurde vor über 50 Jahren eine Kindertagesstätte aufgebaut, die mittlerweile zu einem Erziehungszentrum ausgebaut wurde und rund 200 Kindern Platz bietet.
Zentraler Ansatz unserer Hilfe ist an zwei Tagen wöchentlich die offene soziale Sprechstunde in einem Büro im Schwesternhaus sowie die aufsuchende Sozialarbeit durch Schwester Maria Ludwigis und Sabine Stephan, einer deutschen Streetworkerin, die seit Anfang 2016 in Leme ist. Die Arbeit wird unterstützt durch deutsche Freiwillige als sogenannte Missionare auf Zeit (MaZ) sowie weiteren Ehrenamtlichen aus Leme.
Ziele unserer offenen und aufsuchenden Sozialarbeit:
- Sicherung einer unbürokratischen Soforthilfe in akuten Krisensituationen (z.B. akuter Hunger, dringend notwendige Medikamente oder Kindernahrung),
- Begleitung von Familien und Alleinerziehenden in Notlagen durch regelmäßige Hausbesuche und Unterstützung bei Behördengängen,
- Ausbau der Kinder- und Jugendarbeit am Stadtrand und in den Elendsvierteln als Beitrag zur Gewaltprävention,
- Begleitung und Unterstützung bei der Sanierung von bestehendem Wohnraum oder Bau eines neuen kleinen Hauses zur Verbesserung der Hygiene und Lebensbedingungen,
- Sicherung familiärer Strukturen durch Familienpatenschaften und Elternarbeit,
- Stärkung des Selbstbewusstsein der Menschen und deren Vertrauen in die eigenen Kräfte und Begabungen, dass sie ihre Realität selbst verändern können.
Ein offenes Ohr
Zweimal wöchentlichen besuchen bis zu 80 Menschen das Sozialbüro im Schwesternhaus. Gegen sieben Uhr morgens sitzen die ersten vor der Tür auf der Straße, teils gekommen mit dem Fahrrad, andere haben schon einen Fußweg von einer Stunde hinter sich.
Die Menschen bitten um das Lebensnotwendigste wie Essen, Kleidung, dringend erforderliche Medikamente oder finanzielle Unterstützung für Strom und Wasser. Unsere Schwestern können dank der Spenden aus Deutschland mit kleinen Geldbeträgen oder Sachgütern (z.B. einem Lebensmittelkorb) ein wenig helfen, die akute Not zu lindern. Neben der konkreten Hilfe finden die Menschen hier aber auch ein offenes Ohr und jemanden, der Anteil an ihrem Schicksal nimmt.
Unterwegs zu den Menschen
Persönliche Besuche in den spärlichen Behausungen und somit Begleitung der Familien in den Favelas gehören ebenfalls zu unserem Projekt. Die bittere Armut ist sofort spürbar. Es ist nichts zum Essen im Haus. Es gibt kaum Mobiliar. Die Wohnverhältnisse sind sehr schlecht. Strom und Wasser sind teilweise gekappt, da die Rechnungen nicht beglichen werden können. Oft haben die Väter die Familien ohne Unterstützung im Stich gelassen. Sabine Stephan versucht, mit den Beteiligten erste kleine Schritte zur Veränderung der Lebenssituation zu entwickeln und sie auf diesem Weg zu begleiten.
Häuser statt Hütten
Wir leiten sozial benachteiligte, arme Familien dazu an, kleine neue Häuser zu bauen oder bestehende zu sanieren. Die entsprechenden Baumaterialien werden durch Spenden aus Deutschland finanziert. Ein von unseren Schwestern angestellter Maurer erklärt den Männer und Frauen den Bau eines Hauses und hilft ganz praktisch. Ist ein Haus fertiggestellt, helfen die Bewohner anderen Familien beim Bau ihres Hauses.
Kinder- und Jugendarbeit
„Conhecer e Viver“ (Kennen und Leben) beschreibt die Kinder- und Jugendarbeit am Stadtrand von Leme. Dafür richten wir direkt in den Armenvierteln Begegnungsräume ein. Neben Angeboten zur Gewaltprävention wie „Capoeira-Kurse“ gehören Hausaufgabenhilfe und verschiedene Freizeitangebote zur Jugendarbeit. Auch einfache handwerkliche Fertigkeiten wie Kochen und Nähen oder Kenntnisse zur Bedienung eines Computers oder eines Musikinstrumentes werden vermittelt. Ältere Jugendliche werden als ehrenamtliche Helfer gewonnen, geschult und eingesetzt.
Eine Suppenküche zur Versorgung besonders hungriger Familien ist im Aufbau.
Centro Educacional Sagrada Familia
Im Zentrum – direkt neben dem Provinzhaus – betreibt unser Orden das Erziehungszentrum Sagrada Familia. Von 6 Uhr morgens bis 18 Uhr abends werden hier bis zu 200 Kinder im Alter von null bis sechs Jahren betreut, deren Eltern in dieser Zeit zumeist als Tagelöhner auf den Plantagen arbeiten. Im vergangenen Jahr waren 23 Mitarbeiterinnen im Erziehungszentrum tätig. Der staatliche Zuschuss deckt die Kosten für Löhne, Unterhalt, Essen und notwendige Renovierungen allerdings nicht ab. Daher sind wir auf Spenden dringend angewiesen.
Wir brauchen Ihre Hilfe
Für die Kinderpastoral und Sozialberatung durch Schwester Maria Ludwigis benötigen wir ca.1.700 Euro im Monat.
Wir müssen jeden Monat rund 11.000 Euro für den Betrieb des Centro Educacional Sagrada Familia aufbringen. Gerade die Übernahme einer Projektpatenschaft mit einem monatlich frei wählbaren Betrag würde uns dabei sehr helfen.
Ihre Ansprechpartner im Missionsbüro sind:
Sr. Adelgundis Pastusiak (Bergkloster Heiligenstadt): 03606 673-134
Sr. Klara Maria Breuer (Bergkloster Bestwig): 02904 808-103