
Impuls zu Pfingsten
„Aus den Augen, aus dem Sinn.“ Was so leicht über die Lippen zu gehen scheint, birgt vielfache menschliche Erfahrung in sich. Wie schnell gerät in Vergessenheit, was aus unserem Blickfeld gerät. Menschen oder Dinge verlieren an Bedeutung, wenn sie uns nicht mehr im nahen Umfeld begegnen. Es braucht eine vertraut gewordene Beziehung, um auch dann miteinander verbunden zu bleiben, wenn die räumliche Entfernung durch äußere Umstände groß geworden ist.
Die modernen Medien ermöglichen zwar das Fortbestehen von Kontakten, ungeachtet der äußeren Distanz. Dennoch hat die Möglichkeit, einander „in echt“ zu begegnen, ihre eigene Qualität.
„Aus den Augen, aus dem Sinn“: Wie sehr hätte dies beim Abschied Jesu von seinen Jüngerinnen und Jüngern gelten können. Sein Aufbruch ging doch so viel weiter, als ins nächste Land oder auf einen anderen Kontinent. „Jetzt aber gehe ich zu dem, der mich gesandt hat“ (Johannes 16,5), bekundet Jesus den Seinen. An Christi Himmelfahrt erinnern wir dieses in seinen Abschiedsworten angekündigte Heimkehren zu seinem Vater. Jesus verspricht jedoch, dass er die Seinen nicht alleine und verlassen zurücklassen wird. Ihm ist nicht egal, wie es denen, mit denen er sein irdisches Leben geteilt hat, ergehen wird. „Wenn ich beim Vater bin, will ich euch jemanden senden, der euch zur Seite stehen wird, den Geist der Wahrheit“ (Johannes 15,26): Das sagt er ihnen – und auch uns heute – auf den Kopf zu.
Jesus gestaltet seinen Abschied bewusst. Er weiß um die Wehmut und Trauer, die Abschied mit sich bringt, da, wo wir einander vertraut geworden sind. Seine Freundinnen und Freunde werden für ihn nicht „aus den Augen, aus dem Sinn“ sein. Er bittet seinen Vater um einen anderen Helfer, der an seiner Stelle bei den Seinen bleibt. Dieser heilige Geist ist Person. Er ist Beistand, Tröster, Ratgeber, Garant für Wahrheit, göttliche Liebe und Nähe. An Pfingsten dürfen wir diese uns zugesagte Beziehung feiern. Und wo sie uns fremd ist, können wir, wie Unzählige vor, mit und nach uns, bitten: „Komm, Heiliger Geist“.
„Nein, ich lasse euch nicht allein zurück. Ich komme wieder zu euch.“ Überdeutlich zeigen diese Worte Jesu (siehe Johannes 14,18), dass er die Seinen nicht satthat. „Aus den Augen, aus dem Sinn“ gilt nicht für ihn. Mit seinen Zusagen können wir unsere irdischen Wege begeistert weitergehen, mit den Füßen auf dem Boden und den Himmel schon in uns.
Ein geisterfülltes, frohes Pfingstfest wünsche ich uns Allen!
Schwester Klara Maria Breuer smmp