Nach 102 Jahren schließt der Konvent in Menden – doch die drei Schulen wollen sein Erbe erhalten
Nach 102 Jahren verabschiedet sich der Ordenskonvent der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel in diesen Tagen aus Menden. „Damit geht eine Ära zu Ende“, sagten wortgleich Schulleiter Dr. Ansgar Bornhoff vom Walburgisgymnasium und Schulleiterin Gaby Petry vom benachbarten Placida-Viel-Berufskolleg. Beide Schulen sind ebenso wie die 2013 gegründete Walburgisrealschule Ordensschulen. Und das sollen sie auch bleiben. Daher sind sich die Schulleitungen im Abschluss ihrer Dankesworte ebenso einig: „Unsere Herausforderung ist es nun, diese Einrichtungen in Ihrem Geist weiterzuführen.“
Generaloberin Schwester Maria Thoma, selbst bis 2015 Schulleiterin des Walburgisgymnasiums, freut sich über diese Zusage ebenso wie Provinzoberin Schwester Johanna Guthoff. Die Generaloberin betonte in dem Gottesdienst, den die Schülervertretung des Walburgisgymnasiums und der Walburgisrealschule vorbereitet hatten: „Darauf bauen wir. Die Schwestern werden gehen. Aber das Portrait unserer Ordensgründerin bleibt im Foyer der Schule hängen. Mir hat auch noch niemand gesagt, dass wir das mitnehmen sollen.“ In diesem Zusammenhang bekräftigte sie, dass die Ordensgemeinschaft weiterhin Alleingesellschafterin der drei Schulen in Menden bleibe. Sie führten den Auftrag fort, den die Ordensgründerin Maria Magdalena Postel ihrer Gemeinschaft auf den Weg gegeben habe: Die Jugend zu bilden.
Jüngere Schwestern sind keine Lehrerinnen mehr
Schwester Raphaela Maria Plümper und Schwester Heriburg Surholt sind die letzten beiden verbliebenen Ordensfrauen in dem Schulkonvent. Bis Ende Mai werden sie ihre Zimmer nun räumen und ins Bergkloster Bestwig ziehen. Bis 2020 gehörte auch noch Schwester Burkhardis Buning zu ihrem Konvent. Sie war als Pfortenschwester viele Jahrzehnte lang ein prägendes Gesicht der Walburgisschulen. Sie kam schon 2020 aus gesundheitlichen Gründen ins Bergkloster Bestwig und verstarb dort erst vor wenigen Wochen.
Mit Schwester Laetitia Müller wird weiterhin eine Schwester an der Walburgisrealschule unterrichten. Sie gibt das Fach Textiles Gestalten. Da sie jedoch auch Lehrerin am Berufskolleg Bergkloster Bestwig ist und weitere Aufgaben im Bergkloster übernimmt, lebt sie in Bestwig.
Zwar gibt es noch jüngere Schwestern in der Gemeinschaft und gelegentlich sogar Ordenseintritte, jedoch übernehmen diese Ordensfrauen heute meist Aufgaben in der Pastoral, Seelsorge und Sozialarbeit. Provinzoberin Schwester Johanna Guthoff erklärt: „Wenn heute Frauen den Weg zu uns finden, sind sie nicht mehr Lehrerinnen oder Krankenschwestern wie früher. Das müssen wir akzeptieren.“ Als Seelsorgerinnen oder Sozialarbeiterinnen seien sie aber genauso in der Nachfolge der Ordensgründerin unterwegs und könnten vielleicht noch flexibler auf die Nöte der Zeit reagieren.
Viele kleine Abschiede
„Natürlich haben wir gesehen, dass die Schwestern hier in Menden älter wurden. Aber sie gehörten immer dazu. Die Schließung des Konventes hatten wir uns nie wirklich vorstellen können“, gibt Gaby Petry zu. Und Dr. Ansgar Bornhoff bedauert, dass es nicht die große, gemeinsame Abschiedsfeier geben kann, die die letzten beiden Schwestern des Schulkonventes verdient hätten: „Stattdessen folgen nun viele kleine Abschiede. Die aber sind mehr als nur ein Ersatz. Denn vielleicht geben sie der Begegnung und dem persönlichen Austausch umso mehr Raum.“
Mit einem schelmischen Lächeln sagt Schwester Heriburg, die schon vor 54 Jahren als gelernte Wirtschafterin nach Menden kam: „Wir merken in diesen Tagen auf jeden Fall, dass uns viele Mendener vermissen werden.“ Aber das gilt umgekehrt genauso. Schwester Raphaela Maria, die die Walburgisschule selbst als junges Mädchen besuchte und hier seit 1986 als Lehrerin wirkte, gibt zu: „Diese Stadt und diese Schule werden uns in Zukunft fehlen.“
Bereits in der Vergangenen Woche verabschiedeten sich Lehrerkollegium, Schülerschaft, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Walburgisgymnasiums und der Walburgisrealschule von den Schwestern. Am Dienstag fanden dann noch einmal Begegnungen am Placida Viel-Berufskolleg statt. Und am kommenden Wochenende folgt der Abschied aus der St. Vinzenz-Pfarrgemeinde, in der die Schwestern ebenfalls seit über 100 Jahren mitgewirkt haben.
Von der Pfarrgemeinde war 1918 auch die Initiative zur Gründung einer höheren, katholischen Mädchenschule ausgegangen. Der damalige Dechant Joseph Boeddicker hatte auch den Kontakt zu den „Heiligenstädter Schulschwestern“ hergestellt, diese Schule aufzubauen und zu führen. So kam es 1919 zur Gründung des Schwesternkonventes und des Lyceums.
Gründerinnen kennengelernt
Als Schwester Raphaela Maria in den 1950er-Jahren an die Walburgisschule ging, lernte sie sogar einige der Schwestern kennen, die dort seit 1919 tätig waren. Dazu gehörte Schwester Maria Regina Steinmetz, die sie als Schülerin bei der Milch- und Kakaoverteilung unterstützte. „Als ich 1986 wieder hierher zog, lebte sie immer noch hier“, erzählt die heute 82-Jährige. Schwester Raphaela Maria unterrichtete nach ihrem Ordenseintritt und Studium zunächst 22 Jahre lang am Engelsburg-Gymnasium in Kassel. Erst dann kehrte sie in ihre Heimatstadt zurück. Am Walburgisgymnasium gab sie vor allem die Fächer Mathematik und Biologie.
Schwester Heriburg Surholt kam 1967 nach Menden. „Damals lebten hier über 30 Schwestern“, erzählt sie. Teilweise hätten sie sich zu zweit ein Schlafzimmer geteilt. Und eine Häfte des heutigen Rektorenzimmers sei das Studierzimmer gewesen, in denen die „Lehrschwestern“ ihren Unterricht vorbereiteten.
Schwester Heriburgs Aufgabe bestand darin, den Haushalt für den Konvent zu führen und für die Schülerinnen in dem Internat zu kochen. Jeweils drei Mädchen hatten ein gemeinsames Schlafzimmer in den sogenannten 400er und 500er Fluren. „Damals gingen hier viele Töchter von Familien aus dem Ruhrgebiet zur Schule, die ausgebombt waren und sich erst mühselig wieder eine Existenz aufbauen mussten“, weiß Schwester Raphaela Maria. Schwester Heriburg fühlte sich deshalb am richtigen Platz. „Zwar war ich keine Lehrerin, doch wollte ich immer mit jungen Menschen zu tun haben. Dazu ergab sich hier die Gelegenheit.“
Kochkurse am Walburgisstift
Bereits 1968 begann Schwester Heriburg im Walburgisstift, das der Pfarrgemeinde gehörte, Kochkurse zu geben. „Das habe ich über Jahrzehnte gemacht. Später lehrte ich dann auch den Kindern meiner ersten Schülerinnen und später sogar den Enkeln das Kochen“, lacht sie. Die Abschlussabende dieser Kurse sind ihr noch ganz besonders in Erinnerung.
Schwester Maria Thoma, die auch noch bis 2015 in dem Schulkonvent lebte und die beiden letzten Schwestern in ihrer Umzugsphase begleitet, hat Hochachtung vor der Lebensleistung von Schwester Raphaela Maria und Schwester Heriburg: „Ihr habt diese Schulen über die Hälfte ihres Bestehens hinweg mit geprägt.“
Schwester Raphaela Maria hat als Schülerin und Lehrerin fünf unterschiedliche Schulleiterinnen und Schulleiter erlebt. Schwester Heriburg war dabei, als die Schule 1975 koedukativ wurde und nun auch Jungen an das Gymnasium kamen. Bis dahin zählte das Lyceum etwa 400 Schülerinnen. Außerdem gab es eine Klasse in der Haushaltungsschule, zu der später die Pflegevorschule kam. Aus diesen Klassen entstand 1967 das Placida Viel-Berufskolleg. Dort arbeitete Schwester Heriburg von 1987 bis zum Jahr 2000 in der Großküche. Dann wechselte sie wieder an das Walburgisgymnasium, wo gerade die neue Schulcaféteria in Betrieb genommen war. Dort half sie bis zum Beginn der Corona-Pandemie mit. Und Schwester Raphaela Maria gab bis dahin noch Förder- und Nachhilfeunterricht.
Apfelernte im großen Garten
Außerdem erntete Schwester Schwester Raphaela Maria bis heute die Äpfel in dem Garten. „Der war früher, bevor das Placida-Viel-Berufskolleg gebaut wurde, noch viel größer“, erinnert sie sich an ihre Zeit als Schülerin. Die Erträge halfen auch die vielen anderen Schwesternkonvente mit zu versorgen. „Für Herrn Faller, den damaligen Gärtner, war das bis zu seiner Pensionierung eine Lebensaufgabe“, sagt die ehemalige Lehrerin.
Danach übernahm Schwester Raphaela Maria einen Großteil der Pflege. Und genau deshalb eignet sich ein Apfelbaum besonders gut als Symbol, um das Erbe der Schwestern an den drei Walburgisschulen lebendig zu halten. Den pflanzten die Schülervertretung des Gymnasiums und der Realschule zum Abschluss ihres Gottesdienstes. Und daneben setzten sie ein Schild: „Hier sind verwurzelt: Unsere Ordensschwestern Burkhardis, Raphaela und Heriburg.“
Schulseelsorgerin Birgit Fiedler betonte: „Sie haben die Trägerschaft Ihrer Ordensgemeinschaft für diese Schulen wörtlich genommen: Sie haben diese Schulen getragen – durch ihren unermüdlichen Dienst: im Unterricht, in der Hauswirtschaft, an der Pforte und in dem großen Garten.“ Doch so sei ein Boden bereitet worden, der auch in Zukunft Früchte tragen soll.
Der Baum, der nur einige Meter weiter an die Gründung der Realschule 2013 erinnert, wurde in derselben Absicht gepflanzt. Und er trägt schon reichlich Früchte.