Senioren-Einrichtungen erfahren zu Ostern Wertschätzung und Dankbarkeit
Die zwölf Mieterinnen und Mieter der ambulant betreuten Senioren-Wohngemeinschaft St. Pankratius in Geseke-Störmede bekommen in diesen Tagen Ostergrüße aus der ganzen Republik. „Das ist ein schönes und ermutigendes Zeichen der Solidarität“, sagt Hausmanagerin Uta Kottmann-Utzel. Und diese Solidarität erfahren auch die anderen Einrichtungen der Seniorenhilfe SMMP in diesen schwierigen Zeiten auf ganz besondere Weise.
Die Tochter der WG-Leiterin hatte über eine Nachricht in dem sozialen Netzwerk Instagram um Ostergrüße für die Senioren in Störmede gebeten. „Prompt haben wir schon in den ersten Tagen Post aus Aachen, Dortmund und Worms bekommen. Zum Beispiel schreibt ihnen eine Studentin der Soziologie und Philosophie, was sie in diesen Tagen bewegt“, so so Uta Kottmann-Utzel. Die Frage, wie ältere Menschen in Seniorenheimen und -einrichtungen mit dem derzeitigen Besuchsverbot zurechtkommen, gehört offenbar dazu.
Briefe sind eine gute Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen oder aufrecht zu erhalten. Freudestrahlend präsentieren etwa die Bewohnerinnen und Bewohner im Haus Maria Regina in Diestedde oder im Seniorenzentrum Am Eichendorffpark in Oelde-Stromberg ihre Postkarten für ein Foto auf der Homepage. Die beiden Senioren-WGs St. Franziskus in Oelde haben zu Ostern gleich einen ganzen Stapel Osterpost von Kindern und Familien aus der Umgebung bekommen. Und die achtjährige Tia schreibt an die Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenheims Haus St. Josef in Heiden: „Ich habe für Euch ein Bild gemalt. Ihr habt hoffentlich Freude daran und könnt es Euch immer anschauen. Bleibt gesund, alles Gute. Eure Tia.“
Video-Telefonat ersetzt die Besuche
„Es ist schön, diesen Zusammenhalt zu spüren. Sei es durch diese schönen Bilder der Heidener Kinder, oder auch durch Kuchenspenden wie von unserem ehemaligen Zivildienstleistenden“, erklärt Heimleiterin Andrea Spielmann. Selbst an der Supermarktkasse wird sie schon darauf angesprochen, wie es den Bewohnerinnen und Bewohnern im Haus St. Josef geht.
Auch im Haus St. Josef haben die Senioren selbst schon fleißig an ihre Angehörigen geschrieben. Und dem Haus St. Josef in Wadersloh hat eine ortsansässige Druckerei Postkarten mit den Kirchen aus der Umgebung geschenkt. „Das war eine schöne Idee. Viele unserer Bewohnerinnen und Bewohner schicken diese Karten an ihre Familien, die sie zurzeit ja nicht sehen“, erklärt der kommissarische Pflegedienstleiter Alexander Hauffen.
Eine Möglichkeit, Sichtkontakt aufzunehmen, gibt es allerdings über Video-Telefonie. „Wir haben hier im Erdgeschoss ein Macbook für diese Telefonate stehen. Und das wird gerne genutzt. Im oberen Wohnbereich bieten wir dasselbe über einen Laptop an“, so der 37-jährige. Auch per E-Mail erhalten die Angehörigen zurzeit Fotos von den Seniorinnen und Senioren aus dem Pflegeheim. „Sie dürfen alle sehen, dass es uns hier gut geht“, betont Alexander Hauffen.
Ann-Christin Würfel, Leiterin der ambulant betreuten Senioren-WGs am Vogelpark in Heiden und St. Ida in Dorsten, erlaubt in Ausnahmefällen auch einen Besuch der Angehörigen am Gartenzaun. „Hier ist ja viel Platz, um die nötigen Abstände einzuhalten“, erklärt die Altzenpflegerin.
Und im Haus St. Josef nebenan lassen Andrea Spielmann und Pflegedienstleiterin Irmhild Scheffner die Bewohnerinnen und Bewohner schon mal durch die Fensterscheibe miteinander telefonieren: „Dann sehen sie sich dabei.“
„Natürlich ist diese Situation für die Senioren schon eine außergewöhnliche Belastung“, räumt Astrid Marx-Vehling ein. Sie leitet das Haus Maria in Geseke. „Eine Dame hat ihren Mann vorübergehend bei uns in Pflege. Sie will sich zu Hause um eine neue Lösung für ihn bemühen. Und dann kam Corona. Jetzt darf sie ihn auf einmal nach jahrzehntelanger Zweisamkeit nicht mehr sehen und sagt: ‚Da sind wir uns so nah und doch so fern‘. Solche Momente gehen schon ans Herz“, gibt die Heimleiterin zu.
Desinfektionsmittel und Masken gespendet
Aber dann gibt es auch sofort wieder positive Erfahrungen: „Etwa, als uns eine Kosmetikerin, die ihr Geschäft zurzeit nicht öffnen darf, ihre Desinfektionsmittel vorbei bringt. Zu spüren, dass zurzeit alle an uns denken, tut gut“, sagt die Heimleiterin.
Im St. Franziskus-Haus in Oelde haben Kinder aus der Nachbarschaft selbst Seifen hergestellt und vorbeigebracht. Und in Hamm-Rhynern hat sich der Pfarrer mit einem 25 Euro-Gutschein für die örtliche Pizzeria bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Reginenhaus für ihre großartige Arbeit bedankt.
Auch einfache Nase-Mund-Masken werden zurzeit überall dutzendfach von Angehörigen genäht und in den Einrichtungen vorbeigebracht. „Wir haben schon rund 300 Stück erhalten, die wir auch gerne nutzen“, sagt Barbara Jaeger, Leiterin des ambulanten Dienstes am Marienkrankenhaus in Nassau. Umso länger halte der eigene Vorrat. „Noch sind unsere Lager mit OP-Masken gut gefüllt“, bestätigt ebenso Jan Wollermann, Leiter der Martinus ambulanten Dienstes in Herten-Langenbochum. Ein Engpass sei nicht abzusehen.
Anders sah es vor einigen Wochen noch im Reginenhaus in Hamm-Rhynern aus. Doch Heimleiterin Regina Behr bemühte sich erfolgreich um Nachschub. Sie freut sich über eine Spende der Firma Schüco aus Bielefeld: „Die hat uns 780 FFP 2-Masken gespendet. Dabei handelt es sich um einen wirksamen Infektionsschutz.“ Darüber hinaus hat sie auch noch einen Lieferanten gefunden, bei dem sie weitere Masken bestellen konnte.
Einfache Masken nähen auch Ordensschwestern in den Bergklöstern Bestwig und Heiligenstadt. So stellt die gelernte Schneiderinnen Schwester Konstantia Chrzaszcz beispielswiese Nase-Mund-Schutze für einen caritativen Pflegedienst im Eichsfeld her. Und Schneidermeisterin Schwester Laetitia Müller näht in Bestwig Masken für die ergotherapeutischen Praxen von Schwester Maria Gabriela Franke und den Pflegebereich im Bergkloster Bestwig. „Aus einem Bettbezug lassen sich 50 bis 60 Stück nähen“, weiß sie. Und mehrere Bettbezüge hat sie schon zerkleinert.
Kreative Lösungen für Gottesdienste
Durch das Besuchsverbot fallen in den Senioren-Einrichtungen auch alle Angebote aus, die durch externe Fachkräfte oder ehrenamtliche Helferinnen und Helfer übernommen werden. Dazu gehören die Gottesdienste. Aber da sind die Einrichtungen ebenfalls erfinderisch. So segnete Pastor Ehlert im Seniorenzentrum Am Eichorffpark in Stromberg am Palmsonntag die Ölzweige etwa im Windfang des großzügigen Eingangsbereiches. Und die Bewohninnen und Bewohner konnten ihn aus sicherem Abstand von beiden Ebenen aus dabei zusehen.
„Bei uns will der Pfarrer am Dienstag mit der Kirchenmusikerin vorbeikommen und auf der Terrasse eine Andacht halten“ erklärt Ann-Christin Würfel. Zudem werden in den Einrichtungen Gottesdiente auf die Zimmer und in die Aufenthaltsräume übertragen.
Im Bergkloster Bestwig übertragen die Ordensschwestern mehrmals wöchentlich kurze Andachten aus der leeren Dreifaltigkeitskirche in die Zimmer der älteren Schwestern. „Hier meldet sich der ordenseigene Radiosender SMMP“, eröffnet Schwester Maria Ignatia Langela die erste dieser „Sendungen“ mit einem humorvollen Text von Hanns-Dieter Hüsch. Schwester Theresita Maria Müller begleitet sie dabei an der Harfe.
Und an verschiedenen Standorten der Seniorenhilfe bieten derzeit auch unbeschäftigte Musiker an, vorbeizukommen und den Bewohnerinnen und Bewohnern etwas Gutes zu tun. „Uns haben zwei Saxophonisten angerufen, ob sie uns ein Ständchen bringen könnten. Das hat uns natürlich riesig gefreut“, berichtet Heimleiterin Katrin Gerdes aus dem Seniorenzentrum in Stromberg. Eine halbe Stunde lang gingen die Berufsmusiker Martin Rode und Dieter Brokemper am Dienstag mit ihren Instrumenten im Garten des Hauses auf und ab. Die Senioren kamen an die Fenster und hörten ihnen zu.
„Bei uns hat sich eine Akkordeonspielerin aus Heiden gemeldet, die hier am Ostersonntag spielen will“, freut sich Andrea Spielmann im Haus St. Josef. Und Uta Kottmann-Utzel hat bereits zu einem Musiker Kontakt aufgenommen, der schon in Lippstadt durch die Straßen zieht. Er hat ebenfalls zugesagt.
Die Beschäftigten arbeiten auch ehrenamtlich
Noch mehr als sonst müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen nun selbst organisieren. In den WGs von Ann-Christin Würfel kommen die Alltagsbegleiter nach der Frühschicht auch nachmittags noch einmal in die Einrichtung, um mit den Senioren spazieren zu gehen. „Die Ehrenamtlichen dürfen ja nicht kommen. Also arbeiten wir selbst ehrenamtlich“, sagt die Hausmanagerin, als sei das selbstverständlich.
Alexander Hauffen zieht jetzt im Haus St. Josef in Wadersloh selbst das Kostüm für die Clownsvisite an, da die externe Klinik-Clownin das Heim nicht betreten darf. Die entsprechende Ausbildung hat er dafür. Seine Kollegin Remziye Yavsan Kücüksoy übernimmt die Haar-Pflege im Frisörsalon – so wie Helga van Uffel im Haus Maria Regina in Diestedde, die sowohl examinierte Pflegekraft als auch gelernte Frisörin ist. So kämen in diesen Zeiten viele Fähigkeiten und Qualifikationen ganz neu zur Geltung, stellt Hauffen fest. Und das Alltagsleben bleibt bestehen.
Im St. Franziskushaus gab es am Mittwoch beispielsweise Eisbecher für alle Bewohner auf der Terrasse, wie Hausmanagerin Annette Longinus-Nordhorn berichtet: „Wir wollen es uns trotz dieser besonderen Umstände so nett wie möglich machen.“ Ihre Beobachtung ist, dass die Mieterinnen und Mieter nicht in zu großer Sorge sind und relativ gelassen bleiben.
Im Haus St. Josef in Wadersloh bereiten einige Pflegekräfte schon die Eiersuche für Ostersonntag vor. „Zwar werden die Senioren nur nacheinander in den Garten dürfen. Aber das bekommen wir schon irgendwie hin“, ist Alexander Hauffen optimistisch. Und im Reginenhaus in Rhynern will man die beiden Wohnbereiche nacheinander zum feierlichen Osterkaffee in die Cafeteria einladen, um die derzeitige Trennung aufrecht zu erhalten: den einen am Sonntag und den anderen am Ostermontag.
Den Krankenstand unter den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bezeichnen die Betriebsleitungen derzeit als niedrig – obwohl alle, die Erkältungssymptome zeigen, erst einmal 14 Tage zu Hause bleiben müssen.
Einkäufe mehr gefragt als Reinigung
Aber da zahlt sich nun auch der gute Austausch im großen Netzwerk der Seniorenhilfe SMMP aus. So übernehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Tagespflegen in Geseke und Westerholt, die derzeit aufgrund behördlicher Anordnung geschlossenen sind, Aufgaben in den benachbarten Einrichtungen. „Bei uns helfen sie zum Beispiel bei den Betreuungsangeboten“, sagt Astrid Marx-Vehling im Haus Maria. Wilfried Weeke und Jan Wollermann haben an den beiden Standorten der Martinus ambulanten Dienste ebenfalls Fachkräfte aus der Tagespflege integriert. „Das klappt reibungslos. Obwohl sie ja hier wieder im Schichtdienst tätig sind und ebenso am Wochenende aushelfen müssen“, sagt Jan Wollermann. Viele seien dankbar dafür, dass sie nicht in Kurzarbeit müssten. „Denn nicht selten ist das schon beim Ehe- oder Lebenspartner der Fall“, weiß der Pflegedienstleiter.
„Umgekehrt verzichten einige unserer Kunden jetzt auch auf unsere Leistungen, weil pflegende Angehörige zu Hause sind, mehr Zeit haben und weniger verdienen“, stellt Wilfried Weeke fest. Das sei etwa bei 40 seiner 300 Klienten der Fall. Und es gebe eine Verschiebung bei den Haushaltshilfen. „Viele wollen jetzt lieber, dass wir für sie einkaufen fahren als dass wir bei ihnen putzen“, sagt Jan Wollermann – „Einkäufe sind derzeit die größere Herausforderung.“
Äußerste Vorsicht gilt für die Pflegekräfte aller Einrichtungen und Dienste nicht nur im Dienst. Auch privat sind sie angehalten, Kontakte so weit wie möglich zu meiden. Die Verantwortung ist enorm. „Besucher und externe Fachkräfte kommen nicht mehr ins Haus. Die Wohnbereiche sind weitgehend voneinander isoliert. Wir halten alle Schutzmaßnahmen ein. Also wissen wir: Die einzigen, die jetzt noch das Virus in unsere Einrichtungen bringen können, sind wir selbst“, formuliert es Regina Behr, wissend, dass sich das nie völlig ausschließen lässt.
Für den Geschäftsführer der Seniorenhilfe SMMP, Frank Pfeffer, gehören die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Pflege-Einrichtungen schon jetzt zu den „wahren Helden“ dieser Krise. Als kleine Geste hat er deshalb noch vor Ostern 1000 Pralinenschachteln bestellt und an all seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgegeben – verbunden mit folgendem Dank: „Auch wenn wir heute noch nicht sagen können, wann es zu Lockerungen der vielen Einschränkungen kommen wird, ist es jetzt schon beeindruckend mitzuerleben, wie eng Sie vor Ort im Kollegenkreis, aber auch mit Bewohnern und Kunden zusammenrücken.“
So ist man sich in dieser Krisenzeit bedingt durch Abstandsregeln und Vorsichtsmaßnahmen zwar physisch ferner, aber gedanklich noch näher als sonst.