Schwester Ruth Stengel legt im Bergkloster Bestwig ihre Ewige Profess ab
Mit den Worten „Hier bin ich“ antwortete Schwester Ruth Stengel am Samstagmorgen auf den Aufruf des Priesters zur Ewigen Profess. Mit diesem Schritt bindet sich die 40-Jährige endgültig an das Leben für Gott in der Gemeinschaft. Als Zeichen überreichte ihr Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow den Ordensring. Schwester Ruth antwortete darauf: „Jesus lebe in unseren Herzen! Ich will ihm ganz gehören.“
Die Worte „Hier bin ich“ sind für Schwester Ruth zentrale Worte in der Professliturgie. „Sie sagen unglaublich viel: Dass ich mich mit allem, was ich bin, für Gott und in dieser Gemeinschaft einsetze. Gleichzeitig spreche ich sie vor Gott und dieser Gemeinschaft aus“, erläutert die 40-Jährige.
Jetzt, neun Jahre nach der Einkleidung und sieben Jahre nach der ersten zeitlichen Profess, sei der richtige Zeitpunkt, sich mit der Ewigen Profess dauerhaft zu binden und dieses Versprechen abzugeben: „Ich stehe in der Mitte des Lebens und habe meinen Weg als Ordensfrau gefunden.“
Wichtig ist es für sie, authentisch zu bleiben. In Jena gibt die studierte Theologin und Religionspädagogin Grundschulkindern und Fünft- und Sechtsklässlern einer weiterführenden Schule Religionsunterricht. Sie arbeitet als Gemeindereferentin in einer jungen, wachsenden Pfarrgemeinde. Und mit einer Viertelstelle engagiert sie sich gemeinsam mit Schwester Christine Romanow, einer Missionarin Christi, in der „Orientierung“.
Sie erklärt: „Dabei handelt es sich um eine Anlaufstelle für Suchende“. Die Räum liegen am Rand der Innenstadt von Jena. Es kämen Gruppen, die nach religiöser Einkehr suchten, aber auch Studenten, die nach Lebensorientierung fragen. Menschen jeden Alters.
In Jena lebt Schwester Ruth mit Schwester Maria Elisabeth Goldmann und Schwester Christine gemeinsam in einem Konvent, im fünften Stock einer Plattenbausiedlung am Rande der Stadt. „Die wenigsten Menschen haben da Berührung mit der Kirche. Aber entsprechend vorbehaltlos begegnen sie uns auch. Das Spektrum reicht von Neugier bis zur Ignoranz“, beobachtet Schwester Ruth.
Mitten im Leben stehen
Es sei wichtig, dass Kirche an solchen Orten präsent sei. Jesus Christus habe das deutlich gemacht: „Der stand derart mitten im Leben, war so ehrlich und radikal, dass die Flucht aus der Realität keine Option ist. Im Gegenteil: Er hat uns gezeigt, dass es wichtig ist, in diese Welt hinein zu gehen.“ Das tun die Schwestern in Jena. Und das empfinden sie als Auftrag. Schwester Ruth sagt: „Als Christen müssen wir uns wieder mehr trauen, Profil zu zeigen.“ In Jena versuchten sie das.
Dabei will sie ohne das Ordenskleid Zeugnis ablegen. „Das passt besser zu mir. So bin ich. Und ich finde es gut, dass wir als Schwestern in dieser Hinsicht auch eigene Entscheidungen treffen dürfen“, ist die 40-Jährige dankbar.
Auch findet sie gut, dass solche Konvente mit zwei Gemeinschaften, die spirituell zueinander passen, möglich sind. „Unsere Gemeinschaften werden kleiner. Da müssen wir neue Formen des Zusammenlebens ausprobieren.“ Die gemeinsamen Gebetszeiten, die sie mit Schwester Maria Elisabeth und Schwester Christine in diesem kleinen Konvent erlebt, erfährt sie als besonders intensive Momente. Auch zu dritt könne ein Kloster funktionieren.
Zukunft bietet vor allem auch Chancen
Insofern empfindet sie es nicht als Last, zu den wenigen jüngeren Schwestern einer älter und kleiner werdenden Gemeinschaft zu gehören. „Natürlich spüren wir eine besondere Verantwortung. Aber es geht nicht um Größe, sondern um Kraft. Deshalb sehen wir auf diesem Weg vor allem die Chancen.“
Vielleicht müsse man sich in Zukunft stärker auf bestimmte Aufgaben konzentrieren und Kräfte bündeln. Doch macht Schwester Ruth klar: „Ich will hier nichts beenden. Ich will gestalten.“
Ein wichtiger Rückhalt sind für sie in den vergangenen Jahren die anderen Juniorats-Schwestern gewesen, also jene Ordensfrauen, die bislang noch keine Ewige Profess abgelegt haben. „Immerhin sind wir ja einige. Die Treffen mit Schwester Judith, Schwester Franziska, Schwester Julia Maria und Schwester Prisca waren immer eine Bereicherung. Wir stärken uns gegenseitig.“
Zudem sei die Ordensgründerin Maria Magdalena Postel ein wichtiges Vorbild: „Sie hatte mit zwei Mitschwestern angefangen, ihre Gemeinschaft aufzubauen. Wir müssen uns auf diese Ursprünge besinnen.“
Wichtiges Versprechen
Auch vor diesem Hintergrund sagte Schwester Ruth am Samstagvormittag: „Hier bin ich.“ Das ist für sie zugleich ein Versprechen. „Wenn ich ‚Ja‘ dazu sage, in dieser Gemeinschaft für Gott zu leben, sage ich ‚Ja‘ zur Wirklichkeit. Und mit dem Gelübde des Gehorsams sage ich ‚Ja’ zur Verfügbarkeit.“ Sie weiß, dass in Zukunft noch viele Aufgaben, wahrscheinlich auch an anderen Orten, auf sie zukommen werden. „Das gehört zu dem Interessanten am Ordensleben“, erklärt sie, und fügt lachend hinzu: „Da werde ich sicher hier und da Gottes Gnade benötigen.“
Der Zelebrant der Messfeier, Pfarrer Ludger Eilebrecht, hat einen Teil des Berufungsweges von Schwester Ruth miterlebt. Er hatte sie als früherer Leiter des Pastoralverbunde Höxter kennengelernt, in dem Schwester Ruth als Gemeindereferentin tätig war. In seiner Predigt sagte er: „Du findest Deine Antwort auf Deine Berufung im Du zu Christus. Immer wieder hat er sich Dir zu erkennen gegeben.“ Ob in ihrer Heimat im Lippetal, als Gemeindereferentin an der Weser, im Bergkloster im Sauerland und sogar in Südamerika, wo Schwester Ruth nach ihrem Abitur ein Jahr als Missionarin auf Zeit verbrachte.
„Jesus lebe in unseren Herzen“
„Immer wieder begegnetest Du Menschen, die spirituell auf der Suche sind“, so Pfarrer Eilebrecht. Auf diese Weise habe Jesus ihr seine Welt offenbart und Schwester Ruth ihm seine. „Auf diese Weise rücken die Evangelien, die 2000 Jahre alt sind, und die Gegenwart ganz eng zusammen.“ Und so gewinne der Satz „Jesus lebe in unseren Herzen“ für ihr Leben konkrete Bedeutung.
Dass sie auf ihren weiteren Weg ebenfalls von vielen Menschen begleitet wird, erfuhr Schwester Ruth in der Professfeier durch die Anwesenheit von 200 Mitschwestern, Familienangehörigen und Freunden. Auch in ihrer Pfarrgemeinde in Jena, in der sie nun berufstätig ist, wird die Profess im September noch groß gefeiert.