
Ein spiritueller Impuls zum zweiten Advent von Schwester Klara Maria Breuer
Im Advent nehme ich immer wieder gerne die adventlichen Meditationen des Jesuiten Alfred Delp zur Hand. Er schrieb sie 1944 „Im Angesicht des Todes“. Es war die letzte Advents- und Weihnachtszeit, die Alfred Delp erleben sollte. Vom nationalsozialistischen Regime des Hochverrats bezichtigt, wurde er am 2. Februar 1945 hingerichtet. Vor diesem persönlichen Hintergrund atmen seine Gedanken eine besondere Tiefe, Glaubwürdigkeit und Dichte. Und obgleich sie mehr als 70 Jahre zurückliegen, wirken sie auf eigene Weise aktuell.
Unter den adventlichen Gestalten, die Delp beschreibt, bleibe ich beim Rufenden in der Wüste stehen. Vor wenigen Tagen habe ich in den Nachrichten die Berichterstattung zu dem Klimagipfel in Kattowitz verfolgt. Ein Aufruf an missionierende Ordensgemeinschaften, die den Gipfel mit ihrem Gebet zu begleiteten, klingt in mir nach.
Schon seit dem 9. September waren Klimapilgerinnen und Pilger auf einem langen Weg von Bonn bis Kattowitz unterwegs. Sind sie nicht Rufende unserer Tage? So wie allen voran Papst Franziskus, der nicht müde wird, mahnend auf Ausbeutung und Zerstörung der Erde und Folgen des Klimawandels hinzuweisen.
„Die Johannesgestalten dürfen keine Stunde im Bild des Lebens fehlen“, lese ich bei Alfred Delp. Und weiter: „Ihr Herz ist ihnen voraus, und deswegen ist ihr Auge so hellsichtig und ihr Urteil so unbestechlich. Sie rufen nicht um des Rufens willen oder der Stimme willen. (…) Sie rufen den Segen und das Heil. Sie rufen den Menschen vor seine letzte Chance, während sie schon den Boden beben spüren und das Gebälk knistern und die festesten Berge innerlich wanken sehen. Von diesen Gestalten hängt viel ab für unser Leben (…)“
Ich frage mich, wo ich selbst den mahnenden Stimmen unserer Tage gegenüber gleichgültig bin. Delps Gedanken laden mich ein, in diesem Advent bewusst auf die Rufenden unserer Tage zu achten. Ich wünsche mir, dass wir wachsam durch den Advent gehen und uns von Oberflächlichem nicht blenden lassen. Adventsbotschaft und Adventssegen gehören für Alfred Delp zusammen. Gott ist für ihn fester Grund und bleibende Wirklichkeit in der Geschichte.
In seiner, unseren zeitgenössischen Ohren vielleicht fremd und sperrig klingenden Sprache, ist er überzeugt: „Gottes Boten wissen um den Segen, den der Herrgott auch in diese geschichtlichen Stunden hineingesät hat.“ Den Ernst der Stunde erfassen und dennoch aufgerichtet bleiben, bereit umzukehren, wo es um des Lebens willen notwendig ist und glauben, dass Gott auch unserer Geschichte Heil einschreibt: Dazu ermutigt mich Alfred Delp mit seinen im Gefängnis geschriebenen Zeilen.