Spiritueller Impuls von Schwester Ruth Stengel zum 1. Advent
Wieder einmal fühle ich mich ertappt vom Advent: Er ist da! Und wo bin ich?
Wieder einmal kam er wie ein Dieb in der Nacht und lässt mich hilflos dastehen; schlecht vorbereitet, mit anderen Dingen übervoll und einer Menge Alltag im Gepäck.
Überraschung gelungen!
Ich kann nicht anders als jetzt zu beginnen mit dem Advent, vorher ist vorbei.
Mein Blick fällt nach draußen in die Dunkelheit, einige Balkons gegenüber sind noch hell, ich höre Musik. Werden diese Menschen auch Advent feiern hier im Plattenbau in Jena Lobeda, wo Gott ein Fremdwort ist? Vielleicht feiern sie mit mehr Glühwein als Glauben, vielleicht aber mit ähnlicher Herzensstimmung; einer Sehnsucht nach Geborgengeit, Wärme, Frieden und Heil.
Ja, Advent schenkt dem Herzen Raum. Advent will unterbrechen, den üblichen Trott, den immer gleichen Blick, das bisher Verstandene. Wenn ich hier und jetzt meinen Advent beginne, dann tue ich das nicht mit großen frommen Worten. Dann will ich mich nicht lustig machen über den scheinbar überflüssigen Kitsch und die blinkenden Rentiere auf dem Balkon. Dann will ich sehr leise versuchen, Gott zu erwarten, in all den Zwischentönen dieser Welt. Dann will ich beten, dass Gott unsere Sehnsucht groß macht und unser Besserwissen klein. Dann möchte ich ein wenig mehr vertrauen, dass Gott DA ist, im Hochhaus, auf der Straße und in jedem Menschenherzen, auch in meinem.
Heute beginnt Advent – Gott sei Dank und voller Überraschung!