Gott liebt jeden der sieben Milliarden Menschen so, als wenn er ein Einzelkind wäre. So heißt es im Buch Jesaja: „Weil du in meinen Augen teuer und wertvoll bist und weil ich dich liebe […]“ (Jes. 43,4).
Mutter Placida hatte diese Worte wohl verstanden, denn es heißt, dass sie, obwohl die Kommunität arm war, kein Waisenkind abwies, dass für Bedürftige jede Kommunität jederzeit offen stehen sollte und keiner mit leeren Taschen fortgehen durfte, wenn die Schwestern irgendwie helfen konnten.
Und zur Zeit des Deutsch-Französischen Krieges, als oft 400 Leute Schutz in der Abtei suchten, brachte sie es fertig, für alle Platz zu schaffen und sie auch noch zu beköstigen. Und mehr noch, es heißt, dass sie selber jeden Morgen auf ihren geschwollenen Füßen zu den Menschen ging und sie fragte: „Wie geht es Ihnen, meine lieben Freunde, haben Sie gut geschlafen?“ Sie ging von Bett zu Bett, Trost spendend, Freude bringend.
Sie fragte nicht, ob das Brot noch bis morgen reichen würde. Und es reichte für jeden Tag. Ihre Worte dazu waren nur: „Es ist Gottes Eigentum, das wir mit den Leuten teilen, nicht das unsrige. Die Vorsehung wird sorgen.“
Zurzeit erleben wir es jeden Tag, dass Menschen bedürftig, heimatlos, verängstigt, einsam in unsere Städte und Orte kommen und an die Türen unserer Häuser und Herzen klopfen. Auch unsere Gemeinschaft, auch jede einzelne Schwester hat Türen, die sie öffnen oder verschließen kann. Mutter Placida möchte uns mit ihrem Leben und ihren Worten ermutigen, das Evangelium ernst zu nehmen, wenn sie uns zuspricht: „Geben wir freudig. Vertrauen wir der göttlichen Vorsehung wie unsere verehrte Gründerin, und nichts wird uns fehlen!“
Sr. Maria Elisabeth Woestmann, SMMP
Stichwort Placida-Jahr:
Die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel gedenken von September 2015 bis September 2016 der Gründerin ihrer deutschen Kongregation, Schwester Placida Viel. Schwester Placida war die zweite Generaloberin der französischen Gemeinschaft und kleidete 1862 vier Lehrerinnen in Heiligenstadt ein. Seit 1920 ist der daraus entstandene deutsche Ordenszweig eigenständig. Schwester Placida wurde als Victoria Viel am 26. September 1815 – also vor 200 Jahren – geboren.