Heute ist der Funke übergesprungen. Deswegen muss ich jetzt sofort diese Worte niederschreiben. Wir gestalten musikalisch mit dem Schwesternchor den Gottesdienst zum dritten Advent. „Gaudete“ ist angesagt – ich bin skeptisch.
Es gibt viele Gründe, sich nicht zu freuen. Die Welt – die große und meine kleine – kommt so schwer daher. Auch meine Kirche tut sich schwer mit der Freude, zu bedeutungsschwanger scheinen die Themen Abbruch und Krise. Nun gut, ich komme nicht darum herum, ich muss heute singen von der Freude. Ob es mir gelingt?
Schon beim Eingangslied spüre ich eine Kraft in Wort und Melodie. Die Flöte hüpft von Ton zu Ton und wir schwingen uns ein. Ich kann nicht anders, ich muss mich in diese Melodie einklinken. Ich kann nicht anders, ich schaue in die Gesichter der Gottesdienstbesucher und sehe gespanntes Hören. Ich kann nicht anders, selbst das Lachen des Paters ist ansteckend.
Beim Friedensgruß entdecke ich ein Strahlen in einem alten und sonst sehr müden Gesicht, was ich noch nie gesehen habe. Selbst Minuten später ist das stille Lächeln noch da.
Ich fühle mich ertappt und zugleich befreit. Die Frage, ob mir die Freude gelingt, war definitiv daneben. Weil Freude nicht von mir ausgeht, sie kann mich nur finden. Und dann kann ich nicht anders, ich muss einfach lachen und meine Freude dem nächst Besten entgegenwerfen. Keine Frage des Gelingens, nur ein Anruf zum Leben.
Sr. Ruth Stengel