Gedanken zum Evangelium: Joh 20,1-18 – Maria von Magdala am Ostermorgen
Das ist schon ungewöhnlich, dass Maria von Magdala so früh den Ort aufsucht, an dem der begraben wurde, dem ihre ganze Liebe galt. Das Dunkel um sie herum entspricht ihrer tiefen Enttäuschung und Traurigkeit. Nach dem Desaster des Karfreitags will sie Jesus wenigstens dort nahe sein, wo man seine sterblichen Überreste bestattet hat.
Doch was sie sieht, lässt sie schnellstmöglich den Weg zurück antreten: Der Stein ist weg, der das Grab verschlossen hatte. Das muss sie den Jüngern sagen: „Man hat den Herrn aus dem Grab weggenommen…“ (Joh 20,2)
Ihre Nachricht bringt Petrus und Johannes, den Jünger, den Jesus liebte, auf die Beine. Eine Inspektion scheint notwendig, weil Gerüchte kursieren, der Leichnam Jesu sei gestohlen worden. Johannes ist schneller, lässt aber Petrus den Vortritt, sich von der Wahrheit der Botschaft zu überzeugen. Offensichtlich liegt kein Raub vor; denn die Ordnung in der Grabkammer – die Leinenbinden liegen gesondert von dem zusammengebundenen Schweißtuch – lässt nicht auf eilig vollzogenen Diebstahl schließen.
Was das leere Grab für Petrus bedeutet, bleibt offen. Von Johannes, der als zweiter ins Grab hineingeht, heißt es: „er sah und glaubte“ (Joh 20,8). Nur an dieser Stelle, so berichten die Evangelien, findet jemand durch das Sehen des leeren Grabes zum Glauben. In der Regel geschieht das erst durch eine Begegnung mit dem Auferstandenen. Aus der Schrift haben die Jünger noch nicht verstanden, dass Jesus von den Toten auferstehen werde (vgl. Joh 20,9).
Ein leeres Grab sehen und glauben, dass erscheint in der Tat unglaublich. Muss man da nicht an Betrug denken? Was bewegt einen Johannes, hier zu glauben, dass für Jesus das Unmögliche Wirklichkeit geworden ist: Der Gekreuzigte lebt!? Später folgt der Entdeckung des leeren Grabes die Begegnung mit dem Auferstandenen. Aber ist das leichter zu glauben?
Ohne Glaube kein Zugang
Man sagt von den Deutschen, viele glaubten nicht mehr an die Auferstehung der Toten. Das entziehe sich unserer Vorstellungskraft und könne es einfach nicht geben. Der Glaube an die Auferstehung der Toten ist hinfällig, wenn Jesus nicht auferstanden ist, wenn wir nicht glauben können, dass der Vater ihn aus dem Tod erweckt und damit Leben und Botschaft Jesu bestätigt hat.
Petrus und dem Lieblingsjünger werden gern die Schlagworte „Amt“ und „Charisma“ zugeordnet: Petrus, der spätere Amtsinhaber, nimmt nüchtern die Tatsache des leeren Grabes wahr. Raub kann nicht vorliegen. Der Jünger, den Jesus liebte, blickt aus einer anderen Perspektive in die leere Grabkammer und begreift: Der Tod hat Jesus nicht festhalten können. Erklären kann auch er nicht, was hier geschehen ist. Aber seine Liebe zu Jesus über den Tod hinaus führt ihn zum Glauben, schenkt ihm die Gewissheit: Jesus lebt! Liebe sieht weiter, Liebe sieht tiefer.
Ohne Liebe, ohne eine Beziehung zu Jesus ist auch für uns der Karfreitag die Endstation im Leben Jesu – und ist dann auch der Tod für uns die Endstation. Das ist die österliche Herausforderung für unseren Glauben: Wenn wir der Liebe des Vaters trauen, die Jesus aus dem Tod erweckt hat, kann Ostern auch unser Leben verwandeln.
Sr. Maria Andrea Stratmann