Ich sitze auf einer Bank und bin umhüllt von Vogelgezwitscher und einer Sonne, die sich noch nicht ganz entscheiden kann, ob sie gleich hinter dem Berg verschwinden soll oder mich noch einen Moment lang wärmen möchte.
So viel Fülle um mich herum. Ich erlebe es als Geschenk, diesen ersten Tag, an dem ich mit meinem Tagebuch draußen sitzen kann, mitten in der Fülle.
Nach Regen knospt und grünt es rundherum. Wahnsinn, die Kastanie hatte am Sonntag noch keine Blüte und über Nacht ist das Leben in sie zurückgekehrt. Ja, nun ist auch hier der Frühling angekommen, im Sauerland. Auf diesem Stückchen Erde mitten in Deutschland, was immer ein wenig länger im Winterschlaf zu bleiben scheint.
Mein erster Frühling im Kloster. Jetzt auf dieser Bank sitzend fühl ich mich mittendrin – im Leben. Nun ist die Sonne hinter dem Berg verschwunden und die Kühle des Abends kribbelt schon ein wenig auf der Haut. Aber auch das genieße ich. In solchen Momenten ist irgendwie alles gut, die Welt wirkt so versöhnt und im Frieden. Jetzt lege ich den Stift aus der Hand und schließe die Augen, noch einmal das „rundherum und mittendrin“ genießen. Alles ist gut, Danke Gott!
Sr. Ruth Stengel