Bestwig. „Der lebendige Gott ist keine Statue, vor der ich mich verneige, er ist ein dynamischer Gott“, betonte Bischof Karl-Heinz Wiesemann heute in seiner Predigt. Mit dem Bischof zelebrierten neun weitere Priester aus den Heimatorten der Jubilarinnen den Festgottesdiensts in der Dreifaltigkeitskirche des Bergklosters Bestwig zum Ordensjubiläum von 46 Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel (SMMP).
„Gott ist an seinen Spuren zu erkennen“, sagte Wiesemann, und im Rückblick auf das Leben der Schwestern, die seit 70, 65, 60, 50 und 25 Jahren der Gemeinschaft angehören, werde seine gestaltende Kraft sichtbar. „Gott hat Sie gesucht und gefunden. Aus dem gegenseitigen Suchen und Finden entsteht Leidenschaft und das Abenteuer Ihres Lebens“, so der Bischof.
Generaloberin Schwester Aloisia Höing dankte den Jubilarinnen für ihre Treue, ihr ‚Ja‘ zum Leben und für ihr Ausharren auch in schweren Situationen. Sie dankte auch den Eltern und Lehrern der Jubilarinnen, die das Samenkorn des Glaubens gelegt haben.
So verschieden die Gründe der Jubilarinnen waren, in eine Ordensgemeinschaft einzutreten, so wechselvoll sind auch ihre Biografien.
Schwester Adelgundis Pastusiak erinnert sich noch genau an den Tag, als die Schwester aus dem Konvent in Westerholt-Bertlich sie fragte, was sie einmal werden wolle. Bis dahin lautete ihr Berufswunsch Lehrerin: „Aber komischerweise habe ich ‚Nein‘ gesagt, als sie mich darauf ansprach. Sie zählte viele Berufe auf. Und erst am Ende fragte sie, ob ich vielleicht in den Orden eintreten wolle. Da sagte ich auf einmal ‚Ja‘.“ Jetzt gehört die Generalassistentin zu den Ordensjubilarinnen, die bereits seit einem halben Jahrhundert der Gemeinschaft angehören. „Und wenn ich heute zurückblicke“, fügt sie hinzu – „dann war es eigentlich doch genau das, was ich wollte.“
Diese Aussage steht stellvertretend für alle 46 Jubilarinnen, die 2010 ihre 25-, 50-, 60, 65- und sogar 70-jährige Zugehörigkeit zum Orden feiern. Obwohl die Wege, die sie dorthin führten, und die Aufgabe, die sie innerhalb der Gemeinschaft übernahmen, sehr verschieden sind.
Ordensgemeinschaft statt Jugendweihe
Schwester Veronika Walter gehört in diesem Jahr zu den Silberjubilarinnen. Die 47-Jährige leitet das Montessori-Kinderhaus „Arche“ in Meschede-Heinrichsthal. Und sie hat schon als 15-Jährige gewusst, dass ihr Weg einmal in eine Ordensgemeinschaft führen könnte. Geboren in Leipzig, wuchs sie mit elf Geschwistern in einer sehr christlich geprägten Familie auf: „Und da ich keine Jugendweihe hatte, waren meine Berufsperspektiven eingeschränkt. Ich wollte aber Erzieherin werden. Also ging ich zum Seminar nach Heiligenstadt. Und so lernte ich diese Schwestern kennen.“
Nach der Berufsausbildung trat sie der Gemeinschaft bei. Und seither arbeitet sie vor allem in Kindertagesstätten. „15 Jahre lang war ich in Kirchworbis im Eichsfeld tätig. Dort leitete ich eine Einrichtung mit 100 Kindern in Trägerschaft der Pfarrgemeinde. Bis mir danach war, noch einmal etwas anderes zu machen. Und als ich Provinzoberin Schwester Pia Elisabeth Hellrung darauf ansprach, hatte die schon etwas mit mir vor.“ Schwester Veronika sollte nämlich die Leitung der „Arche“ von Schwester Maria Cornelia Koch übernehmen, die 2005 in die Mission nach Bolivien ging. „Hier arbeiten wir auch mit behinderten Kindern. Das ist noch einmal eine ganz andere Herausforderung“, sagt die Ordensfrau, die zwischenzeitlich eine Weiterbildung zur Heilpädagogin absolvierte und auch das Montessori-Diplom erworben hat. „Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich immer wieder die Möglichkeit hatte, mich weiterzubilden, und das auch eingefordert wurde“, sagt Schwester Veronika heute. Und sie ist gespannt, was sie in den nächsten 25 Jahren noch alles erlebt.
„Bringen Sie mir dort mal die Schwestern in Ordnung“
Auf einen wechselvollen Werdegang blickt auch Schwester Konstantia Chrzaszcz zurück. Geboren in Oberschlesien, wuchs die heutige Hausleiterin des Bergklosters in Heiligenstadt in Bork im Münsterland auf. Sie besuchte die Nähschule des dortigen Schwesternkonventes und wurde Schneiderin. „Die Vielseitigkeit dieses Ordens und die Perspektive, dort in Gemeinschaft zu leben, waren entscheidende Argumente für mich“, erinnert sie sich. Sie war 20 Jahre alt, als sie in Geseke eingekleidet und dort eingesetzt wurde. „Dabei wollte ich immer nach Kassel. Aber ich wusste auch nicht, welche Verwendung man dort für mich haben sollte – bis zum Jahreswechsel 1962 die neuen Trachten eingeführt wurden“, erzählt sie. Mit der neuen Kleidung mussten die Schwestern erst einmal klar kommen. „Und sie musste auch angepasst werden. Das war in Kassel offenbar ein Problem“, erläutert Schwester Konstantia. So habe die damalige Generaloberin Schwester Bernarda vom Kreuz Münstermann sie bei einer Begegnung in Geseke gebeten: „Bringen Sie mir dort mal die Schwestern in Ordnung.“
Und da es am Engelsburg-Gymnasium auch Bedarf für eine Schneiderin im Unterricht für textile Gestaltung gab, durfte sie bleiben. „So erlebte ich die spannende Zeit des kleinen Grenzverkehrs mit. Denn von Kassel aus konnten wir über die Grenze, ohne jedesmal ein Visum zu beantragen. Wir haben das Bergkloster in Heiligenstadt mit Einkäufen und Unterlagen versorgt. Daher kannte ich viele Schwestern im Osten, die die meisten Mitschwestern in der Bundesrepublik noch nie gesehen hatten“, blickt sie zurück. Auch die Vorbereitung auf den Eintritt in die Gemeinschaft lief damals getrennt.
„Ich musste sogar Zähne ziehen“
Schwester Seraphica Bischoff gehört zu denen, die vor 50 Jahren in Heiligenstadt eingekleidet wurden. „Ich hatte mich schon in meiner Jugend gefragt, was ich für die Kirche tun kann. Insofern lag der Schritt, in eine Gemeinschaft einzutreten, nicht weit.“ Zumal sie über das Kloster auch eine Berufsausbildung machen konnte, die ihr außerhalb – wegen der verweigerten Jugendweihe – verwährt geblieben wäre. Repressalien hatte sie aber auch danach zu ertragen. Vor allem bei ihren Jahren als Erzieherin in Hundeshagen im Grenzgebiet. „Da wurde ich genau beobachtet und immer wieder mit Anzeigen gegen mich konfrontiert.“ Sie arbeitete nicht nur als Erzieherin, sondern auch in der Jugendarbeit, baute einen Chor auf und half sogar in der Zahnarztpraxis von Schwester Maria Alacoque mit: „Ich hätte nicht gedacht, dass ich Zähne ziehen kann. Aber auch das hat geklappt.“ So habe sie immer das getan, was gerade angefragt war.
Kontinuität gab es dagegen bei der Musik. Denn schon seit 50 Jahren spielt Schwester Seraphica in der Klosterkirche sonntags die Orgel. „Auch das hatte sich kurz nach meinem Eintritt ganz schnell ergeben, da die vorherige Organistin verunglückt war.“ Diese Aufgabe möchte sich die 68-Jährige zusammen mit ihren ehrenamtlichen seelsorglichen Tätigkeiten – etwa im Seniorenheim der Johanniter in – auch noch möglichst lange erhalten.
Ehrenamtliche Dienste in der Seelsorge eines Altenheims übernimmt bis heute auch noch Schwester Maria Albertis Lobert. Die 82-Jährige gehört seit 53 Jahren zu dem Schwesternkonvent in Nordkirchen und arbeitete dort jahrzehntelang in der Kinderheilstätte – erst mit tuberkulosekranken Kindern, später mit schwerbehinderten Jungen und Mädchen.
Geboren in Castrop-Rauxel, hatte sie die Schwestern bereits im Kindergarten kennengelernt. Während des Krieges zog ihre Familie nach Niederorschel im Eichsfeld, wo ebenfalls Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel tätig waren. „Und so kam ich immer wieder mit dieser Gemeinschaft in Berührung, obwohl ich Krankenschwester werden wollte und von daher ein Eintritt bei den Vincentinerinnen näher lag“, weiß sie noch ganz genau. Aber auch die „Heiligenstädter Schulschwestern“ – wie die Gemeinschaft damals noch hieß – waren in der Krankenpflege tätig. So betrieben sie etwa die Krankenpflegeschule in Herten, in der Schwester Maria Albertis ihre Ausbildung machte und die von einer anderen Goldjubilarin, Schwester Theodora Hegmann, fast 30 Jahre lang geleitet wurde.
1957 wurde Schwester Maria Albertis schließlich nach Nordkirchen versetzt, wo sie fortan half, 40 tuberkulosekranke Kinder und Jugendliche zu betreuen und gesund zu pflegen. „Die waren fast alle bettlägerig. Und wir mussten uns viel einfallen lassen, sie zu beschäftigen. Zum Beispiel ein Theaterstück einzuüben, das den Eltern vorgeführt wurde, wenn die einmal im Monat ihre Kinder besuchten.“ Häufiger sei das nicht erlaubt gewesen. In den 60er Jahren wandelte sich das Heim für Tuberkulose-Kranke in eine Behinderteneinrichtung. „Mit sechs Kindern und 15 Mitarbeitern hatten wir angefangen. Heute betreuen wir mit 650 Beschäftigten über 300 Kinder“, berichtet Schwester Maria Albertis über eine erstaunliche Entwicklung.
Nur nicht stehen bleiben
Auch Schwester Adelgundis hat mehrere überraschende Wendungen in ihrer Ordenszeit erlebt. Sie hatte als Küchenschwester angefangen und wollte eigentlich auch in diesem Bereich bleiben, ehe sie von der Generaloberin aufgefordert wurde, ihr Abitur zu machen und auf Lehramt zu studieren. „Selbst das erste Fach war vorgeschrieben: Latein. Aber das zweite habe ich mir aussuchen dürfen: Französisch.“
Nach einigen Jahren in Kassel übernahm sie in den 1970er Jahren die Schulleitung des Canisius-Gymnasiums in Ahaus, das damals noch der Gemeinschaft gehörte und heute ein bischöfliches Gymnasium ist. „Dort hatte ich auch vor, bis zum Ruhestand zu bleiben. Aber dann wählte mich das Generalkapitel 2003 auf einmal zur Generalassistentin.“
Erst habe ich geweint. Und heute bin ich glücklich, diese Aufgabe zu haben und auszufüllen“, blickt Schwester Adelgundis zurück. So bilanziert sie bis heute, dass ihr Leben innerhalb der Ordensgemeinschaft immer ein erfülltes gewesen sei: „Und ich habe immer das getan, was ich wollte: Gutes zu tun und zu helfen.“
So wie sie damals von einer anderen Ordensschwester angesprochen wurde und von ihrem eigenen Entschluss überrascht war, hofft sie, dass es auch heute wieder gelingen möge, junge Frauen von dieser Idee zu begeistern. „Derzeit beschäftigen wir uns ja intensiv mit diesem Thema. Und ich bin guter Dinge, dass sich da etwas bewegt“, sagt Schwester Adelgundis. Immerhin gibt es schon wieder zwei Novizinnen und eine Postulantin. Wer weiß, was diese Frauen in 50 Jahren zu erzählen haben…
Die Jubilarinnen im Einzelnen
70 Jahre Ordensleben
Hna. Elisabeth Bascopé, Cochabamba/Bol. Casilla 48
65 Jahre Ordensleben
Sr. Albertis Grüter, 45701 Herten, Kuhstr.23
Sr. M. Edelgard Stimberg, 45701 Herten, Kuhstr.23
Sr. M. Wilhelmine Mast, 59909 Bestwig, Bergkloster
60 Jahre Ordensleben
Sr. Albina Voß, 59909 Bestwig, Bergkloster
Sr. Ancilla Maria Kochs, 59909 Bestwig, Bergkloster
Sr. Auräa Schwarz, 37308 Heiligenstadt, Friedensplatz 6
Sr. Beata Maria Brohl, 59909 Bestwig, Bergkloster
Sr. Benigna Erdmann, 59909 Bestwig, Bergkloster
Sr. Florentine Wenderott, 37308 Heiligenstadt, Friedensplatz 6
Sr. Franziska Romana Beckendorf, 59590 Geseke, Haholdstr.2
Sr. Isidora Terbrak. 45701 Herten, Kuhstr. 23
Sr. M. Albertis Lobert, 59394 Nordkirchen, Mauritiusplatz 6
Sr. M. Eugenie Bellinghausen, 45699 Herten, Vitusstr. 20
Sr. M. Paulina Stegemann, 59909 Bestwig, Bergkloster
Sr. M. Wilburga Rottmann, 59329 Wadersloh, Lange Str. 16
Sr. Ursula Billmann, 59590 Geseke, Haholdstr. 2
Sr. Valentina Schlautmann, 59909 Bestwig, Bergkloster
50 Jahre Ordensleben
Sr. Adelgundis Pastusiak, 37308 Heiligenstadt, Friedensplatz 6
Hna. Ana Maria Duran Peña, Cochabamba/Bol. Casilla 48
Ir. Bernarda Lima de Carvalho, 02 271 140 São Paulo/Bras. Rua São Pedro da Aldeia 81
Sr. Birgit Roring, 45699 Herten, Im Schlosspark 4
Sr. Eligia Terhalle, 59909 Bestwig, Bergkloster
Sr. Eucharis Roß, 46325 Borken, Ballbahn 14
Sr. Felicia Maria Büter, 59909 Bestwig, Bergkloster
Sr. Konstantia Chrzaszcz, 37308 Heiligenstadt, Friedensplatz 6
Ir. Maria Agostinho de Deus, 13 610 600 Leme/Bras., Rua José Baldim, 63
Sr. M. Georgia Lemming, 59075 Hamm, Eichstedtstr. 44
Sr. M. Tarcisia Höffer, 45701 Herten, Kuhstr. 23
Sr. M. Theodora Hegmann, 45699 Herten, Schlosspark 4
Hna. M. Vianney Véliz, Cochabamba,Casilla 1593
Sr.Otfrieda Schwarz, 37308 Heiligenstadt, Lindenallee 21
Zr. Rita Pomberg,3451 EZ Vleuten/NL, Hindersteinlaan 30
Sr. Rudolfa Plagge, 46359 Heiden, Pastoratsweg 11
Sr. Seraphica Bischoff, 37308 Heiligenstadt, Friedensplatz 6
Ir. Veronica Soethe, 89 107 000 Pomerode/Bras., Caxa Postal, 139
Sr. Witburg Reich, 45892 Gelsenkirchen, Middelicher Str. 247, Haus A
25 Jahre Ordensleben
Sr. Bernadette Maria Blommel, 45147 Essen, Holbeinstr. 14
Hna. Egidia Llanos Cuellar, Santa Cruz/Bol., Casilla 497
Sr. Johanna Guthoff, 59757 Arnsberg, Kloster Oelinghausen
Sr. Margareta Kühn, 12681 Berlin, Otto-Rosenberg-Str. 1
Ir. M. Neusa Gevigier, 13 610 970 Leme/Bras., Caixa Postal, 74
Hna. Nélida Vargas Jiménez, Cochabamba/Bol., Cassilla 48
Ir. Romilda de Aguiar, 89 107 000 Pomerode/Bras., Caixa Postal 139
Sr. Theresita Maria Müller, 37308 Heiligenstadt, Friedensplatz 6
Sr. Veronika Walter,59909 Bestwig, Bergkloster