Drei junge Menschen sind startklar für einen internationalen Freiwilligendienst bei den Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel in Bolivien
„Was ich da tue, werde ich wohl erst realisieren, wenn ich im Flieger sitze“, sagt Carla Cedra. Die 18-Jährige gehört zu den drei „MaZ“, die sich in diesem Jahr bei den Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel für einen Internationalen Freiwilligendienst in Bolivien beworben haben. Alle drei werden ein Jahr lang in dem Montessori-Kindergarten Casa de Niños mitarbeiten.
Und am Samstagnachmittag wurden sie in der Krypta des Bergklosters Bestwig feierlich ausgesandt: Carla Cedra, Ida Steinbrück und Henry Opitz. Generaloberin Schwester Maria Thoma spendete den dreien für ihren Einsatz Gottes Segen. Symbolisch dafür übergab sie ihnen ein kleines Handschmeichler-Kreuz, das Ihnen in schwierigen Situationen Halt geben soll.
Die Gäste der Feier – darunter Familienangehörige, Freunde und zahlreihe Ordensschwestern – bastelten Papierbote, die sie mit den besten Wünschen für die MaZ beschrifteten. Im Rahmen des Gottesdienstes wurde jedem Freiwilligen auch ein Konvent der Schwestern zugeordnet. Diese Gruppen werden die Freiwilligen ganz bewusst mit ihren Gebeten begleiten.
Intensive Vorbereitung
Über mehrere Präsenz- und Onlineseminare haben sich die neuen Freiwilligendienst-Leistenden gemeinsam mit Birgit Bagaric, der pädagogischen Leiterin des SMMP-Freiwilligendienstes im Ausland, auf ihren Einsatz vorbereitet – besonders intensiv noch einmal eine Woche lang in einer Ferienwohnung mit Selbstverpflegung kurz vor ihrer Aussendungsfeier am 31. August. Da ging es zum Beispiel um Fragen der kulturellen Besonderheiten des Landes oder um die Bedeutung der Sprachkompetenz. Außerdem haben Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow und Generalsekretärin Schwester Theresia Lehmeier das Missionsverständnis der Ordensgemeinschaft thematisiert, in dessen Geist die drei jungen Leute ausgesandt werden.
Carla Cedra hat sich von ihrer Freundin Ida Steinbrück für das Einsatzjahr begeistern lassen. Beide haben in diesem Jahr am Engelsburg-Gymnasium in Kassel ihr Abitur gemacht. „Ursprünglich wollte ich ein Ökologisches Freiwilliges Jahr leisten, und das gar nicht so weit weg. Aber das hat irgendwie nicht geklappt. Dann hat mir Ida von ihrem Vorhaben erzählt, und ich habe mich gefragt: Warum eigentlich nicht?“
„Organisation im familiären Rahmen“
Ida Steinbrück wiederum hatte schon länger den Gedanken, nach ihrem Abitur einen solchen Freiwilligendienst zu absolvieren – und das gerne in einem spanischsprachigen Land. Denn Spanisch hatte sie schon einige Jahre lang an der Schule gehabt. „Mich hat der Gedanke fasziniert, eine neue Kultur kennenzulernen. Dass die Ordensgemeinschaft, die ja auch Trägerin unserer Schule ist, einen solchen Freiwilligendienst anbietet, wurde uns bei einem Berufsinformationstag vorgestellt. Angesprochen hat mich vor allem, dass es eine kleinere Organisation mit familiärem Rahmen ist“, sagt die 20-Jährige.
Dieses Argument war auch für Henry Opitz entscheidend. Er lebt im Kreis Soest und hatte zunächst im Internet recherchiert: „Aber da hat mich die Vielfalt der Informationen einfach erschlagen.“ Dann erinnerte sich der 19-Jährtige an die Erzählungen eines weitläufigeren Bekannten, der ebenfalls mit den Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel in Bolivien war. „Das Konzept des Freiwilligendienstes ‚Mitleben auf Zeit‘ hat mich überzeugt.“ Das besagt, dass man im Mitleben die neue Kultur kennenlernt und sich wertschätzend begegnet, sich an den Einsatzstellen entsprechend der eigenen Fähigkeiten einbringt und voneinander lernen will.
Mitleben auf Zeit
Dafür steht die Abkürzung „MaZ“. Bis jetzt hieß das Programm „Missionar/in auf Zeit“. Aber da der Begriff Missionar/in missverständlich war, haben sich die katholischen Träger in Deutschland im Frühjahr 2024 zur Umbenennung entschieden.
Gleichzeitig freut sich Henry Opitz darüber, dass in Cochabamba noch deutsche Schwestern vor Ort sind: „Denn die Sprache wird am Anfang sicher eine Herausforderung sein.“
„Das habt Ihr gut erkannt“, erwidert Thorben Prünte. Der Vorsitzende des Fördervereins Brückenschlag e.V., in dem sich ehemalige Freiwillige engagieren, hatte seinen Dienst 2015/2016 ebenfalls in Cochabamba absolviert. Er besuchte die aktuellen MaZ in der Ferienwohnung, um sie auf die Besonderheiten Boliviens vorzubereiten, Fragen zum dortigen Leben zu beantworten und ihnen auch Ängste zu nehmen. „Lernt möglichst viel Spanisch. Ohnehin wird es drei bis vier Monate dauern, bis ihr das Gefühl habt, Euch gut unterhalten zu können. Aber in der Arbeit mit den Kindern wird das schon klappen.“
Und Thorben Prünte weiß auch, wie sehr so ein Auslandsjahr prägt. Danach hat er Erziehungswissenschaften studiert, sich schließlich auf Erwachsenenbildung und interkulturelle Bildung konzentriert. Derzeit schreibt er seine Masterarbeit. „Dieses Jahr wird viel mit Euch machen. Ich würde schätzen, dass sich 95 Prozent aller Rückkehrerinnen und Rückkehrer anschließend für ein soziales Berufsfeld entscheiden.“
Neue Lebensperspektiven
Das kann sich mittlerweile auch Carla Cedra vorstellen: „Ursprünglich war das nicht meine Idee. Aber zur Vorbereitung auf das Auslandsjahr sollten wir ja ein Praktikum absolvieren. Das habe ich in einem Kindergarten geleistet. Und da habe ich festgestellt, dass mir die Arbeit mit Kindern richtig viel Spaß macht. Jetzt ist das also durchaus eine Perspektive.“
Ida Steinbrück hat ihr Praktikum vor wenige Wochen in der Ferienbetreuung einer Grundschule in Kassel gemacht und Henry Opitz in der offenen Ganztagsbetreuung seiner ehemaligen Grundschule in Ampen. Der 19-Jährige, der gerade sein Abitur in Soest abgelegt hat, erwägt ohnehin, sich später in den Bereich Pädagogik oder Psychologie zu orientieren. Ida Steinbrück wollte zunächst Medizin studieren, zeigt sich jetzt aber wieder für alles offen: „Ich bin gespannt, wie mich dieses Jahr inspirieren wird. Auch deshalb habe ich mich für diesen Freiwilligendienst entschieden.“
Jetzt beginnt das Koffer-packen
Nun beginnen die drei allmählich ihre Koffer zu packen. Am 12. September werden sie nach Bolivien fliegen. Reichen 23 Kilogramm? Sollte man ein zusätzliches Gepäckstück anmelden? „Nehmt vor allem Alltagskleidung mit. Vieles werdet Ihr dort verschleißen. Ein paar bessere Kleidungsstücke für besondere Anlässe reichen“, sagt Thorben Prünte aus eigener Erfahrung. Das sind praktische Tipps aus erster Erfahrung, für die die neuen MaZ dankbar sind.
Ida Steinbrück will in den letzten Wochen vor der Ausreise jetzt noch einmal viel Spanisch lernen. Und sie hat die letzten Impftermine: Gelbfieber, Typhus, Hepatitis, Tollwut, Tetanus. Es bedarf schon eines längeren Impfplans, um für diese Reise gewappnet zu sein.
„Im Sommer habe ich mit meiner Familie Urlaub gehabt. Es war wertvoll, diese Zeit noch einmal zu haben. Denn bald werde ich sie alle für ein Jahr nicht sehen“, sagt sie. Auch mit ihren Freuden hat sie schon eine kleine Abschiedsparty gefeiert.
Carla Cedra und Henry Opitz wiederum wollen sich nacheinander noch einmal mit einigen ihrer Freundinnen und Freunde treffen. Auch der Abschied von den Familien wird den Jugendlichen nicht leichtfallen. „Im nächsten Jahr werden wir nicht ‚mal eben‘ kommen können. Da gibt es vielleicht auch Anlässe und Feiern, die wir verpassen“, sagt Ida Steinbrück. Und Henry Opitz weiß: „Nicht alle in meiner Familie waren sofort begeistert. Vor allem meinen Großeltern fällt der Gedanke, dass ich ein Jahr weg sein werde, noch schwer.“
Vor den neue MaZ liegen einmalige Erfahrungen und Erlebnisse. Aber was der Abschied bis zum nächsten Sommer bedeutet, werden wohl auch ihre Familien erst realisieren, wenn die drei im Flieger sitzen.