
Im 215. Jahr ihres Bestehens plant die Ordensgemeinschaft in dem afrikanischen Land die Einrichtung einer eigenständigen Ordensprovinz
Beim 215-jährigen Bestehen ihrer Gemeinschaft verfolgen die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel besonders aufmerksam die erfreulichen Entwicklungen in Mosambik. Dort gibt es inzwischen 26 einheimische Schwestern an sechs Standorten. Zwei neue Niederlassungen sind 2022 gegründet worden. Das Generalkapitel hatte im Juli beschlossen, nun die Voraussetzungen zu klären, dass aus der Region eine eigene Ordensprovinz werden kann. Die Regionalverantwortliche Schwester Leila de Souza e Silva berichtet im kontinente Missionsmagazin, unter welchen Voraussetzungen sich dort junge Frauen für ein Leben in der Gemeinschaft entscheiden und wie bereichernd sie ihr kirchliches Engagement erleben.
Der Blick in das südost-afrikanische Land lohnt auch vor dem Hintergrund des Synodalen Weges, der in Deutschland Reformen in der Kirche auf dem Weg bringen will. An diesem Wochenende tagt die nächste Synodalversammlung. Dabei geht es um die Leitungsstrukturen in der KIrche, die Partizipation von Frauen und die Befähigung der Laien.

„Hier kommen viele dieser weltkirchlichen Fragen zwar gar nicht an“, erklärt Schwester Leila, die seit 20 Jahren in Mosambik lebt und die Arbeit der Ordensgemeinschaft zunächst in dem Ort Metarica mit zwei brasilianischen Mitschwestern aufgebaut hat. So sei die Ordination der Frauen dort beispielsweise kein Thema. Umgekehrt sei es aber auch kein Aufreger, wenn Frauen als Gemeindeleiterinnen eingesetzt und mit seelsorglichen Aufgaben betreut würden. Dazu gehören auch Ordensschwestern. Allgemein übernehmen Laien in Mosambik viel mehr Veratwortung in den Gemeinden als in Deutschland. Das sei für sie eine Herausforderung, aber zugleich Motivation.
Glücklich waren die Schwestern in Metarica darüber, dass sie die benachbarte Pfarrkirche während der Coronapandemie als Gemeinschaft separat nutzen konnten. „Dann waren wir ja oft schon 40 oder 50 Frauen. Und wir haben die Liturgie nach eigenem Ermessen gestaltet. Dafür hat uns der Pfarrer viele Freiheiten gegeben“, sagt Schwester Leila. Selbst in den Messen mit dem Priester hätten die Schwestern große Teile der Liturgie übernommen.
„Vor allem im Rahmen der Ordensausbildung wollen wir den Frauen Selbstbewusstsein und ein gesundes Selbstwertgefühl vermitteln. Das soll und darf sich im Leben der Gemeinden und in der Liturgie widerspiegeln“, betont Schwester Leila.
Mädchen machen oft keinen Schulabschluss

Größtenteils werden die Geschlechterrollen in Mosambik noch traditionell interpretiert: „Während die Jungen schon früh viele Freiheiten haben, müssen die Mädchen bereits auf dem Feld oder im Haushalt mithelfen. Und während die heranwachsenden jungen Männer oft eine weiterführende Schule besuchen und sich gesellschaftlich engagieren, brechen die jungen Frauen ihre Ausbildung viel häufiger ab und bekommen schon Kinder“, erklärt die Regionalkoordnatorin. Das zeige sich ebenso in der eigenen Schule mit 550 Kindern und Jugendlichen, die die Ordensschwestern in Metarica aufgebaut haben. Erwachsenen Frauen bieten sie deshalb neben den wichtigen Kursen zur richtigen Ernährung von Babys und Kleinkindern auch sehr bewusst Alphabetisierungskurse an.
Im Gemeindeleben spiegele sich diese gesellschaftliche Realität ebenfalls wider: „Meist sind dort die Männer engagiert. Sie machen fast 90 Prozent der Aktiven in der Katechese und Pastoralarbeit aus. Weil die Frauen zu Hause den Haushalt führen und die Kinder hüten.“ Entsprechend seien die meisten Leitungsaufgaben – sofern sie nicht von Priestern wahrgenommen werden müssen – durch Männer besetzt.

„Aber wenn eine Frau als Gemeindeleiterin die Liturgie gestaltet, ist das für die Männer gar kein Problem“, stellt Schwester Leila fest. Natürlich gelten dann für die Frauen in den Gottesdiensten dieselben Einschränkungen: Sie dürfen nicht wandeln und nicht predigen.“ Diese Grenzen würden die Frauen aber akzeptieren. Das läge wahrscheinlich daran, dass sie in der Kirche schon mehr Freiheiten hätten als in vielen Teilen der Gesellschaft.
Gemeindeleitung mit dem Pfarrer
Dazu gehört, dass sie Wortgottesfeiern halten können, seelsorgliche Aufgaben übernehmen oder die Krankenkommunion überbringen, wie es viele Ordensschwestern machen. Einige Schwestern bilden mit dem örtlichen Pfarrer zusammen das Leitungsteam der Gemeinde. „Metarica hat tatsächlich noch einen eigenen Pfarrer. Aber die Filialgemeinden liegen teilweise zehn oder 20 Kilometer außerhalb. Sie werden von unseren Schwestern betreut“, erläutert Schwester Leila. Denn dafür gebe es auch in Mosambik viel zu wenig Priester.
Ebenso würden die Schwestern als Lehrerinnen und Mitarbeiterinnen in der Schule hohe Akzeptanz genießen. Positiv seien zudem die Erfahrungen der Kommunitäten auf dem Weg – wie die zeitlich begrenzten Einsätze von Schwestern in abgelegenen Gemeinden genannt werden. So etwa in Zambezia, wo die Schwestern gemeinsam mit der Dorfgemeinschaft ein Schulgebäude herrichteten: „Wenn sie in diesen Dörfern mitleben und den Alltag mit den Menschen teilen, werden sie als Ideengeberinnen und Organisatorinnen voll akzeptiert.“
Die jungen Ordensschwestern würden von diesen Erfahrungen sehr profitieren und ihr Selbstbewusstsein stärken. 26 Mosambikanerinnen haben als Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel bereits ihr Noviziat, die Anfangsausbildung, abgeschlossen und eine Profess abgelegt. Neun weitere befinden sich noch im Noviziat. Darüber hinaus gibt es zahleiche Anwärterinnen auf das Noviziat. Die sind die Aspirantinnen, Prä-Postulantinnen und Postulantinnen. Diese Frauen genießen alle eine umfangreiche und vielseitige Ausbildung.
Einige Ordensschwestern studieren sogar. Das ist für Frauen in Mosambik eine Ausnahme. Und wenn sie dann mit einem Hochschulabschluss Arbeit finden, werden sie oft nicht entsprechend bezahlt. Doch mit Freude stellt Schwester Leila fest, dass die Interessentinnen für einen Eintritt in die Ordensgemeinschaft älter werden. „Das hängt damit zusammen, dass es immer mehr weiterführende Schulen gibt und auch immer mehr Mädchen die zehnte oder elfte Klasse besuchen.“
Gegen sexualisierte Gewalt

Wie wenig Selbstwertgefühl die jungen Mädchen teilweise noch haben, die in der Provinz Niassa schon mit 14 Jahren volljährig sind, zeige sich beispielsweise daran, dass sie den Männern nicht selten Sex anbieten, um etwa ein Kleidungsstück wie einen bunten Capulana-Umhang zu bekommen. „Und genauso selbstverständlich nehmen Männer solche sexuellen Angebote an. Oder sie verlangen sie.“ Das führe dann zu sexualisierter Gewalt.
„Die ist in Mosambik leider auch noch viel zu wenig ein Thema, aber ein großes Problem“, bestätigt Schwester Leila. Sie betont: „Dagegen arbeiten wir an – indem wir die Frauen stärken und bei Männern das Bewusstsein verändern. Seitdem unsere Schwestern in Metarica leben und arbeiten, gibt es solche Vorfälle immer seltener.“ Ob auch Priester sexualisierte Gewalt ausüben, ist ihr zwar nicht bekannt, sie hält es aber für vorstellbar. Über den Zölibat würde in der mosambikanischen Kirche in diesem Zusammenhang nicht diskutiert: „Ich bin sicher, dass die meisten Christen in Mosambik gar nicht wissen, was das ist.“

Umgekehrt aber ist die Arbeit in den Gemeinden nicht durch jahrtausendealte Traditionen geprägt. „So ist eine verheiratete Frau als Gemeindeleiterin in Mosambik zwar eine Ausnahme. Aber wenn sie eine solche Aufgabe übernimmt, genießt sie dieselbe Anerkennung wie ein Priester.“ Und ebenso argumentiere niemand mit der Geltung jahrtausendealter Riten gegen Neuerungen in der Liturgie, so die Regionalleiterin. Auch die gute Ökumene mit der muslimischen Gemeinde sei selbstverständlich.
Moderne Mission
Das sieht sie als Vorteil: „Die Menschen begegnen der Kirche unvoreingenommen, lassen sich für sie begeistern. Und wir können sie gut erreichen.“ Insofern sei hier moderne Missionsarbeit möglich, die Menschen durch Bildung und Förderung von Talenten aus dem Teufelskreis der Armut herausholen will, mehr Gleichberechtigung schafft, vor allem die Frauen stärkt und Perspektiven für das eigene Leben eröffnet. Das ist den Schwestern während ihres über 20-jährigen Einsatzes in Mosambik schon tausendfach gelungen. Und weltweit wahrscheinlich hunderttausendfach seit ihrer Gründung am 8. September 1807 vor 215 Jahren.
Den vollständigen Bericht finden Sie in der aktuellen Ausgabe des kontinente-Magazins September/Oktober 2022.