Ein spiritueller Impuls zum Gedenktag der Ordensgründerin am 17. Juli von Schwester Klara Maria Breuer
„Neu erfinden“: Immer wieder lese ich in diesen Wochen in Nachrichten der Verantwortlichen für unsere Region Mosambik, Schwester Leila de Souza e Silva, dieses Wort. Es hakt sich in mir fest, begleitet mich, steckt mich an, sagt mir: Wir Schwestern stellen uns in Mosambik der Situation und geben kreative Antworten. Ähnlich tat es vor zwei Jahrhunderten schon Maria Magdalena Postel.
Wie viel gilt es derzeit neu zu erfinden: Videokonferenzen müssen persönliche Treffen ersetzen. Der sorgfältig erstellte Jahresplan fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Veranstaltungen fallen aus, Reisen sind nicht möglich. Ob uns in Deutschland eine zweite Corona-Welle treffen wird, wir wissen es nicht.
Kreativer Umgang mit der Corona-Situation
Schwester Leila selbst wartet noch auf die Möglichkeit der Reise aus Brasilien, wo sie zum Heimaturlaub war, zurück nach Mosambik. Mit den Schwestern dort gut vernetzt, schreibt sie mir, wie bisher bewährte Pfade angesichts der Corona-Situation nicht mehr funktionieren. Die ordenseigene Schule in Metarica ist noch geschlossen.
Die Ausbildung junger Schwestern muss ganz anders gestaltet werden als vor der Corona-Krise. Denn Außenkontakte und damit pastorale Arbeit sind derzeit kaum möglich. So wird die Zeit auch für viele praktische Lerninhalte genutzt. Dazu gehören Nähkurse, das Anlernen im Backen und in Fertigkeiten in der Küche, Gartenarbeit oder die Freude an einer reichen Ernte, die mit Not leidenden Familien der Schülerinnen und Schüler geteilt wird: „Neu erfinden“ wird zu einem beständigen und kreativen „Sich Einlassen“ auf die Gegebenheiten, um daraus das Beste zu machen.
Regenschirme bauen statt Unterrichten
Angesichts dieses uns allen auferlegten „Neu Erfindens“ begehen wir heute das Fest der heiligen Maria Magdalena Postel. Unsere Ordensgründerin stand in ihrem fast 90jährigen Leben immer wieder vor der Herausforderung, Wege „neu zu erfinden“. Mit Leib und Seele Lehrerin, sah sie in Bildung und Erziehung junger Menschen einen zentralen Auftrag ihrer jungen Gemeinschaft. Dennoch musste sie sich in einer Wegetappe darauf einlassen, mit ihren wenigen Schwestern Regenschirme zu fertigen, statt zu unterrichten. Die verkauften sie auf dem Markt, um das Überleben zu sichern.
Es war diese Zeit in einem Weiler der Normandie, in der sie die spirituellen Weisungen für ihre Gemeinschaft niederschrieb. Später, mit dem Aufbau der zerstörten Benediktinerabtei St Sauveur-le-Vicomte als Mutterhaus beschäftigt, zeigt ein dramatischer Moment ihre innere Stärke und Weitsicht zum „Neu erfinden“. Der mühsam errichtete Glockenturm stürzt in einer Sturmnacht in sich zusammen. Die Schwestern sind dabei, den Mut zu verlieren. Maria Magdalena Postel richtet ebenso pragmatische wie anspornende Worte an sie: „Wir sind nicht hier, um über die Ruinen zu weinen, sondern um sie wieder aufzubauen.“
Stein auf Stein mit Gottvertrauen
Es bedarf vieler bewältigter Wege, um die Kraft aufzubringen, angesichts von Hindernissen solcher Tragweite über den Moment hinauszuschauen. Wieder Stein auf Stein zu setzen, den Blick darauf gerichtet, was daraus werden soll.
Die Aufschrift auf dem Grundstein freilich blieb die gleiche: „Gottvertrauen“. Damit ließ Maria Magdalena Postel ihr Herzenswort in ihn einmeißeln. Dieser lebensbewährten und in ihrem Glauben an Gott erprobten Frau zuhörend, kann „Gottvertrauen“ auch in diesen Tagen, wo wir so vieles neu erfinden müssen, zu einem Wort werden, das aufrichtet, Kraft gibt und über den Augenblick hinaus zu neuen Perspektiven und ungewohnten Wegen ermutigt.