Majestät König Bansah wollte am Karfreitag im Bergkloster Bestwig über sein Leben als Herrscher und Diener berichten – das wird auf 2021 verschoben
In der Autowerkstatt von Cephas Bansah ist der Kunde König. Was die Kunden ihm in seinem blauen Overall allerdings nicht ansehen ist, dass der KfZ-Mechaniker-Meister selbst ein König ist. Statt einer Krone trägt er unter der Hebebühne nur eine Kappe. Schwester Maria Ignatia Langela hatte ihn Anfang März in seiner Wahlheimat Ludwigshafen besucht. Denn eigentlich hatte sie ihn dieses Jahr als zehnten Gast der besonderen Veranstaltungen am Karfreitag ins Bergkloster Bestwig einladen wollen. Diese Veranstaltung wird jetzt auf den Karfreitag 2021 verschoben.
So unscheinbar Cephas Bansah in seiner Arbeitskleidung wirkt: Tatsächlich regiert der 72-Jährige von der Wohnung über seiner Autowerkstatt im Gewerbegebiet Mundenheim aus das Volk der 200.000 Gbi in Ghana. Außerdem wurde er vor 25 Jahren zum „Spiritual Chief“ des ganzen, über drei Millionen zählenden Ewe-Volkes gewählt. Gerne hätte er am Karfreitag über sein „Doppelleben“ berichtet: über die Not in seiner Heimat und seine Ankunft in Deutschland, vom Herrschen und vom Dienen – und wie eng doch beides zusammengehört. „Die Aufgabe als König sehe ich darin, meinem Volk zu dienen“, sagt der drahtige Senior bescheiden.
Schon sein Großvater hatte das Volk regiert. Es gibt keine direkte Erbfolge bei den Gbi. Der König wird von seinem Volk gewählt. Kriterien sind Charakter, kommunikative Fähigkeiten und Charisma. Die Ältesten der Sippen kamen zusammen und bestellten die möglichen Nachfolger ein. Sein Vater war Linkshänder, was für die Königswürde in seiner Heimat ein Ausschlusskriterium ist.
Aber Cephas Bansah hat 72 Geschwister, und so hat das Auswahlverfahren drei Jahre gedauert. „Und der König wird auf Lebenszeit gewählt. Da wollen die Ältesten natürlich sicher gehen, dass sie sich für den Richtigen entscheiden“, sagt Gabriele Bansah, die durch die Heirat mit ihrem Mann zur Königin wurde. Mehrmals im Jahr reisen sie gemeinsam nach Ghana, um die Kontakte zu halten und Regierungsgeschäfte zu regeln.
1970 nach Deutschland gekommen
„In unserer Kultur war es noch lange üblich, dass die Männer mehrere Frauen haben. Das wurde auch beibehalten, als das Land durch die Kolonialisierung christlich wurde“, erklärt die nur 1,70 Meter große Majestät, warum sie so viele Geschwister hat. Kirchlich sei sein Vater natürlich nur mit einer Frau verheiratet gewesen, die anderen habe er nach traditionellem Ritus geehelicht. So wuchsen Kirche und Tradition zusammen. König Bansah selbst ist evangelischer Christ, akzeptiert aber auch den tief im Volk verwurzelten Voodoo-Glauben. In seinem Buch „König zwischen zwei Welten“ schreibt er: „(…) dass sich ein ‚Spirit‘ in jedem zu bearbeitenden Baum versteckt, daran glaube ich.“
Cephas Bansah selbst ist ein moderner Mensch. Nach Deutschland kam er 1970 während des auslaufenden Biafra-Krieges, um eine Ausbildung als Landmaschinenmechaniker zu machen. Zwei Meisterbriefe hängen in seiner Werkstatt: als Landmaschinen- und als Kfz- Mechaniker. 1995 lernte er seine Frau Gabriele kennen. Sie hat er in Ghana kirchlich und traditionell geheiratet. Und sie ist seine einzige Frau.
In seinem Wohnzimmer, das mit vielen Möbeln, Bildern und Gegenständen aus seiner Heimat bestückt ist, hängen Fotos von seiner Familie. Dazu gehören seine beiden inzwischen erwachsenen Kinder, ein Sohn und eine Tochter. „Carlo arbeitet heute schon in leitender Position beim Deutschen Roten Kreuz“, erzählt der Vater sichtlich stolz, „und Katharina ist selbständige Grafik-Designerin.“ Es könnte gut sein, dass Carlo später einmal der König der Gbi in Ghana wird. Wenn die Ältesten ihn wählen.
Seine Arbeit als Automechaniker und das Königsamt gehören für Cephas Bansah eng zusammen. „In Deutschland habe ich die Möglichkeit, auf die Not in Ghana aufmerksam zu machen. Es fehlt an Brunnen, an Schulen und an medizinischer Versorgung.“ Von hier aus könne er viel bewegen und Gelder akquirieren.
Medikamente nach Ghana gebracht
Schon als junger Erwachsener, bevor er zum König gewählt wurde, machte er sich mit vier Freunden von Deutschland aus mit drei Mercedes-Kleinbussen auf den Weg in seine Heimat, um Medikamente dorthin zu bringen. Die Route führte von Genua nach einer Überfahrt mit einer Fähre nach Tunesien, Algerien, Niger, Benin und Togo. Ein durchaus riskantes Abenteuer, das er in den folgenden Jahren noch zweimal wiederholte. Die Menschen in Hohoe dankten es ihm. „Vielleicht haben sie sich daran auch erinnert, als sie mich zum König wählten“, sagt Bansah.
Zuerst sei es ihm unangenehm gewesen, in seiner Wahlheimat Deutschland um Geld und Hilfe für Ghana zu bitten. „Doch als ich einmal deutsche Kinder gesehen habe, die für Kinder auf dem afrikanischen Kontinent Geld sammelten, hat es bei mir ‚Klick‘ gemacht. Da wurde mir schlagartig klar: Wenn die das tun, muss ich das erst recht versuchen. Auf einmal schämte ich mich nicht mehr dafür.“
Seine Königswürde half ihm später, auch zu Botschaften und Politikern Kontakte zu knüpfen. Helmut Kohl, der ebenfalls in Ludwigshafen lebte, nannte Bansah immer „meinen schwarzen Freund.“ Darüber lacht der König: „Natürlich war das doppeldeutig. Denn schwarze Freunde hatte er ja auch in der CDU.“
Aktuell steht er im engen Kontakt mit der deutschen Botschaft, da er Geld für ein Ausbildungszentrum für Jugendliche in Hohoe sammelt. „Bildung ist die Voraussetzung dafür, auf eigenen Beinen zu stehen“, weiß Cephas Bansah. Deshalb will er dieses Zentrum unbedingt verwirklichen. Dort sollen einfache Ausbildungen angeboten werden: ob Näher, Schlosser, Schmied, Dreher oder KfZ-Mechaniker. Für Männer und Frauen gleichermaßen.
Ähnliche Ansätze verfolgen ja auch die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel in ihren Ausbildungszentren, beispielweise in den sozialen Zentren am Stadtrand von Leme in Brasilien oder in Cochabamba in Bolivien.
Am Karfreitag hätte Cephas Bansah für sein Projekt in Ghana gerne Spende gesammelt. Da wollte er über sein Leben berichten und darüber, wie er als König dient – ganz nach einem Sprichwort aus Ghana: Arm und Reich benutzen im Urwald denselben Pfad. „Auch Jesus war König und Diener. Das hat damals Tabus gebrochen, Anstoß erregt und ihn ans Kreuz gebracht“, sagt Schwester Maria Ignatia.
Nun will sie den Kontakt zu König Bansah halten – und seine Majestät hat schon zugesagt, 2021 am Karfreitag ins Bergkloster zu kommen.