Donnerstag/Freitag, 21./22.11.2019
Nampula, Freitagnachmittag, 17:00 Uhr – es ist schon recht düster und die Orientierung zwischen den Koffern fällt ein bisschen schwer. Wo ist bloß das ganze Computerzubehör? Vorhin lag es doch noch neben dem großen Koffer, aber jetzt ist dort ein Chaos aus Kleidung, Schuhen, Mitbringseln.
„Nao tem energia“, – „Es gibt keinen Strom“, hatten uns die Schwestern zur Begrüßung vor knapp drei Stunden gesagt. Es ist unerträglich heiß. An mir ist gefühlt kein einziger Zentimeter mehr trocken. Aber wenigstens läuft das Wasser aus dem Wasserhahn. Doch nach dem Duschen und Abtrocknen ist alles so feucht wie vorher.
Wir hatten eine gute und ruhige Reise. Der Anorak, der mir in Deutschland in der kühlen Novemberluft gute Dienste getan hat, ist seit Johannesburg ein wenig lästig. Er ist so voluminös, dass er nicht mehr in den Koffer und noch weniger in den Rucksack passt und ist einfach überall im Weg.
Inzwischen ist es 23:00 Uhr geworden. Die Hitze hat kein bisschen abgenommen, der Strom ist auch nicht zurückgekehrt. Meine Taschenlampe streikt und mein Handy ist auch am Limit. Na ja, wir sind halt in Afrika, da können wir keine europäischen Standards erwarten. Sr. Leila hat uns gleich nach der Ankunft das Haus gezeigt. Es ist erstaunlich, was sie daraus gemacht haben. Alles ist einfach und funktional, sehr gut durchdacht. Es sind neue Zimmer mit Nasszellen entstanden, die Küche wurde verlegt, Wände wurden eingezogen, Türen eingesetzt, ein Raum für die Männer abgeteilt. Ambrosio, der Fahrer, kommt oft hierher; er hat ein eigenes kleines Zimmer, es gibt auch einen Ort für den Wächter. Ohne einen Mann, der aufpasst, kann man hier nicht wohnen, das ist zu gefährlich. Die Schwestern haben drei Wachen, die sich alle 24 Stunden ablösen: Arlindo, Joaquim und Antonio.
Trotz des relativ engen Raumes wurde ein Platz für zwei Hochbeete gefunden, damit ein bisschen Grün zwischen den Mauern wächst und Zitronengras für den Tee da ist (Sidreira).
Nach dem Abendessen setzen wir uns eine Weile hinaus vor die Tür, ein vergeblicher Versuch, sich ein wenig kühlere Luft um die Nase wehen zu lassen. Mir hat das direkt ein paar Mückenstiche eingebracht. Dann geht es mit einer Taschenlampe der Schwestern ans Packen für morgen, denn es geht schon früh los nach Nametória.
Es ist ein bisschen schwierig, auf die Straße zu kommen, weil überall gebaut wird. Aber schließlich schafft es Ambrosio doch, und wir sind erstaunt, dass eine funkelnagelneu asphaltierte Straße vor uns liegt.
„Das sind die Chinesen“, erklärt uns Sr. Leila. Sie arbeiten schnell und effizient, wenn die Straßen dann auch nicht unbedingt lange halten. Früher haben die Chinesen ohne Rücksicht auf die Bevölkerung ihre Straßen schnurgrade und, wenn nötig, auch durch ein Wohngebiet gelegt. Als Entschädigung haben sie den Leuten neue Häuser hingestellt, die aber von der Bevölkerung nicht angenommen wurden. Jetzt bauen sie Kurven um die Wohngebiete herum. Von Kurven ist erst mal nichts zu sehen, aber welch ein Unterschied zu unserer letzten Reise vor einem Jahr! Überall sind neue Brücken entstanden, und erst
nach der Hälfte der Strecke beginnt die Huckelpiste. Einige alte Brücken aus der Zeit der portugiesischen Kolonialherrschaft sind erhalten geblieben. Die seien wirklich gut gebaut, weiß Sr, Leila, denn sie halten den Unwettern stand, während man nicht weiß, wie lange die chinesischen Brücken halten.
In der Gegend, durch die wir fahren, gibt es praktisch nur Landwirtschaft. Die Mangobäume sind voller Früchte, und entlang der Straße wachsen viele Cashew-Bäume. Hier wird nur die Cashew-Nuss genutzt, anderswo macht man auch Saft von den Früchten. Auf privater Ebene beginnt man inzwischen auch mit der Weinproduktion aus Cashew-Äpfeln. Die Papayas reifen hoch auf den Bäumen und auf den Feldern wächst jede Menge Maniok. Das ist das Hauptnahrungemittel der Menschen hier, während es im Norden, in Niassa, wo Metarica liegt, der Mais ist.
Unterwegs erzählt uns Ir. Leila von einem Überfall in Metarica: In der Nacht auf Freitag hat eine Bande verkleideter und bewaffneter Männer einen Ladenbesitzer überfallen und getötet. Ein weiterer konnte sich knapp durch Flucht retten. Der Getötete war ein guter Freund der Schwestern, ein angesehener Mann in Metarica, bei dem die Schwestern immer einkaufen gingen. Die Erschütterung im Dorf ist groß, vor allen, weil vermutet wird, dass ein Einheimischer mit der Bande unter einer Decke steckt. Es ist das erste Mal, dass so etwas im eher ruhigen Metarica passiert ist, und natürlich fragen sich jetzt alle, wem sie noch trauen können. Auf jeden Fall zeigt dieser Fall, dass die Wachen in den Schwesternhäusern nicht überflüssig sind.
Der Weg nach Nametória ist heute erfreulich kurz: Nach etwas mehr als drei Stunden sind wir schon da. In der Einfahrt erwarten uns die Frauen vom Projekt „Pão da Esperança mit Gesang und Trommeln, kurz dahinter trommeln und singen unsere Aspirantinnen.
Der Rest des Tages vergeht mit Besichtigungen: einige vor, andere nach dem Essen. Zunächst führt uns Sr. Leila zum Ziegenstall. 16 Ziegen sind inzwischen da, das letzte Zicklein ist noch ganz neu und etwas unsicher auf den Beinen. Die Ziegen leben mit Enten, Hühnern und Tauben friedlich in einem großen Gehege zusammen. Ihr Hauptnahrungsmittel ist Maniok. Einige Pflanzen liegen im Gehege, und wir können beobachten, wie die Ziegen genüsslich die Wurzeln verspeisen und von den Ästen die Rinde abkauen. Was übrig bleibt, sind blanke Äste, die den Schwestern als Feuerholz dienen. So ist allen geholfen: Die Schwestern haben gute Nutzer für ihr Maniok gefunden und die Ziegen sind glücklich.
Das Gelände ist riesengroß. Die ganze lange Einfahrt ist gesäumt von Mangobäumen, und auch überall auf dem Gelände stehen welche. Es gibt unterschiedliche Arten mit Früchten verschiedener Größe und Farbe: grün, gelb, rot, violett. Auch die Reifegrade sind unterschiedlich. Auf den Feldern stehen einige Papayabäume, und zwischen den Maniokpflanzen wachsen Erdnüsse. Ohne die Frauen vom Projekt „Pão da Esperançã“ – „Brot der Hoffnung“ könnten die Schwestern die Bewirtschaftung des Grundstücks gar nicht schaffen. Die Frauen verdienen sich durch die Bearbeitung des Landes ein bisschen Geld und können auch Erträge mit nach Hause nehmen. Die Produkte werden an die anderen Konvente verkauft. Metarica z.B. ist ein guter Abnehmer, denn für die Schulspeisung werden Nahrungsmittel aller Art gebraucht, aber auch Nampula und Cuamba bekommen ihren Anteil. Mit dem Fleisch geht es genauso.
Auf unserem Rundgang kommen wir bei den Mädchen vorbei, die gerade ihr Mittagessen gekocht und gleichmäßig auf 12 Teller verteilt haben. Auf dem Gelände liegt das „Centro de Formação Pão da Esperança“, das vor einigen Jahren erbaute Gebäude für die Alphabetisierung der Frauen. Es hat zwei Klassen, einen Nähraum, einen kleineren Raum für Gruppen und ein Sekretariat. Das Haus werde gut genutzt, sagen die Schwestern. Eine Frauengruppe kommt Montag und Mittwoch, die andere Dienstag und Donnerstag. Ein junger Mann namens „Momade“ ist als Lehrer eingestellt und macht seine Sache mit viel Engagement. Wenn die Frauengruppen nicht da sind, kommen unsere Mädchen zum Lernen hierher. Irmã Consolata zeigt uns das Lernmaterial. Die Frauen sind stolz, wenn sie mit Buchstaben ihren Namen legen können.
Wir gehen um das große Gelände herum und suchen uns einen Einstieg mitten zwischen den Dornbüschen. Zum Abschluss unseres Rundganges lernen wir noch Futuro kennen, den Ziegenbock und Vater all der kleinen Zicklein, die hier herumspringen. Man muss ihn getrennt von seinen vielen Frauen halten, sonst gehen die Hormone mit ihm durch und er bedrängt die Frauen stürmisch, so stürmisch, dass schon einmal ein kleines Zicklein im Mutterleib gestorben ist, weil er die Mutter so bedrängte.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit werden wir Zeugen vom Versuch, die Ziegen alle in die Ställe zu treiben. Heute will es nicht so gelingen, die Ziegen fassen das Hineintreiben offensichtlich als Spiel auf und springen in großen Sätzen immer wieder davon, aber schließlich gelingt es doch.
Den Abend haben wir frei und können die Zeit nützen, unsere Mails zu checken. Von Nampula haben sie uns den Router mitgegeben, der auch funktioniert. Ach ja, heute haben wir Strom und haben schnell alle unsere Geräte aufgeladen. Man weiß ja nie, wie lange der Segen anhält!
Sr. Maria Thoma ist schon in der Waagerechten, daher will ich nun auch bald Schluss machen, damit das Tippen ihre Träume nicht stört. Ich muss mich aber sehr zusammenreißen, dass mir kein Entsetzensschrei entfährt, als ein besonders dicker Käfer unter meinem Bett hervorspaziert kommt. Mit einem Schuh befördere ich ihn hinaus und hoffe inständig, dass er nicht wieder zurückkommt. Leider scheint er kein Einzelgänger gewesen zu sein. Aus einer anderen Ecke kommt wenig später ein ebenso großes Prachtexemplar, dem ich dieselbe Behandlung angedeihen lasse, nun aber schon richtig angewidert.
Zur Krönung flattert dann noch ein ziemlich großes Etwas durchs Zimmer, das ich zunächst für eine Fledermaus halte. Vielleicht ist es auch ein Nachtfalter. Da es sich in Richtung Tür bewegt, öffne ich sie schnell und er fliegt hinaus.
An der sehr hohen Decke sehe ich noch einen schwarzen Schatten. Ich will gar nicht wissen, was das für ein Tier ist, vielleicht ein Kollege vom Falter. Nichts wie ab unters Moskitonetz! Eine ganzen Weile höre ich es noch krabbeln und flattern.
Sonntag, 24. November
Die Laudes beten wir heute mit den Präpostulantinnen Amélia, Rabia und Aminda. Der Gesang ist kräftig, und alles wird mit Rasseln und Trommeln begleitet. Eine weitere Gruppe auf dem Gelände – vielleicht die Aspirantinnen oder die Vocacionadas – kann es noch lauter als wir und übertönt mit ihren Trommelwirbeln alles.
Nach dem Frühstück teilen wir uns auf verschiedene Gemeinden auf. Wir gehen mit Sr. Leila, Sr. Santa und Amélia in eine Gemeinde, die etwas außerhalb liegt. Die Gemeindemitglieder hatten in Eigenarbeit einen neue Kirche gebaut. Kurz vor der Einweihung hat ein Sturm das ganze Gebäude wieder in sich zusammenfallen lassen. Nun haben sie ein Gebäude gemietet bis sie wieder genug Geld zusammen haben, um die Kirche neu aufbauen zu können.
Unser Besuch hat das Ziel, den Menschen unsere Solidarität zu zeigen, indem wir mit ihnen beten. Etwa 150 Gemeindemitglider erwarten uns mit Gesang und rhythmischem Klatschen. Wir begrüßen alle mit Handschlag. Die Verantwortlichen beschließen, dass wir wegen der Hitze draußen bleiben, und schnell wird alles aus der provisorischen Kirche geholt: Altar, Ambo, Leuchter, Altardecken, Kerzen und Blumen.
Dann folgt der feierliche Einzug der Gemeindeverantwortlichen. Heute ist Wortgottesdienst, weil der Pfarrer in einer anderen Gemeinde ist. Alles ist sehr würdig und mit viel Gesang, der von einem engagierten jungen Mann dirigiert wird. Die Art zu singen ist ganz anders als bei uns, sehr kräftig und viel urtümlicher.
Und immer wird dazu geklatscht.
Die ganze Zeremonie ist auf Makua, was auf Dauer ein wenig ermüdend ist. So muss es den Ausländern bei uns gehen, denke ich. Ein paar Kinder vor uns drehen sich ständig um, um uns mit großen Augen anzusehen. Bestimmt sind Menschen mit weißer Hautfarbe für sie gewöhnungsbedürftig und machen auch ein wenig Angst.
Nach dem Gottesdienst besuchen wir die Kirchenruine einige hundert Meter entfernt. Es ist ein Bild des Erbarmens: Ein Teil der Außenmauern steht noch, aber überall liegen die Steine herum. Daneben bauen Männer schon an einer provisorische Kirche aus Holz und Wellblech. Einige klopfen die Nägel aus der kaputten Kirche gerade, damit sie wieder verwendet werden können. Sr. Leila beginnt sofort, den Männern fachmännische oder soll ich sagen: fachfrauliche Ratschläge zu geben und diskutiert lange mit ihnen über Säulen und Befestigungen. Sie kann aus einem reichen Erfahrungsschatz schöpfen bei all dem, was sie schon gebaut oder baulich beaufsichtigt hat!
Anschließend besuchen wir noch eine kranke Frau mit Aszites. Seit fünf Jahren leidet sie daran, dass sich immer mehr Wasser im Bauch ansammelt und nichts getan werden kann. Eigentlich müsste man die Grundkrankheit behandeln, denke ich, aber hier in Mosambik ist das alles nicht so einfach. Es wundert mich etwas, dass Sr. Santa mich fragt, ob ich denn kein Foto machen wolle. Ich will nicht, aber die junge Frau nickt, als ich sie frage, ob sie das möchte. Dennoch habe ich Skrupel dabei.
Als wir wieder zuhause sind, setzt ein heftiger Regen ein. Sr. Leila kommt, um einige Dinge zu besprechen, aber es ist so laut, dass man seine eigenen Gedanken kaum versteht. Wir rücken unsere Hocker ganz nah zusammen, aber ich kann trotzdem nicht garantieren, dass ich alles mitbekommen habe.
Nach der Mittagspause, die wir schlafend bzw. schreibend verbracht haben, ist eigentlich das Treffen mit den Mädchen vorgesehen, die bei uns wohnen: Aspirantinnen, Präpostulantinnen und Postulantinnen. Doch zunächst kommt Padre Chuva, der Pfarrer der Großgemeinde. Er ist des Lobes voll über die Arbeit der Schwestern.
Die Mädchen haben eine ganze Stunde auf uns gewartet. Die einzelnen Gruppen präsentieren sich in unterschiedlichen Capulanas und zeigen uns bei Trommelwirbel und Gesang, was sie tänzerisch draufhaben. Eine ganz schöne Herausforderung für die Kondition. Zum Abschluss bekommen wir drei Besucherinnen Capulanas und Hüte. Sehr praktisch und schön! Es wird schon ein bisschen dämmrig, als wir fertig sind. Nun stehen noch drei Einzelgespräche an, bevor es Abendessen gibt. Dann ist es aber auch genug für heute. Die Hitze schafft einen ganz schön. Morgen geht es wieder nach Nampula.
Montag, 25.11.2019
Wir fahren pünktlich von Nametória ab, natürlich nicht, ohne mit Trommeln und Gesang von unseren Aspirantinnen und Prä-Postulantinnen verabschiedet zu werden.
Kurz nach Nametória schaut Sr. Leila noch einmal kurz bei der kranken Frau vorbei, die wir gestern besucht haben, um ihr etwas zu bringen. Sie kommt bewegt wieder. Die Frau war heute allein im Haus, da alle anderen Arbeiten waren. „Das ist wirkliches Leiden“, sagt sie immer wieder. „Sie ist noch so jung und kann gar nichts alleine machen. Wir beschweren uns oft über Kleinigkeiten. Es täte uns gut, an sie zu denken, wenn wir wieder mal herummeckern. Und es ist gut, Kontakt zum Volk zu pflegen. Das holt uns vom hohen Ross herunter und macht uns demütig.“
Die Fahrt verläuft ruhig, wir sind alle ein bisschen schläfrig. Nur Ambrosio, unser Fahrer, muss hellwach sein. Aber wenn er am Steuer sitzt, können beruhigt alle die Augen zumachen, denn er chauffiert uns gut und sicher. In den wachen Momenten fällt mir auf, dass es wieder Kühe in Mosambik gibt, und sogar ziemlich viele. Sie grasen auf Weiden und werden von Hirten über die Straße geführt. Auch Ziegenherden begegnen wir. In den Jahren nach dem Bürgerkrieg gab es kaum Tiere in Mosambik, weil die Menschen in ihrer Not alles essen mussten, was eben essbar war. Nur langsam haben Ackerbau und Viehzucht sich erholt.
Ich bin absolut begeistert von den vielen Cajú Bäumen (Cashew). Sie haben eine so mächtige Krone, dass sie wie ein riesiger Schirm aussehen, der Schutz vor der starken Sonne bietet. Zum Teil hängen die Zweige fast bis zur Erde herab.
Ab Nametil – das ist die Hälfte der Strecke – gibt es eine geteerte Straße. Allerdings müssen wir streckenweise parallel zur Straße auf der Piste fahren, weil die Teilstrecken noch nicht freigegeben sind. Dennoch macht es Hoffnung, dass die Infrastruktur in diesem Land schrittweise besser wird.
Wir kommen pünktlich zum Mittagessen in Nampula an. Schön ist es, nach Hause zu kommen! Am Nachmittag heißt es schon wieder Koffer packen, damit Ambrosio alles im Wagen verstauen kann und wir morgen zeitig auf die Straße kommen. Es gewittert und regnet ziemlich kräftig. Der Regen wird einerseits begrüßt, andererseits mit Sorge wahrgenommen, denn morgen führt eine große Wegstrecke über ungeteerte Straße. Das kann Probleme geben. Dass am Nachmittag noch fünfmal der Strom ausfällt und wir im Stockdunklen stehen, nehmen wir mit Gelassenheit auf. So lange es nicht 24 Stunden dauert, ist das völlig normal.
Wir nützen die verbleibende Nachmittagszeit noch, um einige Gespräche zu führen. Nach dem Abendessen sind wir aber dankbar, dass das Programm für heute beendet ist.
Dienstag, 26. November 2019
Heute ist frühes Aufstehen angesagt, denn um 05:00 Uhr wollen wir uns auf den Weg nach Metarica machen. Da die Koffer und alles andere schon im Wagen sind, schaffen wir das auch. Sr. Leila hat Sorge, weil es die ganze Nacht geregnet hat und große Teile des Weges ohne Asphalt sind. Der Abschied fällt nicht sehr schwer, weil die jungen Schwestern alle zur Professfeier am Sonntag kommen wollen.
Die erste Strecke bewältigen wir ohne Schwierigkeiten. Die Straße ist asphaltiert und wir kommen gut voran. Erstaunlich für uns, wie viele Menschen schon unterwegs sind, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land, meist zu Fuß, wobei Frauen und Männer schwere Lasten auf dem Kopf tragen. Außerhalb der Stadt fahren auch viele mit dem Fahrrad, das manchmal übervoll beladen ist – mit Holz, Kohle, dicken Säcken, mehreren Personen.
Dass wir in Malema ankommen, merke ich daran, dass der Asphalt aufhört und es extrem huckelig wird. Die Löcher und Erhebungen bringen das Auto zum Schaukeln, und der erste Buckel kommt so überraschend, dass die Cola aus der Dose hüpft und mir mitten ins Gesicht springt. Im weiteren Verlauf habe ich den Eindruck, dass Ambrosio die doppelte Strecke fahren muss, weil er all die Schlaglöcher, die mit Wasser gefüllt sind, umfahren muss.
Aber zunächst einmal machen wir eine Pause bei den Irmazinhas. Das ist obligatorisch, und ich weiß aus den vorigen Mosambikbesuchen, wie wichtig es ist, gute Kontakte zu pflegen. Man braucht einander in diesem Land und wohl auch nicht nur hier. Irmã Eni deckt schnell den Tisch und macht Wasser für den Kaffee heiß. Den Kuchen und das Brot haben wir mitgebracht, die Marmelade stellt wieder Irmã Eni. Sie ist Brasilianerin, würde aber auch als afrikanische Mama durchgehen. Wir stellen fest, dass wir in beiden Kongregationen sieben Schwestern haben, die demnächst Gelübde machen, das ist wirklich ein Grund zur Freude. Irmã Eni freut sich besonders, dass sie dieses Mal bei einem postelianischen Fest dabei sein kann.
Gut gestärkt machen wir uns wieder auf den Weg. Die Sorge von Irmã Leila war nicht ganz unbegründet, der Regen hat überall große Pfützen hinterlassen. Es ist ganz schön gefährlich, aber Ambrosio ist ein begnadeter Autofahrer und fährt sicher um die Löcher herum.
Zum Mittagessen werden wir in Cuamba erwartet und kommen auch pünktlich dort an. Die acht Novizinnen und Ir. Conceição begrüßen uns mit lautem Tamtam. Die jungen Frauen sprühen nur so vor Leben und so geht es beim Essen auch recht lebhaft zu. Auch hier heißt es bald wieder Abschied zu nehmen, aber da es nur „Bis Freitag“ heißt, fällt es nicht schwer.
Den Rest der Fahrt überstehen wir gut, da es hier offensichtlich noch nicht geregnet hat. Gegen 15:00 Uhr kommen wir gut in Metarica an. Auch hier begrüßen uns die Schwestern und Mädchen mit Trommeln und Gesang. Mittendrin sind die beiden MaZ Johanna und Katharina; sie gehen auch mit in die Kapelle zur Danksagung. Für die große Zahl von um die 30 Personen ist die Kapelle eigentlich zu klein, aber die Devise von Sr. Leila ist: Lieber eine kleine Kapelle voller Menschen als eine große Kirche ohne Gläubige. Über fehlendes Leben brauchen wir uns Gott sei Dank hier nicht zu beklagen.
Nach dem Dankgebet gibt es Kaffee, und dann dürfen wir auspacken. Wir müssen gut sortieren, was wohin gehört. Von unseren vier Koffern sind zwei ganz für Metarica, aber in den anderen findet sich auch noch das eine oder andere, was nicht uns gehört, sondern abgegeben werden muss.
Da heute Dienstag ist, beten zur Vesperzeit alle zusammen den Rosenkranz. Inzwischen hat der Regen eingesetzt, und so ist es draußen, wo sonst gebetet wird, etwas ungemütlich. Daher wird beschlossen, in die überdachte Halle zu gehen, die auf dem Schulgelände steht.
Vorher muss aber noch draußen der Angelus gebetet werden, Regen hin oder her. Dafür wird die große Glocke geläutet, die Sr. Leila bei ihrem letzten Besuch aus Deutschland mitgebracht hat. Ich staune, wie gut das klappt. Aus Noviziatszeiten weiß ich, dass das gar nicht so einfach ist.
Der Rosenkranz wird in verschiedenen Sprachen gebetet: Portugiesisch, Makua, Lateinisch und Deutsch. Auch hier bin ich erstaunt, wie gut das klappt. Durch den Wechsel in den Sprachen erscheint das Gebet viel kurzweiliger.
Nach dem Abendessen, das unmittelbar nach dem Beten stattfindet, ist gemeinsames Auspacken der Koffer aus Deutschland dran. Daran dürfen nur die Schwestern mit zeitlicher und ewiger Profess teilnehmen, denn hier ist hierarchisch alles sauber getrennt. Es ist eine Freude, dabei zuzusehen. Jedes Teil wird in die Hand genommen, und es wird diskutiert, wie und wo es verwendet wird. Ein schönes Beispiel für echte Gütergemeinschaft.
Mittwoch, 27. November 2019
Es hat die ganze Nacht geregnet, aber beim Frühstück kommt die Sonne hervor. Sr. Leila nimmt uns mit zum Besuch des Geländes, rät uns aber, alte und feste Schuhe anzuziehen, weil es matschig sein könnte.
Wir beginnen mit dem Garten. Ir. Leila steuert zielgerichtet auf junges Weinlaub zu, das sich an einem Gestell hochrankt. Sie ist ganz stolz, dass es zum ersten Mal nach 20 Jahren gelungen ist, Wein hochzuziehen. Trauben sind noch nicht dran, werden aber für das nächste Jahr erwartet.
Dann geht es aber direkt zum Schweinestall, der derzeit das Vorzeigeobjekt Nummer 1 ist. Er bietet 75 Schweinen Unterkunft, und bis zum Ende des Jahres sollen es 100 sein. Er ist wirklich nicht zu vergleichen mit dem Vorgänger, der klein und stickig war. „Unwürdig war er“, stellt Ir. Fátima fest. Jetzt sind hier zwei Reihen von Boxen, in denen die Schweine Bewegungsfreiheit haben. Es gibt ein System der Wasserzufuhr für alle Ställe, und es wird genau Buch geführt über jedes Schwein, damit der größtmögliche Nutzen bei der Schweinezucht erzielt werden kann und kein Schwein nur im Stall steht, um zu essen.
Man rechnet, das die Schweine nach dem Decken drei Monate trächtig sind und nach der Geburt die Kleinen drei Monate lang säugen. Dann brauchen sie drei Tage zum Ausruhen und können wieder gedeckt werden. Wenn man länger wartet, verliert man kostbare Zeit. Sr. Fátima hat sich bei ihrem Bruder erkundigt, der sich auskennt.
Wir gehen an den Boxen entlang und bewundern die vielen Bewohner. Die Boxen sind nummeriert, damit man nicht den Überblick verliert. Namen erhalten die Schweine nicht, denn dann würde man eine Beziehung aufbauen und könnte das Schwein nicht mehr essen. Ein Schwein ist besonders vorwitzig und versucht immer, über die Wand seiner Box zu schauen. Metarica versorgt alle Häuser mit Schweinefleisch und spart dadurch viel Geld.
Ein weiteres Vorzeigeobjekt ist das neue Wasserreservoir. Wasser ist ja ein riesengroßes Problem in Mosambik. Und hier auf dem Gelände, wo täglich 600 Menschen sind, wird sehr viel Wasser verbraucht. Inwischen gibt es drei Wasserreservoire mit je 60.000 Litern Fassungsvermögen, insgesamt also 180.000 Liter. Ein ausgeklügeltes System von Rohren bewirkt, dass das Wasser gleichmäßig in die Wasserreservoire fließt. Am Anfang der Regenzeit sei es immer schwierig, sagt Ir. Fátima, weil von den Dächern Schmutz und Blätter ins Wasser gelangen und man ständig die Filter und andere Plastikteile säubern muss, weil sonst alles verstopft und kostbares Nass verloren geht. Es dauert ein paar Tage, bevor das Wasser sauber ist.
Wir besichtigen den „Espaço“, eine Art überdachter Platz für Treffen aller Art, gestiftet von Frau Bosch. Wir haben hier gestern schon den Rosenkranz gebetet. Anschließend zeigt und Sr. Argentina stolz ihren Laden, der einmal im Monat für die Leute aus Metarica geöffnet und sehr gut angenommen wird. Hier wird alles verkauft, was irgendwie entbehrlich ist, und manches Teil aus den Paketen steht in den Verkaufsregalen: Knöpfe, Stoffe, Taschen, Rosenkränze und vieles mehr. Die Schwestern und jungen Frauen machen auch Handarbeiten zum Verkauf. Das stärkt das Gefühl, für den eigenen Unterhalt mit verantwortlich zu sein.
Neben dem Laden befindet sich der Quiosque, der Kiosk, an dem an den Verkaufssamstagen Kuchen und Obst verkauft wird und an den Schultagen etwas für die Kinder, wie z. B. Plätzchen.
Auf dem Rückweg zum Haus gehen wir am Nähzimmer von Sr. Argentina vorbei. Sie ist gerade mit unseren Capulanas beschäftigt und ist glücklich über das Nähgarn, das in vielen Farben gestern aus Deutschland gekommen ist. Es war genau das, was ihr fehlte. Sr. Argentina macht die Näharbeiten mit großer Hingabe. Was sie in Deutschland gelernt hat, kann sie hier gut anwenden! Bei Fragen wendet sie sich per WhatsApp an ihre Lehrerin Sr. Laetitia und löst die Probleme per Fernwartung.
Nach unserem Rundgang sind wir voll mit Informationen und brauchen ein bisschen Zeit, alles zu verdauen bzw. das eine oder andere aufzuschreiben. Aber bald schon gibt es Mittagessen. Der Nachmittag ist Gesprächen gewidmet. Es ist gut, dass wir keine Außentermine haben, denn das Wetter ist sehr instabil. Mehrmals gibt es starke Regengüsse, da mag man nicht draußen sein.
Donnerstag, 28. November 2019
Wir arbeiten den ganzen Tag mit den vier Schwestern, die sich auf die Ewige Profess vorbereiten. Weil heute der Geburtstag unserer Gründerin ist, gibt es für alle, die derzeit auf dem Gelände sind – es sind 36 Personen – Mittagessen im „Espaço“. Als Nachtisch spendieren wir Milka für alle, was mit großen Hallo und lautem Klatschen begrüßt wird.
Es gießt in Strömen. Der Lärm ist so laut, dass man beim Beten der Vesper nichts versteht, obwohl die jungen Frauen aus voller Kehle singen.
Viele Tiere kommen heraus, unter anderem die mir schon bekannten Tausendfüßler, die hier Maria café genannt werden, warum auch immer.
Wie mag es den Menschen in den Hütten bei diesen heftigen Regenfällen gehen? Auf dem Weg von Cuamba hierher haben wir gesehen, dass einige Dächer unvollständig gedeckt waren. Vermutlich wird der starke Regen die Häuser zerstören. Das ist bitter für die Menschen. In Nampula hat die große Palme Blätter abgeworfen. Zusätzlich haben die Nachbarjungen einen selbstgemachten Fußball aus Lumpen auf das Dach befördert, so dass das Dach beschädigt wurde und undicht ist. Die Küche stehe unter Wasser, berichtet Sr. Leila. – Man ist den Naturgewalten ausgeliefert.
Beim Rundgang durchs Gelände geht mir durch den Sinn: Man muss vielseitig begabt sein, um ein solches Werk aufzubauen und zu erhalten. Es genügt nicht, in seinem Beruf gut zu sein. Man muss die Augen überall haben und in vielen Bereichen Bescheid wissen: in Landwirtschaft, Hausbau, Hauspflege, Stromund Wasserversorgung. Oder man muss viele Leute haben, die in den einzelnen Bereichen Experten und absolut zuverlässig sind.
Freitag, 29. November 2019
Am Vormittag haben wir Unterricht und Einzelgespräche bei den Professschwestern. Draußen ist es unruhig. Ständig kommt jemand vorbei, um etwas von A nach B zu befördern, meistens auf dem Kopf.
Am späten Vormittag schon reisen die ersten Gäste an: Die Familie von Sr. Felizarda ist schon um 03:00 von zu Hause aufgebrochen. Am frühen Nachmittag kommen die Schwestern aus Nametória und Cuamba. Wer versucht haben sollte, eine Siesta zu halten, wird spätestens jetzt unsanft aus dem Schlaf gerissen, denn die Wiedersehensfreude ist lautstark. Aus der Kirche hört man Trommeln und Gesang – alle, die irgendwie an der Professmesse mitwirken, üben Stunde um Stunde, unermüdlich.
Das gesamte Tagesprogramm ist durch die Festvorbereitung durcheinander gerutscht. Das kennen wir schon aus anderen Jahren; es gehört einfach dazu. Uns verschafft es etwas Luft, um am Bericht zu arbeiten, die morgige Laudes vorzubereiten und den Totenbrief zu schreiben.
Es sind schon viele Gäste hier und entsprechend sind alle sehr eingespannt mit der Betreuung und Versorgung. Es ist schon eine große Herausforderung, dafür zu sorgen, dass die Menge etwas zu essen bekommt und das Essen dann auch noch an die verschiedenen Ausgabestellen geschafft wird. Das Geschirr muss auch hin- und hergeschleppt und schließlich wieder gespült werden. Für Sonntag haben die Schwestern einen Catering-Service aus Cuamba bestellt, damit sie etwas entlastet sind. Heute ist mitten im Kochen und Backen der Strom ausgefallen – ein absoluter Horror. Wenn so etwas am Sonntag passieren würde – nicht auszudenken! Aber die Firma wird für solche Situationen vorgesorgt haben und möglicherweise mit Holz kochen.
Inzwischen ist es ruhig geworden, die Schwestern und Mädchen sind in Richtung ihrer liegenden Güter abgezogen. Es regnet die ganze Zeit in Strömen, gut für den Wasserhaushalt und die Füllung der Wasserreservoire, schlecht für die Straßen und die Menschen, die unterwegs sind. Wir hoffen, dass morgen alle gut ankommen!
Samstag, 30. November 2019
Der Tag beginnt mit den Laudes mit integrierter Feier der Tauferinnerung. Damit alle Platz haben, werden noch Hocker aus den Ecken geholt. Tatsächlich können in der schon normalerweise vollen Kapelle noch weitere 12 Personen untergebracht werden. Vor dem Altar steht ein Tisch mit einem Krug mit Wasser, einer leeren Schale, einer Kerze und einem weißen Tuch. Sr. Maria Thoma erklärt die Symbole und geht hinterher mit der Wasserschale durch die Reihen, damit jede sich segnen kann. Alle sind sehr aufmerksam und sind beeindruckt von der Feier.
Nach dem Frühstück setzen wir uns noch einmal mit den Professschwestern zusammen, um den Ablauf der Messe zu besprechen. Im Haus hat inzwischen samstägliches Großreinemachen begonnen. Überall wird geputzt, gewaschen und gewienert. Wir dürfen die Zeit nutzen für diverse Schreibtischarbeiten, die wir noch zu erledigen haben, und der Vormittag vergeht viel zu schnell.
Der Gesang, der den ganzen Tag aus der Kirche dringt, zeigt intensives Üben an. Die Düfte, die aus der Küche über den Flur wabern, verheißen Gutes für morgen, aber auch schon für heute. Wir dürfen schon mal das eine oder andere probieren, was die Gäste vorgesetzt bekommen, die erst morgen früh anreisen: Schnecken mit Kokosfüllung. Sr. Fátima ist eine wahre Künstlerin! Heute hat sie Verstärkung durch Sr. Conceição, und das ist gut so, denn diese Feier ist ein Großunternehmen. 350 Gäste werden erwartet. Und das sind nur die, die sich angemeldet haben und auf der Liste stehen.
Die Luft ist voller Erwartung, und auch wir lassen uns vom Fieber anstecken.
Mit dem Bild verabschieden wir uns fürs Erste.
Wir danken für alle Begleitung und bitten weiterhin um Ihr Gebet. Ihnen allen einen guten Start in den Advent!
Sr. Maria Thoma und Sr. Theresia