Pater Cosmas Hoffmann ermutigt beim Placida-Empfang dazu, von anderen Religionen zu lernen
In seinem Vortrag beim Placida-Empfang am Donnerstagabend im Bergkloster Heiligenstadt ermutigte Pater Cosmas Hoffmann zu einem offenen, interreligiösen Dialog: „Wir richten uns gern innerhalb unserer eigenen Grenzen ein. Aber wir müssen lernen, von anderen Kulturen und Religionen zu lernen.“
Pater Cosmas ist Koordinator des sogenannten Monastischen Interreligiösen Dialogs in Europa. Diesen Dialog führen Ordensgemeinschaften verschiedener Religionen. Zugleich ist der Benediktiner-Pater Dozent für Fundamentaltheologie und Religionswissenschaft an der Philosophisch-Theologischen Hochschule SVD St. Augustin und Subprior in der Abtei Königsmünster in Meschede.
Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow verwies in ihrer Begrüßung vor den rund 150 geladenen Gästen darauf, dass der Dialog zwischen den Religionen immer wichtiger werde: „Das sehen wir hier bei uns in Deutschland, wo sich viele Menschen fragen, ob der Islam ein Teil unserer Gesellschaft ist oder die Kultur des Abendlandes bedroht.“
Auch bei den Ordensgemeinschaften ist die interreligiöse Annäherung längst ein Thema. So laden die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel beispielsweise schon seit drei Jahren vom Bergkloster Bestwig aus an wechselnden Orten alle zwei Monate zu interreligiösen Meditationen ein. Erst Anfang Mai fand die in der Abtei Königsmünster statt.
Selbst hat Pater Cosmas einige Jahre in Isarael und in Indien gelebt, das Judentum, den Hinduismus und den Buddhismus näher kennengelernt. Und er bekennt: „Dabei haben ich die Begegnung mit anderen Religionen für mich immer als ganz große Bereicherung empfunden.“
Offener Dialog braucht eigene Überzeugung
Beispiele persönlicher Erfahrungen brachte Pater Cosmas vor allem auch noch einmal nach seinem Vortrag, als Raum für Fragen blieb. Da erzählte er von einem Bekannten aus Solingen, der in Marokko den Islam kennengelernt habe und fasziniert davon war, wie der Alltag dort ganz selbstverständlich durch die Religion geprägt sei: „Er sagte, dass er dort soviel ehrliche Gottessuche erlebt habe wie nie zuvor. Und das hat ihn dazu gebracht, zum Islam zu konvertieren.“ Der Gott, an den er nun glaube, sei derselbe. Pater Cosmas gab zu bedenken: „Dieser Freund hat mir ganz klar gesagt: Wenn ich in meiner Heimat auch Christen erlebt hätte, die so Feuer und Flamme für ihren Glauben sind, wäre ich wahrscheinlich ein engagierter Christ geworden.“
Diese Begeisterung sei also etwas, das den Christen in Deutschland womöglich fehle. Und bei der man vom Islam lernen könne. In seinem Vortrag betonte der Fundamentaltheologe: „Wichtig für den offenen Dialog mit anderen Religionen ist auch eine eigene religiöse Überzeugung.“ Dazu griff er ein Bild auf: „Wenn ich mich aus dem Fenster lehne und jemand anderem die Hand reichen will, muss ich selbst fest auf dem Boden stehen. Sonst falle ich hinaus. Und dann hat niemand etwas davon.“ Gottvertrauen und Barmherzigkeit bildeten ein gutes Fundament. Das sei auch das Fundament von Schwester Placida gewesen, als sie Brücken von Frankreich nach Deutschland baute.
Im Wesentlichen gebe es drei Modelle einer Theologie der Religionen, erläuterte Pater Cosmas in seinem Vortrag: den Exklusivismus, nach dem die eigene Religion die einzig Heilsbringende ist; den Pluralismus, nach der alle Religionen in der Annäherung an das Göttliche gleichwertig sind; und den Inklusivismus, der Christus als Maßstab nimmt aber sich auch anderen Religionen verbunden fühlt. „Der selbstkritische Inklusivismus sieht die eigene Religion nicht absolut. Er ist auf Christus hin ausgerichtet, aber nicht auf ihn begrenzt“, so Pater Cosmas. Er fordere dazu auf, das Fenster zu öffnen, aber auch auf einem eigenen Fundament zu stehen.
Für viele Muslime sei es befremdlich, wenn Christen sich kritisch über die Ansichten und Traditionen des Islam äußerten, die Werte ihrer eigenen Religion aber gar nicht benennen könnten. „Wer weiß heute schon noch, was Ostern bedeutet?“ fragte Pater Cosmas. Diese Frage könnten selbst viele Menschen, die sich grundsätzlich zum christlichen Glauben bekennen, nicht mehr beantworten. Ein wirklicher Dialog könne aber nur stattfinden, wenn beide Seiten um ihre Ansichten wissen.
Mehrfach bezog sich der Fundamentaltheologe dabei auf Papst Franziskus, der davon spreche, dass es eine Pflicht der Christen sei, diesen interreligiösen Dialog zu führen. So formuliert in seinem ersten apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium von 2013. Und so auch vorausgesetzt in dem Dokument für die menschliche Brüderlichkeit, das Papst Franziskus und der Großimam Al Tayyeb im Februar 2019 in Abu Dhabi beim ersten Besuch eines Nachfolgers Petri auf der arabischen Halbinsel unterzeichnet hätten.
„Ein wichtiger Schritt zum religiösen Frieden zwischen diesen beiden Weltreligionen ist es, den anderen wirklich wahrzunehmen. In den Menschen Schwestern und Brüder zu sehen, die mit uns den einen, selben Gott verehren.“ Nicht zuletzt, weil beide Religionen dieselben Wurzeln hätten und alle Christen und Muslime Kinder Abrahams seien, so Pater Cosmas.
Natürlich gebe es auf diesem Weg noch Hindernisse: etwa, dass die katholische Kirche in den heute noch grundlegenden Beschlüssen des II. Vatikanischen Konzils zur Ökumene nicht auf die Bedeutung Mohammeds eingehe. Oder dass der Glaube an die Dreieinigkeit Gottes im Islam als gotteslästerliche Verirrung gelte. Für den Dialog sei das eine Herausforderung. Und – das stellte Pater Cosmas nach seinem Vortrag im Gespräch mit einigen Schwestern ebenso klar – könne für eine Annäherung der Religionen auch die Begegnung im gemeinsamen Schweigen erst einmal hilfreich sein, die ebenfalls eine Form der gegenseitigen Einladung und Anerkennung sei. So wie es in den interreligiösen Meditationen seit 2016 praktiziert wird.