Schwester Hanna Merget legte am Samstag ihre Ewige Profess ab
„Emotional war ich schon ausgetreten“, blickt Schwester Hanna Merget auf die vergangenen Jahre als Ordensschwester zurück. Dann aber erfuhr sie durch den räumlichen Abstand, der ihr gewährt wurde, wieder eine zunehmende emotionale Bindung an die Gemeinschaft. Am Samstag legte die 42-Jährige im Bergkloster Bestwig ihre Ewige Profess ab. Damit bekräftigt sie die Absicht, sich für immer an die Gemeinschaft zu binden. Gleichzeitig bekräftigt die Gemeinschaft das Bekenntnis zu ihr.
Als die Provinzoberin Schwester Johanna Guthoff sie im vergangenen Sommer gefragt habe, ob sie sie sich nun entschieden habe, ihre Ewigen Gelübde abzulegen, sei sie selbst überrascht gewesen, wie leicht ihr das ‚Ja‘ über die Lippen kam. „Aber es entsprach meinem Empfinden, dass es hier und jetzt der richtige Weg für mich ist“, erklärt Schwester Hanna.
„Ein ehrlicher Weg“
Schwester Johanna bedankte sich zu Beginn des feierlichen Gottesdienstes bei Schwester Hanna für ihren ehrlichen, nicht immer einfachen Weg, den sie bis zu diesem Tag gegangen sei: „Wer eine Profess ablegt, bekennt etwas, bekennt sich zu etwas oder zu jemandem.“ Wer Schwester Hanna kenne, wisse, dass sie eine Frau voller Tatkraft sei, die zu ihren Überzeugungen stehe, führte Schwester Johanna aus. „Und an erster Stelle stehen für sie solche Menschen, die Unterstützung brauchen, um im Leben Fuß zu fassen. Zu ihnen bekennt sie sich.“ In diesem Auftrag folge Schwester Hanna dem Wirken der Ordensgründerin, der heiligen Maria Magdalena Postel.
Das betonte auch der Münsteraner Domkapitular Dr. Klaus Winterkamp in seiner Predigt. Ihn hatte Schwester Hanna bei Vorträgen in Nordkirchen kennengelernt. Seitdem ist er ihr geistlicher Begleiter, mit dem sie sich alle paar Monate für längere Gespräche trifft.
„Wie Maria Magdalena Postel binden sie sich an Armut, Keuschheit und Gehorsam. Das gilt in unserer Gesellschaft nicht unbedingt als erstrebenswert. Da zählt doch vor allem, wer der Schnellste, der Beste, der Erfolgreichste ist“, so Dr. Winterkamp.
„Karriere nach unten“
Jesus habe das vorgelebt. Er stehe quasi für eine „Karriere nach unten.“ Schon indem er als Kind armer Eltern auf die Welt kam, stehe er stellvertretend für die Hilfsbedürftigen. „Damit wurde er für seine Jüngerinnen und Jünger zum Prüfstein, ob sie Gott verstehen. Wer ihn versteht, wird nicht auf dieses Kind herabschauen“ – und damit auch nicht auf Arme und Kranke. So habe Maria Magdalena Postel ihren Auftrag verstanden. Und in diesem Geiste verstehe Schwester Hanna ihre Berufung als Ordensfrau und Sozialarbeiterin.
„Ich wünsche Ihnen, dass Sie geradlinig bleiben, immer Ihre Meinung vertreten und niemals von oben herab auf jemand anderen schauen. Denn jeder, der vor Ihnen steht, ist nichts anderes als dieses Kind in unserer Mitte, das Inkognito Gottes“, so der Domkapitular.
Unbefangene Fragen dienen der eigenen Klarheit
Schwester Hanna schöpft daraus Kraft. „Heute kann ich mir meinen Beruf ohne die Gemeinschaft und die Gemeinschaft ohne den Beruf nicht mehr vorstellen“, sagt sie überzeugt. Einerseits fände sie das Zusammensein mit kirchenfernen Menschen spannend, da sie deren unbefangene Anfragen braucht, um Klärung für sich selbst zu finden. Auf der anderen Seite wisse sie die Mitschwestern an ihrer Seite, mit denen sie den Glauben und das religiöse Leben teilen kann. „Wenn die Herausforderungen das Leistbare übersteigen, tut es gut, dass ich mich an Gott wenden und auf meinen Glauben stützen kann.“
Dabei ist ihr Weg in die Gemeinschaft alles andere als geradlinig verlaufen. Und auch nach ihrem Eintritt vor neun Jahren hat die ausgebildete Energie-Elektronikerin und Elektrotechniker-Meisterin im Handwerk noch ein Hin und Her ihrer Überzeugungen und Gefühle erlebt.
Schichtleiterin im Kraftwerk
Früher war Schwester Hanna Schichtleiterin in einem Wasserkraftwerk. Doch fand sie in diesem Beruf nicht wirklich Erfüllung. Sie engagierte sich sozial, erwog in die Entwicklungshilfe zu gehen und stieß in Köln die Salesianer Don Boscos.
Sie stellten den Kontakt zu der Jugendsozialeinrichtung Manege in Berlin-Marzahn her. Diese Anlaufstelle für junge, perspektivlose Menschen ist eine gemeinsame Einrichtung der Salesianer Don Boscos und der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel. Aus dieser Gemeinschaft lernte sie zuerst die Geschäftsführerin der Manege, Schwester Margareta Kühn, und bei einem Besuch in Heiligenstadt die damalige Generaloberin Schwester Aloisia Höing kennen. In diese Kongregation trat sie 2009 schließlich ein.
Konflikt mit dem Ordensleben
Als Ordensschwester studierte Schwester Hanna Sozialarbeit an der Katholischen Fachhochschule in Münster. Dort kam sie zum ersten Mal mit dem Ordensleben in Konflikt. Ihr Praxissemester verbrachte sie an einer Förderschule für soziale und emotionale Entwicklung im Umfeld eines sozialen Brennpunktes in Münster-Kinderhaus. Und der Direktor legte ihr nahe, das Ordenskleid dort nicht zu tragen.
„Tatsächlich habe ich auch im Studium gemerkt, dass dieses Kleid zwischen mir und meinen Kommilitonen Distanz schafft. Das wollte ich nicht“, sagt Schwester Hanna. Die Lebenssituation einer einzelnen Schwester in der Öffentlichkeit sei eben eine andere als die eines großen Konventes in einem Kloster.
Neue Heimat in LIspenhausen
Nach dem Studium und dem vorübergehendem Mitleben in zwei Ordensniederlassungen prüfte die frühere Provinzoberin Schwester Pia Elisabeth Hellrung mit ihr gemeinsam, welcher Konvent längerfristig zu ihr passen würde. Die Entscheidung fiel auf die Mitschwestern im hessischen Lispenhausen. „Dort fühle ich mich auch sehr wohl“, bestätigt Schwester Hanna.
Ihren Arbeitsplatz als Sozialarbeiterin durfte sich die Ordensfrau selber suchen. Aber auch das gestaltete sich schwierig. Zunächst arbeitete sie in einer intensiv-pädagogischen Einrichtung für psychisch kranke und traumatisierte Mädchen in der Nähe von Fulda. „Das war interessant, doch ging mein Konto an Überstunden schon während der Probezeit in den dreistelligen Bereich“, blickt Schwester Hanna zurück.
Dann wechselte sie zu einem Bildungsträger nach Bad Salzungen, der unter anderem Qualifizierungsangebote für Jugendliche machte und Sprachkurse für Flüchtlinge anbot. Bei den ausbildungsbegleitenden Hilfen sei ihre Ausbildung als Energie-Elektronikerin wieder sehr hilfreich gewesen. „Aber dort war ich im religiösen Nichts“, blickt sie zurück. Daher suchte sie wieder nach einem kirchlichen Träger. Und so kam sie erneut zu den Salesianern, die bei Sinntal Wohngruppen für schwer erziehbare Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren betreuen.
„Habe Distanz gebraucht“
Hier lebt sie während der Woche in einer kleinen Wohnung. „Das ist gut so. Ich habe die Distanz gebraucht, um mir für meinen weiteren Weg Gewissheit zu verschaffen. Außerdem ist die Arbeit mit den Jugendlichen sehr intensiv. Da brauche ich anschließend erst einmal Zeit für mich selbst“, erklärt sie. Schwester Hanna ist dankbar dafür, dass ihr die Ordensleitung diese Lebensweise so ermöglicht: „Da habe ich ein großes Entgegenkommen gespürt.“ Das dauerhafte Leben in einem Konvent hätte sie zu sehr eingeengt.
Beten als Bereicherung
Aber am Wochenende fährt sie nach Lispenhausen zu Schwester Verena Kiwitz und Schwester Mirjam Grüßner. Dort empfindet sie den Austausch mit ihren Mitschwestern und das gemeinsame Beten inzwischen als große Bereicherung.
Auch in Zukunft will sie mit Jugendlichen zusammenarbeiten und den religiösen Rückhalt in ihrer Gemeinschaft erfahren, zu der sie sich mit der Ewigen Profess „für immer“ bekennt.