Schulleitungen der Ordensschulen standen am Donnerstagvormittag vor schwierigen Entscheidungen
Um kurz nach elf hat der Orkan Friederike am Donnerstagmorgen einen Teil des Schuldachs des Walburgisgymnasiums vom Gebäude gerissen. Die Teile landeten auf dem Lehrerparkplatz, wo zahlreiche Autos beschädigt wurden. Personen waren nicht betroffen. Auch an den anderen Schulen der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel herrschte heute Morgen Ausnahmezustand.
In Menden rückte gegen 11.30 Uhr die Feuerwehr an, um das Gebäude und das Dach zu sichern. Es hatte sich von dem neueren Schultrakt mit den naturwissenschaftlichen Räume gelöst. „Als das passierte, befanden sich die Schüler alle im Gebäude“, sagt Karin Weische aus dem Schulsekretariat.
Vormittags fanden am Walburgisgymnasium und an der Walburgisrealschule regulär Unterricht statt. Nur ein kleinerer Teil – rund 140 Schülerinnen und Schüler – hatten sich abgemeldet. Das Schulministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hatte es Schülern und Eltern heute überlassen, ob sie zum Unterricht erscheinen bzw. ihre Kinder auf den Schulweg schicken. „Es wäre effektiver gewesen, das Ministerium hätte eine klare Entscheidung getroffen. Denn auch die Eltern können die Lage ja nicht wirklich einschätzen“, sagt Schulleiter Dr. Eduard Maler.
Schüler nicht nach draußen geschickt
Nach aktueller Beurteilung der Wetterlage habe man zwischendurch erwägt, den Unterricht nach der dritten Stunde zu beenden: „Aber wir haben uns dagegen entscheiden. Und das war gut so. Denn dann hätten wir die Schüler genau mit dem einsetzenden Sturm nach draußen geschickt.“ Im Laufe des Vormittages seien dann viele der jüngeren Schüler von den Eltern abgeholt worden – entweder nach Unterrichtsende oder schon vorher. „Wir können froh sein, dass alles so glimpflich verlaufen ist“, betont der Schulleiter.
Für sein Auto verlief es weniger gut, denn dort landete ein Teil des Schuldachs. Das findet Dr. Eduard Maler angesichts dessen, was sonst hätte passieren können, aber weniger schlimm: „Jetzt habe ich eben ein Cabrio.“
Wie der Unterricht am Walburgisgymnasium in den kommenden Tagen organisiert wird, steht noch nicht fest: „Einen Teil des Fachunterrichts werden wir sicher in andere Räume auslagern müssen“, erklärt der Schulleiter. Bei der Lagebesprechung am Donnerstagmittag wurde inzwischen entschieden, dass am Freitag wegen der andauernden Schadensaufnahme kein Unterricht stattfindet (Siehe Freitag schulfrei für alle). Am Montag soll der Schulöbetrieb geordnet weitergehen.
In Kassel schien die Sonne
Alle Schulen der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel befinden sich in dem etwa 200 Kilometer breiten Gürtel, für den die Unwetterzentrale die höchste Warnstufe ausgab. Dennoch sind die Auswirkungen des Orkans regional unterschiedlich. Am Engelsburg-Gymnasium in Kassel schien mittags bei mäßigem Wund noch die Sonne. „Hier sind fast alle Schüler erscheinen. Und der Unterrichtstag kann regulär zu Ende gehen“, so Schulleiter Dieter Sommer.
Anders sieht es schon wieder 100 Kilometer weiter westlich aus. In Heiligenstadt entschieden das Gymnasium und die berufsbildende Schule der Bergschule St. Elisabeth gemeinsam, den Unterricht nach 13 Uhr abzubrechen. Dort war die höchste Windstärke erst am frühen Nachmittag angesagt. „Da kommen schon Erinnerungen an Kyrill vor genau elf Jahren hoch. Auch damals hatten wir den Unterricht vorzeitig beendet. Gott sei Dank“, sagt Schulleiterin Gabriele Sachse.
Im Gegensatz zu Nordrhein-Westfalen, wo am späten Vormittag der gesamte Bahnverkehr und auch Teile des Busbetriebes eingestellt wurden, lief der öffentliche Nahverkehr in Thüringen bis mittags noch relativ normal: „Die Verkehrsbetriebe haben uns gesagt: ‚Wir haben die Schüler raus gebracht. Also fahren wir sie auch wieder rein‘“, zeigt sich die Schulleiterin erleichtert über diese Auskunft vom späten Vormittag.
Schüler stimmen sich über WhatsApp ab
Am Berufskolleg Canisiusstift in Ahaus waren ebenfalls viele Schüler morgens erst gar nicht erschienen. „Viele haben das ja schon vorher untereinander über WhattsApp diskutiert und gemeinsam entschieden“, weiß Schulleiterin Schwester Maria Manuela Gockel. Denen, die gekommen waren, riet sie dagegen, den Vormittag über in der Schule zu bleiben. In Ahaus war der Höhepunkt des Sturms bereits gegen 11 Uhr erreicht. „Deshalb machten wir den Schülern klar: Hier seid Ihr jetzt am sichersten.“
Unentwegt schellte ab 7 Uhr das Telefon am Berufskolleg Bergkloster Bestwig. Als Schulsekretärin Simone Bünner in ihr Büro kam, waren schon zwölf Anrufe auf dem Anrufbeantworter: „Und dann ging es ohne Ende weiter. Einmal habe ich den Hörer sogar an die Seite gelegt, um zur Toilette gehen zu können.“ Mehrere hundert Anrufe nahm sie in den ersten beiden Stunden entgegen. „Schließlich habe ich im Lehrerzimmer angesagt, dass wir gar nicht alle Abmeldungen bearbeiten können.“
Da ein Großteil der Schülerinnen und Schüler nicht erschienen war, beendete das Berufskolleg den Unterricht offiziell nach der zweiten Stunde gegen 9.30 Uhr. Zu dieser Zeit fuhren die Züge noch. Das Placida Viel-Berufskolleg in Menden ging genauso vor, wie Schulsekretärin Inge Botta erklärt: „Alles andere machte wenig Sinn.“ An den Berufskollegs gibt es viele Auszubildende, die mit dem eigenen PKW, Bus oder Bahn längere Anfahrtswege auf sich nehmen.
„Sturmfrei“ in der Bildungsakademie
Genauso ist es im Fachseminar für Altenpflege in Geseke. „Aber wir hatten heute Morgen nur zwei Abmeldungen und daher bis mittags regulär Unterricht gemacht“, erklärt Leiter Edis Ahmetspahic.
Am ruhigsten blieb es am Donnerstag wahrscheinlich in der Bildungsakademie für Therapieberufe in Bestwig. Denn hier hatte die Leitung den Unterricht schon am Mittwochabend abgesagt. „Auch bei uns kommen ja die wenigsten aus der näheren Umgebung“, so Akademieleiter Andreas Pfläging. Er geht davon aus, dass man über die sozialen Medien noch am Mittwoch alle Schüler erreicht habe. „Und sollte doch jemand gekommen sein, stand er nicht vor verschlossenen Türen. Denn unsere Akademie-Praxis war zumindest in den Morgenstunden noch besetzt“, so Pfläging. Das Praxis-Team hatte also gewissermaßen „sturmfreie Bude“.