1. Teil
Es krabbelt an meiner Tür – ist es der große Käfer, den ich vorhin aussperren wollte, indem ich die Tür geschlossen habe? Es ist schon stockduster, und weil ich unter das Moskitonetz geschlüpft bin, musste ich auch das elektrische Licht vorher ausmachen und mit Taschenlampe das Zubettgehen regeln. Es ist eine gewisse Beruhigung, unter dem Netz zu liegen bzw. zu sitzen. Obwohl ich den Eindruck habe, dass das Kleinzeug sich doch einen Weg durch die Maschen bahnt. Oder habe ich mir nur eingebildet, dass da etwas vor meiner Nase hergeflogen ist?
Doch der Reihe nach. Wir hatten einen guten Flug von Frankfurt über Johannesburg nach Nampula. Und das Beste: Unser Gepäck wurde bis Nampula durchgecheckt, obwohl die Information lautete: in Johannesburg müssen die Koffer abgeholt und neu eingecheckt werden. Das wäre beim knappen Aufenthalt und den langen Wegen in Johannesburg eine echte Herausforderung gewesen, die mir im Vorfeld schon Kopfzerbrechen bereitet hatte. So ist es eine große Erleichterung, dass das nicht nötig ist. Der Service im Flugzeug ist außergewöhnlich gut. Die Getränke werden immer noch ein zweites Mal angeboten, das haben wir lange nicht mehr erlebt!
Unser Flugzeug von Frankfurt nach Johannesburg ist das größte, das es derzeit weltweit gibt mit zwei Etagen. So kommt uns das Anschlussflugzeug in Johannesburg besonders winzig vor. Auf der Busfahrt zum Flugzeug informiert uns die Angestellte, dass das Handgepäck ab einer bestimmten Größe nicht mit in den Passagierraum genommen werden kann und wir daher alle Wertgegenstände und elektronischen Artikel herausnehmen möchten. Dummerweise ist dazu nun wirklich keine Zeit mehr, denn sofort beim Aussteigen aus dem Bus müssen wir die Koffer abgeben. Superplanung, denke ich. Wenn das gesagt worden wäre, so lange wir noch auf das Einsteigen warteten, hätte es einige Aussicht auf Erfolg gehabt. Aber es passiert nichts, wir landen wohlbehalten in Nampula und das Handgepäck ist auch noch vollständig.
Ir. Leila erwartet uns mit den beiden Ewigen, Ir. Ana und Ir. Santa, und einem jungen Mann, Ambrosio, einem Angestellten aus Metarica. Das Gepäck wird sachkundig auf den Pickup geladen und mit Plane bedeckt und vertäut. Dabei dürfen wir nichts anfassen. Alles wird uns sofort aus der Hand genommen. Offenbar ist es gegen die Ehre, den Besuch nicht von hinten bis vorne zu bedienen.
Die Fahrt nach Nametória ist abenteuerlich. Es gibt nur wenige Stücke asphaltierter Straße. Die Piste ist stellenweise so schlecht, dass Ir. Leila und später Ambrosio um die Schlaglöcher herum Slalom fahren müssen. In der großen Überschwemmung von 2014 hatte der Regen 12 Brücken weggerissen, von denen erst die Hälfte wieder hergestellt ist. Einige der Brückenruinen befinden sich auf unserem Weg, und wir müssen jedes Mal einen Umweg machen, viermal davon durch ein Flussbett. Durch die Trockenheit ist aber zum Glück nicht viel Wasser darin. Auf dem letzten Stück übernimmt Ambrosio das Steuer und Sr. Ana und Santa richten sich auf der Ladefläche ein. Als es zu regnen beginnt, decken sie sich mit der Plane zu und haben richtig Spaß dabei.
An der Straße stehen hier und da große Säcke, die oben zugebunden sind. Das ist Holzkohle, die die Leute herstellen und zum Verkauf anbieten. Weiter im Süden sind Castanhas de cajú Cashewnüsse im Angebot. Wir kaufen von diesen Nüssen, die leicht geröstet sind und lassen sie uns schmecken.
Es ist schon dunkel, als wir ankommen. 14 Vocacionadas und Aspirantes begrüßen uns mit Trommeln und Gesang. Während die jungen Leute und Ambrosio sich um das Entladen des Autos kümmern, zeigt uns Ir. Leila das Haus und erklärt die Veränderungen. Wegen der Dunkelheit ist es einigermaßen verwirrend, und ich kann nicht ganz folgen. Für Sr. Maria Thoma ist alles neu.
Es gibt heute zum Glück nur noch den Programmpunkt Abendessen. Danach können wir uns auf das Zubettgehen vorbereiten. Nach der langen Reise wünschen wir uns außer einer Dusche auch nichts anderes mehr.
Das Programm für morgen ist: 06:15 Uhr Laudes, dann Frühstück; anschließend Messe in einer Gemeinde hier in der Nähe.
Es ist drückend heiß. Weil ich das Schaben draußen höre, wage ich nicht, die Tür zu öffnen, um ein wenig Luft hereinzulassen.
+ Sonntag, 12. Februar 2017
Wir fahren mit dem Pickup zur Messe. Auf der Ladefläche sind zehn der vierzehn Vocacionadas und Aspirantinnen, die sofort lauthals zu singen beginnen und damit die Aufmerksamkeit der Umgebung auf sich ziehen. Der Pfarrer der Großgemeinde, der den Namen „Chuva“ = Regen trägt, ist neu und beendet mit der Messe heute in dieser Gemeinde die Visitation seiner Gemeinden. Er hat stolze 109 davon. Ein Bogen aus Schilf auf dem Weg dorthin kündet an, dass es in der Gemeinde etwas zu feiern gibt.
Eine große Menschenmenge ist schon versammelt, die uns neugierig beäugt, als wir aus dem Auto steigen. Ir. Leila ist hier bekannt, aber gleich drei Weiße auf einmal sind doch ziemlich viele.
Mit großem Einsatz hat die Gemeinde eine Art offene Hütte errichtet, wo der Altar steht und einige Stühle für die Ehrengäste und Honoratioren der Gemeinde. Der Rest der Gemeinde sitzt auf dem Boden. Wer einen Platz unter dem großen Baum ergattert, hat Glück, einige andere haben Regenschirme gegen die Sonne mitgebracht.
Der Pfarrer bittet uns vor der Messe zum kurzen Gespräch. Er erzählt uns, wie sehr er die Schwestern schätzt, die dynamisch und einsatzbereit sind und ihm eine Menge beibringen. Dass er gleich eine internationale Messe feiern darf, freut und ehrt ihn. Er ist seit knapp einem Jahr Priester und hat gleich diese große Gemeinde bekommen – keine kleine Herausforderung!
Zu Beginn der Messe werden wir kurz vorgestellt und müssen uns mit ihm zusammen zu einem Trommelwirbel ein bisschen bewegen. Er hatte es als Tanz angekündigt, aber so dramatisch wird es dann doch nicht.
Die Messe ist auf Macua. Sr. Leila darf am Anfang die beiden Professen vorstellen und erklären was sie vorhaben; Sr. Santa übersetzt auf Macua.
Dann wird auch noch der Pater vorgestellt vom „Vizepfarer“, einem älteren Mann aus der Gemeinde, der die Gottesdienste leitet, wenn der Pfarrer nicht da ist. Er ist sicht- und spürbar eine Respektsperson. Ebenso der jüngere Mann, der sich als Regionalverantwortlicher für die Jugend vorstellt. Äußerlich sichtbar wird das an dem Gewand, das beide tragen: der Vorsteher ein blaues mit einem aufgestickten Kreuz, der Verantwortliche der Jugendpastoral ein ebensolches grünes.
Die Messe dauert mehr als dreieinhalb Stunden. An vielen Stellen wird getanzt und getrommelt, und es wird natürlich viel gesungen. Am Ende beginnt es zu regnen, und so dürfen wir ohne große Zeremonien gehen, während die Jugend noch bleibt, weil das Jahr der Jugend in der Diözese eröffnet wird.
Wir sind rechtschaffen müde und ziemlich durchgeschwitzt, und so sind wir froh, dass wir schon entlassen sind. Beim Mittagessen wird der Regen so heftig, dass man meint, die Dächer müssten gleich zusammenbrechen. Man kann kaum seinen eigenen Gedanken verstehen. An eine Unterhaltung ist nicht mehr zu denken. Die Pause nach dem Essen ist hochwillkommen.
In meinem Zimmer ist ein Putztrupp am Werk, um all die Tiere zu entfernen, die den Baygonangriff vom Morgen nicht lebend überstanden haben. Ich bin den jungen Schwestern von Herzen dankbar dafür!
Am Nachmittag besichtigen wir das Umfeld: das große Gelände, das mit Maniok, Mais, Erdnüssen und Mangobäumen bepflanzt ist. Alles steht bunt durcheinander. Sr. Maria Thoma fragt, ob das ein ökologisches Prinzip sei. Aber es ist nur aus der Not geboren. Die Pflanzen werden abwechselnd reif und bringen Frucht. Wenn das Eine zu Ende geht, beginnt das Nächste zu reifen. Es gibt auch Papaya und Bananen, die gerade noch in der Reifungsphase sind. In diesem Jahr ist die große Sorge, dass der späte Regen viele Pflanzen hat vertrocknen lassen. Der Mais z. B. hat sehr gelitten. Maniok verträgt das Klima besser, auch die Erdnüsse können ganz gut damit umgehen.
Ein großes Problem stellen die „Muchens“, die Termiten dar, die alles anfressen und in einer Nacht einen Baum zum Absterben bringen können. Sie bauen hohe, oft kegelförmige Hügel auf und sind nicht in den Griff zu bekommen. Wenn sie an einer Stelle vertrieben wurden, fressen sie an einer anderen Stelle weiter und bauen erneut an ihrem Bau. Wenn Pflanzen von heute auf morgen umfallen, liegt das an den Muchens. Wir sehen viele „Früchte“ ihrer Arbeit – umgefallene Maniokpflanzen – und können auch einige Termiten beobachten, die geschäftig dabei sind, eine Wurzel anzufressen.
Das Gelände ist riesengroß: ca. 5 ha. Für die Schwestern ist es unmöglich, das allein zu bewirtschaften. Darum haben sie ein Stück an den Hausmeister abgegeben, der es für sich bewirtschaften kann.
Außerdem haben sie das Projekt „Pão da esperança“ – „Brot der Hoffnung“ – ins Leben gerufen. Es ist ein Programm gegenseitiger Hilfe: Die Frauen werden eingeladen, die Felder bzw. das bepflanzte Gelände zu säubern und werden für ihre Arbeit bezahlt. Der Ertrag ist für die Schwestern. Für die Frauen ist das eine wunderbare Erfahrung, dass sie selbst Geld verdienen können. Ein Feld haben sie meistens, aber dafür bekommen sie kein Geld. Mit dem Verdienst können sie einkaufen und sind unabhängig von ihren Männern, was für sie eine enorme Steigerung der Lebensqualität bedeutet. Ir. Tânia erzählt, wie sie stolz ihren Lohn empfangen und mit dem Geld Seife oder Capulanas kaufen.
Ir. Leobortina ist verantwortlich für die Alphabetisierung im kleinen Haus am Eingang des Schwesterngeländes. Die sonst eher stille Schwester geht richtig aus sich heraus und blüht regelrecht auf, als sie erklärt, wie sie den Unterricht macht und was das Ziel des Ganzen ist: Die Frauen lernen, ihre Männer zu verstehen, wenn sie mit anderen auf Portugiesisch reden und können deshalb nicht mehr so leicht betrogen werden. Es erhöht ihr Selbstwertgefühl, wenn sie Portugiesisch grüßen und ihren Namen schreiben können.
Wir besichtigen das gesamte Gelände und suchen auch den Brunnen auf, der 2014 bei unserem letzten Besuch eingeweiht wurde und für die Menschen der Umgebung ist. Gegenüber, auf der anderen Straßenseite, haben sich inzwischen Nachbarn angesiedelt. Sie haben in der großen Überschwemmung von 2014 alles verloren und sind hierhergekommen, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Wir machen einen Abstecher zu ihnen, um sie zu begrüßen. Einer der Männer ist Nachtwächter bei uns, seine Frau hilft aus, wenn die Schwestern nicht da sind, und schläft bei den Mädchen im Haus, damit sie nicht alleine sind.
Ir. Leila ist besonders froh, dass nun auch die Kirche in der Nähe unseres Hauses liegt. Das war schon lange ihr Wunsch gewesen, weil die alte so versteckt und weit weg lag. Nun ist es sogar ohne ihr Zutun so gekommen, dass man die Kirche verlegt hat.
Weil die Ameisen sich nach dem Baygonangriff zurückgemeldet haben und auch eine neue Sorte fliegender Ameisen dazugekommen ist, darf ich in ein anderes Zimmer umziehen, wofür ich sehr dankbar bin.
Es ist kurz nach 22:00 Uhr. Ich wache auf, alles ist stockduster. Der Regen prasselt mit Macht auf das Dach, ich sitze noch auf dem Bett mit dem Laptop vor mir. Ob um 22:00 Uhr der Generator ausgestellt wird? Möglich wäre es, in Metarica wurde das früher auch so gemacht.
Also taste ich nach der Taschenlampe und mache mich auf dem Weg ins Bad. Kurze Zeit später kommt das Licht wieder. Wahrscheinlich hat ein Blitz irgendeine Leitung beschädigt.
Am nächsten Tag erfahren wir, dass das normal ist, dass hin und wieder der Strom ausfällt. Vor einiger Zeit gab es in der halb Mosambik einen Monat lang keine Energie. Energietechnisch ist Nametória aber die Niederlassung mit den schlechtesten Möglichkeiten. So wundert es uns auch nicht, dass es kein Internet gibt.
+ Montag, 13. Februar 2017
Heute Morgen kommen die Frauen vom Projekt Pão da esperança. Es ist unglaublich, welche physische Kraft diese zum Teil zarten Frauen haben. Sie hacken Holz, dass die Splitter fliegen, wie bei uns die Männer. Bewaffnet mit Macheten, Schaufeln und Hacken ziehen sie nach dem obligatorischen Gruppenfoto ins Feld und machen sich an den verschiedenen Sträuchern und Stauden zu schaffen. Wenn ein Foto gemacht wird, sind sie stolz und stellen sich in Positur. Manche haben ihre Babys und Kleinkinder dabei. Gar nicht so ungefährlich bei dieser Arbeit!
Für diese Feldarbeit ist auch Ir. Leobortina verantwortlich. Sie ist ganz in ihrem Element, läuft zwischen den Frauen hin und her und gibt Anweisungen, die die Frauen willig befolgen.
Auch für die Schwestern gibt es einen Fototermin. Sie brauchen ein paar Fotos vom Konvent für einen Film. Spender möchten gerne etwas Aktuelles sehen und über Fortschritte informiert werden.
Im Anschluss arbeiten wir mit den beiden Ewigen. Zunächst erzählen sie von dem, was sie in der Vorbereitung gemacht haben, dann arbeiten wir mit der Gelübdeformel. Es ist ein guter Austausch von Erfahrungen und Einsichten.
Am frühen Nachmittag kommen die Frauen zum Alphabetisierungskurs. Normalerweise sind sie in Gruppen zu je zwölf Personen aufgeteilt. Mehr geht nicht, weil jede Frau ein Kind mitbringt. Heute kommen sie aber alle zum Fototermin. Um 14:30 Uhr gehen wir zu ihnen; 15 Minuten sind angesetzt für eine kurze Begrüßung und ein Foto, es wird aber eine Stunde daraus. Denn nach dem Begrüßungsgesang, der natürlich von Trommeln begleitet wird, gibt es erst eine traditionelle Tanzvorführung, bei der sich auch Sr. Leobortina einbringt.
Anschließend werden wir Zeugen von einer Alphabetisierungsstunde, in der deutlich wird, wie stolz die Frauen sind, dass sie schon Vokale und Konsonanten unterscheiden und die Buchstaben schreiben können. Einige sind sogar schon in der Lage, ihre Namen an die Tafel zu schreiben. Auch das Zählen bis 20 klappt schon im Chor. Es bewegt uns, die Frauen aller Altersstufen zu sehen, die sich mühen, ein bisschen zu lernen, damit sie ihren Männern etwas mehr gewachsen sind. Es scheint viele zu geben, die die Unwissenheit ihrer Frauen ausnützen, um Dinge zu tun, die ihre Partnerinnen nicht wissen sollen. Denn immer wieder sagen die Frauen: Wir wollen wissen, was unser Mann auf Portugiesisch sagt. Und wie schwer fällt es erwachsenen Frauen, die Buchstaben zu malen. Davon können wir, die wir seit unserer frühesten Kindheit schreiben können, uns kaum eine Vorstellung machen!
Wir wollen uns schon verabschieden, müssen aber erst noch die traditionellen Geschenke entgegennehmen. Die Frauen stellen sich nach Kursen in zwei Gruppen auf und bringen tanzend ihre Gaben zu Sr. Maria Thoma: Maniok, Erdnüsse, Eier, Goiaba (eine Frucht), Kokos, drei Tauben und eine Bananenstaude. Dann gibt es für alle zur Belohnung Brötchen und Tee, und wir machen uns auf den Weg zu unserem Treffen mit den beiden Ewigen. Die haben geduldig gewartet. Schließlich sind wir in Mosambik, wo das Warten zum Alltag gehört. Außerdem haben sie die Trommeln und den Gesang gehört und konnten sich schon denken, dass das die Frauen waren.
Wir arbeiten bis zur Vesper. Da es wegen des Unwetters in der vergangenen Nacht noch immer keinen Strom gibt und es schon dunkel wird, beschließen die Schwestern, das morgige Programm vorzuziehen und heute schon den Rosenkranz zu beten. Das wird normalerweise jeden Dienstag mit allen zusammen getan: Schwestern, Vocacionadas und Aspirantes, eine große Gruppe, die sich draußen am Placidakreuz trifft, das auf einem kleinen Hügel nahe beim Haus im Placidajahr errichtet wurde. Schnell werden Hocker für die Schwestern und Bastmatten für die Aspirantinnen herbeigeholt. Die Unterscheidung ist wichtig, damit die Mädchen und jungen Frauen schrittweise hineinwachsen das Leben mit den Schwestern.
Wenn sie ankommen, bekommen sie ein sehr einfaches Zimmer zu viert oder fünft. Sie schlafen noch auf Bastmatten, zwei teilen sich ein Bett. Das ist schon viel vornehmer als es bei ihnen zu Hause ist. Im nächsten Schritt bekommen sie Doppelstockbetten. Die Gruppen sind dabei jeweils in einem Raum. Fünf sind schon im dritten Jahr da. Diese sind schon Aspirantinnen. Dann gibt es fünf, die zwei Jahre da sind, die Vocacionadas des zweiten Jahres, und vier, die erst ein Jahr da sind, die Vocacionadas des ersten Jahres.
Diese Gruppe der Mädchen ist sehr aktiv und engagiert beim Beten dabei. Sie übernehmen den Teil auf Macua, beten auf Latein, Portugiesisch und Deutsch mit und tragen den englischen Rosenkranz ganz alleine. Den hat ihnen der MaZ Robert beigebracht. Wir sind beeindruckt!
Die kleine Katze des Hauses sitzt während der meisten Zeit auf dem Hügel und beäugt uns, bis es ihr beim vierten oder fünften Gesätz zu langweilig wird und sie sich davontrollt.
Inzwischen ist es dunkel geworden. Die von mir befürchtete Attacke der Malariamücken ist Gott sei Dank ausgeblieben, aber ich bin doch froh, dass wir nun ins Haus gehen. Diese Tiere sind nämlich besonders in der Abenddämmerung aktiv; wir haben gehörigen Respekt vor ihnen und möchten lieber nicht ihre Bekanntschaft machen.
Es gibt immer noch kein Licht. Allmählich beginne ich mir Sorgen zu machen wegen der Akkus von Fotoapparat, Handy und Laptop, die leergelaufen sind. Wie sehr wir doch abhängig sind von diesen Errungenschaften der Zivilisation!
So ist das Hallo groß, als wir statt des Candle-Light-Dinners doch ein Abendessen mit elektrischem Licht bekommen. Wir Deutschen rennen sofort los, um unsere Geräte in die Steckdosen zu stecken. Man weiß ja nie, wie lange der Segen anhält!
Nach dem Abendessen haben wir noch ein Gespräch, sind aber froh, dass anschließend kein Programm mehr ist. Diese Hitze ist nicht nur für uns Nordlichter sehr anstrengend. Wir sind ständig durchgeschwitzt, es geht kein Lüftchen, Ventilatoren gibt es nicht. Und Sr. Santa hat-te verkündet, es werde heute Nacht noch heißer sein als in der vergangenen. Na wunderbar! Ich bin dankbar, dass die Ameiseninvasion mir ein größeres Zimmer beschert hat. Da hat man wenigstens das Gefühl, dass es weniger stickig ist, auch wenn es von der Temperatur her keinen Unterschied macht.
+ Dienstag, 14. Februar 2017
Statt Laudes gibt es heute eine Einheit über die Lebensordnung mit den Schwestern. Ir. Santa hatte ja gestern angekündigt, dass sie Fragen hätten. Jetzt ist der Moment, sie uns zu stellen. Es entwickelt sich ein sehr lebhaftes Gespräch, das fast zwei Stunden dauert.
Den Vormittag verbringen wir mit den Ewigen. Während die beiden in der Einzelarbeit sind, nützen wir die Zeit für ein Gespräch.
Zum Mittagessen erwartet uns als Vorspeise eine halbe Kokosnuss mit dem Kokoswasser. Wir erfahren, dass gestern Abend ein Rieseninsekt ins Esszimmer eingedrungen ist, das sich aufgeplustert und allen Furcht eingejagt hat. Ich bin froh, dass wir zu dem Zeitpunkt anderweitig beschäftigt waren!
Am Nachmittag steht für uns noch einmal Arbeit mit den Ewigen auf dem Programm, während die anderen sich auf die Reise nach Metarica/Niassa vorbereiten. Die drei Professschwestern und die fünf Aspirantinnen dürfen mit zum großen Fest am Sonntag.
Die erste Truppe macht sich schon heute Nacht um ein Uhr auf den Weg nach Niassa. Sie werden Chapas (Lastwagen) nehmen, die traditionelle Art der Reise hier. Es ist noch nicht klar, wie die Wege sein werden, das ist ein bisschen beunruhigend.
+ Mittwoch, 15. Februar 2017
Die jungen Schwestern und Aspirantinnen sind gut weggekommen. Start: 01:30 Uhr am Morgen, mit dem Kleinbus nach Nampula, von dort nach Cuamba, dann nach Metarica. Um ca. 17:30 Uhr bekommen wir Nachricht, dass sie schon von Cuamba gestartet sind. Erstaunlich, wie sie das hinbekommen haben! Geplant war nur die erste Etappe, alles Weitere musste sich ergeben. Gestern gab es noch eine Aufregung, weil die Aspirantinnen ihre Personalauweise in der Schule abgegeben haben und sie noch schnell wieder eingesammelt werden mussten. Sr. Tânia hatte ordentlich Arbeit damit.
Für uns ist jetzt das Packen angesagt. Wir müssen es so tun, dass wir nicht mehr an die großen Koffer müssen, bevor wir nach Metarica kommen.
Wir, Sr. Leila, Sr. Maria Thoma, Sr. Ana Brigida, Sr. Santa und ich, unterstützt von Ambrosio, dem jungen Mann aus Niassa, der überall hilft, starten nach dem vorgezogenen Mittagessen um 11:30 Uhr. Vorher muss alles aufgeräumt, müssen sämtliche Abfälle beseitigt werden, denn das Haus der Schwestern ist jetzt für 8 bis 14 Tage leer. Nur die neun Vocacionadas sind noch da. Sie wohnen im alten Teil des Hauses. Tagsüber kommt der Hausmeister, nachts seine Frau. Sie schläft mit im Haus und passt auf, dass nichts passiert.
Der Weg ist wieder abenteuerlich und achsenbrecherisch, auch wenn keine Achse gebrochen ist. Ich habe aber viele Male die Sorge: Jetzt ist es so weit! Wir müssen sechs kaputte Brücken umfahren, zum Teil sieht es richtig gefährlich aus. Und die Piste, die von weitem so aussieht, als sei sie glatt, ist das reinste Schüttelmassageinstrument. Die großen Löcher und Spalten, die sich aufgetan haben, müssen slalomartig umfahren werden, da ist jede Zehntelsekunde Unaufmerksamkeit lebensgefährlich.
Die vielen kleinen Unebenheiten und Vertiefungen haben die Wirkung wie ein Waschbrett. Man wird ständig hin- und hergeschüttelt, manchmal auch auf und ab. Und das Erstaunlichste: Am Schlimmsten ist es in einem größeren Dorf, durch das wir fahren. Man würde doch eher erwarten, dass es im Dorfinnneren gepflegter ist. Ich bewundere Ir. Leila, mit welcher Souveränität sie die Sache meistert.
Nach ca. dreieinhalb Stunden kommen wir heile und ohne Achsenbruch in Nampula an. Das ist die Hauptstadt der Diebe, klärt uns Sr. Leila auf. Wenn man irgendwo das Auto abstellt und weggeht, kann man sicher sein, dass bei der Rückkehr alles fehlt, was eben abmontiert werden kann, und auch das Innere ausgeräumt ist.
Die Schwestern suchen schon lange eine Unterkunft in Nampula, weil das die Hauptstadt des Nordens ist und sie immer wieder hierherkommen müssen. Das Novinter, die gemeinsame Noviziatsausbildung, und das Juninter, die gemeinsame Junioratsausildung, finden hier statt und Sr. Santa studiert hier – sie macht zwar ein Fernstudium, hat hier aber immer wieder Studienwochen. Alle größeren Einkäufe müssen hier getätigt werden. Bisher haben die Schwestern immer in einem Ordenshaus geschlafen, aber das ist nicht so einfach, weil sie immer auch einen Parkplatz für das Auto haben müssen und auch viele andere Schwestern bei den Kongregationen in Nampula übernachten, so dass es den ortsansässigen manchmal zu viel wird. Die Alternative Hotel ist teuer und es ist nicht immer sicher, dass man den gebuchten Parkplatz auch bekommt. Nun haben die Irmazinhas, eine brasilianische Kongregation, zu der wir schon lange gute freundschaftliche Beziehungen haben, ihnen ihr altes Haus angeboten, zunächst zur Nutzung, später zum Kauf. Sie selbst haben in der Nähe ein größeres gebaut und das alte vermietet. Jetzt ist die Mieterin ausgezogen und das Haus ist leer. Es liegt in einem armen Stadtviertel, die Umgebung ist nicht die allerbeste, aber ein Wächter passt auf. Es gibt die Möglichkeit, ein Auto unterzustellen, und es sind viele Schlafzimmer da. Natürlich müsste einiges umgeändert, renoviert und verbessert werden, aber das Angebot ist erstmal verlockend.
Die beiden Ewigen fangen nach der Ankunft sofort mit dem Putzen an. Die Betten werden bezogen und alles wird hergerichtet. Strom gibt es mit einem Chip, den wir in der Stadt gekauft haben. Das Wasser fließt nicht, aber Ir. Ana Brígida und Santa haben schon alle Gefäße mit Wasser gefüllt.
Hier sehe ich keine Ameisen, werde aber sofort von Stechmücken attackiert, denen mein Blut zuzusagen scheint. Auch Sr. Maria Thoma wird Opfer von Moskitoangriffen. Doch es gibt überall Moskitonetze und sogar Ventilatoren. So können wir relativ entspannt die Nacht erwarten. Doch nein – natürlich sehe ich sie: die Kakerlake! Sie versucht sich im Bad vor mir zu verstecken. Nun gut, dann mache ich eben die Tür des Zimmers zu, in dem ich schlafe. Aber entweder sind es mehrere, die hier herumlaufen, oder eine trickreiche verfolgt mich. Jedenfalls läuft eine ziemlich große hinter meinem Bett an der Wand entlang. So kann ich nicht schlafen! Es gelingt mir, ihr mit Hilfe des Insektenprays den Weg nach draußen zu zeigen, indem ich immer hinter ihr auf den Boden sprühe und ihr so den Rückweg verbaue. Genial – es hilft wirklich! Meine Stimmung schnellt nach oben. Hoffentlich habe ich genug von dem Zeug eingepackt!!!
Heute Abend ist Dusche mit dem Messbecher angesagt. Das schadet uns nicht, ja, es muss sogar einmal sein, um das richtige Mosambikgefühl zu bekommen. Trotzdem ist es ein gutes Gefühl, zu wissen, dass wir morgen Cuamba als Ziel haben, wo es sowohl fließendes Wasser als auch Internet gibt – so ist jedenfalls unsere Hoffnung!
+ Donnerstag, 16.02.2017
Die Hoffnung hat sich erfüllt. Ich sitze in Cuamba auf dem Bett, habe meine E-Mails abgerufen und mit fließendem Wasser geduscht. Neben mir steht ein Ventilator, den ich aber gerade nicht brauche, weil der Regen die Luft etwas abgekühlt hat.
Eine Bewegung, ein Schatten unter der Tür – ist das Glück doch trügerisch? Ir. Conceição hat doch gesagt, hier gäbe es kaum Tiere, weil der Kater sie alle jage. Ich greife zur Nobite-Dose, um nach der bewährten Manier Tiere am Eindringen zu hindern, aber es ist nur ein kleiner Gecko, der hilft, Insekten zu vertreiben. Der ist sehr willkommen.
Aber der Reihe nach. Wir starten gegen 06:30 Uhr in Nampula. Die Fahrt von Nampula nach Cuamba führt durch eine wunderbare Landschaft. Berge scheinen wie Kegel aus der Erde hervorzuwachsen. Manche sind kahle steile Felsen, andere bewachsen, manche bilden am Horizont bizarre Formen. Wir fahren durch fruchtbares Land. Es wird viel Mais angebaut, aber auch Bohnen, Zwiebeln, Knoblauch, Gurken und immer wieder Bananen. An der Straße gibt es überall Stände, auf denen die Erzeugnisse angeboten werden.
Sobald man irgendwo anhält, kommen von überallher Händler mit ihren Waren angelaufen und umringen das Auto. Die Mädchen und Frauen stehen meist nur da mit den Waren auf dem Kopf oder in der Hand und schauen uns aus großen Augen an. Jungen und Männer sind forscher, aber nicht aufdringlich. Natürlich möchten sie ihre Waren verkaufen, verstehen aber, wenn man ihnen erklärt, warum man sie nicht nehmen kann oder will. Was mich immer erstaunt, ist, dass sie gerne fotografiert werden. Wenn sie eine Kamera sehen, stellen sie sich in Positur und strahlen, weisen auf andere hin, die noch nicht fotografiert wurden. Nur einmal ist es passiert, dass eine Frau etwas herausfordernd sagte: Bezahlt ihr mich dafür?
In Ribáue machen wir an einem Restaurant direkt an der Straße Halt. Vom Geschäftsführer erfahren wir, dass am darauffolgenden Tag, dem Freitag, der Präsident kommt, um ein Agrarprojekt einzuweihen, das von der Weltbank gefördert wird. 2700 Menschen werden erwartet, es wird schon alles dafür vorbereitet. Die Mosambikanerinnen hoffen, dass es dem Land hilft, Ir. Leila merkt kritisch an, dass für die Rieseneinweihung wahrscheinlich schon ein großer Teil der Unterstützung verbraucht wird.
Die gesamte Strecke ist ca. 350 km lang. Gute zwei Drittel sind inzwischen asphaltiert und es ist wunderbar, auf der neuen Straße zu fahren. Die Strecke ist ein Gemeinschaftswerk der Chinesen, Japaner und Portugiesen. Während die Chinesen und Japaner ihr Teilstück bereits fertig haben, stockt es beim portugiesischen Teil, weil es zu Unstimmigkeiten über die Finanzen gekommen ist. Die Portugiesen sagen, die Mosambikaner zahlten nicht, die Mosambikaner sagen, die Portugiesen hätten ihnen etwas weggenommen. Das ist der Grund, dass die „Straße der Freude“, wie die Mosambikanerinnen sie nennen, in Malema aufhört und die Piste beginnt.
Ir. Leila hatte gestern gesagt, die Strecke nach Nametória sei noch nichts gegen dieses Stück, und tatsächlich ist es eine große Herausforderung. Wenn man die Piste vor sich liegen sieht, kann man nicht glauben, dass es so mühsam sein kann, voranzukommen. Es gibt nichts am Auto, was nicht rappelt, klingelt und scheppert. Wir werden hin und her geschüttelt und gerüttelt, und immer wieder haben wir den Eindruck, jetzt müsste am Auto irgendetwas kaputtgehen. Es ist mir tatsächlich ein Rätsel, wie ein Auto solche Straßen aushalten kann. Wir fahren zwischen Schrittgeschwindigkeit und 30 kmh, da ist es gut, dass es zwischendurch eine Strecke mit Schotter gibt, da sind wenigstens 50 kmh möglich und der Massageeffekt ist geringer.
Die Schwestern haben letzte Woche am Tag vor unserer Ankunft auf einer solchen Piste ein Rad verloren. Zum Glück waren sie nur mit 20 kmh unterwegs und niemand ist zu Schaden gekommen. Aber es macht doch deutlich, wie gefährlich solche Straßen sind.
Wir kommen aber zum Glück gut in Cuamba an. Ir. Conceição und die Postulantinnen empfangen uns mit Gesang und Getrommel und legen uns zur Begrüßung Capulanas um.
Nach dem Dank für die gute Reise in der Kapelle gibt es Kaffee mit einer Vorstellungsrunde. Die fünf Postulantinnen, die im Haus sind, sind zwischen 17 und 24 Jahren alt – ein lebhaftes Trüppchen. Die sechste ist derzeit in Metarica.
Nach dem Kaffee machen wir einen Rundgang durch das Haus. Es ist gut aufgeteilt in einen Schlaf- und Wohnbereich, Kapelle und Bereich zum Lernen und Arbeiten, wobei die Postulantinnen und die Junioratsschwestern, die hier die Schule besuchen, getrennte Räume haben.
Anschließend haben wir erst mal frei bis zur Vesper und zum Abendessen. Da die Postulantinnen morgen schon um 06:00 Uhr auf die Straße müssen, um eine Chapa nach Metarica zu nehmen, gibt es auch keinen weiteren Programmpunkt mehr für uns.
+ Freitag, 16.02.2017
Es ist schon früh Leben im Haus. Als erste fahren die fünf Postulantinnen mit der Chapa los, dann suchen sich die beiden Ewigen einen Kleinbus und schließlich machen auch wir uns zusammen mit Ir. Leila und Ir. Conceição mit dem Auto und unserem gesamten Gepäck auf den Weg.
70 Kilometer liegen vor uns, und wieder geht es mit Hoppeln und Schütteln auf die Piste. Ich denke daran, dass Sr. Aloisia immer sagt: „Macht euch zum Gummiball, dann ist es einfacher.“ Tatsächlich ist es leichter, die Bewegungen elastisch mitzumachen als stocksteif und verkrampft dazusitzen.
Es hat in der Nacht geregnet, und so gibt es hin und wieder größere Pfützen, die zu umfahren sind. In der Straßenmitte haben Schwerlaster – wir haben 38- und sogar 42-Tonner gesehen – tiefe Spuren hinterlassen. Wenn man da hineingerät, ist es schwer, wieder herauszukommen, besonders wenn es matschig ist, also muss man schön um die Rinnen herumfahren. Wir wissen inzwischen, warum die Schwestern immer eine Schaufel mitnehmen, wenn sie ins Auto steigen. Man weiß nie, ob man nicht irgendwann das Auto freischaufeln muss. Regen wirkt hier wie bei uns Glatteis: das Auto rutscht auf der Piste hin und her und ist schwer zu lenken, und wenn man den Berg hinauffahren muss, muss man aufpassen, dass die Räder nicht durchdrehen. Außerdem ist es extrem gefährlich, weil das Wasser die gesamte Piste wie eine Seenplatte aussehen lässt. Man kann nicht sehen, wo die Untiefen und Risse sind und kann leicht hineingeraten und nicht wieder herauskommen. Die Glatteis-Matschpiste haben wir bisher zum Glück nicht persönlich erlebt, aber die Erzählungen reichen uns schon, das wollen wir gar nicht am eigenen Leib erfahren. Die Sorge, einen Berg nicht hinaufzukommen, haben wir beim Umfahren der kaputten Brücken in Nampula gespürt.
Heute dauert der Weg nur zwei Stunden. Die Schwestern haben auch schon vier und mehr gebraucht.
In Metarica erwarten uns die Kinder und das gesamte Personal der Schule sowie alle Mädchen, die hier wohnen. Sie sind in zwei langen Reihen nach Klassen bzw. Gruppen aufgestellt. Die Kulturgruppe in grün-bunt gemusterten Kleidern begrüßt uns mit Gesang und Tanz und einem „Herzlich-willkommen-Plakat“ auf Deutsch.
Dann schreitet Sr. Maria Thoma mit Ir. Leila und Ir. Fátima die Reihen ab. Es hat etwas von einem Staatsbesuch! Begleitet werden sie vom Gesang und Geklatsche der Menge. Die Mädchen, die hier im Haus wohnen, und inzwischen durch die von Nametoria verstärkt sind, trommeln und singen zur Begrüßung.
Ich versuche, mich gegen einen jungen Mann durchzusetzen, der mit der Kamera vorweg läuft und mir immer wieder die beste Sicht wegnimmt. Später erfahre ich, dass er der Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit ist. Er hält in Foto und Film alles fest, was so passiert und hilft bei der Bereitstellung des Materials, das die Schwestern für die Förderer brauchen. Auch die kleinen Filme kommen aus seiner Hand. Eine gute Lösung, finde ich, denn die Schwestern sind überfordert, wenn sie neben der ganzen Arbeit, Organisation und Repräsentation auch noch die Dokumentation machen sollen.
Der erste Gang im Quintal (den Anwesen) führt in die Kapelle, die mit den vielen jungen Frauen fast aus den Nähten platzt. Auch hier ertönen die Trommeln und Rasseln, und die Lieder zu Ehren Maria Magdalenas lassen die Wände erzittern. Wie immer muss auch hier die Generaloberin eine Botschaft sagen, die aufbauen soll.
Draußen bildet sich eine lange Schlange derer, die nicht mehr hineinpassen. Auch unsere vier MaZ sind dabei.
In die Kapelle passen so ca. 40 Personen. Eine größere will Ir. Leila nicht, da sie es besser findet, mit Vielen in einem kleinen Raum zu sitzen als mit Wenigen in einer Riesenkirche.
Bei den Gebeten ist immer wieder ein deutsches Vaterunser und Gegrüßet seist du, Maria dabei. Erstaunlich, dass die Mädchen das schon auswendig können! Danach werden wir zum Kaffee geladen, bei dem auch die Postulantinnen dabei sein dürfen.
Anschließend führt uns Ir. Leila durch das Gelände: Haus der drei weiblichen MaZ, Casa Marta, Casa La Salle, Casa Placida, Wasserspeicher, Ställe der Schweine und Hühner, Maisfeld. Das ist mehr als ein Gemüsegarten, das ist ein ganzes landwirtschafliches Unternehmen, das dazu dient, den großen Bedarf zu decken, den es hier gibt. Neben den über 400 Kindern des Erziehungszentrums müssen ja auch die Schwestern und Mädchen versorgt werden.
Die Schnellführung ist ziemlich anstrengend, denn die Sonne brennt unbarmherzig auf uns herab, und wir haben keine Hüte auf, da wir nicht damit gerechnet haben. Wir hatten eher an unser Gepäck gedacht, das wir ausladen wollten. Aber wir dürfen auch hier nichts anfassen, das tun alles die Mädchen. Wir finden das Gepäck später in unseren Zimmern vor.
Beim Mittagessen sind Schwestern und Postulantinnen dabei. Ein zusätzlicher Tisch wurde für die vier MaZ hereingestellt, die mit ihrer hellen Haut und ihrer Größe sehr auffallen und über alle hinausragen.
Der Nachmittag ist der Besprechung der Liturgie für Sonntag gewidmet. Wir begeben uns dazu zur Kirche, aber die ist besetzt von vielen Mädchen, die die gesamten Lieder für die Feier am Sonntag laut und begeistert üben, begleitet von den üblichen Trommeln. Auch ein paar junge Männer kommen dazu, die einen Tanz proben.
Wir stellen unsere Stühle vor der Kirche im Halbkreis auf und versuchen, uns trotz des hohen Geräuschpegels zu verständigen, was eine große Herausforderung darstellt.
Padre Bennesse, der Pfarrer des Ortes, kommt irgendwann die übende Gruppe besuchen. Ihn hatten wir vor dem Besuch der Kirche schon begrüßt.
Im Anschluss an unsere Liturgierunde haben wir noch eine Führung durch die Schule und das Schulgelände. Überall hängen Mandalas, die in der Mitte ein Bild von Maria Magdalena, Placida oder Martha haben. Die Klassen sind inzwischen mit Tischen und Stühlen bestückt, die zum Teil aus der eigenen Schreinerei kommen. Bei den Kleinen gibt es bunte Plastikstühlchen, die der Größe er Kinder angepasst sind. Die meisten Räume sind aber leergeräumt worden, weil die Feierlichkeiten am Sonntag nach der Kirche dort stattfinden sollen. Über allen Tafeln hängen die Buchstaben des Alphabets mit Zeichnungen, die das Erkennen erleichtern sollen. So steht das E für Elefant, und neben dem Buchstaben ist das Tier gemalt. Das sind Arbeiten der MaZ, die an vielen Stellen ihre Spuren hinterlassen haben. Auch die Bezeichnungen der Räume haben sie an die Wand gemalt und daneben ein Symbol (Luftballons, Schmetterlinge, Herz…), damit die Kinder, die nicht lesen können, den Raum auch wiederfinden.
Während wir unsere Besichtigung machen, kommt ein Lastwagen aus Cuamba und entlädt Tische und Stühle. Die Schwestern haben einen Restaurationsservice engagiert, der für die Ausstattung der Räume mit Tischen und Stühlen sorgt und am Sonntag das Essen zubereitet und serviert. Die Firma stellt auch die Teller und das Besteck, umkleidet die Stühle und bringt sogar die Töpfe und Kühltruhen mit. Dafür müssen sie mehrere Fahrten nach Cuamba unternehmen. Das ist bei den Straßenverhältnissen eine größere Sache.
Für die Schwestern ist das unheimlich entlastend, denn es werden 250 Gäste zum Essen erwartet und bei der letzten großen Feier, der ersten Profess der sechs Schwestern, war es einfach eine Überforderung, für alles sorgen zu müssen. Finanziell stehen sich die Schwestern sogar mit dem Service besser, denn sie bekommen die 250 Essen und den dazugehörigen Service zu einem unglaublich günstigen Preis (1000 Euro).
Inzwischen ist es dunkel geworden, und um den Weg durch den Garten unbeschadet zu finden, müssen wir die Handytaschenlampe zu Hilfe nehmen. Eigentlich muss man hier immer voll ausgerüstet sein, wenn man das Haus verlässt, weil man nie weiß, was auf einen zukommt. Nach dem Abendbrot haben wir frei. Das tut gut, denn der Tag war ziemlich vollgepackt.
+ Samstag, 18.02.2017
06:30 Uhr: Vorbereitung des Sonntags mit den Mädchen im großen Saal. Die meisten sitzen auf Esteiras (Bastmatten), für die Professschwestern und die beiden Mädchen, die die Einheit vorbereitet haben, sind Stühle aufgestellt. An der Tafel stehen die Lesungen des Sonntags und die Namen derjenigen, die sie laut vorlesen werden.
Mit uns zusammen sind gut 40 Personen im Raum. Die beiden Mädchen, die sich vorbereitet haben, führen ein, leiten über, rufen die Beiträge auf und kommentieren auch selbst. Es läuft wunderbar. Wir erfahren hinterher, dass sie einzelne gebeten haben, einen Kommentar abzugeben, um sicher zu gehen, dass es gut läuft.
Das Evangelium wird während des Lesens von einigen Mädchen szenisch dargestellt. Nachdem alle Beiträge abgerufen wurden, werden die Schwestern eingeladen, einen Kommentar abzugeben. Die anwesenden Professschwestern tun das nacheinander, am Schluss fassen Sr. Leila und Conceição zusammen und geben einige zusätzliche Hinweise. Den Abschluss bildet Sr. Maria Thoma. Das Ganze dauert ca. 45 Minuten und läuft sehr diszipliniert ab. Ich bin beeindruckt von der Selbstverständlichkeit, mit der die Mädchen sich hineingeben und vor versammelter Mannschaft sprechen.
Danach ist Frühstück und ein wenig private Arbeit, für mich am Reisebericht, für Sr. Maria Thoma an den Mails. Sr. Conceição hat uns einen kleinen WLAN-Router besorgt, der uns einen Internetzugang verschafft. Das ist ein wirklicher Segen. Ich hoffe nur, dass der Kredit lange genug hält.
Um 10:00 Uhr geht es zum Treffen mit den Angehörigen der beiden Professschwestern. Es ist gut, sie vor der Feier kennen zu lernen. Morgen wird so viel los sein, dass ein Austausch mit allen sehr schwierig werden würde. Es gibt eine Vorstellungsrunde und einen kleinen Austausch über den Weg der Schwestern. Am Schluss verteilt Sr. Maria Thoma Medaillen der Gründerin, die wir Gott sei Dank in letzter Minute noch mitgenommen haben. Es ist wichtig, immer ein kleines Zeichen zu haben, das man übergeben kann.
Am Nachmittag ist das Üben der Liturgie um 15:00 Uhr angesetzt. Die ersten, die losgegangen sind, kommen wieder zurück mit der Nachricht: Üben ist jetzt nicht, es ist Messe in der Kirche. Nun gut, dann tun wir eben erst etwas anderes. Wir können jede freie Viertelstunde sehr gut gebrauchen!
Gegen 16:00 Uhr machen wir uns dann auf den Weg zur Kirche. Die Musik tönt uns schon vom weitem entgegen. Eine Musikgruppe mit Keyboard, zwei Gitarren und einem Bass begleitet den Gesang. Das Üben nimmt den ganzen restlichen Nachmittag ein.
Im Haus sind inzwischen weitere Gäste angekommen. Alle vorhandenen Betten sind belegt, sogar in der Schule wurden einige Räume mit Matratzen für Gäste vorbereitet, die von weither kommen. Es herrscht eine erwartungsvolle Atmosphäre im Haus und auf dem gesamten Gelände. Alle freuen sich auf morgen.
Hier will ich den ersten Teil des Berichts beenden und schon einmal auf den Weg schicken. Vielen Dank für alle Begleitung. Es tut gut zu wissen, dass wir trotz der Entfernung miteinander verbunden sind und uns gegenseitig tragen!