Freude und Förderer trafen sich im Bergkloster Heiligenstadt
„Es ist das erste Mal, dass wir hier waren. Und wir sind ganz begeistert. Wir wollen der Ordensgemeinschaft auf jeden Fall verbunden bleiben“, zeigten sich Ingrid und Georg Schubert dankbar für die Einladung ins Bergkloster Heiligenstadt. Dort hatten die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel an diesem Samstag bereits zum fünften Mal ein Treffen mit Freunden und Förderern ihrer weltweiten Projekte organisiert. Viele von ihnen sind Dauerspender oder Projekt- und Familienpaten.
Diesmal stand die Veranstaltung unter dem Thema „Unbegrenzt hoffen“. Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow stellte bei der Begrüßung vor den 60 Gästen den Zusammenhang zum Jahr der Barmherzigkeit und zum Jubiläumsjahr anlässlich des 200. Geburtstages der seligen Schwester Placida Viel her: „Barmherzigkeit bedeutet immer auch Hoffnung. Und unser Placidajahr stand unter dem Thema Grenzen überwinden . Da passt es, sich bei dem heutigen Blick in unsere internationale Arbeit bewusst zu machen, dass Hoffnung keine Grenzen hat.“
Barmherzigkeit ganz konkret
Missionsprokuratorin Schwester Klara Maria Breuer und Generalökonomin Schwester Dorothea Brylak stellten die sieben Werke der Barmherzigkeit, die Papst Franziskus 2016 ins Bewusstsein rufen will, anhand eigener Erlebnisse und Erfahrungen in den verschiedenen Aufgabenbereichen der Ordensgemeinschaft vor.
Zum Beispiel, Betrübte zu trösten. Schwester Klara Maria berichtete aus dem Treff an der Clemenskirche für Obdachlose in Münster: „Wenn jemand aus diesem Kreis stirbt, ist es ein besonderer Dienst, an seine Würde, seine Persönlichkeit zu erinnern.“ Dies geschehe auch durch eine Trauerfeier in der Kirche und einem anschließenden Treffen bei Wurst und Kartoffelsalat. „Erst vor wenigen Wochen kamen zu einer solchen Feier Angehörige, die gar nicht gewusst hatten, wo ihr Vater, Großvater, Onkel zuletzt gelebt hatte. Sie blieben lange und die Gespräche waren intensiv.“
Zum Beispiel, Zweifelnden Rat zu geben: Schwester Dorothea berichtete von einer Mitschwester, die im engen Kontakt zu einer Frau stand, die sich das Leben nehmen wollte. Mit den Erfahrungen sexuellen Missbrauchs in ihrer Jugend war sie nie zurecht gekommen. „Die Schwester verstand das als Auftrag und das Gespräch war der Anfang eines intensiven pastoralen Weges.“ Inzwischen führe die Frau wieder ein geregeltes Leben.
Oder das Beispiel, anderen zuzuhören. Die Leiterin der Missionszentrale, Schwester Aloisia Höing, gab zu: „Zuhören ist heutzutage nicht einfach. Wir haben so viele Kommunikationswege, dass es schwierig ist, für jemanden Zeit zu haben und ganz bei ihm zu sein.“
In Kleingruppen tauschten sich die Besucher mit den Ordensschwestern darüber aus, welche Werke der Barmherzigkeit für sie im Alltag wichtig sind, worauf man selbst stärker achten kann.
Flüchtlinge übersetzen in fünf Sprachen
Nach dem Mittagsimbiss besuchten sechs junge Männer aus den beiden sogenannten Klassen des Berufsvorbereitungsjahres zum Spracherwerb an der benachbarten Katholischen berufsbildenden Bergschule St. Elisabeth das Treffen der der Freunde und Förderer. Sie alle sind Flüchtlinge. Erst seit Februar werden sie in Deutschland beschult. Viele von ihnen konnten bis dahin kein Deutsch. „Aber einige von ihnen machen jetzt den Haupt- und Realschulabschluss, einer das Fachabitur und drei besuchen jetzt die zehnte Klasse des Gymnasiums“, berichtete Schulleiterin Gabriele Sachse.
Die Schüler übersetzten verschiedene, von ihrer Lehrerin Evylin Heuer auf Englisch vorgegebene Worte und Sätze ins Arabische, Persische, Türkische, Kurdische und Deutsche. Die Lehrerin erklärte: „Es ist faszinierend festzustellen, dass Begriffe wie Vater und Mutter in fast allen Sprachen gleich klingen.“ Sie und Gabriele Sachse ließen keinen Zweifel daran, dass die Flüchtlinge in ihrer Schule für alle Bereicherung seien: „Unsere angehende Erzieherinnen und Erzieher haben Patenschaften übernommen und unterstützen sie. Das funktioniert sehr gut.“
Wieviel man von anderen Kulturen lernen kann, berichteten auch fünf ehemalige Missionarinnnen und Missionare auf Zeit in einem Podiumsgespräch. Viele hat dieses Auslandsjahr nachhaltig geprägt, oft sogar den weitere Berufs- und Ausbildungsweg beeinflusst. Annika Kortüm arbeitete beispielsweise in dem Altenheim Recanto Placida in Leme in Brasilien: „Ich wollte gern nach Brasilien – nicht unbedingt in ein Altenheim. Aber diese Erfahrung war sehr bereichernd für mich.“ Da sie dort erlebte, wie wichtig der Faktor Ernährung für die Gesundheit des Menschen und ebenso im Hinblick auf die Globalisierung ist, beginnt sie jetzt Ökotrophologie zu studieren. Johannes Rautenberg war 2009/2010 im Kinderheim der Schwestern Schineni / Rumänien tätig und studiert zurzeit Journalismus: „Inzwischen habe ich sogar ein Auslandssemester in Rumänen absolviert.“ Er ist überzeugt, dass solche Erfahrungen wichtig sind, den eigenen Horizont zu erweitern.
MaZ sehen nach Rückkehr vieles anders
Paula Bünger nimmt – wie die anderen auch – das Konsumverhalten in Deutschland nach ihrer Rückkehr viel kritischer wahr. Sie verbrachte ihr Auslandsjahr in Metarica in Mosambik und nimmt jetzt ein Studium für Philosophie und Wirtschaft in Bayreuth auf. Marina Schneider, die 2012/2013 in Rumänien war und seitdem auch einen Freund aus Schineni hat, studiert Caritaswissenschaften. Und Hanna Höing hat ihre Erlebnisse im Kinderdorf Cuatro Esquinas in Bolivien so verinnerlicht, dass sie eine Zeitlang brauchte, wieder ganz in Deutschland anzukommen: „Ich konnte mich erst gar nicht auf meine Familie freuen. Hier ist alles so anders.“ Jetzt hat sie eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin begonnen.
Alle fünf halten weiterhin Kontakt in die Länder, in denen sie tätig waren. Und alle fünf ermuntern andere junge Menschen, ebenfalls ein solches Auslandsjahr zu wagen.
Anschließend hatten die Besucher Gelegenheit, sich in den verschiedenen Länderräumen und bei der Bergkloster Stiftung SMMP über die derzeitigen Aufgaben der Schwestern und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu informieren. „Oft beginnt die Arbeit dort, wohin uns beispielsweis ein Bischof ruft. Und so, wie sich der Bedarf dort ändert, entwickeln wir auch unsere Projekte weiter“, erklärte Schwester Maria Dolores zur Arbeit in Brasilien.
Habe das Provinzhaus in Leme beispielsweise vor einem halben Jahrhundert noch am Stadtrand gelegen, gehöre es heute aufgrund des starken Zuzugs vom Land schon zur Innenstadt. „Dort betreiben wir ein Erziehungszentrum. Unsere Stadtrandarbeit findet inzwischen viel weiter draußen statt, wo große Neubaugebiete ohne jegliche soziale Infrastruktur entstehen.“
Nachhaltige Hilfe
Wie konkret und nachhaltig die Hilfe in vielen Einrichtungen ist, verdeutlichte ein Kommentar von Hans-Josef Marx , der die Schwestern in Schineni seit vielen Jahren gemeinsam mit seinem Freund Harald Kuhningk unterstützt. Er erkannte auf einem Foto einen jungen Mann wieder, den seine Mutter den Schwestern als behindertes Kind überlassen hatte: „Er war verhaltensgestört, schien teilnahmslos und beziehungsfähig. Aber heute ist er selbstbewusst und geht seinen Weg.“
Nachdem der Tag mit einer Eucharistiefeier abschloss, fuhren die Freunde und Förderer mit vielen neuen Informationen und Eindrücken nach Hause. So wie Ingrid und Georg Schubert aus Dortmund- Lanstrop: „Inzwischen gibt es den Schwesternkonvent in unserer Heimatgemeinde ja nicht mehr. Trotzdem wollen wir den Kontakt zur Gemeinschaft aufrecht erhalten.“ Deshalb seien sie schon beim Tag der offenen Tür im Bergkloster Bestwig gewesen – „und dort hatte uns Schwester Adelgundis nach Heiligenstadt eingeladen. So haben wir innerhalb kurzer Zeit beide Klöster kennengelernt und sind begeistert.“ Eins wissen die beiden jetzt schon: „Wir waren sicher nicht zum letzten Mal hier.“