Provinzkapitel diskutiert Aufgaben der Gymnasien und Berufskollegs
Wenn auf einer Schule SMMP drauf steht – was ist dann drin? Die Frage stellte der Moderator des Provinzkapitels, Karsten Funke-Steinberg, am Montagnachmittag sechs Vertreterinnen und Vertretern aus den Gymnasien und Berufskollegs der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel. Und es zeigte sich: SMMP ist nicht nur ein Etikett. Der Geist der Ordensgemeinschaft ist dort lebendig.
Gaby Petry, Schulleiterin an dem nach der deutschen Ordensgründerin benannten Placida Viel Berufskolleg in Menden, erklärte, dass ihre Schülerschaft anlässlich des 200. Geburtstages ihrer Patronin in diesem Jahr einen Fonds begründet hätte, um Mitschülern in Notsituationen zu helfen: „Darin sind immerhin schon 3000 Euro. Eine schöne Aktion, die unser Verständnis einer Schulgemeinschaft zeigt.“
Überfüllte Gottesdienste
Und Dieter Sommer, Leiter des vor 123 Jahren gegründeten Engelsburggymnasiums in Kassel, berichtete von den erfolgreichen Adventsbasaren zugunsten der weltweiten Ordensprojekte sowie von überfüllten Schulgottesdiensten, obwohl deren Besuch ab der 9. Klasse freiwillig ist: „Offenbar deshalb, weil unser katholisches Gymnasium zunehmend die Funktion einer Gemeinde übernimmt, die Jugendliche außerhalb der Schule immer weniger finden. Das überrascht uns selbst.“
Eine Erfahrung, die Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow – zurzeit noch Schulleiterin am Walburgisgymnasium in Menden – bestätigt. Und Markus Könen, Pfarrer und vom Bistum Erfurt zu 100 Prozent freigestellter Schulseelsorger für das Gymnasium der Katholischen Bergschulen St. Elisabeth in Heiligenstadt, sagt ganz klar: „Genau das sind unsere Schulen heute: Gemeinden.“
„Schulen der zweiten Chance“
An den Gymnasien kann eine solche Gemeinde über Jahre wachsen. An den Berufskollegs bleiben die Schüler hingegen oft nur zwei oder drei Jahre. „Und wir müssen feststellen, dass immer weniger von denen, die christlich getauft sind, etwas über ihre Religion wissen – wohingegen sich die muslimischen Schüler mit ihrem Glauben identifizieren“, stellt Willi Kruse, Leiter des Berufskollegs Bergkloster Bestwig, fest. Seinen Religionsunterricht hat er völlig umgestellt – denn er sieht die Berufskollegs inzwischen als eine Schule der zweiten Chance: „Nicht nur, um doch noch einen guten Bildungsabschluss zu schaffen, sondern auch den Glauben kennenzulernen und Vorurteile zu überwinden.“
Am Placida Viel Berufskolleg lassen sich inzwischen alle zwei Jahre 20 bis 25 Schüler, die vorher keinen Bezug zur Kirche hatten, als Erwachsene firmen. Ebenso führt das Berufskolleg Canisiusstift in Ahaus erwachsene Schüler regelmäßig zu den Sakramenten.
Gleichzeitig hätten die Berufsschüler privat mehr zu verarbeiten und auszuhalten als früher, sagt Willi Kruse: „Man mag es ihnen nicht ansehen: Aber ihre Psyche ist sehr zerbrechlich.“ Nicht nur, dass der Anteil derer, die die Trennung ihrer Eltern miterleben und bei einem alleinerziehenden Elternteil heranwachsen, steige. Viele hätten schon einen Schulabbruch hinter sich. Und die Erfahrungen mit Drogen, psychische Erkrankungen und Magersucht nähmen zu, beobachtet Gaby Petry in Menden.
Vertrauensvolle Nähe
Markus Könen berichtete von einer Schülerin, die ihm die Geschichte ihres Suizid-Versuches anvertraute, nachdem ihre Eltern ihr die Verantwortung dafür gegeben hätten, dass sie Hartz IV-Bezieher seien – weil die „Schwangerschaft“ doch nur ein Unfall war: „Dann wird die vertrauensvolle Nähe zu den Schülern besonders wichtig.“
Der Salesianer Thomas Kewitz, Schulsozialarbeiter an der Katholischen Berufsbildenden Bergschule in Heiligenstadt, mahnt angesichts der komplizierter werdenden Biografien der Schüler dazu, vor allem niedrigeschwellige Bildungsangebote zu erhalten: „Unsere Aufgabe liegt darin, denen ein Angebot zu machen, die es nicht einfach haben. Vielleicht muss man Schule dafür manchmal ganz neu denken.“
Anne Gerke, die im Sommer 2014 von einem staatlichen Berufskolleg mit 2600 Schülern als stellvertretende Schulleiterin ans Berufskolleg Bergkloster Bestwig kam, hat schon gespürt, was an den Ordensschulen möglich ist: „Da zahlt sich auch der familiärere Charakter aus: Hier gehen die Schüler nicht in der Masse unter. Hier werden sie betreut.“ Denn die Kollegien arbeiteten eng und engagiert zusammen.
Schwestern bleiben präsent
Somit wachsen für die christlichen Schulen einerseits die Herausforderungen, andererseits die Erwartungen, resümierte Karsten Funke-Steinberg – und das unter immer enger werdenden finanziellen Rahmenbedingungen. Gleichzeitig machten die Beispiele deutlich, welch wichtige Aufgabe diese Einrichtungen heute haben. Ganz nah am Geiste der Ordensgründerin, die ebenfalls Schulen aufgebaut hat.
Dass ein Teil des Geldes zur Deckung der Betriebs- und Investitionskosten inzwischen über Fundraising aufgebracht werden muss und auch die Fördervereine diesen Weg unterstützen, findet bei allen Schulleitungen Rückhalt.
Umgekehrt sicherte Provinzoberin Schwester Pia Elisabeth zu, „dass wir Sie als Schwestern da unterstützen, wo es geht.“ Zum Beispiel, indem sie an den Schulen präsent bleiben – und zwar nicht nur bei den Entlassfeiern, sondern auch im Religionsunterricht oder bei Schulprojekten. Diesen Wunsch gaben die Schulleitungen, Seelsorger und Sozialarbeiter dem Provinzkapitel mit auf den Weg. Das beschäftigt sich noch bis kommenden Sonntag mit den Aufgaben der Ordensgemeinschaft für die kommenden Jahre.