Spannende Ausstellung zum Turiner Grabtuch im Bergkloster Heiligenstadt
Wer ist bloß der Mann auf dem Turiner Grabtuch? Vom heutigen Donnerstag an bis zum 9. November lädt eine Wanderausstellung der Malteser im Bergkloster Heiligenstadt zu einer aufregenden Spurensuche ein. „Wir sind froh darüber, dass Geschichte, Tradition und Glaube auf diese Weise im Bergkloster lebendig werden“, sagt Generaloberin Schwester Aloisia Höing.
Im Mittelpunkt der Präsentation stehen eine Nachbildung des Leinentuches und ein dreidimensionaler Korpus, der daraus entwickelt wurde. Darüber hinaus sind antike Funde, Nachbildungen und Schaubilder zu sehen, die zeigen, welchen Weg das Grabtuch als wohl wichtigste Reliquie der Christenheit bis Turin genommen hat und welche Torturen ein Mensch bei einer Kreuzigung zu erleiden hatte.
„Denn das steht wohl fest“, sagt die Malteserin Bettina von Trott zu Solz als Kuratorin der Ausstellung, „dass der Mann, der in dieses Leinentuch gewickelt war, auf diese Weise zu Tode kam.“
Es sei ein ureigener Anspruch der Malteser, den Glauben zu bezeugen und den Nächsten zu helfen. „Mit dieser Präsentation wollen wir den Glauben zu den Menschen bringen“, formuliert sie ein Ziel dieser Wanderausstellung. Und sie freut sich, dass das im Bergkloster so gut gelingt: „Hier endet der Rundgang in der Kirche. Das ist einfach wunderbar.“
Dort befindet sich die anhand der Spuren aus dem Grabtuch entwickelte dreidimensionale Nachbildung des Leichnams, der mit dem Tuch bedeckt war. Für den Fachbuchautoren Michael Hesemann, der den Impulsvortrag hielt, verweisen viele Fakten darauf, dass es sich dabei tatsächlich um Jesus Christus handeln könnte: „Zum Beispiel hat man in diesem Tuch Pollen zweier Pflanzen gefunden, die gemeinsam nur in einem schmalen Landstreifen zwischen Jerusalem und Hebron vorkommen und dort im März und April blühen.“ Auch belegten DNA-Analysen, dass das Blut einem Nachkommen des Stammes Levi zugeordnet werden könne. Und sogar der Straßenstaub unter den Schuhen habe den geologischen Abdruck des Bodens in Jerusalem.
Die Radiocarbonmethode sagt etwas anderes: dass das Tuch aus dem Mittelalter stammt. „Aber da das Tuch in vielfacher Weise behandelt, angefasst, kontaminiert wurde, muss man bezweifeln, ob diese Methode zur Altersbestimmung taugt“, sagt Hesemann. Drei andere Methoden hätten gezeigt, dass das Tuch doch eher 2000 Jahre alt sei.
Genau in diesen Widersprüchen sieht der Journalist und Buchautor die Faszination dieses Objektes. Und das vermittelt auch die Ausstellung: „Denn für viele ist die Wissenschaft inzwischen eine Ersatzreligion. Aber nachdem man das Tuch 1900 Jahre verehrt hat, ohne es zu verstehen, und die Wissenschaft endlich Erklärungen und jetzt Belege für seine Herkunft liefert, muss sie doch vor der letzten Frage zu kapitulieren: Wie das Antlitz als Negativ in dieses Leinentuch kam.“
Entstanden ist es durch Vergilbung – aber erst nachdem der Leichnam in das Tuch gewickelt war. Das bewiesen die Blutflecken, sagt der Experte. Was aber sollte in einem Grab gestrahlt haben? Der Rundgang durch die Ausstellung lässt diese Frage offen.
Hesemann liefert aber eine These: „Vielleicht ging diese Energie von dem Toten selbst aus. Wenn er auferstanden ist, gibt es dafür keinen wissenschaftlichen Vergleich.“ Uns fiele es schwer, einfach daran zu glauben: „Aber warum? Vielleicht ist gerade das eine wunderbare Botschaft an unsere Zeit.“
Weihbischof Hans-Reinhard Koch, der das Hochamt zur Eröffnung der Ausstellung zelebrierte, konzentrierte sich weniger auf die Frage nach der Echtheit. Vielmehr verwies er in seiner Predigt auf einen anderen Aspekt: „Wo sehen wir heute noch dem Antlitz Christi? Alle Menschen sind von Gott geschaffen. Also sollten wir ihn in allen Gesichtern entdecken können. So, wie uns auch das Leben und das Leiden Christi in anderen Menschen immer wieder begegnen.“
Die Frage, wo wir Gott heute noch begegnen, stehe hier mit im Mittelpunkt, so der Weihbischof – „und schon deshalb sind wir hier auf Tuchfühlung mit dem Herrn.“
Die Ausstellung ist bis zum 9. November täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Führungen können gesondert vereinbart werden. Interessenten können sich per E-Mail grabtuch-im-bergkloster(at)smmp.de oder unter Tel. 03606-67301 an das Bergkloster wenden. Außerdem gibt es zu der Wanderausstellung der Malteser eine eigene Internetseite.