Dr. Christian Hennecke ermutigt zu einem Umdenken innerhalb der Kirche
Dr. Christian Hennecke ermutigte die fast 200 Besucher des Placida-Empfangs im Bergkloster Heiligenstadt, sich im christlich-missionarischen Engagement Beulen zu holen. Ermutigt fühlt er sich dabei auch von Papst Franziskus, der dazu aufruft, an die Ränder der Gesellschaft und auf die Straße zu gehen: „Das ist nicht ohne Risiken und Nebenwirkungen. Denn nichts wird so bleiben, wie es war.“
Der Regens des Hildesheimer Priesterseminars hatte mit seinen Seminaristen im September 2013 die Manege in Berlin-Marzahn besucht. „Da, wo kaum einer mit Kirche zu tun hat, wollten wir uns über die Erneuerung der Kirche informieren. Die Begegnung mit Schwester Margareta und Pater Otto hat uns so ‚geflasht‘, dass ich mich auch der Einladung zu Ihnen kaum entziehen konnte.“
Orden stehen für Aufbrüche
Ordensgemeinschaften stünden sinnbildlich für die vielen Aufbrüche in der Kirche: „Das sind Einbrüche des Heiligen Geistes. Was in der evangelischen Kirche die radikal-freikirchlichen Bewegungen, sind in der katholischen Kirche die Orden.“ Das sehe man auch an Schwester Placida Viel, deren Lebenslauf Rektor Bernd Kucklick in der Vesper vor dem Empfang in Erinnerung gerufen hatte. Sie hatte den deutschen Ordenszweig gegründet und in Frankreich Schulen aufgebaut. Hennecke: „Es ging ihr immer darum, dorthin zu gehen, wo die Armen sind. Dorthin zu gehen, wohin sonst niemand gehen würde.“ So, wie es Papst Franziskus fordere.
Christian Hennecke rief in diesem Geiste auch heute zu einer mutigen Erneuerung der Kirche auf: „Das ist ein Lernprozess. Früher haben wir gesagt: Wir laden die Menschen zu uns ein. Dann haben wir gesagt: Wir gehen zu den Menschen und holen Sie ab. Aber wir müssen dahin kommen zu sagen: Wir gehen dahin, wo sie leben und wie sie leben und mit ihnen zusammen das Evangelium neu entdecken.“ Das Entscheidende seien nicht wir, nicht die Strukturen, sondern der Mensch – „und dafür lohnt jede Beule.“
Vordenker gebe es viele: wie den früheren Aachener Bischof Klaus Hemmerle oder den Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer. Ihn zitierte Christian Hennecke aus einem Brief von 1939: „Alles Denken, Reden und Organisieren in den Dingen des Christentums muss neu geboren werden.“ Jeder Versuch, der Kirche zu neuer Machtentfaltung zu verhelfen, werde „nur eine Verzögerung ihrer Umkehr und Läuterung sein.“
Gegenwart Gottes wird entdeckt
Was bedeutet das für die bestehenden Strukturen innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland? Hennecke machte kein Hehl daraus, dass sich eine Pfarrei nur bewähren könne, wenn sie sich nach den Menschen richte, die in ihr wirken. Entscheidend seien neue Orte, neue Denkansätze, neue Aufbrüche: „Und die sind vor allem charismatisch. Das sieht man an der Geschichte der Orden.“
Es bedürfe mutiger Visionäre, die einfach einfangen und durch ihr Tun begeistern – wie Schwester Margareta und Pater Otto in der Manege: „Das beeindruckt. Das begeistert. Das zieht andere mit.“
Deshalb riefe auch Papst Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium dazu auf, hinauszugehen auf die Straße: „Die Gegenwart Gottes wird nicht hergestellt, sondern entdeckt und enthüllt.“
Gotteserfahrung auch ohne Kirche
Generaloberin Schwester Aloisia Höing dankte dem Referenten für die Ermutigung. Auch die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel seien an den Rändern der Gesellschaft tätig. Wofür die Manege ein gutes Beispiel sei.
Sie erinnerte an das Schicksal eines jungen Erwachsenen, der dort betreut wurde und an Leukämie sterben musste. Vor seinem Tod habe er von Schwester Margareta noch einen Brief für ihren Gott haben wollen: „Dieser junge Mensch kannte keine Kirche – aber er hat Gott erfahren.“